VwGH 90/10/0005

VwGH90/10/00051.7.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerden 1. des Peter H und 2. der Martina H in V, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. November 1989, Zl. 18.326/14-IC8/89 , betr Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Josef P und 2. Silvia P in V), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2 impl;
AVG §52 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs5 litb;
GSLG Stmk §1;
GSLG Stmk §2;
GSLG Stmk §3;
ZLG Stmk 1971 §1 Abs2 Z1;
AVG §45 Abs2 impl;
AVG §52 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs5 litb;
GSLG Stmk §1;
GSLG Stmk §2;
GSLG Stmk §3;
ZLG Stmk 1971 §1 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 6. Februar 1985 stellte die Agrarbezirksbehörde Graz unter Hinweis auf die bescheidmäßige Abweisung der "Bringungsvariante I/II" gemäß § 2 Abs. 2 des Steiermärkischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (GSLG 1969), LGBl. Nr. 21/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 2/1983 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 lit. c und § 20 Abs. 1 und 2 des Forstgesetzes 1975 (im folgenden: ForstG), ein Ansuchen um Erteilung einer Rodungsbewilligung unter anderem für die Grundstücke Nr. 504/1 und 504/2, KG. Hochtregist, der Beschwerdeführer im Ausmaß von insgesamt 1.306 m2 zum Zwecke der Errichtung einer Weganlage (VARIANTE IV) "nach den Bestimmungen des GSLG 1969". Es wurde die Verbesserung der Agrarstruktur geltend gemacht.

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 8. Oktober 1985 wurde gemäß den §§ 17, 18 und 19 Abs. 1 lit. b ForstG die Bewilligung erteilt, Waldboden unter anderem der Grundstücke Nr. 504/1 und 504/2 der Beschwerdeführer im Ausmaß von zusammen 1.306 m2 (Gesamtausmaß der Rodung 3.316 m2) entsprechend dem mit einem Sichtvermerk versehenen Lageplan zum Zwecke der Schaffung einer Hofzufahrt für die Mitbeteiligten zu roden.

Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 22. September 1986 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer abermals Berufung, über welche der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 3. Februar 1987 entschied. Er behob den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark gemäß § 66 Abs. 2 AVG in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 17 ff und 170 Abs. 7 ForstG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an die Erstinstanz zurück.

1.3. Mit Bescheid vom 7. März 1988 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg gemäß den §§ 17, 18 und 19 Abs. 1 lit. b ForstG "auf den Antrag vom 6. Februar 1985" die Bewilligung, Waldboden unter anderem der Grundstücke Nr. 504/1 und 504/2 im Ausmaß von zusammen 1.306 m2, deren Eigentümer die Beschwerdeführer sind, zu roden. Die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen das gegenständliche Rodungsvorhaben wurden als unbegründet abgewiesen. Die Bewilligung wurde spruchmäßig nur für die Schaffung der Hofzufahrt erteilt und an Vorschreibungen gebunden.

In der Begründung dieses Bescheides wurde das Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 2. Oktober 1987 zur Frage der bereits mit Antrag vom 6. Februar 1985 seitens der Agrarbezirksbehörde behaupteten Agrarstrukturverbesserung durch die Errichtung der gegenständlichen Hofzufahrt wiedergegeben. Darin wurde ausgeführt:

"Der Betrieb" der Mitbeteiligten "hat ein Gesamtausmaß von 11,82 ha, wovon 7,96 ha auf Wald entfallen. Da diese Liegenschaft derzeit nur durch einen beschränkt benutzbaren Servitutsweg (dieser Weg kann aufgrund des bestehenden Servitutes nicht mit allen Fahrzeugen benutzt werden und ist wegen seiner Steilheit im Winter kaum befahrbar) erschlossen

ist, hat der Vorbesitzer" .... "am 18.4.1980 bei der

zuständigen Agrarbezirksbehörde Graz den Antrag auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes eingebracht. Die Bestimmungen des GSLG. 1969 in der geltenden Fassung besagen eindeutig, daß von Seiten der Behörde der Antrag nur dann behandelt werden kann, wenn landwirtschaftliche Grundstücke bzw. Hofstellen in ihrer zweckmäßigen Bewirtschaftung derart beeinträchtigt sind, daß dieser Mangel nur durch die Einräumung des Bringungsrechtes behoben werden kann. Aufgrund dieser strengen gesetzlichen Bestimmungen erscheint eindeutig der Nachweis dafür erbracht, daß bei einer mangelhaften Erschließung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und insbesondere von Hofstellen, ein Mangel an Agrarstruktur vorliegt. Vor Festlegung der entsprechenden Trassenvariante wurden daher sämtliche von der Fachabteilung IIe ausgearbeiteten, möglichen Erschließungstrassen in der Natur begangen und den Parteien vorgewiesen. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Bringungsrechtsverfahren kann daher behauptet werden, daß eine sorgfältige Prüfung und Interessensabwägung hinsichtlich der einzuräumenden Trasse stattgefunden hat.

Da aufgrund dieses Ermittlungsverfahrens nunmehr beabsichtigt ist, das anhängige Bringungsrecht auf der genannten Trassenvariante IV einzuräumen, wurde das Rodungsansuchen eingebracht. Die Rodungsbewilligung ist Voraussetzung dafür, daß der gegenständliche Bringungsrechtsbescheid erlassen werden kann. Die in Anspruch zu nehmenden Fremdgrundstücke auf dieser Trassenvariante entsprechen den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Flächenverluste für die betroffenen Grundeigentümer können diesen zugemutet werden und sind die auftretenden Nachteile wesentlich geringer zu bewerten, als die auftretenden Vorteile, welche die antragsgegenständliche Liegenschaft durch die Erschließung hat. Diese Maßnahme stellt unbestritten eine Verbesserung der Agrarstruktur aus folgenden Gründen dar:

Bei der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes, auch wenn es sich nur um einen Nebenerwerbsbetrieb in der Bergbauernregion handelt, wird dieser in die Lage versetzt, durch die entsprechende Bewirtschaftung auch eine Landschaftspflege zu betreiben. Weiters erscheint unbestritten, daß ein öffentliches Interesse daran besteht, daß eine Hofstelle auch mit Einsatzfahrzeugen (Feuerwehr und Rettung) jederzeit erreicht werden kann. Die Interessensabwägung muß daher auch diese Punkte berücksichtigen. Wenn auch derzeit die Land- und Forstwirtschaft mit großen Schwierigkeiten kämpft, kann dies in fachtechnischer Hinsicht nicht zum Anlaß genommen werden, einen bäuerlichen Nebenerwerbsbetrieb in der Bergbauernregion wegen Fehlens einer geeigneten Zufahrt aufzugeben. Gerade in der Bergbauernregion ist es erforderlich, jeden Betrieb durch entsprechende Maßnahmen zu halten. Würde man eine andere Meinung vertreten, stellt man die Bergbauernförderung in Frage. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber leichtfertig mit öffentlichen Mitteln umgeht und diese Bergbauernförderung jährlich durchführt. Daraus kann ersehen werden, welch bedeutendes öffentliches Interesse an der Erhaltung von bäuerlichen Betrieben in der Bergbauernregion, auch wenn diese nur im Nebenerwerb geführt werden, vorhanden ist.

Aufgrund der Darlegung des Sachverhaltes kann daher in technisch-wirtschaftlicher Hinsicht nicht nur eine Verbesserung der Agrarstruktur, sondern auch ein bedeutendes öffentliches Interesse, welches nach Meinung des landwirtschaftlichen Sachverständigen das Interesse an der Walderhaltung überwiegt, festgestellt werden."

Weiters wurden auch Befund und Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen, erstattet in der mit einem Lokalaugenschein verbundenen Verhandlung vom 28. Jänner 1988, wiedergegeben. Darin wurde ausführlich dargelegt, weshalb die nunmehr beantragte Variante IV unter den verschiedenen in Erwägung gezogenen Varianten gesamtheitlich gesehen als die günstigste angesehen werde. Zur Waldinanspruchnahme wurde festgestellt, daß für die Variante IV bei den Mitbeteiligten die Waldfläche von ca. 1.300 m2 herangezogen werden müßte. Dieses Ausmaß entspreche rund 1,2 % der Gesamtwaldfläche, worin also keine Existenzgefährdung für den Betrieb gesehen werden könne. Ferner wurde auch ausgeführt, daß für den forsttechnischen Amtssachverständigen eine Lkw-taugliche Hofzufahrt eine fundamentale Voraussetzung für die Existenzsicherung eines bergbäuerlichen Betriebes darstelle, gleichgültig, ob es sich um einen Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb handle. Der Eingriff in den Wald erfolge wie beim Bau einer Forststraße und auch die Beeinträchtigung der Funktionen des Waldes sei nicht als so gravierend zu bezeichnen, daß man die Walderhaltung voranstellen müsse.

1.4. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandten die Beschwerdeführer unter anderem ein, daß die Agrarbezirksbehörde nach dem Gesetz beim Wegebau für eine Hofzufahrt die benötigten Grundstücke zuerst von den Antragstellern (den Mitbeteiligten) zur Gänze ausnützen müsse. Dies sei bei Variante III der Fall. Die Beschwerdeführer sprachen sich auch gegen die von der Behörde erster Instanz als erwiesen angenommene Tatsache aus, daß das Anwesen der Mitbeteiligten durch die bestehende Zufahrt nicht ausreichend erschlossen sei. Sie befürworteten eine Hofzufahrtsvariante III/IV, welche ihren Besitz am wenigsten beeinträchtige und den forstlich genutzten Grund weniger schädige als Variante IV, bei welcher sich durch die Steilheit des Geländes und wegen eines Grabeneinschnittes in der Folge Rutschungen befürchten ließen. Durch Verwirklichung der Variante IV müßten die Beschwerdeführer fast die Hälfte des Waldes der Grundstücke 504/1 und 504/2 aufseilen, ohne daß sie (entgegen der Meinung des Sachverständigen) Erleichterungen bei der Holzbringung erwarten könnten. Weiters wiesen die Beschwerdeführer auf eine existenzbedrohende Beeinträchtigung ihres Waldbesitzes durch Verwirklichung der Variante IV hin. Es handle sich bei ihrem Betrieb um einen Vollerwerbsbetrieb mit ca. 16 ha, der 1,2 % seines Waldes bei Verwirklichung der Variante IV verliere, während der Vollerwerbsbetrieb M nur 0,6 % seines Waldes verliere. Die Sicht des öffentlichen Interesses und der Einsatz öffentlicher Mittel zur Herstellung einer ganzjährig (mit Lkw) befahrbaren Straße zu einem Nebenerwerbsbetrieb ohne nennenswerte Produktion für den Markt sei "mit größter Gewissenhaftigkeit ins Auge zu fassen".

1.5. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, verbunden mit einem Lokalaugenschein, am 6. Oktober 1988 gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 3. November 1988 der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge und bestätigte den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 7. März 1988 mit der Maßgabe, daß die erteilte Rodungsbewilligung bis 31. Dezember 1989 gelte.

In dem anläßlich der angeführten Verhandlung erstatteten Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen wurde unter anderem ausgeführt, die derzeitige Zufahrt weise ab der Hofstelle der Beschwerdeführer Steigungen bis zu 20 % auf, sei in Erdbauweise angelegt und durch die unzulängliche Wasserableitung in desolatem Zustand. Der Ausbau und die Sanierung dieses Weges seien wegen der Steigungsverhältnisse nicht möglich. Somit stehe, wie auch dem Aktenvorgang zu entnehmen sei und von den Beschwerdeführern auch bei dieser Verhandlung bestätigt worden sei, fest, daß die Hofstelle der Mitbeteiligten im Sinne des GSLG 1969 notleidend und eine neue Erschließung unumgänglich sei. Entgegen den Berufungsausführungen sei die Erschließung einer Hofstelle nicht nur von der Marktleistung abhängig, sondern erfordere generell eine ganzjährige Lkw-Erreichbarkeit für die Erhaltung und Instandhaltung der Gebäude, die Zufuhr von Betriebsmitteln und die Abfuhr von am Hof erzeugten Produkten einschließlich der Erschließung für die Notversorgung (Arzt, Feuerwehr usw.). Ergänzend werde festgehalten, daß jede Erschließungsvariante eine Strukturverbesserung im Sinne des Forstgesetzes darstelle. Anschließend begründete der Sachverständige die Vorteile der Variante IV gegenüber Variante III/IV.

Die Stellungnahme des forsttechnischen Amtssachverständigen anläßlich der Verhandlung vom 6. Oktober 1988 enthielt unter anderem auch Ausführungen, daß die Grundgrenze zwischen den Parzellen 504/1 und 504/2 (der Beschwerdeführer) und 517/1 (der Mitbeteiligten) in der Natur anders verlaufe, als sie in der Katastermappe ausgewiesen sei. Die betroffenen Waldgrundstücke lägen in der Gemeinde Bärnbach mit einer Waldausstattung von 45,4 %. Es sei deshalb die Vorschreibung einer Ersatzaufforstung nicht erforderlich. Der Bestand auf den Waldgrundstücken der Beschwerdeführer Nr. 504/1 und 504/2 weise eine gut geschlossene, wüchsige Fichtenjugend von ca. 30 Jahren auf. Dieser Bestand setze sich auch auf der südlich angrenzenden Teilfläche des Grundstückes Nr. 517/1 (laut Kataster: der Mitbeteiligten; richtig in der Natur: der Beschwerdeführer) fort. Es handle sich auf der gesamten Trassenlänge um einen Südhang mit einer Querneigung von 40 bis 60 %. Die Rodungsfläche berühre weder einen Bann- noch einen Schutzwald. Die Breite des Durchhiebes betrage ungefähr 10 m. Eine offenbare Windgefahr aus Nordwesten sei nicht gegeben. Bei der Begehung der Trasse IV sei festzustellen gewesen, daß die Waldgrundstücke Nr. 504/1 und 504/2 bisher überhaupt nicht erschlossen gewesen seien und die Holzabfuhr über einen Streifweg des Besitzes M erfolgen habe müssen. Durch die geplante Hofzufahrt würden die beiden Grundstücke wirtschaftsmäßig sehr gut erschlossen, weshalb sich daraus ein großer Vorteil ergebe. Das Aufseilen aus dem Graben bis zur künftigen Wegtrasse könne mit einem Traktor durchgeführt werden. Weiters begründete dieser Sachverständige die Vorteile der Variante IV gegenüber der Variante III/IV.

Der Landeshauptmann von Steiermark führte in seinen Erwägungen im Bescheid vom 3. November 1988 aus, daß zu den Mängeln der Agrarstrukturverbesserung unter anderem die Unzulänglichkeit der Verkehrserschließung land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gehöre (§ 1 des Steiermärkischen Zusammenlegungsgesetzes 1982). Die Einräumung eines Bringungsrechtes im Sinne des Stmk GSLG 1969 stelle eine Maßnahme zur Beseitigung eines solchen Agrarstrukturmangels und daher eine Agrarstrukturverbesserung im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG dar. Bei der Untersuchung der Voraussetzungen des Vorliegens einer Agrarstrukturverbesserung stützte sich der Landeshauptmann auf die Äußerung des landwirtschaftlichen Sachverständigen. Bei den von der Forstbehörde wahrzunehmenden Interessen stützte er sich auf die Ausführungen des im Berufungsverfahren beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen. Mit Rücksicht auf diese Ermittlungsergebnisse könne als erwiesen angenommen werden, daß für das Vorhaben ein öffentliches Interesse im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG, nämlich das Vorliegen einer Agrarstrukturverbesserung, spreche und daß dieses Interesse gegenüber den gesetzlichen Walderhaltungsrücksichten an der Rodungsfläche als überwiegend anzusehen sei. Hiebei sei vor allem zu berücksichtigen gewesen, daß einerseits eine den heutigen Verhältnissen entsprechende Hofzufahrt zu einem auf Grünland und Viehhaltung ausgerichteten Betrieb hergestellt werde, gleichzeitig der bestehende Servitutsweg durch den Hofraum der Beschwerdeführer aufgelassen werden könne sowie auch eine bisher nicht vorhandene forstliche Aufschließung der betroffenen Grundstücke der Beschwerdeführer erreicht werde und andererseits dem gegenständlichen Rodungsvorhaben keine forstfachlichen Bedenken entgegenstünden.

1.6. Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Die belangte Behörde folgte in der Begründung ihres Bescheides den Ausführungen des Landeshauptmannes von Steiermark bezüglich der nicht ausreichenden Verkehrserschließung und darin, daß die Errichtung der Hofzufahrt eine Agrarstrukturverbesserung im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG darstelle. Zur Frage einer - in der Berufung eingewendeten - möglichen Rutschgefahr bei Verwirklichung des Projektes IV verwies die belangte Behörde auf ein von ihr eingeholtes ergänzendes Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen, woraus sich ergebe, daß eine Rutschgefahr nicht gegeben sei, weil es im Bereich des Grabeneinhanges nur zu geringfügigen Einschnitten und somit zu geringfügigen Veränderungen des derzeit standsicheren Untergrundes komme und außerdem im Grabenbereich für die Entwässerung der Oberflächenwässer ein Rohrdurchlaß von 80 cm Durchmesser im Projekt der Agrarbezirksbehörde vorgesehen sei. Diesen Ausführungen seien die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, sondern es sei lediglich darauf hingewiesen worden, daß diese Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen würden. Zu den Grenzverhältnissen wurde festgestellt, daß die belangte Behörde von den bereits in erster Instanz getroffenen Feststellungen ausgehe. Auch bezüglich der Einwendungen der Beschwerdeführer zur Bevorzugung anderer Varianten schloß sich die belangte Behörde den Unterinstanzen an.

1.7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

In der Beschwerde wird vorgebracht, daß die Beschwerdeführer in den 70iger Jahren selbst zur Aufschließung von Waldgrundstücken und Verbesserung ihrer Hofzufahrt einen Weg errichtet hätten und ihre Bemühungen damals schon aus Gründen der Kostenbeteiligung darauf gerichtet gewesen seien, daß sich zur Erschließung einer optimalen Hofzufahrt auch die Familie der Mitbeteiligten an der Wegaufschließung beteiligen solle. Dies sei von den nunmehrigen Mitbeteiligten mit dem Hinweis, daß ihnen der bestehende Servitutsweg mit einer Steigung von 20 % für ihre Hofzufahrt genüge, abgelehnt worden. Es erhebe sich die Frage, inwieweit nicht durch die nunmehrige Antragstellung das Recht überhaupt mißbraucht werde, indem jahrelang diskutierte und beiden Teilen dienende Wegvarianten von den mitbeteiligten Parteien abgelehnt worden seien und nunmehr weitaus teurere Wegvarianten, die ausschließlich den mitbeteiligten Parteien nützten, durchgesetzt werden sollten.

Auch sei durch die Trassenführung (Variante IV) für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, sondern es müsse im Falle der Rodung ihrer Waldgrundstücke das Holz entweder auf den bestehenden Servitutsweg, Variante III, gestriffen werden, oder teilweise auf den neu zu schaffenden Weg, Variante IV, vom höher gelegenen Teil gestriffen, vom tiefergelegenen Teil mit Seilwinden heraufgezogen werden, soweit nicht der allen Teilen zugängliche Weg, Variante III, hiefür benützt werde. Im Sinne des Schutzes des Eigentums wäre primär zu prüfen gewesen, über welche auf den in Anspruch genommenen Grundstücksflächen bestehende Wege außerbücherliche oder bücherliche Rechte bestünden, und durch welche bauliche Maßnahmen diese in der Natur bereits vorhandenen Wege genutzt werden könnten.

Die folgenden Ausführungen in der Beschwerde betreffen die von den Beschwerdeführern bereits im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens zur Sprache gebrachte Variante III und ihre behaupteten Vorteile gegenüber der Variante IV.

Weiters machen die Beschwerdeführer geltend, daß es nicht darum gehe, einen bestehenden Wald, der frühestens in 30 bis 50 Jahren schlagbar werde, besser aufzuschließen, sondern ausschließlich um Interessen der mitbeteiligten Parteien, nämlich eine Zufahrt, die derzeit, privatrechtlich gesehen, nur ein Gehrecht sowie ein Fahrrecht mit landwirtschaftlichen Fuhren beinhalte, umzugestalten bzw. zu erwirken. Gerade aus diesem Blickwinkel heraus seien aber Eingriffe in fremdes Eigentum darauf beschränkt, nur insoweit bewilligt zu werden, als nicht durch bestehende, privatrechtliche Berechtigungen der gleiche Zweck erreicht werden könne, weshalb alle Überlegungen der Verwaltungsbehörden unterer Instanzen, durch einen Eingriff in fremdes Eigentum diesen Interessen der Mitbeteiligten zu dienen, "eine Gesetzesverletzung, eine Verletzung des Grundbegriffes unserer Grund- und Freiheitsrechte beinhalten". Es gehe in Wahrheit nicht um öffentlich-rechtliche, sondern um privatrechtliche Interessen.

1.8. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

1.9. Die mitbeteiligten Parteien verwiesen in ihren Schreiben vom 7. Mai 1990 lediglich auf ihr wiederholtes Vorbringen im bisherigen Verwaltungsverfahren, wonach sie diese Bringungsmöglichkeit benötigten und diesen Ausführungen nichts weiteres hinzuzufügen hätten.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG 1975 in der Fassung der Novelle 1987, BGBl. Nr. 576, ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

§ 17 Abs. 2 ForstG bestimmt, daß unbeschadet der Bestimmung des Absatzes 1 die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen kann, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Öffentliche Interessen im Sinne des Absatzes 2 sind gemäß § 17 Abs. 3 ForstG insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet.

Gemäß § 19 Abs. 2 lit. c ForstG ist in den Fällen des § 20 Abs. 2 auch die Agrarbehörde zur Einbringung eines Antrages auf Rodungsbewilligung berechtigt.

Nach § 20 Abs. 2 leg. cit. kommt dann, wenn für die Errichtung oder Ausgestaltung einer Bringungsanlage im Sinne des § 1 des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967, BGBl. Nr. 198, eine Rodungsbewilligung erforderlich wird, der Agrarbehörde Parteistellung zu.

Die Agrarbezirksbehörde hat ihren Antrag vom 6. Februar 1985 ausdrücklich auf § 2 Abs. 2 Stmk GSLG 1969

gestützt.

§ 2 Abs. 1 und 2 Stmk GSLG 1969 lautet:

"(1) Auf Antrag der Eigentümer, Nutzungsberechtigten (einschließlich jener nach dem Wald- und Weideservitutenlandesgesetz, LGBl. Nr. 62/1956) oder Bestandnehmer von Grundstücken ist ein Bringungsrecht unter Beachtung der Bestimmungen des § 3 einzuräumen, wenn

1. die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und

2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen, insbesondere des Forstwesens, der Wildbach- oder Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt und den im § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann.

(2) Werden durch die Einräumung eines Bringungsrechtes Grundstücke, Bauwerke oder Anlagen betroffen und ist hiefür die Genehmigung einer anderen Behörde erforderlich, so hat die Agrarbehörde vor der Einräumung des Bringungsrechtes diese Genehmigung von Amts wegen bei der Behörde, in deren Wirkungskreis diese Angelegenheit fällt, einzuholen. Hiebei etwa anfallende Kosten hat der Antragsteller zu tragen."

§ 3 Abs. 1 Stmk GSLG 1969 bestimmt:

"(1) Art, Inhalt und Umfang der Bringungsrechte sind so festzusetzen, daß

1. die durch die Einräumung und Ausübung des Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen,

  1. 2. weder Menschen noch Sachen gefährdet werden,
  2. 3. fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

    4. möglichst geringe Kosten verursacht werden."

2.2.1. Im Beschwerdefall stand als öffentliches Interesse im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG jenes der Agrarstrukturverbesserung zur Diskussion.

Zu den Mängeln der Agrarstruktur gehört das Fehlen oder die Unzulänglichkeit der Verkehrserschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 1 des Gesetzes über die Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke - ZLG 1971, LGBl. für die Steiermark Nr. 32). Die Einräumung eines Bringungsrechtes im Sinne der §§ 1 und 2 GSLG 1969 stellt eine Maßnahme zur Beseitigung eines solchen Strukturmangels und daher eine Agrarstrukturverbesserung im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG dar.

Da die Forstbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 17 Abs. 3 und 4 ForstG zu prüfen hat, hat sie bei der Beurteilung eines Rodungsansuchens, welches sich auf die Behauptung einer Agrarstrukturverbesserung stützt, auch deren Vorliegen nach jeder Richtung hin zu untersuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1982, Zl. 82/07/0106 = ZfVB 1983/4/1643). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung dahingehend geboten, daß nicht nur der Vorteil aus der Verbesserung der Erschließung des Betriebes der Weginteressenten zu berücksichtigen ist, sondern auch eine gleichzeitig eintretende Verschlechterung der Agrarstruktur, etwa durch Verringerung der Betriebsgröße oder wesentliche Wirtschaftserschwernisse für die von der Rodung betroffenen Parteien.

Zufolge der Bestimmung des § 19 Abs. 6 lit. b ForstG ist die Forstbehörde verpflichtet, im Rodungsverfahren zur Beantwortung der Frage, ob mit der Bewilligung des Antrages eine Strukturverbesserung erreicht werden kann, die in Angelegenheiten der Bodenreform zuständige Agrarbehörde zu hören und erforderlichenfalls das Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen einzuholen (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1984, Slg. NF. Nr. 11.341/A = ZfVB1984/5/1965).

2.2.2. Die Beschwerdeführer übersehen nun mit ihrem auf ein Abwägen zwischen den verschiedenen Varianten abstellenden Vorbringen, daß sich der auf Bewilligung der Rodung gerichtete Antrag der Agrarbehörde auf das von ihr in Aussicht genommene Projekt zu beziehen hat, welches Gegenstand des Bringungsrechtes werden soll. Nur in bezug auf dieses Projekt ist daher der Antrag auf Bewilligung der Rodung von der Forstbehörde gemäß § 17 Abs. 2 bis 4 ForstG zu prüfen und zu beurteilen. Im konkreten Fall hat die Agrarbezirksbehörde Graz in ihrem Ansuchen vom 6. Februar 1985 ausdrücklich die Variante IV zum Gegenstand ihres Anbringens gemacht. Über diese Variante haben die belangte Behörde und auch die Unterbehörden Sachverständigengutachten eingeholt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß der belangten Behörde, indem sie sich bei der Beurteilung dieser Variante IV - wie auch die Unterbehörden - auf die durchaus schlüssigen Gutachten der landwirtschaftlichen und forsttechnischen Sachverständigen gestützt hat, bei der Beurteilung der entscheidungserheblichen Fragen (unzureichende Erschließung des Anwesens der mitbeteiligten Parteien, Vorhandensein einer Agrarstrukturverbesserung durch Errichtung der Hofeinfahrt und Überwiegen dieses Interesses an der Agrarstrukturverbesserung gegenüber jenem an der Walderhaltung) ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Mangel unterlaufen wäre.

2.2.3. Soweit in der Beschwerde das Vorliegen eines ÖFFENTLICHEN Interesses an der Rodung bestritten wird, ist auf die bereits unter Punkt 2.2.1. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Darüberhinaus wendet sich die Beschwerde ausschließlich dagegen, daß Variante IV und nicht eine vom Standpunkt der Beschwerdeführer aus günstigere Variante, so insbesondere die Variante III, gewählt worden sei. Mit diesem Vorbringen verkennen die Beschwerdeführer, daß die Agrarbehörde nach dem oben wiedergegebenen § 2 Abs. 2 Stmk GSLG 1969 dann, wenn durch die Einräumung eines Bringungsrechtes Grundstücke, Bauwerke oder Anlagen betroffen werden und wenn hiefür die Genehmigung einer anderen Behörde erforderlich ist, vor der Einräumung des Bringungsrechtes diese Genehmigung von Amts wegen bei der Behörde, in deren Wirkungskreis diese Angelegenheit fällt, einzuholen hat. Gegenstand eines solchen Antrages ist, wie bereits ausgeführt, ein bestimmtes Bringungsvorhaben. Dieser Antrag ist, wenn es sich wie hier um eine forstbehördliche Rodungsbewilligung handelt, ausschließlich nach forstrechtlichen Gesichtspunkten, nämlich jenen nach §§ 17 ff ForstG zu beurteilen. Eine Berücksichtigung der im § 3 Stmk GSLG 1969 für das Verfahren vor der Agrarbehörde maßgebenden Bewilligungskriterien - wobei sich auch die dort vorgesehenen Abwägungsgesichtspunkte schon im Hinblick auf die Antragsbedürftigkeit des bringungsrechtlichen Verfahrens selbst nur auf dessen jeweiligen Verfahrensgegenstand beziehen können - hat im Verfahren vor der Forstbehörde nicht zu erfolgen.

2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Auf Art. III Abs. 2 dieser Verordnung wird hingewiesen.

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