VwGH 88/07/0001

VwGH88/07/000125.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde 1) der Stadtgemeinde F, 2) des Fremdenverkehrsförderungsvereins M, 3) des J gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. November 1987, Zl. 8 W-Allg-915/2/87, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Verein F),

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §52 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §28 Abs1 Z4 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §15 Abs1;
AVG §42 Abs1;
AVG §52 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §28 Abs1 Z4 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1 litd;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §15 Abs1;

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde;

2. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie vom Drittbeschwerdeführer erhoben wurde.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. September 1987 erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (BH) der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 9, 12, 98 und 111 WRG 1959 unter einer Reihe von Vorschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung, nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen im Bereich näher bezeichneter Grundstücke zwei Fischteichanlagen in der Größe von ca. 2 ha und einen weiteren Teich mit einer Wasserfläche von rund 1 ha zu errichten; unter Hinweis auf das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin wurde erklärt, daß deren Forderungen in den Vorschreibungen Rechnung getragen worden sei; der Einwand des Zweitbeschwerdeführers wurde als unbegründet abgewiesen. Der Drittbeschwerdeführer hat am Verfahren nicht teilgenommen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. November 1987 wurden die gegen die erteilte Bewilligung gerichteten Berufungen der Erstbeschwerdeführerin sowie des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt:

Bei der vor der BH durchgeführten örtlichen Verhandlung sei vom Vertreter der Erstbeschwerdeführerin zu Protokoll gegeben worden, diese weise im besonderen darauf hin, daß der Micheldorfer Bach im unteren Bereich verrohrt und bei Ablassen des Teiches hierauf Bedacht zu nehmen sowie das Einvernehmen mit der Erstbeschwerdeführerin herzustellen sei; mangels eines Einspruches gegen das Vorhaben seien jedoch in bezug auf die Erstbeschwerdeführerin die Präklusionsfolgen des § 42 AVG eingetreten, weshalb deren Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen gewesen sei.

Der Zweitbeschwerdeführer erachte die geplante Teichanlage als eine zusätzliche Gefahr für die Wasserversorgung von M, für das Bad dieser Ortschaft und auch für diese sowie deren Bevölkerung selbst, weil mit Hochwasserschäden gerechnet werden müsse; durch einen zusätzlichen Teich würden die Speicherquellen der Wasserversorgung sowie das Freibad weiteren Gefahren ausgesetzt; für einen dritten Teich bestünde überhaupt keine Notwendigkeit; auch wäre die Bevölkerung überwiegend gegen dessen Errichtung. Hiezu sei festzuhalten, daß der Zweitbeschwerdeführer bereits anläßlich der Ortsverhandlung vom 21. November 1986 vorgebracht habe, es bestünde durch die Errichtung der Teichanlage die Gefahr, daß es bei allfälligen Naturkatastrophen zu einer Beeinträchtigung der Teichanlage des Zweitbeschwerdeführers kommen könne, weshalb prinzipiell gegen die Errichtung der neuen Teichanlage ein Einwand vorgebracht werde. Auf Grund dieser Stellungnahme und eines zusätzlichen Schreibens des Zweitbeschwerdeführers vom 5. Dezember 1986 sei eine statische Berechnung des Erddammes für die gegenständliche Teichanlage durch ein Zivilingenieurbüro durchgeführt worden, welche dem Wasserbauamt Klagenfurt zur Stellungnahme vorgelegt worden sei.

In dessen Antwortschreiben vom 5. August 1987 werde der BH mitgeteilt, daß auf Grund der statischen Berechnung des Erddammes vom Jänner 1987 und der nachgereichten Berechnung des HW-Überlaufes in der Dammkrone vom 4. August 1987 durch das erwähnte Zivilingenieurbüro von seiten des Wasserbauamtes gegen die Errichtung der Teichanlage kein Einwand bestünde.

Nach Wahrung des Parteiengehörs sei nunmehr die BH berechtigt gewesen, den gegenständlichen Bewilligungsbescheid zu erlassen, zumal von seiten des Zweitbeschwerdeführers gegen das Gutachten über die Standfestigkeit des Dammes keine fachlichen Gegeneinwände vorgebracht worden seien.

Ebenso seien im Berufungsschreiben keine fachlichen Anfechtungserklärungen zum Ausdruck gebracht worden. Da die vorliegende statische Berechnung über die Standfestigkeit des Erddammes, von einem wasserbautechnischen Amtssachverständigen begutachtet, durch den Zweitbeschwerdeführer ohne fachliche Begründung ausschließlich mit Hinweisen auf etwaige Naturkatastrophen in Zweifel gezogen worden sei, habe anhand der Aktenlage der Berufung ein Erfolg versagt bleiben müssen. Im übrigen werde auf die schlüssige Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.

Der Rechtsmittelbescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich nach ihrem ganzen Vorbringen die Erstbeschwerdeführerin sowie der Zweitbeschwerdeführer in dem Recht auf Durchsetzung ihrer Einwendungen und der Drittbeschwerdeführer in seinem Recht auf Teilnahme am Verfahren und Beachtung seiner hiebei als Fischereiberechtigter zu erhebenden Einwendungen verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Mitbeteiligte hat im Beschwerdeverfahren keine

Stellungnahme abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Erstbeschwerdeführerin bekämpft die Annahme, sie sei präkludiert, weil sie bei der Wasserrechtsverhandlung keine Einwendungen erhoben habe, mit dem Argument, sie habe davon ausgehen können, daß die Wasserrechtsbehörde von Amts wegen auf für die Sicherheit erforderliche Maßnahmen Bedacht nehme; wenn dies im erstinstanzlichen Bescheid nicht geschehen sei, müsse ihr ein dementsprechendes Vorbringen unbenommen bleiben. Darin irrt die Erstbeschwerdeführerin jedoch; daß sie selbst keine rechtserheblichen Einwendungen erhoben hat, räumt sie - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - selbst ein. Die Gründe, aus denen keine Einwendung erhoben worden ist, sind aber rechtlich unerheblich (siehe dazu die Rechtsprechung bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahren4, 1990, S. 285). Die Wahrung öffentlicher Interessen (§ 105 WRG 1959) ist ausschließlich den Wasserrechtsbehörden überantwortet (siehe etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1987, Zl. 86/07/0111). Gemeinden können die Berücksichtigung öffentlicher Interessen im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren - von den hier sachverhaltsbezogen nicht in Anspruch genommenen Rechten gemäß § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 abgesehen - lediglich anregen, aber nicht durchsetzen (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, Zl. 83/07/0204). Auch trifft nicht zu, daß sachverhaltsbezogene Einwendungen gegen das Projekt, die gleichzeitig Umstände betreffen, welche auch von Amts wegen wahrzunehmen sind, bei bereits eingetretener Präklusion aufgrund eines allein vom präkludierten Antragsgegner erstatteten Vorbringens noch im Berufungsverfahren berücksichtigt werden könnten. Die Erstbeschwerdeführerin hatte auch keinen Anspruch auf Beachtung ihres Verlangens nach Herstellung des Einvernehmens mit ihr bei Ablassen der Teiche anstelle der dem Mitbeteiligten zu diesem Zweck auferlegten Pflicht zu ihrer (bloßen) Benachrichtigung.

Der Zweitbeschwerdeführer weist darauf hin, daß er in M eine bewilligte Badeanlage besitze und betreibe, die durch das Vorhaben des Mitbeteiligten gefährdet werde, weil es durch Fütterung mit zum Teil tierischen Abfällen in den Fischteichen zu einer Verschlechterung des Wassers kommen müsse, welches seinerseits die Badeteichanlage speise; bei Fehlen der Badewasserqualität drohe dann eine Sperre des Bades. Ferner würden durch die projektierte Anlage die Speicherquellen der Wasserversorgungsanlage M beeinträchtigt werden, wodurch eine Gefährdung der Gesundheit der Bewohner der an diese Anlage angeschlossenen Objekte entstehe.

In bezug auf die zuletzt genannte Wasserversorgungsanlage M hat der Zweitbeschwerdeführer weder auf Verwaltungsebene noch in der Beschwerde behauptet, Wasserberechtigter zu sein; in ihrer Gegenschrift hat die belangte Behörde unwidersprochen ausgeführt, daß insofern Wasserberechtigte vielmehr die Erstbeschwerdeführerin sei, die übrigens selbst in ihrer Berufung diese "Gemeindewasserversorungsanlage" erwähnt hat. Der Zweitbeschwerdeführer ist demnach insoweit nicht berechtigt, eine Verletzung seiner Rechte geltend zu machen.

In der vorliegenden Beschwerde wird auf die im Verwaltungsverfahren behauptete Bedrohung der Badeanlage des Zweitbeschwerdeführers bei einer Naturkatastrophe (Hochwasser), wobei die Anlage des Dammes für den projektierten dritten (neuen) Teich beanstandet wurde - insoweit hat die Wasserrechtsbehörde eine statische Berechnung eingeholt, die auf fachlicher Ebene nicht entkräftet wurde, und eine Reihe von Auflagen vorgeschrieben -, nicht mehr eingegangen.

Der Zweitbeschwerdeführer hat ferner auf Verwaltungsebene eine unvollständige Protokollierung bei der Wasserrechtsverhandlung in bezug auf sein Vorbringen behauptet und die nach seiner Ansicht in jener Niederschrift nicht enthaltenen Erklärungen in einem Schreiben vom 5. Dezember 1986 festgehalten; die belangte Behörde hat dieses Schreiben, wie oben wiedergegeben, in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich erwähnt (auch im erstinstanzlichen Bescheid wurde darauf eingegangen). Der Inhalt des bezeichneten Schreibens betrifft allerdings nicht die nun in der Beschwerde herausgestellte Wasserqualität. So verbleibt als rechtzeitig erhobene Einwendung in dieser Hinsicht nur das in der Wasserrechtsverhandlung gestellte - nicht auf den dritten Teich eingeschränkte - Verlangen des Zweitbeschwerdeführers, "daß eine Fütterung der Fische mit Kadavern nicht durchgeführt werden" dürfe. Eine dahin gehende Vorschreibung enthält der erstinstanzliche Bescheid vom 8. September 1987 nicht. In seiner Berufung hat dies der Zweitbeschwerdeführer jedoch nicht bemängelt. Über einen Beschwerdepunkt, der nicht auch im Berufungsverfahren geltend gemacht wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof aber nicht abzusprechen, auch wenn es sich dabei um ein Vorbringen in erster Instanz handelt (siehe dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 544, angeführte Rechtsprechung).

Nach dem Gesagten erweist sich daher die Beschwerde, soweit sie von der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer erhoben wurde, als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Drittbeschwerdeführer behauptet, als Fischereiberechtigter zu Unrecht dem wasserrechtlichen Verfahren nicht beigezogen worden zu sein (§ 102 Abs. 1 lit. b, § 15 Abs. 1 WRG 1959). Er betrachtet sich somit als übergangene Partei. Ob er aufgrund des Sachverhaltes als Fischereiberechtigter an dem wasserrechtlichen Verfahren über das gegenständliche Projekt hätte teilnehmen müssen, ist jedoch aufgrund von Feststellungen zu beurteilen, welche die Verwaltungsbehörde, nicht aber der Verwaltungsgerichtshof zu treffen hat. In einem derartigen Fall liegen die Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung nicht vor, wenn, wie hier, der angefochtene Bescheid - mit welchem der erstinstanzliche Bescheid nicht abgeändert wurde - eine Sacherledigung nur in bezug auf die Berufungswerber, also die Erstbeschwerdeführerin und den Zweitbeschwerdeführer, enthält und somit als ihm gegenüber nicht ergangene, keine Veränderung herbeiführende Rechtsmittelentscheidung den Drittbeschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzen kann; der Drittbeschwerdeführer muß unter solchen Voraussetzungen vielmehr zunächst die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an ihn begehren und diesen mit Berufung bekämpfen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1962, Slg. 5794/A, und den hg. Beschluß vom 16. Mai 1969, Slg. 7568/A). Wie den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, hat der Drittbeschwerdeführer auf sein diesbezügliches Verlangen den Bescheid der BH bereits zugestellt erhalten und hierauf unter anderem dessen Aufhebung beantragt. § 107 Abs. 2 WRG 1959 war im Beschwerdefall nicht anzuwenden, weil nach Lage der Akten die mündliche Verhandlung nicht öffentlich bekanntgemacht wurde (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 87/07/0197, mit weiteren Judikaturangaben).

Soweit die Beschwerde vom Drittbeschwerdeführer erhoben wurde, war sie nach den vorstehenden Ausführungen gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zur Beschwerdeerhebung zurückzuweisen.

Der Zuspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

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