VwGH 90/10/0065

VwGH90/10/006526.9.1990

N 1. gegen Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. März 1990, Zl. SD 12/90, betreffend Übertretung des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 (Beschwerdezahl 90/10/0065), 2. gegen Wiener Landesregierung vom 9. März 1990, Zl. MA 62-III/130/90/Str, betreffend Übertretungen des Art. VIII EGVG 1950 (Beschwerdezahl 90/10/0066)

Normen

EGVG Art9 Abs1 Z1 idF 1977/232;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG 2008 Art9 Abs1;
EGVG Art8/Wr Fall1 Anstandsverletzung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z3 impl;
EGVG Art9 Abs1 Z1 idF 1977/232;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG 2008 Art9 Abs1;
EGVG Art8/Wr Fall1 Anstandsverletzung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z3 impl;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.720,-- und die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.600,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, vom 20. April 1989 wurde der Beschwerdeführer unter anderem schuldig erkannt, am 8. Mai 1988 um 6.45 Uhr in Wien 1, X, durch lautes Schreien sowie durch den Gebrauch der Worte "Arschloch, Wixer, Schirmmützendepp etc."

  1. a) den öffentlichen Anstand verletzt,
  2. b) ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und
  3. c) ein Verhalten gesetzt zu haben, welches geeignet gewesen sei, Aufsehen und Ärgernis zu erregen und solches auch tatsächlich erregt habe, wodurch die Ordnung an einem öffentlichen Orte gestört worden sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer folgende Übertretungen nach dem EGVG 1950 begangen:
  4. a) nach Art. VIII erster Fall;
  5. b) nach Art. VIII zweiter Fall;
  6. c) nach Art. IX Abs. 1 Z. 1.

    Hiefür wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen von je

    S 500,-- verhängt, und zwar zu a) und b) gemäß Art. VIII und zu

    c) gemäß Art. "IX/1/1" EGVG 1950. Weiters wurden die Ersatzarreststrafen festgesetzt.

    Die Behörde gründete den von ihr als erwiesen angenommenen maßgebenden Sachverhalt auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen von vier als Zeugen vernommenen Sicherheitswachebeamten, die bei dem Vorfall eingeschritten waren. Der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers wurde kein Glaube geschenkt. Die Vernehmung der von ihm namhaft gemachten Zeugen sah die Behörde als entbehrlich an.

    2. In seiner Berufung rügte der Beschwerdeführer unter anderem das Unterbleiben der Vernehmung der von ihm zum Beweis dafür, daß er weder geschimpft noch geschrien habe, geführten Zeugen, darunter ausdrücklich auch des B. Der Beschwerdeführer nahm Bezug auf das beim Verfassungsgerichtshof anhängige Verfahren über seine Beschwerde gegen seine Festnehmung und Anhaltung anläßlich des Vorfalles vom 8. Mai 1988 und stellte den Antrag, "allenfalls nach Verfahrensergänzung durch Einvernahme der beantragten Zeugen" das Verfahren einzustellen.

    Im Berufungsverfahren wurden die über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Rechtshilfegericht aufgenommenen Vernehmungsprotokolle sowie jene über die Vernehmung von Zeugen durch das Landesgericht für Strafsachen Wien in dem Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verdachtes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt beigeschafft. Vor beiden Gerichten hatte unter anderem B ausgesagt.

    3. Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wurde die Berufung des Beschwerdeführers wie folgt erledigt:

    a) von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien wurde der Berufung gegen den die Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 betreffenden Teil des Straferkenntnisses nicht Folge gegeben und das Straferkenntnis insofern mit der Änderung bestätigt, daß die Vorhaft angerechnet wurde und die Strafnorm richtig Art. IX Abs. 1 EGVG 1950 zu lauten habe.

    b) Von der Wiener Landesregierung wurde das Straferkenntnis, soweit es die unter I.1. erwähnten Verwaltungsübertretungen nach Art. VIII EGVG 1950 betrifft, mit der Änderung bestätigt, daß der Beschwerdeführer 1. durch den Gebrauch der Worte "Arschloch und Wixer" den öffentlichen Anstand verletzt und 2. durch lautes Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt habe. Ferner wurde das jeweilige Strafausmaß herabgesetzt.

    Die Berufungsbehörden begründeten ihre Entscheidung - auf das hier wesentliche zusammengefaßt - wie folgt:

    Zu a): Das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten sei entgegen seiner leugnenden Verantwortung auf Grund der glaubwürdigen und im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der vier als Zeugen vernommenen Sicherheitswachebeamten als erwiesen anzusehen. Die Aussagen des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen S vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Gericht stünden im Widerspruch zueinander. Der weitere vom Beschwerdeführer beantragte Zeuge H habe angegeben, zur Tatzeit nicht anwesend gewesen zu sein. Für die Glaubwürdigkeit der Sicherheitswachebeamten sprächen auch die Aussagen zweier Zeugen eines Vorfalles, der sich etwa eineinhalb Stunden vor dem gegenständlichen ereignet habe und bei dem sich der Beschwerdeführer auch diesen Zeugen gegenüber in ähnlicher Weise schreiend und schimpfend verhalten habe. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei nicht nur geeignet gewesen, Ärgernis zu erregen, sondern habe ein solches auch bei mehreren Personen erregt; dadurch sei die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden. Es liege auf der Hand, daß die Zahl dieser Personen, insbesondere bei einer turbulenten Amtshandlung wie im vorliegenden Fall, nicht exakt feststellbar sei. Daher sprächen die insoweit unterschiedlichen Angaben der vernommenen Sicherheitswachebeamten nicht gegen ihre Objektivität.

    Die Spruchänderung und -ergänzung diene lediglich der Anrechnung der Vorhaft und der richtigen Zitierung der herangezogenen Strafnorm.

    Zu b): Die Wiener Landesregierung setzte sich mit den Aussagen der im Verwaltungsverfahren und im Rechtshilfeverfahren vor dem BG Innere Stadt Wien vernommenen Personen auseinander - auch in dieser Begründung blieb allerdings der vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeuge B unerwähnt - und kam zu dem Ergebnis, es bestünden für sie in der Frage, ob der Beschwerdeführer die ihm angelastete Anstandsverletzung und Lärmerregung begangen habe, trotz der von ihm erhobenen Einwände keine Bedenken. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß seine Fähigkeit, sein Verhalten richtig einzuschätzen und sich an die konkrete Situation zu erinnern, infolge seiner damaligen Alkoholbeeinträchtigung eingeschränkt sei. Die Beschreibung der Intensität der Lärmerregung im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit und dem Unwillen, welche das Verhalten des Beschwerdeführers bei Passanten hervorgerufen habe, ließen den Schluß zu, daß das Schreien, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatzeit (Sonntag 6.45 Uhr), geeignet gewesen sei, das Wohlbefinden von normal empfindenden Menschen zu beeinträchtigen. Darüberhinaus habe der Beschwerdeführer gegen ein Verhalten verstoßen, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden müsse. Die vom Beschwerdeführer gebrauchten Schimpfworte stellten einen groben Verstoß gegen das Schamgefühl dar und seien geeignet, ihn in der sittlichen Wertung der Zeugen des Vorfalles herabzusetzen.

    Die Änderung des Spruches diene der Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Verhaltens.

    4. Der Beschwerdeführer macht in seinen gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. ZUR BESCHWERDE ZAHL 90/10/0065

1.1. Der Beschwerdeführer meint, der von der belangten Behörde aufrechterhaltene Bescheidspruch verstoße mangels ausreichender Konkretisierung gegen § 44a lit. a VStG 1950. Die Behörde habe zwar das zur Erregung von Ärgernis führende Verhalten präzisiert, nicht aber die Ordnungsstörung. Insoweit habe sie nämlich nicht angegeben, wem gegenüber dieses Verhalten gesetzt worden sei sowie, welcher Zustand als Folge dieses Verhaltens an sich, wie und bei wem eingetreten sei. Damit sei der angefochtene Bescheid nicht nur unüberprüfbar, sondern es stehe auch nicht fest, ob überhaupt eine Ordnungsstörung als Folge seines Verhaltens eingetreten sei.

Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbild der Ordnungsstörung durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Hiefür ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen, zum Zusammenlauf von Menschen und dergleichen führt, es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Dazu genügt es, daß etwa mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 25. Mai 1987, Zl. 85/10/0167).

Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die zur Last gelegte Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände im Spruch so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das bedeutet zum einen, daß entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich sind, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen muß a) im Spruch dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Zl. 82/03/0265, VwSlg. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, VwSlg. 11.894/A).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet. Mit der Angabe, daß das Verhalten des Beschwerdeführers Aufsehen und Ärgernis "auch tatsächlich erregt hat", hat die belangte Behörde zum einen - anders als in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 89/10/0239, zugrundeliegenden Fall - die Zuordnung der Tat auch in Ansehung des Tatbestandsmerkmales der tatsächlichen Störung der Ordnung ermöglicht. Zum anderen erscheint diese Umschreibung in Verbindung mit der Konkretisierung der Tat nach Ort, Zeit sowie Art und Weise auch als ausreichend, um den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, diesen Tatvorwurf zu widerlegen und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Es bedurfte daher nicht mehr der vom Beschwerdeführer vermißten weitergehenden Konkretisierung des eingetretenen Erfolges seines Verhaltens in der Außenwelt.

1.2. Verfehlt ist der Beschwerdevorwurf, die von der belangten Behörde geänderte Bezeichnung der Strafnorm mit "Art. IX Abs. 1" EGVG 1950 verstoße wegen mangelnder Bestimmtheit gegen das Gebot des § 44a lit. b VStG 1950, wonach die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift präzise anzugeben sei. Die Behauptung eines Verstoßes gegen diese Norm hat der Beschwerdeführer auch noch in seiner Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde aufrechterhalten.

Wie bereits in der Gegenschrift zutreffend ausgeführt wurde, hat die belangte Behörde die verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a lit. b VStG 1950) unverändert gelassen und nur die Strafnorm im Sinne der lit. c dieser Gesetzesstelle geändert.

Sollte aber mit den Ausführungen in der Replik ein Verstoß gegen die zuletzt genannte Bestimmung gemeint sein, ist auch diese Ansicht nicht zutreffend. Im Hinblick auf die den Tatbildern der Z. 1 bis 7 nachgestellte Zusammenfassung der Strafdrohungen in dem abschließenden Teil des Abs. 1 genügt es, Art. IX Abs. 1 EGVG als jene Vorschrift zu bezeichnen, die im Sinne des § 44a lit. c VStG 1950 bei der Verhängung der Strafe angewendet wurde; damit ist die angewendete Strafnorm hinreichend bestimmt. Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht etwa, er habe zufolge der von der belangten Behörde gewählten Bezeichnung nicht erkennen können, welche Strafnorm von ihr tatsächlich angewendet worden sei.

1.3. Zu Recht wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe den Zeugen B, der während des gesamten Vorfalles anwesend gewesen sei und dessen Vernehmung der Beschwerdeführer in der Berufung auch ausdrücklich beantragt habe, überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.

Nach den von der belangten Behörde beigeschafften Protokollen über die Vernehmung des B durch das BG Innere Stadt Wien und das Strafbezirksgericht Wien bestätigte dieser Zeuge die Verantwortung des Beschwerdeführers, insbesondere auch dahingehend, daß dieser die Beamten nicht beschimpft habe (Blatt 99, 99 verso, 123 verso). Entsprechend der ihr als Berufungsbehörde obliegenden Begründungspflicht (§§ 60, 67 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950) hätte die belangte Behörde darlegen müssen, aus welchen Erwägungen sie die beantragte Vernehmung dieses Zeugen vor der Verwaltungsbehörde für entbehrlich gehalten und auch seinen Aussagen vor den genannten Gerichten keinen Glauben geschenkt hat. Infolge Fehlens jeglicher Ausführungen darüber im angefochtenen Bescheid, war der Beschwerdeführer daran gehindert, in seiner Beschwerde die diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde zu bekämpfen, und ist auch dem Verwaltungsgerichtshof die gehörige Nachprüfung der Beweiswürdigung auf ihre Gesetzmäßigkeit nicht möglich. Der Versuch der belangten Behörde, die insoweit fehlende Begründung in der Gegenschrift nachzuholen, vermag den bei der Beweiswürdigung unterlaufenen wesentlichen Verfahrensmangel nicht mehr zu sanieren (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1982, Zl. 05/0110, und vom 23. Februar 1984, Zl. 81/08/0103).

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, bei deren Beachtung die belangte Behörde zu einer anderen Erledigung der Berufungssache hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2. ZUR BESCHWERDE ZAHL 89/10/0065

2.1. Im Fehlen einer Angabe im Schuldspruch darüber, ob sein dem Art. VIII EGVG 1950 subsumiertes Verhalten auch von anderen anwesenden Personen als den Beteiligten wahrgenommen werden konnte, erblickt der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a VStG 1950.

Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Gemäß Art. VIII EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den öffentlichen Anstand verletzt oder ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzustimmen, daß den beiden Tatbeständen dieser Gesetzesstelle nach ihrer Zielsetzung zumindest die Wahrnehmbarkeit des Täterverhaltens durch andere Personen immanent ist. Der Beschwerdeführer verkennt aber, daß eben dieses Merkmal im Spruch des angefochtenen Bescheides durch die Angabe des Tatortes (Wien 1, X) in Verbindung mit der Feststellung, es sei durch das beschriebene Verhalten des Beschwerdeführers der öffentliche Anstand verletzt und ungebührlicherweise störender Lärm erregt worden, hinreichend zum Ausdruck kommt. Damit entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides auch insoweit den oben dargelegten (II.1.1.), für die Tatumschreibung im Sinne des § 44a lit. a allein maßgebenden Kriterien.

2.2. Mit Recht rügt der Beschwerdeführer, daß von der belangten Behörde weder auf seinen Antrag, den Zeugen B zu vernehmen, noch auf dessen Aussagen vor den oben genannten Gerichten (I.2.) eingegangen worden sei. Infolge Fehlens jeglicher Begründung in diesem Punkt ist entsprechend dem vorhin Gesagten (II.1.3.) auch der vorliegend angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich in beiden Beschwerdefällen im Rahmen des jeweils gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Als Ersatz für Stempelgebühren gebühren für die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid S 450,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen, S 90,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) und S 330,-- für die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid (S 260,-- für zwei Beschwerdeexemplare und S 90,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides).

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