Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EGVG 2008 Art9 Abs1 Z1;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund und das Land Wien haben dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, hat gegenüber dem Beschwerdeführer ein mit 1. Juni 1989 datiertes Straferkenntnis mit folgendem Spruch erlassen:
"Sie haben am 9. September 1988 um 23.45 Uhr in Wien n1, X-Gasse 8 1) durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet war und auch erregt hat, die Ordnung an einem öffentlichen Orte gestört, nämlich durch Spielen der Musikanlage, 2) durch lautes Spielen der Musikanlage ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1) Art. IX/1/1 EGVG,
2) Art. VIII 2. Fall EGVG. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt: Geldstrafen von 1) und 2) je S 700,--, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzarrest von 1) und 2) je 42 Std. gemäß 1) Art. IX/1 EGVG, 2) Art. VIII EGVG. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG 1950 zu zahlen:
1) und 2) je S 70,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafen (je ein Tag Arrest wird gleich S 50,-- angerechnet). Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafen/Kosten) beträgt daher S 1.540,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG 1950)."
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben.
1.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz bestätigt.
1.2.1. In der Begründung ihres Bescheides verwies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien darauf, daß der Beschwerdeführer nicht bestreite, daß sich zur fraglichen Zeit im offenen Fenster seiner Wohnung auf der Fensterbank eine Lautsprecherbox seiner 80 Watt Stereoanlage befunden habe, die verhältnismäßig laut klassische Musik gespielt habe und daß sich auf der Straße vor dem Haus eine größere Zahl von Personen angesammelt gehabt hätte. Er bestreite hingegen, daß er selbst Verursacher der lauten Musik gewesen sei und daß die Musik unter den gegebenen Umständen ungebührlich störend gewesen sei, d. h. im Sinne des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 geeignet gewesen sei, Ärgernis zu erregen. Durch die glaubwürdige Darstellung des Meldungslegers und des zweiten Beamten sei erwiesen, daß aus der auf dem Fensterbrett der Wohnung des Beschwerdeführers stehenden Lautsprecherbox laute Musik gedrungen sei und daß sich die Personen, die sich auf der Straße angesammelt hätten - möge auch sein, daß sich einige amüsierten -, im wesentlichen darüber geärgert hätten. Einem Beamten, der bereits mehrere Jahre im örtlichen Bereich des Vorfalles Dienst versehe, müsse wohl die Beurteilung zugemutet werden können, ob der damals entstandene "ihm noch nicht untergekommene" Lärm, im speziellen der Lautsprecheranlage des Beschwerdeführers zuzuordnen sei. Die belangte Behörde könnte nicht finden, daß der Meldungsleger bei der Beurteilung des Sachverhaltes übertrieben hätte oder sonst einem Trugschluß unterlägen wäre. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Meldungsleger habe erst bei seiner Zeugenaussage deponiert, daß die Menschen, die sich angesammelt hätten, verärgert gewesen seien, stimme nicht. Vielmehr habe der Meldungsleger schon in der Anzeige ausgeführt, daß das Verhalten des Beschwerdeführers bei den Personen auf der Straße - etwa 50 an der Zahl - Aufsehen und Ärgernis erregt habe. Daß die durch die Lautsprecheranlage hervorgerufenen Geräusche - auch wenn es sich dabei um klassische Musik gehandelt habe - geeignet gewesen seien, bei Personen, die nicht gerade gewillt gewesen seien, sich diese Musik anzuhören, Ärgernis zu erregen, bedürfe keiner Erörterung. In diesem Zusammenhang bedürfe es auch keines Lokalaugenscheines oder etwaiger Lärmmessungen.
In der weiteren Folge ihrer Begründung vertrat die Sicherheitsdirektion die Auffassung, der Einwand des Beschwerdeführers, nicht er, sondern ein Gast, dem er keine Schwierigkeiten machen möchte und den er erst nach Ablauf der Verjährung nennen werde, habe die Lautsprecherbox ins Fenster gestellt, gehe ins Leere. Der Beschwerdeführer habe selbst schon zuvor einmal in "Selbsthilfe" eine Lautsprecherbox seiner Stereoanlage ins Fenster gestellt und klassische Musik gespielt. Als zur fraglichen Zeit einer seiner Gäste das gleiche getan habe, habe der Beschwerdeführer nichts dagegen unternommen und dadurch, daß er es (vorsätzlich) unterlassen habe, dem Tun seines Gastes entgegenzutreten, selbst ein Verhalten gesetzt, das geeignet gewesen sei, Ärgernis zu erregen. Daß er selbst durch Lärm gestört werde, sei keine Rechtfertigung dafür, durch eigenes Verhalten (Tun oder Unterlassen) andere zu stören und zu ärgern. Der Beschwerdeführer habe somit den ihm vorgeworfenen Tatbestand sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 89/10/0226 protokollierte Beschwerde.
1.2.2. In der Begründung ihres Bescheides ging die Wiener Landesregierung ebenfalls davon aus, daß die Lautsprecherbox durch einen Gast des Beschwerdeführers ohne dessen Zutun in das Fenster seiner Wohnung gestellt worden sei. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren sei zu entnehmen, daß er diesen Gast nicht an seinem Verhalten gehindert habe. Der Beschwerdeführer habe vielmehr zugegeben, daß er selbst vor einiger Zeit die selbe Vorgangsweise gesetzt habe. Da er somit von den Auswirkungen einer solchen Vorgangsweise gewußt habe, daß nämlich zahlreiche Passanten darauf aufmerksam würden und sich der Sänger eines benachbarten Lokales durch das laute Musikspielen gestört fühlen werde, hätte er zumindest die Stereoanlage sofort leiser bzw. abdrehen und die Lautsprecherbox vom Fenster entfernen müssen. Nach Angaben der Sicherheitswacheorgane sei die Lautsprecherbox jedoch erst nach deren Eintreffen, somit nach dem Verstreichen einer geraumen Zeit, vom Beschwerdeführer entfernt worden.
Wenn der Beschwerdeführer die Auffassung vertrete, daß durch die vielen Passanten und Lokale in der Fußgängerzone in Wien n1, X-Gasse, der Lärmpegel schon so hoch sei, daß der von ihm verursachte Lärm nicht mehr störend sein könne, so sei er auf die auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung abgegebenen Sachverhaltsdarstellungen des Meldungslegers und die ergänzenden Zeugenaussagen des Revierinspektors A zu verweisen. Daraus ergebe sich, daß zur angeführten Tatzeit aus der Wohnung des Beschwerdeführers derart lautes Musikspielen auf der Straße zu hören gewesen sei, daß der damit verbundene Lärm als ungebührlich und störend empfunden worden sei. Dies insbesondere auch deshalb, da die Sicherheitswacheorgane angegeben hätten, daß sie schon beim Zufahren über die Y-Straße und Einbiegen in die X-Gasse lautes Musikspielen hätten wahrnehmen können. Diese Beschreibung der Intensität der Lärmerregung in Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit und dem Unwillen, welche das laute Musikspielen bei zahlreichen Passanten hervorgerufen habe, lasse den Schluß zu, daß der Musiklärm auch nach einem objektiven Maßstab als äußerst unangenehm zu empfinden gewesen sei und darüberhinaus gegen ein Verhalten verstoßen habe, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden müsse, sowie geeignet gewesen sei, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen. Da der strafbare Tatbestand und das zugehörige Verschulden somit erwiesen seien, sei das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz zu Punkt 2) zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich zur Zl. 89/10/0224 protokollierte Beschwerde.
1.3. Die belangten Behörden haben die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet; darin beantragten sie die Abweisung der Beschwerde.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:
STÖRUNG DER ORDNUNG
2.1. Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbild der Ordnungsstörung durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung zur Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden. Dafür, daß durch das Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort (tatsächlich) gestört worden ist, ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen, Zusammenlauf von Menschen und dergleichen führt, es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Dazu genügt es, daß etwa mehrere Personen an einem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Mai 1987, Zl. 85/10/0167).
2.2.1. Vorweg ist dabei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer nicht bestreitet, das ihm vorgeworfene Verhalten sei objektiv geeignet, Ärgernis zu erregen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Bejahung dieses Tatbestandselementes durch die Sicherheitsdirektion rechtswidrig wäre.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß er als Wohnungsinhaber das Spielen der Musikanlage nicht verhindert habe. Mit dem angefochtenen Bescheid sei ihm jedoch zur Last gelegt worden, eine Ordnungsstörung durch "Spielen der Musikanlage" begangen zu haben. Das selbsttätige Spielen der Musikanlage und die Unterlassung der Verhinderung der Ordnungsstörung stellten zwei verschiedene Delikte dar, sodaß die vage Umschreibung der Tat eine doppelte oder mehrfache Bestrafung nicht ausschließe.
2.2.2. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß § 46 Abs. 2 VStG hat ein Bescheid unter anderem Spruch und Begründung zu enthalten. Stehen Spruch und Begründung zueinander in Widerspruch, erweist sich ein solcher Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. Juni 1983, Zl. 81/01/0088).
Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet war und auch erregt hat, die Ordnung an einem öffentlichen Ort durch Spielen der Musikanlage gestört zu haben. Demgegenüber geht die Begründung im wesentlichen davon aus, der Beschwerdeführer habe dadurch, daß er es vorsätzlich unterlassen habe, dem Tun eines seiner Gäste entgegenzutreten, selbst ein Verhalten gesetzt, das geeignet gewesen sei, Ärgernis zu erregen. Während somit die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer vorwirft, die Ordnungsstörung durch ein aktives Tun ("Spielen der Musikanlage") begangen zu haben, ist in der Begründung davon die Rede, daß der Beschwerdeführer diese als Wohnungsinhaber durch Unterlassung eines entsprechenden Tuns bewirkt habe.
Schon durch diesen Widerspruch zwischen Begründung und Spruch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser - ohne daß auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
LÄRMERREGUNG
2.3. Gemäß Art. VIII zweiter Fall EGVG 1950 (in der Fassung der Novelle BGBl. 1977/232, in Wien als landesrechtliche Vorschrift weiter in Geltung stehend) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.
Lärm ist dann störend, wenn er seiner Art und/oder Intensität nach geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen (vgl. z.B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1983, Zl. 83/10/0078). Das Erregen störenden Lärmes erfolgt im Sinne der zitierten Gesetzesstelle dann ungebührlicherweise, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß, und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Oktober 1948, Zl. 1192/47, VwSlg. 543/A, und vom 30. Jänner 1973, Zl. 315/71, u.a.m.). Dabei genügt es, daß die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von nichtbeteiligten Personen als ungebührlich UND störend empfunden zu werden (vgl. das Erkenntnis vom 14. Dezember 1951, Zl. 853/49, VwSlg. 2375/A). Als eine derartige Lärmerregung können durchaus auch Musikdarbietungen, selbst von künstlerischem Wert, in Betracht kommen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. September 1968, Zlen. 414, 415, 446/68), wobei auch Klavierspielen zu derartigen Musikdarbietungen zählt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. März 1978, Zl. 2790/76).
2.4.1. Vorweg ist auch bei diesem Deliktvorwurf festzuhalten, daß in der Beschwerde gegen den Vorwurf der belangten Behörde, der Lärm sei ungebührlicherweise und störend erregt worden, keinerlei Einwendungen erhoben werden. Auf dem Boden der Sachverhaltsermittlung kann auch der Gerichtshof der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegentreten, lauter Musiklärm aus einer Stereobox am offenen Fenster zur Tatzeit (23.45 Uhr) sei seiner Art und Intensität nach - auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten in der Inneren Stadt - geeignet, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen. Daß damit gegen ein Verhalten verstoßen wird, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß, ist ebenfalls nicht als rechtswidrig zu erkennen.
2.4.2. Soweit der Beschwerdeführer den Vorwurf der Wiener Landesregierung bekämpft, durch lautes "Spielen" der Musikanlage ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben, kommt seinem Vorbringen im Sinne der Ausführungen zu Punkt 2.2.2. ebenfalls Berechtigung zu:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat es der Beschwerdeführer nämlich als Wohnungseigentümer unterlassen, die von einem seiner Gäste erzeugte Musik abzustellen, die Musikanlage jedoch nicht selbst in Betrieb gesetzt. Mit diesen Ergebnissen steht der Vorwurf im Spruch; "durch lautes Spielen der Musikanlage ungebührlicherweise störenden Lärm erregt zu haben", in Widerspruch.
Auch der Bescheid der Wiener Landesregierung war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
2.5.1. Der Beschwerdeführer verneint seine Verpflichtung, die von einem seiner Gäste erzeugte laute Musik abzustellen, im wesentlichen damit, keine Garantenstellung zu besitzen. Es habe für ihn auch keine moralische Verpflichtung und keine Anstandspflicht bestanden. Eine Anstandspflicht läge, wenn überhaupt, eher in der Richtung vor, daß er sich gegenüber seinem Gast nicht als private Polizei aufzuspielen habe. Es wäre auch unzumutbar, seinen Gast daran zu hindern, ein geringfügiges Verwaltungsdelikt zu begehen. Er hätte auch nur die Möglichkeit gehabt, die Dauer des ohne sein Zutun eingetretenen rechtswidrigen Zustandes ein wenig zu verkürzen.
2.5.2. Diesem Vorbringen kann aus folgenden Überlegungen nicht gefolgt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach Art. VIII zweiter Fall EGVG 1950 um ein Erfolgsdelikt, sodaß die Behörde gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG 1950 dem Täter nicht nur die Erfüllung des objektiven Tatbestandes, sondern auch das Verschulden nachzuweisen hat, wobei der Wohnungsinhaber - hat er selbt keinen ungebührlich störenden Lärm erregt - wegen der erwähnten Verwaltungsübertretung dann schuldig erkannt werden kann, wenn er, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, es unterlassen hat, den in seiner Wohnung erzeugten ungebührlich störenden Lärm abzustellen. Es liegt somit ein Kommisivdelikt per omissionen (Begehungsdelikt durch Unterlassung) vor (vgl. das Erkenntnis vom 20. Februar 1984, Zl. 83/10/0268, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Daß es dem Beschwerdeführer jedoch möglich gewesen wäre, den in seiner Wohnung entstandenen ungebührlichen Lärm sofort abzustellen, konnte die belangte Behörde auf Grund seiner Verantwortung im Verwaltungsverfahren (vgl. insbesondere seine Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 17. November 1988) zutreffend annehmen. Damit wäre es ihm aber nicht nur möglich gewesen, die Dauer des "ohne sein Zutun eingetretenen rechtswidrigen Zustandes ein wenig zu verkürzen", sondern diesen Zustand überhaupt nicht erst entstehen zu lassen.
2.6. Aus den angeführten Erwägungen belastete sowohl die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien als auch die Wiener Landesregierung die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Diese waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.7. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1989/206. Der Schriftsatzaufwand konnte nur in der Höhe des tatsächlich beantragten Betrages zuerkannt werden.
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