Normen
ABGB §6;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs4;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §7;
KOVG 1957 §78 Abs1;
KOVG 1957 §8;
KOVG 1957 §90;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
ABGB §6;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §66 Abs4;
KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §7;
KOVG 1957 §78 Abs1;
KOVG 1957 §8;
KOVG 1957 §90;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 23. Mai 1985 stellte das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland (LIA) über Antrag des am 29. April 1922 geborenen Beschwerdeführers als Dienstbeschädigungen im Sinne des § 4 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957)
- 1. reizlose Narben an beiden Unterschenkeln und am rechten Ellbogen (MdE 0 %)
- 2. isolierte Sensibilitätsstörung im Bereich des Nervus ulnaris rechts (Gebrauchsarm, MdE 10 %) und
- 3. leichte Störung der Streckung des 4. und 5. Fingers rechts (MdE 10 %)
fest, das LIA wies aber gleichzeitig den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Beschädigtenrente ab, weil die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit im Sinne der §§ 7 und 8 KOVG 1957 insgesamt weniger als 25 % betrage. Begründend bezog sich das LIA in diesem Bescheid auf die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten aus den Fachgebieten der Neurologie (Dr A) und der Berufskunde.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß die Gebrauchsfähigkeit seines rechten Armes und seiner rechten Hand hochgradig vermindert sei und daß auch die Verletzungsfolgen im Bereich seines rechten Unterschenkels keinesfalls nur als reizlose Narben bezeichnet werden könnten. Er halte eine Gesamteinschätzung seiner MdE mit mindestens 50 % für gerechtfertigt. Auch die Einschätzung nach § 8 KOVG 1957 sei unrichtig, weil der Beschwerdeführer neben der fachlichen Leitung seines Druckereibetriebes auch selbst an der Maschine mitgearbeitet habe. Dazu legte der Beschwerdeführer als Beweismittel Bestätigungen einer Angestellten des früheren Gemeindearztes von X, der Stadtgemeinde X sowie des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt Y vor, welche die belangte Behörde zur Einholung weiterer Sachverständigengutachten veranlaßten.
Der neurologische Sachverständige Dr B kam zu dem Ergebnis, daß nur eine Sensibilitätsstörung im Verteilungsgebiet des Nervus ulnaris der rechten Gebrauchshand wahrscheinlich sei, motorische Ausfälle seien nicht nachweisbar. Eine wesentliche Funktionsbehinderung der rechten Hand habe nicht objektiviert werden können.
Auch der orthopädische Sachverständige Dr C kam zu dem Ergebnis, daß die kausale MdE des Beschwerdeführers mit nur 10 % einzuschätzen sei, weil an Dienstbeschädigungsleiden nur eine Sensibilitätsstörung im Ulnarisgebiet rechts sowie reizlose Narben an beiden Unterschenkeln und am rechten Ellbogen festzustellen seien. An akausalen Leiden stellte Dr C beim Beschwerdeführer eine Schenkelhalsfraktur rechts mit Beinverkürzung 1,5 cm sowie einen chronisch arteriellen Verschluß beider unterer Extremitäten fest. Ebenso wie Dr B gab auch Dr. C sein Gutachten in Kenntnis und unter Einbeziehung des ergänzenden Vorbringens des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren ab.
Ein ebenfalls von der belangten Behörde im Berufungsverfahren ergänzend eingeholtes berufskundliches Gutachten ging ebenso wie jenes vor dem LIA davon aus, daß berufliche Sonderverhältnisse beim Beschwerdeführer nicht vorlägen, weil für die Erfüllung der Berufsaufgaben eines Druckereibesitzers mit einer durchschnittlichen Arm-, Hand- und Fingerbeweglichkeit und ebensolcher Griffsicherheit beiderseits das Auslangen gefunden werde, weshalb es durch die festgestellten Verwundungsfolgen des rechten Armes nicht zur Beeinträchtigung der Erbringung irgendwelcher überdurchschnittlicher Berufsanforderungen kommen könne. Mangels eines praktischen Krankheitswertes der medizinischerseits festgestellten Schädigungen könne die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte berufliche Behinderung keineswegs auf Auswirkungen der Dienstbeschädigung bezogen werden.
In seiner Stellungnahme zu diesen Ermittlungsergebnissen vom 23. Juni 1986 wies der Beschwerdeführer insbesondere auf den Widerspruch zwischen den beiden eingeholten neurologischen Gutachten hinsichtlich der Störung der Streckung des 4. und 5. Fingers rechts hin. Auch seien die Ausfallserscheinungen am rechten Unterschenkel des Beschwerdeführers nicht ausreichend beachtet worden. Zur berufskundlichen Beurteilung sei zu ergänzen, daß der Beschwerdeführer auch selbst an den Maschinen mitgearbeitet habe. Im Anschluß an diese Stellungnahme übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde weitere Berichte des Krankenhauses Y sowie ein Attest seines behandelnden Arztes Dr D. In einer weiteren Stellungnahme vom 20. November 1986 wies der Beschwerdeführer unter Vorlage einer weiteren ärztlichen Bestätigung des Krankenhauses Y insbesondere darauf hin, daß eine Lähmung der Muskeln des Nervus ulnaris rechts mit einer "Schwurhandstellung" der Hand und einer Hypaesthesie im Versorgungsbereich des Nervus ulnaris diagnostiziert worden sei.
Dazu nahm der neurologische Sachverständige Dr B in einem Ergänzungsgutachten dahin Stellung, daß die Folge einer Ulnarisparese niemals eine Schwurhand, sondern eine Krallenhand sei. Die Hypaesthesie sei in seinem Gutachten bereits berücksichtigt und richtsatzmäßig eingestuft worden. Eine Lähmung der Muskeln habe jedoch nicht objektiviert werden können.
Dieses Gutachten bekämpfte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 31. März 1987 unter Hinweis auf eine Begutachtung durch Dr D, in welcher das Gutachten Dris B als "medizinisch unrichtig" bezeichnet wurde, sowie unter Hinweis auf ein weiteres ärztliches Attest Dris E, in welchem neuerlich auf eine Schwurhandstellung der rechten Hand des Beschwerdeführers hingewiesen wurde.
Die belangte Behörde holte hierauf weitere Ergänzungsgutachten der Sachverständigen Dr B und Dr C ein, doch sahen sich diese auf Grund der vorgelegten Atteste zu keiner Änderung ihrer bisherigen Gutachten zu den Verletzungsfolgen an der rechten Hand des Beschwerdeführers veranlaßt. Zur Schußverletzung am rechten Unterschenkel ergänzte der Sachverständige Dr C, daß keine Knochenverletzung und keine Metallsplitter vorhanden seien, sodaß auch keine weitestgehende Einschränkung dieser Extremität des Beschwerdeführers festgestellt werden könne. Auch am rechten Ellbogengelenk bestünden keine auffallenden röntgenologischen Veränderungen im Sinne einer Arthrose und auch keine funktionellen Einschränkungen.
Auch zu diesen Ergänzungsgutachten gab der Beschwerdeführer am 7. Juli 1987 eine schriftliche Stellungnahme ab und beantragte die Einholung von "Zweitgutachten" aus den Fachgebieten der Neurologie und Orthopädie. Der Beurteilung der Gebrauchsfähigkeit seiner rechten Hand durch die bisher beigezogenen Sachverständigen stünden weitere Befunde Dris D sowie des Krankenhauses Y entgegen.
In einem Ergänzungsgutachten zu diesen vom Beschwerdeführer neu vorgelegten Urkunden blieb der Sachverständige Dr B weiterhin bei seiner bisherigen Beurteilung, insbesondere sei die behauptete Schwurhandstellung auch nunmehr nicht glaubhaft gemacht.
In seiner Stellungnahme dazu vom 2. September 1987 wies der Beschwerdeführer neuerlich auf die von ihm vorgelegten Beweismittel für das Vorliegen einer Schwurhandstellung hin, wodurch der kleine Finger und der Ringfinger nicht gestreckt werden könnten (so bereits der Gutachter Dr A vor dem LIA). Der Beschwerdeführer beantragte neuerlich unter Hinweis auf die Atteste des Krankenhauses Y die Einholung von Gutachten anderer Sachverständiger aus den Fachgebieten der Neurologie und der Orthopädie; ferner wurde ein berufskundliches Ergänzungsgutachten gefordert. Dieser Stellungnahme war ein weiteres Attest Dris E zum Vorliegen einer Ulnarislähmung bzw. einer "Pseudoschwurhandstellung" des Beschwerdeführers angeschlossen, bei welcher durch eine Teilläsion des Nervus ulnaris der 4. und 5. Finger nicht gestreckt werden könnten.
Der Sachverständige Dr B wies dazu neuerlich darauf hin, daß bei seiner Untersuchung weder eine Krallenhand noch eine Streckschwäche der ulnaren Finger objektivierbar gewesen sei; der Beschwerdeführer habe eine "funktionelle Verhaltensweise" an den Tag gelegt.
Nunmehr legte der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 1987 ein weiteres Attest Dris D vor und beantragte ferner, einen Befund des Facharztes für Orthopädie Dr F einzuholen.
Die belangte Behörde sah sich nun veranlaßt, eine weitere Begutachtung durch den Sachverständigen Dr B vornehmen zu lassen, welcher nach neuerlicher Untersuchung des Beschwerdeführers dabei blieb, daß neurologisch auffällig nur die rechte obere Extremität des Beschwerdeführers sei. Die Kontrolluntersuchung habe objektiv keine Änderung zum Vorgutachten ergeben, doch entsprächen die funktionellen Verhaltensweisen des Beschwerdeführers hinsichtlich der rechten Hand (4. und 5. Finger) einer bewußten Vortäuschung. Nach wie vor sei nur eine sensible Ulnarisläsion an der rechten Gebrauchshand wahrscheinlich. Auch hinsichtlich der Narben des Beschwerdeführers an den Unterschenkeln ergab die neuerliche Untersuchung durch Dr B kein neues Bild.
Rein orthopädischerseits stellte der Sachverständige Dr C ergänzend fest, daß passiv alle Glieder der Finger und des rechten Handgelenks frei beweglich seien, die Durchblutungsprüfung beider oberer Extremitäten sei normal. Vom Beschwerdeführer beigebrachte neue Röntgenbilder wiesen ausschließlich auf altersmäßig-degenerative und somit akausale Veränderungen hin. Es ergebe sich daher keine Änderung der Beurteilung der Dienstbeschädigungen.
In seiner Stellungnahme vom 8. April 1988 bezeichnete der Beschwerdeführer die Unterstellung einer bewußten Vortäuschung als unverschämt und wies dazu erneut auf die von ihm beigebrachten ärztlichen Bestätigungen und auf ein einzuholendes Gutachten Dris F hin. Auch die schweren Veränderungen an der Wirbelsäule seien auf die unsymmetrische Belastung der Wirbelsäule, bedingt durch die im Krieg erlittene Fußverletzung, zurückzuführen.
Nach Vorliegen des Gutachtens Dris F veranlaßte die belangte Behörde über Anregung des Chefarztes eine neuerliche Stellungnahme des Sachverständigen Dr B, welcher aus den neuen Beweismitteln keine Änderung des neurologischen Kalküls ableiten konnte. Daran änderte sich auch nichts auf Grund der in der Folge ergänzend vom Beschwerdeführer bzw. von seiner Gattin vorgelegten Urkunden.
In seiner weiteren Stellungnahme vom 19. Oktober 1988 machte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf einen weiteren Befundbericht Dris D und auf die Ergebnisse eines neuerlichen Krankenhausaufenthaltes wieder geltend, daß er an einer Ulnarisparese rechts sowie an den Folgen eines Schußbruches des rechten Unterschenkels leide. Darüber hinaus liege auch noch eine Splitterverletzung am rechten Oberschenkel vor. Im übrigen sei das bisher vorliegende Beweisergebnis widersprüchlich, weshalb ein weiteres Gutachten erforderlich sei. Dazu wurde ein weiterer Röntgenbefund sowie ein Bericht des Krankenhauses Y nachgereicht.
Nunmehr holte die belangte Behörde noch einmal Gutachtensergänzungen der Sachverständigen Dr B und Dr C ein. Dr B blieb bei seiner bisherigen Auffassung. Dr. C verwies darauf, daß röntgenologisch kein Schußbruch am rechten Unterschenkel festgestellt habe werden können. Sollte doch eine solche Verletzung erfolgt sein, dann wäre sie folgenlos ideal verheilt und begründe daher keinen Leidenswert. Allerdings sei im letzten Röntgenbefund ein reiskorngroßer, metalldichter Fremdkörper am rechten Unterschenkel im Weichteil gelegen festgestellt worden, der jedoch keine "maßgebliche" Dienstbeschädigung verursache; die Gesamt-MdE ändere sich dadurch nicht, doch könne dieser Zustand zusätzlich "in die DB-Liste" aufgenommen werden.
In der Folge ersuchte der Beschwerdeführer mehrfach um Fristverlängerung zur Vorlage weiterer Beweismittel, schließlich beantragte er am 8. September 1989 die amtswegige Einholung weiterer ärztlicher Befunde und Gutachten, insbesondere auch eines Klinik-Gutachtens.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. September 1989 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge, sie anerkannte aber im angefochtenen Bescheid als zusätzliche Dienstbeschädigung gemäß § 4 KOVG 1957 "4. Metalldichte Fremdkörper am rechten Unterschenkel im Weichteil gelegen".
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer habe vom 2. Dezember 1941 bis zum 8. Mai 1945 den Wehrdienst geleistet und dabei Schuß- und Splitterverletzungen am rechten und linken Unterschenkel und am Ellbogen rechts erlitten. Zur Überprüfung der noch bestehenden Verwundungsfolgen habe die belangte Behörde ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt, wobei u.a. sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten Atteste und Spitalsbefunde einer fachlichen Würdigung durch die im Berufungsverfahren beigezogenen Sachverständigen unterzogen worden seien. Die belangte Behörde gab hierauf im angefochtenen Bescheid ausführlich den Inhalt der im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr B und Dr C wieder. Der neurologische Sachverständige habe auch nach Vorliegen anders lautender Atteste und Krankenhausbestätigungen wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß zwar eine Ulnarisläsion vorliege, daß diese jedoch lediglich sensible Belange betreffe, während die angegebene Lähmung der Muskeln des Nervus ulnaris nicht festgestellt werden könne. Auch eine Medianusparese sei nicht objektivierbar. Auch nach dem Gutachten Dris C sei die Gebrauchsfähigkeit der rechten oberen Extremität nicht weitgehend herabgesetzt. Orthopädischerseits habe auch keine funktionelle Einschränkung der rechten oberen Extremität festgestellt werden können, es liege eine "psychische Überlagerung" vor. Im Bereich des rechten Unterschenkels könnten nur die Weichteilnarben als Dienstbeschädigung gewertet werden, diese seien reizlos und hätten keine funktionelle Einschränkung zur Folge. Auch im Bereich des rechten Ellbogengelenks bestehe keine weitgehende funktionelle Einschränkung. Ein Schußbruch des rechten Unterschenkels habe röntgenologisch nicht feststellt werden können; sollte eine solche Verletzung doch vorgelegen sein, dann sei sie folgenlos ideal verheilt. Auch dem reiskorngroßen, metalldichten Fremdkörper im Weichteil des rechten Unterschenkels des Beschwerdeführers komme kein maßgeblicher Leidenswert zu, er sei jedoch zusätzlich als Dienstbeschädigung anzuerkennen. Die übrigen röntgenologisch beschriebenen Veränderungen seien altersgemäß-degenerativ und daher nicht als kausal anzusehen. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand und des rechten Armes seien nicht als weitgehend eingeschränkt zu beurteilen, da sowohl neurologisch als auch orthopädisch weder eine Schwäche bzw. Lähmung noch eine funktionelle Einschränkung bestehe. Am 11. Dezember 1987 habe der Sachverständige Dr C festgehalten, daß passiv alle Finger der rechten Hand streck- und beugbar seien, die Spreizung sei nur an den Fingern 1 - 3 möglich. Die aktive Streckung der Finger 4 und 5 sei nicht möglich, auch beim Faustschluß werde eine allgemeine Schwäche an diesen Fingern vorgezeigt.
Auf Grund dieser Beschreibung des Funktionsausmaßes der rechten Finger gelange die belangte Behörde zu der Ansicht, daß die "leichte Streckstörung der rechten Finger 4 und 5" und deren Einschätzung mit einer MdE von 10 % wie im Bescheid des LIA gerechtfertigt sei. Die Einschätzung der Gesamt-MdE habe übereinstimmend mit dem erstinstanzlichen Einschätzungsergebnis zu erfolgen. Es ergebe sich demnach, dem Gutachten Dris A folgend, nachfolgende Richtsatzeinschätzung:
1. Reizlose Narben an beiden Unterschen- RS-Pos IX/c/702 MdE
0 %
keln und am rechten Ellbogen
2. Sensibilitätsstörung im Ulnarisgebiet RS-Pos IV/i/471 MdE
10 %
rechts (Gebrauchshand)
3. Leichte Störung der Streckung des RS-Pos IV/i/468 MdE
10 %
4. und 5. Fingers rechts
4. Metalldichte Fremdkörper am rechten RS-Pos I/j/205 MdE
0 %
Unterschenkel im Weichteil gelegen
Aus diesem Ergebnis der eingeholten Gutachten ergebe sich
gemäß § 3 der Richtsatzverordnung, BGBl. Nr. 150/1965, daß die
Einschätzung der Gesamt-MdE des Beschwerdeführers mit 20 %
gerechtfertigt sei. Hiefür sei maßgebend, daß die
Verwundungsfolgen der rechten Hand ungünstig zusammenwirkten,
sodaß eine einstufige Erhöhung der MdE gerechtfertigt sei.
Mit Ausnahme der Aussage bezüglich der Streckbehinderung zweier Finger der rechten Hand des Beschwerdeführers sowie mit Ausnahme der Feststellung der Gesamt-MdE erachte die belangte Behörde die Gutachten Dris B und Dris C als schlüssig und lege sie daher in freier Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zugrunde. Hinsichtlich der genannten Streckbehinderung folge die belangte Behörde dem vor dem LIA erstatteten Gutachten Dris A.
Berufskundlich seien "berufliche Sonderverhältnisse" negiert worden, weil für die Erfüllung der Berufsaufgaben eines Druckereibesitzers (fachliche und kaufmännische Leitung des Betriebes) mit einer durchschnittlichen Arm-, Hand- und Fingerbeweglichkeit und ebensolcher Griffsicherheit beiderseits das Auslangen gefunden werde, weshalb es durch die Verwundungsfolgen des rechten Armes nicht zur Beeinträchtigung der Erbringung irgendwelcher überdurchschnittlicher Berufsanforderungen kommen könne. Da auch durch die im Berufungsverfahren dazugekommenen Splitter im Unterschenkel keine berufsstörenden Folgen aufgetreten wären, werde durch die festgestellten Dienstbeschädigungen keine berufliche Behinderung verursacht.
Dem Beschwerdeführer sei das Beweisergebnis mehrfach zur Kenntnis gebracht worden. Die vorgebrachten Einwendungen seien aber letztlich nicht geeignet gewesen, die Beweiskraft der eingeholten Gutachten zu mindern. Insbesondere sei zu entgegnen, daß die zahlreichen vorgelegten medizinischen Beweismittel einer fachlichen Würdigung durch die ärztlichen Sachverständigen unterzogen worden seien; diese Prüfungen hätten jedoch keine Veranlassung für eine anderslautende Beurteilung der durch die Kriegsverletzungen verursachten Gesundheitsschädigungen ergeben.
Zu den Einwendungen gegen die Beurteilung gemäß § 8 KOVG 1957 sei festzustellen, daß mangels eines praktischen Krankheitswertes der Schädigung an der rechten oberen sowie an der rechten unteren Extremität des Beschwerdeführers eine nennenswerte Berufsbehinderung nicht angenommen werden könne. Die ins Treffen geführte "berufliche Behinderung" könne daher keineswegs auf die Auswirkung der Dienstbeschädigung bezogen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zuspruch einer Beschädigtenrente nach dem KOVG 1957 verletzt; seine MdE sei höher einzuschätzen. Hilfsweise sieht sich der Beschwerdeführer auch in seinem Recht auf Anerkennung weiterer Dienstbeschädigungen sowie auf Einstufung in andere Richtsatzpositionen verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit seinem Vorbringen zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft der Beschwerdeführer in erster Linie die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof, der die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfen befugt ist (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 = Slg. 11894/A), kann jedoch nicht finden, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellte Argumentation nicht beweiskräftig wäre oder sonst gegen Verfahrensvorschriften, insbesondere die §§ 45 Abs. 2 und 60 AVG 1950 verstieße. Die Beschwerdeausführungen lassen den von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt weder in medizinischer noch in berufskundlicher Hinsicht als unzureichend oder sonst nicht ordnungsgemäß ermittelt oder als nicht in schlüssiger Weise gewürdigt erscheinen.
Gemäß § 4 Abs. 1 KOVG 1957 ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 KOVG 1957 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder auf die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0134).
Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges im Sinne dieser Bestimmung setzt voraus, daß der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 90 KOVG 1957 geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte vor der Behörde ermittelt und festgestellt werden.
Die belangte Behörde hat sich im Beschwerdefall mit allen vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen und Beweismitteln durch mehrfache Ergänzung der von ihr eingeholten Gutachten auseinandergesetzt und hat im angefochtenen Bescheid begründet, warum sie in der Frage der Streckung des 4. und 5. Fingers dem in erster Instanz eingeholten neurologischen Gutachten Dris A, im übrigen aber den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten gefolgt ist. Sie ist dadurch letztlich zu einer Anerkennung aller vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Dienstbeschädigungen gelangt, und sie ist dabei in Behandlung des zwischen den neurologischen Gutachten Dris A und Dris B vorliegenden Widerspruchs der für den Beschwerdeführer günstigeren Variante gefolgt. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde hätte durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten "eventuell weitere Dienstbeschädigungen festgestellt", ist er darauf zu verweisen, daß über solche bisher von der zuständigen Behörde erster Instanz noch nicht abgesprochen worden ist. Über die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung hat aber gemäß § 78 KOVG 1957 in erster Instanz das LIA zu entscheiden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/09/0068). Diese Überlegungen gelten insbesondere auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die vom Sachverständigen Dr C beim Beschwerdeführer festgestellte "psychische Überlagerung" daraufhin prüfen müssen, ob darin nicht etwa eine weitere, ursächlich auf den Kriegsdienst zurückgehende Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers im Sinne des § 4 KOVG 1957 gelegen sei.
Gemäß § 7 Abs. 1 KOVG 1957 hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn und insolange seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung um mindestens 25 v.H. vermindert ist. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen. Gemäß § 7 Abs. 2 KOVG 1957 ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Abs. 1 nach Richtlinien einzuschätzen, die den wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen. Solche Richtsätze hat das zuständige Ministerium auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung mit Verordnung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150/1965, aufgestellt.
Gemäß § 8 KOVG 1957 ist bei der Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch zu prüfen, ob sie bei Berücksichtigung der Tauglichkeit des Beschädigten zu einer Erwerbstätigkeit, die ihm nach seinem früheren Beruf oder nach seiner Vorbildung billigerweise zugemutet werden kann, höher als nach § 7 KOVG 1957 einschätzen ist. In diesen Fällen ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit unter Bedachtnahme auf die Erfahrungen auf dem Gebiete der Berufskunde einzuschätzen; die Verdienstverhältnisse haben dabei außer Betracht zu bleiben.
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde, seine MdE sei sowohl in medizinischer als auch in berufskundlicher Hinsicht zu gering eingeschätzt worden. Auch in dieser Frage vermag sich der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeausführungen nicht anzuschließen.
Zur Frage der richtsatzmäßigen Einschätzung der auf Grund der festgestellten Dienstbeschädigungen beim Beschwerdeführer vorliegenden MdE liegen konkrete, der Einschätzung in den von der belangten Behörde verwerteten Gutachten widersprechende Beweisergebnisse nicht vor. Der belangten Behörde war es nicht verwehrt, sich insoweit auf die amtlicherseits eingeholten Gutachten zu stützen, wobei sie ohnehin die nach der Aktenlage für den Beschwerdeführer günstigsten Annahmen getroffen hat. Der Beschwerde ist hiezu noch zu erwidern, daß - abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer auch von den im Berufungsverfahren beigezogenen Sachverständigen untersucht worden ist - die Erstellung eines Gutachtens auf Grund der Aktenlage auch ohne nochmalige Untersuchung ebensowenig eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellt wie der Umstand, daß im Rahmen der Feststellung der MdE auf das bereits vom LIA eingeholte neurologische Gutachten zurückgegriffen wurde. Zu den vom Beschwerdeführer immer wieder aufgezeigten Widersprüchen zwischen den von den Behörden eingeholten Gutachten und den von ihm vorgelegten Attesten ist darauf hinzuweisen, daß die Behörde dann, wenn sie der Auffassung ist, der Sachverhalt sei ausreichend aufgeklärt, nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, von weiteren Ermittlungen Abstand zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn zwischen einem Gutachten und Parteibehauptungen Widersprüche bestehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1966, Zl. 1294/66). Gerade im vorliegenden Fall kann der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe sich nicht ausreichend bemüht, allen aufgezeigten Widersprüchen nachzugehen und diese im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung zu lösen.
Die berufskundliche Beurteilung hat in beiden Instanzen ergeben, daß für den Beschwerdeführer als früheren Druckereibesitzer keine beruflichen Sonderverhältnisse vorliegen, die eine die ärztliche Einschätzung gemäß § 7 KOVG 1957 übersteigende Gesamt-MdE des Beschwerdeführers im Sinne des § 8 KOVG 1957 rechtfertigen würden. Zu den diesbezüglichen Beschwerdebehauptungen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß es bei der Beantwortung der Frage, ob berufliche Sonderverhältnisse vorliegen, nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles ankommt; es ist vielmehr bei der Beurteilung der maßgebenden Anforderungen, deren Bewältigung durch die Dienstbeschädigung erschwert ist, nicht von den konkreten Verhältnissen, sondern von dem abstrakten Berufsbild auszugehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1984, Zl. 82/09/0169). Die belangte Behörde ist im Falle des Beschwerdeführers, dessen Angaben und den eingeholten Gutachten folgend, vom Berufsbild eines Druckereibesitzers ausgegangen; sie war dabei nicht dazu verhalten, konkrete Feststellungen über den Umfang der vom Beschwerdeführer selbst an den Druckereimaschinen geleisteten Arbeiten zu treffen. Dabei lag bereits dem in erster Instanz eingeholten berufskundlichen Gutachten jenes des neurologischen Sachverständigen Dr A zugrunde, welcher auch die beim Beschwerdeführer gegebene Störung bei der Streckung des 4. und 5. Fingers rechts als gegeben festgestellt hatte.
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht an. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
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