VwGH 87/07/0086

VwGH87/07/008626.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Teissl, über die Beschwerde der X Gen.m.b.H. in V, vertreten durch Dr. Jürgen HADLER, Rechtsanwalt in Voitsberg, Hauptplatz 57, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 6. April 1987, Zl. 410.886/01-I4/85, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Partei: Bund-Wasserbauverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Steiermark in Graz), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §41;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §41;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom 29. März 1958 wurde der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung für eine Grundwasserentnahme mittels eines Brunnens für Trink- und Molkereizwecke erteilt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg (BH) vom 4. April 1973 wurde der mitbeteiligten Partei (MB) die wasserrechtliche Bewilligung zur Regulierung eines bestimmten Abschnittes der B erteilt.

Als es im Gefolge der Regulierungsarbeiten zu einer starken Absenkung des Wasserspiegels im Grundwasserbrunnen der Beschwerdeführerin kam und diese darüber Klage führte, stellte die MB am 10. September 1976 vorbeugend durch den (wasserrechtlich nicht bewilligten) Einbau einer provisorischen Sohlschwelle den ursprünglichen Zustand im B-bett wieder her.

Mit Bescheid vom 3. Jänner 1978 erteilte der LH der Beschwerdeführerin über deren Antrag gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung ihrer Wasserversorgungsanlage durch Errichtung eines Tiefbehälters sowie zur Änderung der Entnahmeart aus dem Grundwasserbrunnen.

Im Mai 1984 wurde die erwähnte Sohlschwelle von der MB wieder entfernt, wodurch es erneut zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels und damit zu einer unzureichenden Versorgung des Brunnens der Beschwerdeführerin kam.

Die Beschwerdeführerin stellte hierauf den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung dahin gehend, daß der MB der neuerliche Einbau einer Sohlschwelle in der ursprünglichen Form aufgetragen werde, um die Wasserversorgung der Beschwerdeführerin wieder herzustellen. Dieser Antrag wurde von den Wasserrechtsbehörden in beiden Instanzen abgewiesen; eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. November 1985, Zl. 85/07/0148, ebenfalls als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Erkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt, es könne nicht Inhalt einer einstweiligen Verfügung gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 sein, was nicht Gegenstand einer endgültigen Maßnahme sein könne. Für die Errichtung einer Sohlschwelle sei nach § 41 WRG 1959 eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich; eine derartige Bewilligung sei jedoch weder mit dem Bescheid der BH vom 4. April 1973 erteilt worden noch Inhalt des Bescheides des LH vom 3. Jänner 1978 gewesen. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin anläßlich der Änderung ihrer Wasserversorgungsanlage von der damals widerrechtlich bestandenen, weil ohne Bewilligung errichteten Sohlschwelle ausgegangen sei, vermöge daran nichts zu ändern. Eine Änderung oder Ergänzung der Regulierung durch eine Sohlschwelle sei zwar gemäß § 41 WRG 1959 als endgültige Maßnahme möglich, doch könne eine solche Maßnahme nur dem Regulierungsunternehmen auf dessen Antrag bewilligt werden. Die Frage einer allfälligen Schadenersatzpflicht gemäß § 26 Abs. 2 WRG 1959 sei nur von den ordentlichen Gerichten zu beurteilen.

Bereits mit Schreiben vom 21. Mai 1984 hatte die Beschwerdeführerin bei der BH ferner beantragt, der MB den wasserpolizeilichen Auftrag zur Wiederherstellung des Zustandes im B-bett, wie er sich seit Einbau der Sohlschwelle seit 1976 dargestellt habe, zu erteilen. Dieser Antrag wurde, nachdem die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber im Devolutionswege auf den LH übergegangen war, mit Bescheid des LH vom 18. April 1985 abgewiesen. Begründet wurde die Abweisung damit, daß die Voraussetzungen für einen wasserpolizeilichen Auftrag nicht gegeben seien, da weder eine Übertretung des WRG 1959 noch eine eigenmächtige Neuerung vorlägen. Die umstrittene Sohlschwelle sei in keinem der vorangegangenen Wasserrechtsverfahren je Inhalt eines Projektes gewesen oder gar wasserrechtlich bewilligt worden, sie sei lediglich im Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin als Provisorium errichtet worden.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. April 1987 nicht Folge gegeben. Begründend schloß sich die belangte Behörde im wesentlichen den Ausführungen des LH an, wonach die Sohlschwelle in keinem der vorangegangenen wasserrechtlichen Verfahren erwähnt worden, sondern nur als einvernehmlich errichtetes Provisorium anzusehen sei. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß für diese Sohlschwelle keine wasserrechtliche Bewilligung vorliege und die Entfernung dieser Schwelle im Interesse einer zügigen Hochwasserabfuhr somit "keine Übertretung wasserrechtlich geschützter Rechte" darstelle. Wenngleich der Beschwerdeführerin durch diese Schwelle ein Vorteil erwachsen sei, könne daraus kein Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung dieses Vorteiles auch nach Entfernung der Schwelle abgeleitet werden. Davon unberührt bleibe der vor den Gerichten geltend zu machende allfällige Schadenersatzanspruch.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat - soweit verfügbar - die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist zum Zwecke der "Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes" unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht die Beschwerdeführerin in erster Linie geltend, die belangte Behörde sei eine stichhältige Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle im Beschwerdefall nicht gegeben seien. Dieser Vorwurf ist unberechtigt, gelingt es doch auch der Beschwerdeführerin nicht, aufzuzeigen, welche Bestimmungen des WRG 1959 die MB bei der Entfernung der strittigen Sohlschwelle übertreten hätte. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid - wie übrigens auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben genannten Vorerkenntnis vom 19. November 1985, Zl. 85/07/0148 - davon ausgegangen, daß diese Sohlschwelle niemals wasserrechtlich bewilligt worden sei, woran auch der von der Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer nunmehrigen Beschwerde neuerlich herangezogene Umstand nichts zu ändern vermöge, daß anläßlich der Bewilligung der Änderung der Wasserversorgungsanlage mit dem Bescheid des LH vom 3. Jänner 1978 vom faktischen Bestand dieser Sohlschwelle ausgegangen worden sei.

Wasserrechtlich konnte daher wohl der konsenslose Einbau der Sohlschwelle als eigenmächtige Neuerung beurteilt werden; mit ihrer Entfernung hingegen - mag diese auch für die Beschwerdeführerin im Rahmen des ihr erteilten Konsenses von erheblichem Nachteil gewesen sein - wurde keine Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes übertreten, sondern gerade jener "gesetzmäßige Zustand" hergestellt, welcher dem der MB erteilten Konsens entsprach. Die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages im Sinne des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages würde hingegen zur Wiederherstellung eines vom Gesetz nicht gewünschten konsenslosen Zustandes führen und damit dem erklärten Ziel des § 138 WRG 1959 zuwiderlaufen.

Schon mit Rücksicht auf diese Rechtslage müssen alle Ausführungen der Beschwerdeführerin ins Leere gehen, mit denen sie ein öffentliches Interesse an der Erlassung des von ihr beantragten wasserpolizeilichen Auftrages darzutun versucht. In gleicher Weise für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens unerheblich ist es, aus welchen Gründen die MB sich zur Entfernung der strittigen Sohlschwelle veranlaßt gesehen hat.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe nicht ausreichend untersucht, ob die Sohlschwelle Gegenstand des Bescheides des LH vom 3. Jänner 1978 gewesen sei. Die Beschwerdeführerin, die selbst davon ausgeht, daß diese Sohlschwelle weder im Regulierungsprojekt der MB noch in ihrem eigenen Projekt zur Erweiterung ihrer Wasserversorgungsanlage erwähnt worden ist, zeigt aber überhaupt nicht auf, welche Ermittlungen die belangte Behörde unterlassen hätte, um zu dem von der Beschwerdeführerin gewünschten, vom Inhalt dieser beiden Projekte abweichenden Ergebnis zu gelangen. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde in einem mangelhaften Verfahren zu der - auch dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1985, Zl. 85/07/0148 zugrunde gelegenen - Feststellung gelangt wäre, wonach die strittige Sohlschwelle niemals wasserrechtlich bewilligt worden ist.

Eine weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin schließlich darin, daß die belangte Behörde "auf den Großteil der Berufungsausführungen gegen den Erstbescheid in keiner Weise eingegangen" sei. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es nicht konkret erkennen läßt, inwieweit die belangte Behörde Vorbringen der Beschwerdeführerin unbeachtet gelassen hätte, bei dessen Beachtung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 26. November 1987

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