VwGH 85/07/0148

VwGH85/07/014819.11.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der X-Genossenschaft mbH in V, vertreten durch Dr. Jürgen Hadler, Rechtsanwalt in Voitsberg, Hauptplatz 57, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. April 1985, GZ. 03-30 K 258-85/5, betreffend einstweilige Verfügung, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §122 Abs1;
WRG 1959 §122 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 29. März 1958 die wasserrechtliche Bewilligung für eine Grundwasserentnahme mittels eines Brunnens für Trink- und Molkereizwecke auf den Grundstücken 241/1 und 241/2 KG. A erteilt. Dieses Wasserrecht wurde in das Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg unter Zl. n1 eingetragen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 4. April 1973 wurde der Republik Österreich - Bundeswasserbauverwaltung die wasserrechtliche Bewilligung zur Regulierung der B von km 37,450 bis km 41,200 erteilt. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1974 führte die Beschwerdeführerin darüber Klage, daß sich der Wasserspiegel in ihrem Grundwasserbrunnen stark abgesenkt habe. Sie sprach hiebei die Vermutung aus, daß die Absenkung auf die Regulierung der B zurückzuführen sei. Aus einem im Akt erliegenden Schreiben des Baubezirksamtes Graz vom 30. November 1976 ist zu entnehmen, daß die bewilligte B-regulierung im September dieses Jahres den Bereich der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin erreicht habe. Da der Wasserzustrom zu dem Brunnen der Beschwerdeführerin nunmehr sehr gering sei, so sei seitens der staatlichen Wasserbauverwaltung am 10. September 1976 vorbeugend durch den Einbau einer provisorischen Sohlschwelle der ursprüngliche Zustand im B-bett wieder hergestellt worden. Überdies sei die Einstellung der Regulierungsarbeiten in einer Strecke von rund 200 m veranlaßt worden. Durch diese Maßnahmen sei die Deckung des Wasserbedarfes wieder erreicht worden. In der Folge legte die Beschwerdeführerin ein Projekt betreffend die Abänderung ihrer Wasserversorgungsanlage zur Bewilligung dem Landeshauptmann vor. Nach einem durchgeführten Ermittlungsverfahren erteilte der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 3. Jänner 1978 der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der unter Zl. n1 im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg eingetragenen Wasserversorgungsanlage durch Errichtung eines Tiefbehälters mit einem Nutzinhalt von 600 m3 auf dem Grundstück 241/1 KG. A im engeren Schutzgebiet derselben Wasserversorgungsanlage sowie für die Änderung der Entnahmeart aus dem Grundwasserbrunnen dahingehend, daß die Entnahme nunmehr kontinuierlich auf die Dauer von 20 Stunden und in einer Menge von 500 l/m erfolgt und die Gesamtentnahme mit 600 m3 pro Tag gleichbleibt.

Nachdem am 16. und 17. Mai 1984 jene Sohlschwelle wieder entfernt worden war, richtete die Beschwerdeführerin am 21. Mai 1984 einen Antrag an die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg, in dem sie begehrte, gemäß § 122 WRG 1959 eine einstweilige Verfügung des Inhaltes zu erlassen, daß der Republik Österreich, Bundeswasserbauverwaltung, aufgetragen werde, an jener Stelle, an der sich seit 1976 im Flußbett der B eine Sohlschwelle befunden hat, eine Sohlschwelle in der ursprünglich eingebauten Art und Weise und in gleicher Höhe einzubauen, so daß der Aufstau des Bflusses gleichartig erfolgt, um durch diese Maßnahme im Sinne des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Jänner 1978 der Beschwerdeführerin die zustehende Wasserentnahmeart und Wasserentnahmemenge zu gewährleisten. In einem weiteren an die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg gerichteten Schriftsatz vom 18. Juli 1984 wurde darauf hingewiesen, daß das Wasserdargebot im betriebseigenen Brunnen der Beschwerdeführerin rapide abgesunken sei, so daß eine immense Gefährdung für die Wasserversorgung des Betriebes der Beschwerdeführerin vorhanden sei; gleichzeitig wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wiederholt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 12. September 1984 wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung berufen, dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Jänner 1978, womit die Änderung der Wasserversorgungsanlage der Beschwerdeführerin bewilligt worden sei, seien die tatsächlichen Verhältnisse der B zugrunde gelegen; demzufolge sei auch der damalige Bestand einer Sohlschwelle in der B auf der Höhe des Betriebes der Beschwerdeführerin "Bewilligungsgrundlage" gewesen. Durch die Entfernung dieser Sohlschwelle sei in das bereits vor der B-regulierung bestehende und mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Jänner 1978 erweiterte Wasserrecht empfindlich eingegriffen worden, da durch die mit der Regulierung der B verbundene Absenkung des Flußbettes ein Absinken des Wasserspiegels im betriebseigenen Brunnen einhergegangen sei; der Einbau einer Sohlschwelle könnte diese Auswirkungen verhindern. Es sei unbestritten, daß zwischen Absenken des Flußbettes durch die Regulierung und dem damit verbundenen niedrigen Wasserstand des Betriebsbrunnens ein direkter Zusammenhang bestehe; die Behörde erster Instanz hätte zu prüfen gehabt, durch welche Umstände diese Gefahr ausgelöst werde und ob diese Gefahr im Zuge der Durchführung eines normalen Bewilligungsverfahrens rechtzeitig hintangehalten werden könne. Es sei nicht Sinn des § 122 WRG 1959, eine einstweilige Verfügung nur dann zu erlassen, wenn bereits konkrete Schäden eingetreten seien; eine solche Verfügung stelle ein Instrument zur Gefahrenabwehr zum Schutze Dritter dar. Anläßlich des Bewilligungsverfahrens für die B-regulierung habe man sich mit den Auswirkungen auf sachverständiger Grundlage viel zu wenig befaßt. Eine Endüberprüfung des Regulierungsprojektes sei bisher nicht durchgeführt worden. Sinn einer Kollaudierung sei nicht nur die Überprüfung des konsensmäßigen Zustandes bzw. der konsensmäßigen Ausführung eines bewilligten Projektes, sondern es seien auch im Zuge eines Überprüfungsverfahrens zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht bekannte Eingriffe in Wasserrechte Dritter durch Setzung entsprechender Auflagen hintanzuhalten. Eine einstweilige Verfügung trete nicht automatisch nach einem Jahr außer Kraft, sondern es könnte auch eine Frist für ihre Gültigkeit durch mehrere Jahre ausgesprochen werden.

Aufgrund der am 14. März 1985 von der belangten Behörde durchgeführten Verhandlung erließ diese den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 18. April 1985, mit dem sie die Berufung abgewiesen hat. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung habe nicht stattgegeben werden können, weil zwischen einer der vorläufigen Gefahrenabwehr dienenden Verfügung und einer künftigen endgültigen Maßnahme ein sachlicher und rechtlicher Zusammenhang bestehen müsse, der bereits zum Zeitpunkt einer Sofortmaßnahme vorliegen müsse bzw. die Rechtsgrundlage für die endgültige Vorschreibung von Maßnahmen vorhanden zu sein habe. Die Sohlschwelle sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht Projektsgegenstand bzw. Inhalt der Bewilligung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 3. Jänner 1978 gewesen. Stelle sich im Rahmen der vorzunehmenden Kollaudierung der bewilligten B-regulierung die konsensgemäße Ausführung der Anlage heraus, könnten dem Bewilligungswerber keineswegs über den ihm im Konsens auferlegten Verpflichtungen hinaus weitere bauliche Herstellungen zum Schutze fremder Interessen aufgelegt werden. Unabhängig davon könne im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens das Projekt selbst nicht mehr bekämpft oder dessen Mangelhaftigkeit behauptet werden, sondern nur mehr die Nichtübereinstimmung der ausgeführten Arbeiten mit dem bewilligten Projekt geltend gemacht werden. Da eine Sohlschwelle dem Regulierungsunternehmen nicht vorgeschrieben werden könnte und somit auch nicht Gegenstand einer einstweiligen Verfügung im Sinne einer vorübergehenden Lösung sein könne, da Inhalt einer einstweiligen Verfügung nur eine endgültige Maßnahme sein könne und das Regulierungsunternehmen insbesondere in Ansehung der Regulierungsbewilligung nicht zu einer Errichtungsmaßnahme abweichend vom Bewilligungsprojekt verhalten werden könnte, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten durch die Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung verletzt.

Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzug - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen. Welche Rechte Dritter bei Gefahr im Verzug zu schützen sind, ergibt sich aus den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, im vorliegenden Fall insbesondere aus jenen des § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 41. Dient eine einstweilige Verfügung der vorläufigen Gefahrenabwehr, dann muß zwischen der einstweiligen Verfügung und einer künftigen endgültigen Maßnahme sowohl ein sachlicher wie auch ein rechtlicher Zusammenhang bestehen. Dies ergibt sich aus der Erwägung, daß in derartigen Fällen nicht Inhalt einer einstweiligen Verfügung sein kann, was nicht Gegenstand einer endgültigen Maßnahme sein kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 7. März 1969, Zl. 1147/68, vom 14. Dezember 1979, Zl. 2516/79, und Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1969, Slg. 6041).

Bei einer auf Antrag zu erlassenden einsteiligen Verfügung handelt es sich wie im vorliegenden Fall um ein Verfahren zwischen der Wasserrechtsbehörde und der durch die einstweilige Verfügung zu verpflichtenden Partei, gegen die sich der Bescheid über die endgültige Regelung richten wird; dies vor allem deshalb, weil jede einstweilige Verfügung ihre materiell-rechtliche Grundlage in einer Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes haben muß, nach der auch die Verpflichtung zur Tragung der Kosten beurteilt werden kann.

Sachverhaltsbezogen steht fest, daß die Beschwerdeführerin die Errichtung einer Sohlschwelle - für diese ist nach § 41 WRG 1959 eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich - in Form einer einstweiligen Verfügung zur Abwehr der durch die Bregulierung verursachten Beeinträchtigung ihrer Wasserversorgungsanlage begehrt; diese Sohlschwelle war weder Inhalt der Bewilligung im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg am 4. April 1973 noch des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Jänner 1978. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin anläßlich der Änderung ihrer Wasserversorgungsanlage von der damals widerrechtlich bestandenen, weil ohne Bewilligung errichteten, Sohlschwelle ausgegangen ist, vermag daran nichts zu ändern.

Gewiß ist die Bewilligung der Änderung oder Ergänzung der bestehenden B-regulierung durch eine Sohlschwelle gemäß § 41 WRG 1959 als endgültige Maßnahme möglich, doch kann eine solche Änderung nur dem Regulierungsunternehmen auf dessen Antrag bewilligt werden. Im Rahmen der noch durchzuführenden wasserrechtlichen Überprüfung hinsichtlich des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 4. April 1973 (§ 121 WRG 1959) betreffend die B-regulierung können, wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, neu zu errichtende Anlagen weder (ohne Antrag) bewilligt noch zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen der bewilligten Anlage in Form einer Nebenbestimmung (Bedingung und Auflage) aufgetragen werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 14. November 1911, Slg. Nr. 8547, und vom 20. Dezember 1976, Slg. N. F. Nr. 9208/A).

Ob die nach dem Willen der Beschwerdeführerin mit der beantragten einstweiligen Verfügung zu verpflichtende Partei Schadenersatz gemäß § 26 Abs. 2 WRG 1959 zu leisten hat, ist eine nur im Schadenersatzprozeß vor den ordentlichen Gerichten zu beurteilende Frage; sie kann aber nicht in einem wasserrechtlichen Verfahren gelöst werden. Eine solche Schadenersatzpflicht erweist sich demnach auch nicht als eine von der Wasserrechtsbehörde zu treffende künftige endgültige Maßnahme.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 und 59 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 19. November 1985

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