VwGH 85/07/0329

VwGH85/07/03298.4.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde der E und des J R in N, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger jun., Rechtsanwalt in Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. Oktober 1985, Zl. 1/01- 25.713-1985, betreffend Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung und wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Land Salzburg, vertreten durch den Landeshauptmann), zu Recht erkannt:

Normen

WasserrechtsG Slbg 1870 §6 idF 1920/028;
WRG 1959 §113 Abs1;
WRG 1959 §140 Abs1 Z1;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs2 litb;
WRG 1959 §5 Abs1;
WRG 1959 §5;
WRG 1959 §8;
WasserrechtsG Slbg 1870 §6 idF 1920/028;
WRG 1959 §113 Abs1;
WRG 1959 §140 Abs1 Z1;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs2 litb;
WRG 1959 §5 Abs1;
WRG 1959 §5;
WRG 1959 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde

1.) dem Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Haltung eines Holzsteges im N See auf dem Grundstück Nr. 281/1 KG. M (vorgelagert dem Grundstück Nr. 1736 KG. W) nicht stattgegeben und die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung wegen entgegenstehender fremder Rechte (Grundeigentum Land Salzburg) versagt, und

2.) den Beschwerdeführern gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, diesen ohne wasserrechtliche Bewilligung errichteten Holzsteg bis längstens 31. Jänner 1986 zu beseitigen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, ein Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung sei u.a. dann abzuweisen, wenn es mit öffentlichen Interessen oder bestehenden Rechten in Widerspruch stehe und eine hinreichende Anpassung durch entsprechende Vorschreibungen und Bedingungen entgegenstehender Rechte durch Einräumung von Zwangsrechten oder eine Enteignung nicht möglich sei. Die Beschwerdeführer hätten die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Herstellung und Haltung des strittigen Steges zur Ausübung der Fischerei beantragt. Dieser Steg befinde sich auf dem landeseigenen Grundstück Nr. 281/1 KG. M. Der N See sei auf Grund der §§ 140 Abs. 1 Z. 1 WRG 1959 und 6 des Salzburger Wasserrechtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 27. Jänner 1920, LGBl. Nr. 28, einem öffentlichen Gewässer gleichzuhalten. Nach den Bestimmungen des WRG 1959 bedürften Einbauten in stehende öffentliche Gewässer der wasserrechtlichen Bewilligung.

Die Berufung der Beschwerdeführer ziele darauf ab, daß für den strittigen Steg gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 eine Bewilligungspflicht nicht gegeben sei, doch sei dieser Steg nicht unter die genannte Bestimmung zu subsumieren. Eine Bewilligungsfreiheit von kleinen Wirtschaftsbrücken und -stegen könne nur dort angenommen werden, wo Gewässerstrecken nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benützt würden. Für den Verkehr von Wasserfahrzeugen auf dem N See gelte die Seenverkehrsordnung, BGBl. Nr. 103/1961 in der geltenden Fassung; davon seien keine Gewässerstrecken dieses Sees ausgenommen. In Anbetracht dieser Gegebenheiten sei es belanglos, ob der Steg vorwiegend für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit benützt werde. Der Steg sei daher bewilligungspflichtig.

Eine solche Bewilligung sei aber nur dann möglich, wenn weder öffentliche Interessen noch fremde Rechte dem Vorhaben entgegenstünden. Dabei erübrige sich eine Prüfung entgegenstehender öffentlicher Interessen im Beschwerdefall deshalb, weil für die Benutzung des Gewässerbettes bei öffentlichen Gewässern gemäß § 5 WRG 1959 die Zustimmung des Grundeigentümers dann erforderlich sei, wenn die Benutzung über den Gemeingebrauch hinausgehe. Da jedoch schon die Einwilligung des Grundeigentümers als unerläßliche Voraussetzung fehle und für die im § 38 WRG 1959 bezeichneten baulichen Herstellungen und die Einräumung von Zwangsrechten nicht möglich sei, stünden der beantragten Bewilligung fremde Rechte entgegen.

Da der Fischereisteg der Beschwerdeführer demnach eindeutig als ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiger Einbau in ein stehendes öffentliches Gewässer zu qualifizieren sei, stelle seine ohne wasserrechtliche Bewilligung erfolgte Errichtung eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 dar; die Beseitigung des Steges sei daher auf der Grundlage des § 138 Abs. 1 WRG 1959 den Beschwerdeführern zu Recht aufgetragen worden. Ein solcher Auftrag sei nicht nur dann möglich, wenn es das öffentliche Interesse erfordere, sondern auch, wenn es der Betroffene verlange. Mangels der Zustimmung des mitbeteiligten Landes als des Grundeigentümers - das Land habe laut der Verhandlungsschrift vom 4. (richtig: 5.) Juni 1981 den Beschwerdeführern schon in den Jahren 1978 und 1979 die Entfernung aller See-Einbauten aufgetragen - sei nicht zu prüfen, ob die Beseitigung auch vom öffentlichen Interesse her erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch das mitbeteiligte Land Salzburg beantragt in seiner Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ist auf Grund der von ihr angeführten gesetzlichen Bestimmungen (§ 140 Abs. 1 Z. 1 WRG 1959, § 6 des Salzburger Wasserrechtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 27. Jänner 1920, LGBl. Nr. 28) zutreffend davon ausgegangen, daß der N See "den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten", d. h. nach den für öffentliche Gewässer geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu behandeln ist. Dagegen haben die Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts vorgebracht.

Unbestritten ist ferner, daß die Beschwerdeführer in diesem im Eigentum des mitbeteiligten Landes stehenden See ein Fischereirecht besitzen, zu dessen Ausübung sie den strittigen Steg benützen, und daß es hinsichtlich dieses Steges bisher zu keinem Übereinkommen der Beschwerdeführer mit dem mitbeteiligten Land gekommen ist.

Nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist u.a. zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern sowie von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.

Bei den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Gewässerstrecken bedürfen gemäß § 38 Abs. 2 lit. b kleine Wirtschaftsbrücken und -stege keiner Bewilligung nach Abs. 1.

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß der strittige Steg grundsätzlich den nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Bauten bzw. Einbauten zuzurechnen ist. Sie bekämpften jedoch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, daß dieser Steg deshalb nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 38 Abs. 2 lit. b zu subsumieren sei, weil es sich beim N See, auf den die Seenverkehrsordnung, BGBl. Nr. 103/1961 in der geltenden Fassung, anzuwenden sei, um eine "zur Schiff- oder Floßfahrt benutzte Gewässerstrecke" handle.

Die Seenverkehrsordnung ist allerdings gemäß Art. III Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes vom 23. Februar 1979, BGBl. Nr. 103/1979, mit dem das Schiffahrtspolizeigesetz (SchPG), BGBl. Nr. 91/1971 in der damals geltenden Fassung, abgeändert wurde, außer Kraft getreten; seit damals ist die Schiffahrt auf dem N See (der im Verzeichnis der Gewässer zu § 1 dieses Gesetzes genannt wird) nach den Bestimmungen des SchPG geregelt. Damit ist jedoch für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts gewonnen. Gemäß § 2 Abs. 1 SchPG ist die Schiffahrt auf öffentlichen Gewässern innerhalb der durch gesetzliche Vorschriften gezogenen Schranken jedermann gestattet. Weder das SchPG noch die diesem vorangegangenen, für den N See in Geltung gestandenen Vorschriften (es waren dies die oben genannte Seenverkehrsordnung und davor die Verordnung vom 12. Dezember 1893, womit eine Schiffahrts- und See-Polizei-Ordnung für die oberösterreichischen und salzburgischen Seen erlassen wurde, LGuVBl. für das Herzogthum Salzburg Nr. 4/1894, und die darauf beruhende Kundmachung des Landeshauptmannes in Salzburg, LGBl. Nr. 149/1922) haben generelle Beschränkungen der Schiffahrt auf diesem See vorgesehen. Die Argumentation der belangten Behörde, wonach es sich bei der gesamten Wasserfläche des Niedertrumer Sees um eine zur Schiffahrt benutzte Gewässerstrecke handle, auf welche die Ausnahme gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 keine Anwendung zu finden habe, ist daher entgegen den dazu in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen zutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof vermag den Beschwerdeausführungen zu dieser Frage auch darin nicht zu folgen, daß die belangte Behörde zu ihrer im Ergebnis zutreffenden Rechtsansicht nicht ohne weitere Sachverhaltsermittlungen hätte kommen dürfen; auch die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, welche konkreten Ermittlungen sie diesbezüglich vermissen. Die Bejahung der Bewilligungsbedürftigkeit der strittigen Steganlage ist daher mangels Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ausnahme im Sinne des § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 nicht rechtswidrig zu erkennen.

Die belangte Behörde hat die Versagung der demnach erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung mit dem Fehlen der Zustimmung des mitbeteiligten Landes als Grundstückseigentümer begründet. Sie hat sich dazu auf § 5 Abs. 1 WRG 1959 gestützt, wonach die Benutzung der öffentlichen Gewässer innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Schranken jedermann gestattet ist; bezieht sich die Benutzung jedoch lediglich auf das Bett und geht sie hiebei über den Gemeingebrauch (§ 8) hinaus, so ist jedenfalls die Einwilligung des Grundeigentümers erforderlich.

Diese Zustimmung des Grundeigentümers ist als eine Bedingung zu verstehen, ohne deren Erfüllung die Behörde keine wasserrechtliche Bewilligung erteilen kann, und die von der Behörde nicht nach Art von privatrechtlichen Einwendungen Dritter unerledigt gelassen werden kann; das Fehlen dieser Zustimmung stellt daher schon aus dem Titel des § 5 WRG 1959 einen "Anstand" dar, der gemäß § 113 Abs. 1 WRG 1959 die Bewilligung ausschließt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1950, Slg. Nr. 1464/A).

Die Beschwerdeführer führen ferner aus, die Zustimmung des Grundeigentümers sei im Beschwerdefall deshalb nicht erforderlich, weil die mit ihrem Steg verbundene Benutzung des Gewässerbettes (§ 5 Abs. 1 WRG 1959) nicht über den Gemeingebrauch (§ 8 WRG 1959) hinausgehe; sie verweisen hiezu auf die ihrer Auffassung nach vergleichbare Rechtslage im Falle von Badestegen. Ohne auf die Rechtsnatur des Badesteges im gegebenen Zusammenhang näher einzugehen, steht jedenfalls die Ausübung eines Fischereirechtes wie im Beschwerdefall nur dem hiefür nach den fischereirechtlichen Bestimmungen Berechtigten zu und stellt daher keine Ausübung des Gemeingebrauches dar.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie von der Bewilligungsbedürftigkeit des strittigen Steges ausgegangen ist und diese Bewilligung auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht erteilt hat.

Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde u.a. zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen. Geht man von den obigen Erwägungen zur Bewilligungsbedürftigkeit des strittigen Steges aus, dann muß dieser Steg infolge seiner bewilligungslosen Errichtung im Sinne dieser Gesetzesstelle als eigenmächtige Neuerung angesehen werden.

Die belangte Behörde hat ihren in Spruchpunkte 2.) des angefochtenen Bescheides ausgesprochenen Beseitigungsauftrag nicht auf Erfordernisse des öffentlichen Interesses, sondern ausschließlich auf ein diesbezügliches Begehren des als Grundeigentümer betroffenen mitbeteiligten Landes gestützt. Die Beschwerdeführer bringen dagegen vor, ein solches Ansuchen sei vom Grundeigentümer nie an die Wasserrechtsbehörde herangetragen worden.

Damit sind die Beschwerdeführer allerdings nur insoweit im Recht, als die aktenkundigen schriftlichen Aufforderungen des mitbeteiligten Landes an die Beschwerdeführer vom 7. April 1978, vom 25. Juli 1978 und vom 22. November 1979 als "gegenüber einem Privaten erklärte Beseitigungsbegehren eines anderen Privaten" und nicht als an die Wasserrechtsbehörde gerichtete Anträge im Sinne des § 138 Abs. 1 WR1959 gedeutet werden können. Im letzten dieser drei Schreiben hat das Land den Beschwerdeführern allerdings bereits behördliche Schritte angedroht. Im Zuge des dem erstinstanzlichen Bescheid im Beschwerdefall vorangegangenen Verfahrens hat das Land Salzburg als Grundeigentümer dann in der Verhandlung vom 5. Juni 1981 auf die vorangegangenen, an die Beschwerdeführer gerichteten Schreiben verwiesen und seinen Wunsch auf Entfernung des Steges unmißverständlich aufrechterhalten. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde dadurch, daß sie dieses Verhalten des Grundeigentümers als Verlangen im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 gewertet und behandelt hat, das Gesetz verletzt hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 53 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 8. April 1986

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