VwGH 85/07/0084

VwGH85/07/008412.11.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der KH in K, vertreten durch Dr. Johannes Waldbauer, Rechtsanwalt in Kufstein, Oberer Stadtplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. September 1978, Zl. IIIal- 6403/3, betreffend wasserrechtliche Bewilligung einer Wasserversorgungsanlage (mitbeteiligte Parteien: A und F K in K, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §60 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §64 Abs1 litc;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §60 Abs2;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §64 Abs1 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 27. Jänner 1971 hat die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (in der Folge kurz: MB) das Grundstück Nr. 19 KG. K als Bauplatz zur Errichtung eines Wohnhauses verkauft und den MB in diesem Vertrag u.a. das Recht eingeräumt, die auf dem der Beschwerdeführerin gehörigen Grundstück Nr. 16 KG. K entspringende Quelle auf eigene Kosten zu fassen und das für den eigenen Hausgebrauch notwendige Wasser mittels einer unterirdischen Rohrleitung zum Kaufgrundstück abzuleiten. Die MB machten aber in der Folge von diesem Recht keinen Gebrauch, sondern faßten vielmehr nach Abschluß einer diesbezüglichen Vereinbarung mit der Eigentümerin des Grundstücks Nr. 2862 KG. S die auf diesem Grundstück entspringende Quelle mit einer Schüttung von 1 l/sec und leiteten das Quellwasser in einer u.a. über die der Beschwerdeführerin gehörigen Grundstücke Nr. 16, 1946 und 1947 KG. K fahrenden Rohrleitung zu dem von ihnen als Jausenstation geführten Gebäude auf ihrem Grundstück Nr. 19 ab.

Die Beschwerdeführerin ist auf Grund einer wasserrechtlichen Bewilligung aus dem Jahre 1932 auch Inhaberin des unter WBP 521 ins Wasserbuch eingetragenen Rechtes auf Betrieb einer Wasserkraftanlage zur Erzeugung elektrischen Stromes, deren Betriebswasser gemäß der Wasserbucheintragung der "XY"-Quelle auf dem Grundstück Nr. 16 und einem Teiche auf dem Grundstück Nr. 20 entnommen und einer Turbine zugeleitet wird, die einen 3-PS-Gleichstromdynamo treibt; die dafür ausgenützte Wassermenge beträgt 15 l/sec.

Am 12. März 1974 stellten die beiden MB bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (BH) den Antrag auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung ihrer bereits errichteten, von der Quelle auf dem Grundstück Nr. 2862 gespeisten Trinkwasserversorgungsanlage.

Auf Grund dieses Antrages und auf Grund der Ergebnisse der darüber am 13. Mai 1975 abgehaltenen mündlichen Verhandlung erteilte die BH mit Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 17. April 1978 der Anlage der MB nach Maßgabe des eingereichten Projektes unter zahlreichen wasserbautechnischen und sanitätspolizeilichen Auflagen die beantragte nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung. Das Maß der Wasserbenutzung erstreckte sich gemäß Spruchpunkt 2. dieses Bescheides auf die gesamte Schüttung der Quelle auf dem Grundstück Nr. 2862 von ca. 1 l/sec. In Spruchpunkt 4. wurde zu Gunsten der MB auf den der Beschwerdeführerin gehörigen Grundstücken Nr. 16, 1946 und 1947 zwangsweise das Recht zur unterirdischen Verlegung der Wasserleitung und das Recht zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten eingeräumt; als Entschädigung für die an der bereits verlegten Wasserleitung laut Vorschreibungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen noch durchzuführenden Arbeiten wurde der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt 5. eine Entschädigung in der Höhe von S105,-- zuerkannt. Im übrigen wurde den Anträgen und Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß Spruchpunkt 8. nicht Folge gegeben und die Beschwerdeführerin mit ihren Schadenersatzansprüchen wegen der ihr schon vor der wasserrechtlichen Genehmigung von den MB zugefügten Nachteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In dem dem Spruch dieses Bescheides vorangestellten Befund hielt die BH u.a. fest, daß das Triebwasser für die unter WBP. 521 eingetragenen Wasserkraftanlage zum Teil den Quellen auf dem Grundstück Nr. 16 und zum Teil den Quellen auf dem Grundstück Nr. 2862 entspringe.

Begründend führte die BH, soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Belang ist, in diesem Bescheid aus, die Voraussetzungen für die Einräumung der Zwangsrechte nach Spruchpunkt 4. seien im Sinne des § 63 WRG 1959 gegeben. Es bestehe nicht nur ein privates, sondern ein allgemeines Interesse an der Versorgung der den Gastbetrieb der MB frequentierenden Personen mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser, gegen welches die der Beschwerdeführerin aus der unterirdischen Leitungsverlegung zugefügten Nachteile unvergleichlich gering seien. Eine gleichwertige Trinkwasserversorgung der MB aus der auf dem Grundstück Nr. 16 entspringenden Quelle sei sowohl wegen deren schlechterer Wasserqualität als auch wegen des diesbezüglichen Verhaltens der Beschwerdeführerin nicht herbeizuführen.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, durch die Einräumung der beantragten Zwangsrechte werde ihrer Wasserkraftanlage (WBP. 521) Betriebswasser entzogen, sei entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführerin laut Wasserbuch nur das Recht auf Bezug des Betriebswassers von dem Grundstück Nr. 16 und aus einem Teich auf dem Grundstück Nr. 20 KG. K zustehe; von einem Bezugsrecht auf Wasser aus der auf dem Grundstück Nr. 2862 KG. S ausgehenden Quelle sei nicht die Rede. Daß de facto der Wasserkraftanlage von diesem Grundstück zufließendes Wasser als Betriebswasser genutzt werde, möge stimmen, doch fehle hiezu eine wasserrechtliche Bewilligung, sodaß hier aus rechtlicher Sicht von einer Schmälerung des Betriebswassers durch die den MB eingeräumten Zwangsrechte nicht gesprochen werden könne.

Insgesamt werde den Einwendungen der Beschwerdeführerin durch die mit der wasserrechtlichen Bewilligung verbundenen Auflagen Rechnung getragen, weshalb gegen die Erteilung der nachträglichen Bewilligung für die von den MB bereits errichtete Trinkwasserversorgungsanlage keine Bedenken bestünden.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen und bestehender Rechte im wesentlichen mit der Begründung geltend, daß durch die den MB erteilte Bewilligung der Betrieb der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin beeinträchtigt werde, und daß die BH bei der Abwägung der Interessen gemäß § 63 WRG 1959 nicht Bedacht darauf genommen habe, daß die MB ihren Wasserbedarf aus dem ihnen vertraglich eingeräumten Recht auf Bezug von Quellwasser von dem Grundstück Nr. 16 decken könnten, ohne daß dafür die Einräumung von Zwangsrechten erforderlich gewesen wäre. Auch liege die Versorgung der Gäste der MB nicht im öffentlichen, sondern ausschließlich im privaten Interesse der MB die mit der wasserrechtlich noch nicht genehmigten Herstellung der strittigen Trinkwasserversorgungsanlage bedenkenlos in Rechte Dritter eingegriffen hätten.

Die belangte Behörde hielt im Berufungsverfahren am 6. September 1978 eine weitere mündliche Verhandlung ab und zog dazu auch einen Amtssachverständigen für Wasserkraftanlagen bei, der in seinem Gutachten u.a. folgendes ausführte:

"....

Die bewilligte Wasserentnahme von 1 l/sec beeinträchtigt nach dem Vorhergesagten die Betriebswassermenge, weil der Teich im hydrologischen Einzugsgebiet der Quellfassung liegt. Ob durch die Entnahme der konsentierten Wassermenge von 1 l/sec durch die Eheleute K die konsentierte Wassermenge von 15 l/sec für die Wasserkraftanlage XY beeinträchtigt werden kann, ist derzeit infolge der fehlenden Messungen der beiden Teichzuläufe nicht feststellbar. Allerdings kann ein Entzug eines 1/15 der Betriebswassermenge beim Alter und Zustand der Wasserkraftanlage bei einer Leistung von rd. 3 PS bzw 2,2 kW nur eine kaum meßbare Leistungsverminderung erbringen.

...."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. September 1978 hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin nicht Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß öffentliche Interessen durch die von den MB beantragte Wassernutzung nicht beeinträchtigt würden, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Gutachten der Entzug von 1/15 des Betriebswassers für die vorhandene Kleinanlage nur eine kaum meßbare Leistungsminderung erbringen könne, ganz abgesehen davon, daß der Schutz von Kleinstkraftanlagen in § 105 WRG 1959 gar nicht aufgezählt sei. Durch die Trinkwasserversorgungsanlage werde zwar unbestritten in das Grundeigentum der Beschwerdeführerin eingegriffen, nicht aber, wie das zweitinstanzliche Ermittlungsverfahren eindeutig ergeben habe, in ihre Rechte als Wasserberechtigte. Für die zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeiten über die Grundstücke der Beschwerdeführerin lägen, wie bereits die BH ausführlich und schlüssig begründet habe, alle Voraussetzungen vor. Die Versorgung der Gäste eines behördlich konzessionierten Gastgewerbebetriebes mit einwandfreiem Trinkwasser liege sehr wohl im allgemeinen Interesse und nicht nur im privaten Interesse der MB. Das erweiterte Ermittlungsverfahren habe überdies ergeben, daß den MB keine eigene einwandfreie Quelle zur Verfügung stehe. Eine Beeinträchtigung ihrer Rechte durch Nichterfüllung von Bescheidauflagen werde die Beschwerdeführerin im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren, Schäden durch die bewilligte Wasserversorgungsanlage im Rahmen des § 26 WRG 1959 geltend machen können.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin vorerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der jedoch in seinem Erkenntnis vom 23. November 1984, Zl. B 600/78, zu dem Ergebnis gelangte, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei. Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde daher abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

In ihrer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich "in ihrem Eigentumsrecht sowie ihrem Wasserrecht, nämlich Betrieb einer Wasserkraftanlage für den Eigenbedarf", verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die MB haben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren trotz gebotener Gelegenheit eine Äußerung nicht abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin im vorliegenden, wasserrechtlichen Verfahren gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRg 1959 Parteistellung hat. Sie hat daher zulässigerweise gegen das Vorhaben der MB Einwendungen erhoben und damit einschlußweise beantragt, das Vorhaben überhaupt nicht, zumindest aber nicht in der geplanten Form zu bewilligen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1957, Zl. 1590/54, und vom 4. März 1965, Zl. 1452/64). Die in den Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes aufrechterhaltenen Einwendungen der Beschwerdeführerin wenden sich 1) gegen die nach ihrer Auffassung im Gesetz (§ 63 lit. b WRG 1959) nicht gedeckte zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeiten zu Lasten der Beschwerdeführerin zwecks Errichtung und Erhaltung der Trinkwasserversorgungsanlage der MB und 2) gegen die mangelnde Bedachtnahme auf die Schmälerung des im Wasserbuch eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes der Beschwerdeführerin infolge der Ableitung eines Teiles des für ihr Kleinkraftwerk erforderlichen Betriebswassers.

zu 1) Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern oder deren schädlichen Wirkungen zu begegnen, kann die Wasserrechtsbehörde gemäß § 63 lit. b WRG 1959 in dem Maße als erforderlich im Enteignungswege für Wasseranlagen, deren Errichtung oder Erhaltung im Vergleiche zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschränken oder aufheben, damit Wasser reingehalten, zu- oder abgeleitet, gestaut, gespeichert, abgesenkt oder gereinigt, die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt und betrieben sowie der allfälligen Vorschreibung sonstiger baulicher Maßnahmen entsprochen werden kann.

Die Einräumung eines derartigen Zwangsrechtes ist gemäß § 60 Abs. 2 WRG 1959 nur gegen angemessene Entschädigung (§ 117) und nur dann zulässig, wenn eine gütliche Übereinkunft zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden kann.

Hiezu hat die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihr Vorbringen aufrechterhalten, der Bedarf der MB an Trinkwasser hätte mit Rücksicht auf das vertraglich eingeräumte Recht auf Wasser aus der auf dem Grundstück Nr. 16 entspringenden Quelle anders als durch die mit Zwangsrechten verbundene strittige Bewilligung gedeckt werden können. Ein allgemeines Interesse im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 für die bewilligte Wasserversorgungsanlage fehle, die Nachteile aus den eingeräumten Zwangsrechten überwögen jedenfalls die damit erzielbaren Vorteile. In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat die Beschwerdeführerin dazu noch ergänzt, daß der festgesetzte Entschädigungsbetrag in der Höhe von S 105,-- geradezu als Trinkgeld bezeichnet werden müsse.

Diesem Vorbringen hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. November 1984 unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides entgegnet, daß den MB auf Grund des von der Beschwerdeführerin erwähnten Vertrages nur das Recht zusteht, das für den eigenen Hausgebrauch notwendige Wasser abzuleiten, sowie daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren ausdrücklich erklärt habe, sie gebe zur Fassung und Ableitung der Quelle auf dem Grundstück Nr. 16 zwecks Versorgung des Gastgewerbebetriebes der MB keine Zustimmung, sondern nur zum Bezug des Hausbedarfes. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, wie eine Nutzung der Quelle auf dem Grundstück Nr. 16 demnach den Bedarf für den Gastgewerbebetrieb decken soll. Darin, daß die belangte Behörde die Einräumung von Dienstbarkeiten zu Gunsten der MB zwecks Errichtung und Erhaltung ihrer Trinkwasserversorgungsanlage für den Gastgewerbebetrieb als nach § 63 lit. b WRG 1959 für geboten erachtet hat, kann daher - ohne daß es der von der Beschwerdeführerin verlangten weiteren Überprüfung der Wasserqualität der Quelle auf dem Grundstück Nr. 16 bedurfte - noch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt werden.

Da ein gütliches Übereinkommen über die Inanspruchnahme der Grundstücke Nr. 16, 1946 und 1947 der Beschwerdeführerin nicht erzielt werden konnte, hätte die Einräumung der Dienstbarkeit zur Verlegung der Wasserleitung über diese Grundstücke gemäß § 60 Abs. 2 WRG 1959 nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen dürfen. In dem von der belangten Behörde vollinhaltlich bestätigten Bescheid der BH vom 17. April 1978 ist der Beschwerdeführerin aber nur eine Entschädigung in der Höhe von S 105,-- "für die an der bereits verlegten Wasserleitung im Bereich der Gpn. 16, 1946, 1947 KG. K laut Vorschreibungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen noch durchzuführenden Arbeiten" zuerkannt worden. Für die durch die Einräumung der Dienstbarkeit zur unterirdischen Verlegung der Wasserleitung ausgesprochene Enteignung ist die Beschwerdeführerin dadurch nicht entschädigt worden. Der Umstand, daß diese Enteignung erst zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wurde, als die MB diese Wasserleitung bereits ohne gültigen Rechtstitel tatsächlich über Grundstücke der Beschwerdeführerin verlegt hatten, vermochte deren gesetzlich begründeten Anspruch, jedenfalls nur gegen angemessene Entschädigung mit einem Zwangsrecht belastet zu werden, ebensowenig zu hindern wie der allfällige zivilrechtliche Anspruch der Beschwerdeführerin, über diese Entschädigung hinaus von den MB Schadenersatz zu fordern.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grunde als inhaltlich rechtswidrig.

zu 2) Zu den im Eingange des § 63 bezeichneten Zwecken kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maß als erforderlich gemäß § 64 Abs. 1 lit. c WRG 1959 auch bestehende Wasserrechte und Wassernutzungen, einschließlich der dazugehörigen Anlagen, ganz oder teilweise enteignen, wenn die geplante Wasseranlage sonst nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen ausgeführt werden könnte und ihr gegenüber der zu enteignenden Wasserberechtigung eine unzweifelhaft höhere Bedeutung zukommt.

Auch derartige Maßnahmen sind im Sinne des § 60 Abs. 2 WRG 1959 nur gegen angemessene Entschädigung (§ 117) zulässig.

Im Verwaltungsverfahren wurde unbestritten festgestellt, daß die den MB bewilligte Wasserentnahme aus der Quelle auf dem Grundstück Nr. 2862 die Betriebswassermenge für das von der Beschwerdeführerin gemäß einer bestehenden wasserrechtlichen Bewilligung betriebene Kleinkraftwerk beeinträchtigt, weil der Teich auf dem Grundstück Nr. 20 im hydrologischen Einzugsbereich der Quellfassung liegt. Das zweitinstanzliche Ermittlungsverfahren hat demnach nicht "eindeutig ergeben", daß in die Rechte der Beschwerdeführerin als Wasserberechtigte durch die Trinkwasserversorgungsanlage nicht eingegriffen werde.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß im angefochtenen Bescheid den MB der Bezug dieses Quellwassers zuerkannt worden ist, ohne daß eine bescheidmäßige Enteignung der Beschwerdeführerin in bezug auf dieses Wasser ausgesprochen worden wäre. Die belangte Behörde meint hiezu, von einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen im Sinne des § 105 WRG 1959 könne in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden, "weil nach dem eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserkraftanlagen der Entzug eines 1/15 des Betriebswassers für die vorhandene Kleinanlage nur eine kaum meßbare Leistungsminderung erbringen kann". Dabei übersieht die belangte Behörde jedoch, daß es für die Frage der Enteignung und Entschädigung der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich eines nur geringen Teiles des ihr zustehenden Betriebswassers nicht darauf ankommen kann, ob dieser Entzug auch öffentliche Interessen beeinträchtigt; liegt doch jedenfalls ein Eingriff in ein "bestehendes Recht" der Beschwerdeführerin im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 vor. Das allenfalls geringfügige Ausmaß dieses Eingriffes - das nach dem bereits genannten, in der Verhandlung vom 6. September 1978 eingeholten Gutachten "derzeit infolge der fehlenden Messungen der beiden Teichzuläufe nicht feststellbar" war - vermag an der grundsätzlichen Notwendigkeit der Begründung eines Zwangsrechtes gegenüber der Beschwerdeführerin nichts zu ändern, solange nicht eine Feststellung dahin gehend getroffen werden kann, daß eine Verletzung des Wasserbenutzungsrechtes der Beschwerdeführerin überhaupt nicht vorliegt (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1962, Zl. 651/62, Slg. NF Nr. 5884/A). Die auf das Gutachten gestützte Feststellung der belangten Behörde, daß durch die Ableitung eines Teiles des Betriebswassers der Anlage der Beschwerdeführerin "nur eine kaum meßbare Leistungsminderung" herbeigeführt würde, vermag die Nichtbegründung eines entsprechenden Zwangsrechtes jedenfalls nicht zu tragen, wenn auch mit Rücksicht darauf die Höhe der dafür der Beschwerdeführerin zuzuerkennenden Entschädigung entsprechend gering ausfallen mag. Es stellt für die allfälligen diesbezüglichen Ansprüche der Beschwerdeführerin auch keine unabdingbare Voraussetzung dar, daß sich gegebenenfalls die durch die Quellableitung der Energieproduktion tatsächlich entzogenen Wassermengen exakt ermitteln lassen. Gerade bei der Ermittlung von Schadenersatz- und Entschädigungsbeträgen ist es durchaus nicht selten, daß zu dem Hilfsmittel der Schätzung gegriffen werden muß (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1983, Zl. 82/07/0250). In diesem Zusammenhang wird auch auf § 111 Abs. 1, 2. Satz WRG 1959 hingewiesen, demzufolge die Behörde ermächtigt ist, einen Vorbehalt der Einräumung von Zwangsrechten begründetermaßen auszusprechen.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid daher auch in diesem Punkt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil sie trotz der von ihr nicht ausgeschlossenen Möglichkeit einer Minderung des konsentierten Betriebswassers für die Anlage der Beschwerdeführerin die den MB erteilte nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung ohne Begründung eines diesbezüglichen Zwangsrechtes und ohne entsprechende Entschädigung der Beschwerdeführerin erteilt hat.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß der pauschalierte Schriftsatzaufwand nur einmal in der gemäß der anzuwendenden Verordnung normierten Höhe zusteht.

Wien, am 12. November 1985

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte