VwGH 82/07/0250

VwGH82/07/025014.6.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (STEWEAG) in Graz, vertreten durch Dr. Heinz Eger, Rechtsanwalt in Graz, Glacisstraße 69, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. November 1982, Zl. 15.621/26-I 5/82, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, MA 31, Zl. 31-8650/81-100), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2 impl;
AVG §52;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §64 Abs1 litc;
AVG §45 Abs2 impl;
AVG §52;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §64 Abs1 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen ist zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1980, Zl. 2184/78, und vom 9. Februar 1982, Zl. 81/07/0204, hinzuweisen.

Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde der damals angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Überleitung der Pfannbauernquelle in der KG Aschbach (in der Folge kurz: Quelle) in die I. Wiener Hochquellenleitung sowie zur Errichtung und zum Betrieb der dazu dienenden Anlagen unter bestimmten Bedingungen und Auflagen, aber ohne Begründung von Rechte der Beschwerdeführerin betreffenden Zwangsrechten, erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

In der Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses führte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf § 11 Abs. 1 WRG 1959 aus, daß das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung für die Frage der Beurteilung "bestehender Rechte" im Sinne des § 12 Abs. 1 und 2 WRG 1959 von Bedeutung seien. Solange das Maß der beabsichtigten Wasserbenutzung nicht feststehe, könne die Wasserrechtsbehörde den Bestimmungen des § 12 WRG 1959 nicht gerecht werden. Die belangte Behörde habe im Spruch des damals bekämpften Bescheides der Mitbeteiligten die gesamte Schüttung der Quelle zuerkannt, in der Begründung hingegen sei sie von einer Nutzung von 300 l/sec ausgegangen. Zu diesem Widerspruch komme, daß selbst dann, wenn man von einer Fehlmenge von 300 l/sec ausgehe, von der belangten Behörde nicht festgestellt worden sei, ob etwa durch den Verlust des Wassers zu bestimmten Zeiten des Jahres eine Beeinträchtigung des Wasserrechtes der Beschwerdeführerin eintreten könne. Die Beschwerdeführerin sei zwar mit ihrer Behauptung nicht im Recht, daß ihr unter Außerachtlassung der Verdunstung und Versickerung der abgeleiteten Wassermenge jedenfalls ein Energieverlust im Umfange von 300 l/sec in beiden Kraftwerken nach Einräumung eines Zwangsrechtes zu ersetzen wäre, weil nur die tatsächliche Einschränkung der Wasserbenutzungsrechte an der Enns zu entschädigen wäre, doch hätte die belangte Behörde nach dem vorangegangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1980 auf sachverständiger Grundlage erheben müssen, ob bei Nutzung des bewilligten Maßes eine solche Einschränkung tatsächlich zu erwarten sei oder nicht. Dafür reiche das eingeholte Gutachten eines Amtssachverständigen für Hydrographie nicht aus, weil darin nur die Aussage getroffen worden sei, daß in hydrographischer Hinsicht eine Ableitungsmenge von 300 l/sec im Bereich der Ennskraftwerke der Beschwerdeführerin nicht mehr nachweisbar sei.

In dem auf Grund dieses aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes holte die belangte Behörde vorerst eine ergänzende gutächtliche Äußerung ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein, welcher darin zusammenfassend zu dem Ergebnis kam, daß die Ableitung der Quelle in dem Flußabschnitt der Enns, in welchem die Beschwerdeführerin ihre Kraftwerke betreibe, nicht nur über das ganze Jahr keine meßbaren Auswirkungen mehr zeigen werde, sondern daß die Verluste bei den Kraftwerken sich ebenfalls proportional den in Frage stehenden Abflüssen verhalten und damit ebenfalls im Vergleich zu anderen Auswirkungen entsprechend vernachlässigbar klein sein würden. Es handle sich im Gegenstand um Verluste, die nur theoretisch, unter Voraussetzung entsprechender Annahmen, ermittelt werden könnten. Diese Annahme ließen aber sonst wirksame Umstände außer Betracht und höben allein die Auswirkungen der Ableitung hervor.

In der Folge hat die Mitbeteiligte das Konsensbegehren für die Überleitung der Quelle mit 300 l/sec für die Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober und mit 260 l/sec für die restlichen fünf Monate des Jahres konkretisiert.

Die Beschwerdeführerin trat dem oben angeführten Gutachten des Amtssachverständigen in einer Stellungnahme vom 25. August 1982 entgegen, der sie ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Prof. Dipl.-Ing. HB anschloß. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten führte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme im wesentlichen aus, aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich, daß die Ableitung einer bestimmten Wassermenge aus dem Einzugsgebiet der Enns mit Sicherheit eine Einschränkung der Energieerzeugung an den Kraftwerken der Beschwerdeführerin zur Folge habe. Diese mache bei einem Entzug von 300 l/sec nach den letzten gültigen Stromtarifen einen Erzeugungsverlust von S 450.000,-- pro Jahr und kapitalisiert S 11,3 Millionen für die beiden Kraftwerke aus.

Über Antrag der Beschwerdeführerin führte die belangte Behörde nach Einholung einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme der Amtssachverständigen noch eine mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin ihren Entschädigungsantrag aufrechterhielt und Gelegenheit hatte, ihr auf Grund des Privatgutachtens noch aufklärungsbedürftige Fragen an die Amtssachverständigen zu stellen. Diese hielten allerdings wiederum zusammenfassend aufrecht, daß die von der Beschwerdeführerin angeführte Ursache der Erzeugungsminderung nur eine von vielen Komponenten darstelle, die sich summierten, so daß der Beschwerdeführer durch die Ableitung der Quelle jedenfalls in dem nunmehr von der Mitbeteiligten modifizierten Ausmaß kein meßbarer Schaden erwachse. Die Beeinflussung der Energieerzeugung in der Enns durch die Ableitung sei nur eine sehr geringfügige; andere Beeinflussungen in etwa der gleichen Größenordnung würden auch nicht entschädigt.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. November 1982 hat die belangte Behörde neuerlich der Mitbeteiligten die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Überleitung der Quelle sowie zur Errichtung und zum Betrieb der dazu dienenden Anlagen unter den bereits in den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden enthalten gewesenen Bedingungen und Auflagen, allerdings nunmehr unter ausdrücklicher Festsetzung des Höchstausmaßes von 300 l/sec zwischen 1. April und 31. Oktober und von 260 l/sec zwischen 1. November und 31. März, erteilt. In Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wurde das Begehren der Beschwerdeführerin in bezug auf ihre Ennskraftwerke Altenmarkt und Krippau gemäß § 12 WRG 1959 abgewiesen.

Zu diesem zuletzt angeführten, im Beschwerdefall allein strittigen Punkt gab die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nach Hinweisen auf die vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren und auf die Konkretisierung des Konsensbegehrens der Mitbeteiligten hinsichtlich des Maßes der Wasserbenutzung die im fortgesetzten Verfahren von den Amtssachverständigen abgegebenen schriftlichen und mündlichen Äußerungen im vollen Wortlaut wieder. Außerdem enthält die diesbezügliche Begründung eine Zusammenfassung der von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme zum ergänzenden Gutachten des Amtssachverständigen geltend gemachten Einwendungen, sowie die wörtliche Wiedergabe der von der Beschwerdeführerin in der abschließenden mündlichen Verhandlung an die Amtssachverständigen gestellten Fragen. Aus diesen Verhandlungsergebnissen leitete die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ab, aus allem Vorgesagten, insbesondere aus den sich der Wasserrechtsbehörde durchaus überzeugend und schlüssig darstellenden Amtsgutachten, erhelle zusammenfassend, daß die behauptete Verletzung der Wasserrechte der Beschwerdeführerin nicht vorliege. Denn nach herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12 WRG 1959 könne eine Verletzung bestehender Rechte nur unter der Voraussetzung angenommen werden, daß im Ermittlungsverfahren eine zu erwartende Beeinträchtigung solcher Rechte, hervorgerufen durch das zur Bewilligung stehende Vorhaben, einwandfrei hervorgekommen sei. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde nicht einmal die - hier gar nicht gegebene - bloße Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung genügen. Aus den Gutachten der Amtssachverständigen im Beschwerdefall gehe eindeutig hervor, daß irgendwelche Auswirkungen der Wasserentnahme aus der Quelle im beantragten Ausmaß schon in der Salza nicht mehr spürbar und meßbar seien. Von einer Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführerin, d.h. von einem Eingriff in die Substanz des Rechtes, könne daher nicht die Rede sein. Die Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes gäben den in ihren Rechten berührten Parteien zwar die Möglichkeit, Eingriffe in ihre Rechte abzuwehren, nicht aber, jedwede Berührung zu bekämpfen. Eine Entschädigung der Beschwerdeführerin hätte jedoch das unzweifelhafte Feststehen einer wirklichen nachteiligen Auswirkung wenigstens dem Grunde nach vorausgesetzt, wovon aber hier keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführerin bleibe jedoch eine etwaige spätere zivilrechtliche Austragung im Sinne des § 26 Abs. 2 WRG 1959 für den Fall unbenommen, daß - wider Erwarten - nachträglich eine nachteilige Wirkung, mit der nach sachverständiger Anschauung bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht gerechnet worden sei, dennoch eintreten sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht darin im wesentlichen geltend, es lägen im Beschwerdefall mit Rücksicht auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten zwei verschiedene, einander widersprechende Gutachten vor, die jedoch grundsätzlich den gleichen Beweiswert hätten. Die belangte Behörde habe aber dessen ungeachtet, den angefochtenen Bescheid mit der Wiedergabe sämtlicher Aussagen der Amtssachverständigen begründet, jedoch nicht einmal die Zusammenfassung des Gutachtens des von der Beschwerdeführerin beigezogenen Privatsachverständigen vollständig wiedergegeben, und es unterlassen, darzutun, warum sie nur der Aussage der Amtssachverständigen folge. Prof. B sei sowohl in der Frage, welchen Einflüssen die Schüttung der Quelle bis zu den Ennskraftwerken der Beschwerdeführerin unterliege, als auch in der Frage, welche Auswirkung dieser Entzug der Quellschüttung auf die Energieerzeugung zur Folge habe, zu schlüssigen Ergebnissen gelangt, welche von den Amtssachverständigen nicht widerlegt worden seien. So hätten diese vor allem nicht entkräften können, daß die Quellschüttung, abgesehen von geringen Verdunstungsverlusten in dem auf Grund der Jahresdauerlinien gegebenen Zeitraum, vollständig der Energieerzeugung bei den Ennskraftwerken der Beschwerdeführerin diene. Wenn die belangte Behörde die diesbezüglichen Ausführungen des Privatsachverständigen in Zweifel gezogen hätten, wären diese durch einen von Prof. B vorgeschlagenen Markierungsversuch nachweisbar gewesen. Gehe man aber davon aus, daß die Quellschüttung bis zu den Kraftwerken der Beschwerdeführerin nur minimale Wegverluste erleide, dann sei zu prüfen, welchen Einfluß die solcherart verminderte, von der belangten Behörde bewilligte Entnahme des Quellwassers durch die Mitbeteiligte auf die Energieerzeugung habe. Auch hiezu habe Prof. B überzeugend dargelegt, daß sich dabei nicht unbeträchtliche Erzeugungsverluste für die Beschwerdeführerin ermitteln ließen, welche keineswegs als vernachlässigbar klein zu bezeichnen, vielmehr durch eine angemessene Entschädigung abzugelten seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie mit Rücksicht darauf, daß allfällige Durchflußänderungen bei den Kraftwerken der Beschwerdeführerin infolge der bewilligten Ableitung der Quelle nicht durch Messungen nachgewiesen werden könnten, und daß die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführerin nicht ausreiche, eine zu entschädigende Rechtsverletzung festzustellen, die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie ebenfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof ha erwogen:

Zur Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes im aufhebenden Erkenntnis vom 9. Februar 1982 entsprechenden Rechtszustandes gemäß § 63 Abs. 1 VwGG 1965 hatte die belangte Behörde nach Bestimmung des Maßes der bewilligten Wassernutzung auf sachverständiger Grundlage zu erheben, ob bei Nutzung dieses bewilligten Maßes durch die Mitbeteiligte eine tatsächliche Einschränkung der Wasserbenutzungsrechte der Beschwerdeführerin an der Enns zu erwarten sei oder nicht. Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren in dieser Richtung ergänzt und ist im angefochtenen Bescheid der Beantwortung dieser für den Entschädigungsanspruch der Beschwerdeführerin entscheidenden Frage der Auffassung ihrer Amtssachverständigen gefolgt, wonach der Beschwerdeführerin durch die Ableitung der Quelle jedenfalls in dem nunmehr von der mitbeteiligten Partei modifizierten Ausmaß kein meßbarer Schaden erwachse.

Die Beschwerdeführerin hat im fortgesetzten Verfahren von dem ihr zustehenden Recht Gebrauch gemacht, zur Entkräftung des Gutachtens der Amtssachverständigen ein von privater Seite erstattetes Gutachten vorzulegen. Dieses Privatgutachten, welches sich keinesfalls vorweg als unschlüssig darstellt, steht mit dem Gutachten der Amtssachverständigen sowohl in der Frage der Durchflußveränderungen bei den Kraftwerken der Beschwerdeführerin infolge der Quellableitung als auch in der Frage der schädlichen Auswirkung dieser Durchflußveränderungen für die Energieerzeugung im Widerspruch.

In der Beschwerde wird zu dieser verfahrensrechtlichen Situation mit Recht auf die Ausführungen in dem auf eine umfangreiche einschlägige Vorjudikatur gestützten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1976, Zl. 2227/75, verwiesen, an welchem der Gerichtshof auch weiterhin festhält. Demnach besitzen die Aussagen von Sachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert. Der Wert jedes Beweismittels ist nach seinem inneren Wahrheitsgehalt zu beurteilen, d.h. nach dem Anteil, den es zur Erledigung des Beweisthemas beiträgt, nach der Schlüssigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Aussagen. Grundsätzlich steht es der Behörde frei, sich dem einen oder dem anderen Gutachten anzuschließen. In einem solchen Falle hat aber die erkennende Behörde die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlaßt haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen. Geht sie von der Unrichtigkeit eines dieser Gutachten aus, dann muß sie ihre abweichende Meinung entsprechend begründen, wobei diese Begründung das Niveau einer wissenschaftlichen Darstellung nicht unterschreiten darf.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt erkennen, daß die belangte Behörde diesen Gedankengängen nicht entsprochen hat. Diese Begründung enthält nämlich nicht einmal eine Wiedergabe jener Ausführungen im vorliegenden Privatgutachten, aus denen sich im Widerspruch zu den Amtsgutachten ableiten läßt, daß die strittige Quellableitung sehr wohl zu einer wenn schon nicht exakten meß-, so doch jedenfalls schätzbaren Einschränkung der Wasserbenutzungsrechte der Beschwerdeführerin führt und demzufolge auch die rechnerische Ermittlung einer dafür von der Mitbeteiligten zu leistenden Entschädigung ermöglicht.

Sämtliche Sachverständige sind bei ihrer Beurteilung von der unbestrittenen und wohl auch unbestreitbaren Tatsache ausgegangen, daß das von der Mitbeteiligten abgeleitete Quellwasser ohne die bewilligte Ableitung in die Enns fließt. Fest steht auch, daß dieses Quellwasser abzüglich jener Verluste, die sich aus Verdunstung, Versickerung - wobei, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift selbst ausführt, die Wegverluste aus diesen beiden Ursachen gering sein dürften - und anderen, im Verwaltungsverfahren erörterten Umwelteinflüssen summieren, einen entsprechenden Teil jener Durchflußmenge bildet, welche in den beiden Ennskraftwerken der Beschwerdeführerin auf Grund der dieser erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen zur Energieerzeugung verwendet wird. Wie die bisherigen Ermittlungen gezeigt haben, mag es zutreffen, daß eine genaue Feststellung des prozentuellen Ausmaßes der Wegverluste und damit eine exakte Messung der tatsächlich aus diesem Quellwasser bis zu den Kraftwerken der Beschwerdeführerin gelangenden Wassermenge mit den derzeit technisch durchführbaren und wirtschaftlich vertretbaren Methoden nicht möglich ist. Daß aber dieser Umstand eher als nicht ausreichend für eine Abweisung der Ansprüche der Beschwerdeführerin anzusehen ist, ergibt sich auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Februar 1982, Zl. 81/07/0204.

Zutreffend hat der Privatsachverständige zu dieser Frage in seinem Gutachten jedoch ausgeführt, die Tatsache, daß der Abflußanteil der Quelle mit hydrographischen Meßverfahren nicht nachweisbar sei, lasse noch nicht darauf schließen, daß dieser Abflußanteil an der Energieerzeugung nicht wirksam beteiligt. wäre. Jede der im Gesamtabfluß der Enns vereinigten Quellschüttungen des Einzugsgebietes habe nämlich einen bestimmten, der Wassermenge entsprechenden Anteil an Energie, welcher aus dem spezifischen Arbeitswert der Wasserkraftwerke ermittelt werden könne. Die Ableitung einer bestimmten Wassermenge aus diesem Einzugsgebiet habe daher mit Sicherheit eine entsprechende Einschränkung der Energieerzeugung an den Ennskraftwerken zur Folge.

Die Amtssachverständigen und ihnen folgend die belangte Behörde haben diesen keinesfalls den Denkgesetzen widersprechenden Ausführungen des Privatgutachters entgegengehalten, daß die Beeinflussung der Energieerzeugung in der Enns durch die Quellableitung nur sehr geringfügig und jedenfalls nicht meßbar sei.

In diesem Zusammenhang zeigt die Beschwerde jedoch zutreffend auf, daß der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf. Als nicht meßbar hat sich nämlich im bisherigen Verfahren nur das exakte Ausmaß jener Wassermenge erwiesen, welche von der strittigen Quellschüttung bis zu den Ennskraftwerken der Beschwerdeführerin gelangt. Die im Privatgutachten und darauf gestützt auch in der Beschwerde behauptete Möglichkeit, den durchschnittlichen Erzeugungsanteil einer bestimmten zu den Ennskraftwerken der Beschwerdeführerin gelangenden Wassermenge und damit den durch eine Quellableitung durchschnittlich herbeigeführten Ausfall bei der Energieproduktion unter Bedachtnahme auf den spezifischen Arbeitswert der Kraftwerke zu ermitteln, wurde bisher nicht widerlegt.

Die von der belangten Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogene Feststellung, eine rechtlich relevante Beeinträchtigung von Rechten der Beschwerdeführerin durch das zur Bewilligung stehende Vorhaben sei nicht einwandfrei hervorgekommen und nicht einmal wahrscheinlich, beruht aber ohne einen derartigen Berechnungsversuch bzw. ohne ausreichende Begründung, warum eine solche Berechnung nicht möglich wäre, auf einer nicht ausreichenden Sachverhaltsermittlung. Gewiß ist der belangten Behörde sowie auch der mitbeteiligten Partei einzuräumen, daß die hier in Betracht kommende Wassermenge sich im Vergleich zum gesamten zur Verfügung stehenden Wasserdargebot als relativ sehr gering erweist. Indes vermag der Verwaltungsgerichtshof aber auch nicht zu erkennen, daß die abzuleitende Quellwassermenge absolut gesehen zu vernachlässigen wäre.

Es stellt für die Ansprüche der Beschwerdeführerin keine unabdingbare Voraussetzung dar, daß sich die durch die Quellableitung der Energieproduktion tatsächlich entzogenen Wassermengen exakt ermitteln lassen. Gerade bei der Ermittlung von Schadenersatz- und Entschädigungsbeträgen ist es durchaus nicht selten, daß zu dem Hilfsmittel der Schätzung gegriffen werden muß. Es sind aber bisher keine Umstände aktenkundig, die erkennen ließen, daß sich im Beschwerdefall nicht im Schätzungswege jene Wassermenge ermitteln ließe, die, infolge der bewilligten Quellableitung und unter Berücksichtigung der verschiedenen Ursachen für Wegverluste, der Durchflußmenge der Enns an den Kraftwerken der Beschwerdeführerin verlorengeht. Ebensowenig lassen die bisherigen Verfahrensergebnisse erkennen, aus welchen Gründen es nicht möglich sein sollte, aus dieser im Schätzungswege ermittelten Wassermenge deren durchschnittlichen Erzeugungsanteil an der Energieproduktion der Beschwerdeführerin abzuleiten. Erst dann, wenn sich auf diesem Wege herausstellen sollte, daß die durch die Quellableitung herbeigeführten Produktionsausfälle der Beschwerdeführerin im Gegensatz zu den vom Privatsachverständigen und von der Beschwerdeführerin selbst angestellten Berechnungen so geringfügig sind, wie dies die belangte Behörde derzeit ohne ausreichende Ermittlungen angenommen hat, könnte rechtlich gefolgert werden, daß darin eine zu entschädigende Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführerin überhaupt nicht zu erblicken wäre.

Von der auf Grund dieser Erwägungen erforderlichen Verfahrensergänzung ist auch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vorgenommene Verweisung der Beschwerdeführerin auf eine allfällige spätere zivilrechtliche Austragung ihrer Ansprüche im Sinne des § 26 Abs. 2 WRG 1959 verfehlt, weil solche zivilrechtliche Ansprüche ja gerade voraussetzen, daß nachträglich eine nachteilige Wirkung auftritt, mit der bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung noch nicht gerechnet worden ist.

Der Sachverhalt erweist sich daher als in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Bei diesem Verfahrensergebnis konnte von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß die eingebrachten Ausfertigungen der Beschwerde gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 des Gebührengesetzes mit je S 100,-- (und nicht mit S 100,-- pro Bogen) zu stempeln waren.

Wien, am 14. Juni 1983

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