Normen
LStG Tir 1951 §50 Abs1 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §50 Abs5 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §51;
LStG Tir 1951 §55;
LStG Tir 1951 §50 Abs1 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §50 Abs5 idF 1970/010;
LStG Tir 1951 §51;
LStG Tir 1951 §55;
Spruch:
I) Der angefochtene Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 7. Dezember 1983 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II) Die Beschwerde gegen den Nachtragsbescheid vom 2. Jänner 1984 wird gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 zurückgewiesen.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.700,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I) Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 7. Dezember 1983 hat die Tiroler Landesregierung dem Antrag der Gemeinde S auf Enteignung von Teilflächen der Grundstücke Nr. 53 und 181 - im Bescheid irrtümlich als Grundstück 118 bezeichnet - der KG S zum Zweck der Verbreiterung einer Straße stattgegeben. Gleichzeitig wurde dem Antrag des Eigentümers auf Einlösung des Restgrundstückes Nr. 181 entsprochen sowie eine Reihe von weiteren Bestimmungen getroffen.
Auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers vom 15. Dezember 1983, in welchem er ausführte, ihm stehe an dem Haus Grundstück Nr. 181 die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses zu, er sei daher Partei des Straßenbaubewilligungs- und des Enteignungsverfahrens, wurde ihm der Enteignungsbescheid zugestellt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof behauptet der Beschwerdeführer, er sei als Fruchtgenußberechtigter und somit als dinglich Berechtigter zu Unrecht dem Enteignungsverfahren nicht beigezogen worden, weshalb der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet sei. Diese Beschwerde wurde zur Zl. 84/06/0033 protokolliert.
Die belangte Behörde führte in ihrer Gegenschrift vom 27. April 1984 aus, der Beschwerdeführer sei im Enteignungsverfahren als dinglich Berechtigter tatsächlich nicht geladen worden, da er aus einem Versehen schon dem (vorangegangenen) Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden sei. Der Beschwerde komme daher Berechtigung zu, weshalb die Klaglosstellung erfolge. Die Akten wurden nicht vorgelegt. Da sodann eine Klaglosstellung nicht erfolgte, urgierte der Verwaltungsgerichtshof die Vorlage der Verwaltungsakten. Dieser Urgenz entsprach die Tiroler Landesregierung und teilte mit Schriftsatz vom 8. Mai 1984 mit, daß die Aktenvorlage im Hinblick auf die in der Gegenschrift der belangten Behörde angekündigte beabsichtigte Klaglosstellung unterblieben sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 50 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 1/1951, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1970, bedarf der Neubau, Ausbau und die Verlegung von öffentlichen Straßen der Bewilligung der Behörde (Straßenbaubewilligung). Von dieser Bewilligungspflicht sind geringfügige Abänderungen von Straßen ausgenommen.
Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle können Liegenschaftseigentümer oder andere dinglich Berechtigte, die durch den Bau der geplanten Straße in ihren rechtlichen Interessen berührt werden, im Baubewilligungsverfahren Abänderungen und Ergänzungen der geplanten Trassenführung und der technischen Ausgestaltung der Straße verlangen. Änderungen durch ein Parteienvorbringen dürfen die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens hinsichtlich der Errichtung und Erhaltung nicht wesentlich und die Leistung, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in keiner Weise beeinträchtigen.
Nach § 51 Abs. 1 (in der Fassung des Stammgesetzes) können zur Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von öffentlichen Straßen samt den dazugehörigen oder anläßlich des Baues
erforderlichen Anlagen ... die hiezu unbedingt erforderlichen
Grundstücke und Gebäude mit Ausnahme von künstlerisch oder geschichtlich bedeutenden Bauten und Denkmälern gegen angemessene Entschädigung im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle erstreckt sich die Enteignung auf die Überlassung des Eigentums oder auf die dauernde oder zeitweise Einräumung, Abtretung, Einschränkung oder Aufhebung von Dienstbarkeiten oder anderen dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen.
Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung entscheidet die Landesregierung gemäß § 54 Abs. 1 des Gesetzes; dabei ist auf die Wirtschaftlichkeit der Straßenanlage Rücksicht zu nehmen.
Wenngleich weder den genannten Bestimmungen noch den weiteren Normierungen des Gesetzes entnommen werden kann, daß auch dingliche Berechtigte Parteien des Enteignungsverfahrens sind, ergibt sich aus der Regelung des § 50 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes, daß ein dinglich Berechtigter jedenfalls einen Anspruch darauf hat, daß solange hinsichtlich des ihm zustehenden Rechtes ein Enteignungsverfahren nicht durchgeführt wird, solange das dem Enteignungsverfahren vorauszugehende Straßenbaubewilligungsverfahren, in welchem ihm ausdrücklich Parteistellung eingeräumt ist, ihm gegenüber nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Tatsächlich hat ja auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die Meinung vertreten, sie hätte den Beschwerdeführer dem Enteignungsverfahren beiziehen müssen.
Dem Antrag des Beschwerdeführers war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid vom 7. Dezember 1983 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.
II) Mit dem zur Z1. 84/06/0043 in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. Jänner 1984 ergänzte die belangte Behörde den Bescheid vom 7. Dezember 1983 dahin, daß für die Restfläche des Grundstückes Nr. 118 (richtig: 181) im Ausmaß von 141 m2 ein Betrag von S 800,--/m2 festgelegt wurde. Gegen eine solche Festsetzung einer Entschädigung können gemäß § 55 Abs. 5 des Tiroler Straßengesetzes der Enteignete und der Antragsteller innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Enteignungsbescheides die endgültige Festsetzung der Entschädigung im Außerstreitverfahren bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet.
Eine solche Bestimmung schließt es aus, daß in der gleichen Angelegenheit der Verwaltungsgerichtshof angerufen werden kann, so daß die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 als unzulässig zurückzuweisen war. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt in diesem Zusammenhang nicht, daß durch die Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 1983 der angefochtene Bescheid vom 2. Jänner 1984 gegenstandslos wird. Wien, am 7. Juni 1984
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