VfGH B287/2012

VfGHB287/201229.6.2013

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtaufnahme der Arzneispezialität Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex nach erneuter Antragstellung infolge Neuzulassung für eine weitere Erkrankung; keine Bedenken gegen die Zulässigkeit eines sektorenübergreifenden Vergleichs für die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Fehlen von Vergleichspräparaten; vorgenommener Kosten/Nutzenvergleich nicht denkunmöglich; keine willkürliche Annahme der nicht ausreichenden Wirtschaftlichkeit des Präparats

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art 133 Z4
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art13
ASVG §31 Abs2 Z1, Abs3, §351c ff, §351g, §351h, §351j
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §23, §24, §25
Richtlinie 89/105/EWG
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art 133 Z4
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art13
ASVG §31 Abs2 Z1, Abs3, §351c ff, §351g, §351h, §351j
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §23, §24, §25
Richtlinie 89/105/EWG

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich ge­währleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Am 13. April 2007 stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Auf­nahme von Lucentis (mit dem Wirkstoff Ranibizumab) in den gelben Bereich des Erstattungskodex zur Behandlung von Patienten mit "feuchter", altersab­hängiger Makuladegeneration (AMD). Dieser Antrag wurde zuletzt im vierten Rechtsgang mit Entscheidung der Unabhängigen Heilmittelkommission vom 25. März 2010 abgewiesen; die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Juni 2013, B938/10, abge­wiesen.

2. Am 7. März 2011 stellte die beschwerdeführende Partei erneut einen Antrag auf Aufnahme von Lucentis 10mg/ml Injektionslösung in den elben Bereich des Erstattungskodex, und zwar nun zur "Behandlung einer Visusbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems (DMÖ)", für welche die Arznei­spezialität seit 7. Jänner 2011 neu zugelassen sei, mit der Beschränkung, dass Lucentis nur von qualifizierten Ophthalmologen, mit Erfahrung in der Durch­führung intravitrealer Injektionen appliziert werden dürfe. Diesem Antrag lag u.a. eine Fachinformation der Zulassungsbehörde bei, wonach bei einer Visusbe­einträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems die empfohlene Dosis 0,5 mg, verabreicht als intra­vitreale Einzelinjektion, betrage. Dies entspreche einem Injektionsvolumen von 0,05 ml. Die Behandlung erfolge monatlich und werde solange fortgesetzt, bis der maximale Visus erreicht sei. Dieser gelte als erreicht, wenn der Visus des Patienten unter Behandlung mit Lucentis bei drei aufeinander folgenden monatlichen Kontrollen stabil bleibe. Stelle sich über den Verlauf von drei Injektionen keine Verbesserung der Sehschärfe ein, sei eine Weiterbehandlung nicht zu empfehlen. Anschließend solle der Visus des Patienten monatlich kontrolliert werden. Die Behandlung werde wieder aufgenommen, wenn bei der Kontrolle ein Verlust der Sehschärfe infolge eines diabetischen Makulaödems festgestellt werde. Monatliche Injektionen sollten verabreicht werden, bis der Visus erneut bei drei aufeinander folgenden monatlichen Kontrollen stabil bleibe (dies setze zumindest zwei Injektionen voraus). Der Zeitintervall zwischen zwei Injektionen solle einen Monat nicht unterschreiten. Nach einer Laserphoto­koagulation sollte Lucentis frühestens nach 30 Minuten appliziert werden. Die Injektion müsse unter aseptischen Bedingungen durchgeführt werden. Dies beinhaltet eine chirurgische Händedesinfektion, sterile Operationshandschuhe, ein steriles Abdecktuch sowie ein steriles Lidspekulum (oder ein vergleichbares Instrument) und es müsse bei Bedarf die Möglichkeit bestehen, eine sterile Parazentese (also die Herstellung einer Öffnung zur Senkung des Augen­kammerdrucks für den Fall eines Anstiegs des Augeninnendrucks als Folge der Injektion) durchzuführen. Vor der Verab­reichung solle eine gründliche Anamnese hinsichtlich möglicher Überempfindlichkeitsreaktionen erhoben werden. Vor der Injektion sei die Desinfektion der periokularen Haut, des Augenlids und der Augenoberfläche sowie eine adäquate Anästhesie und die Verabreichung eines topischen Breit­bandantibiotikums erforderlich.

Ferner lagen dem Antrag weitere Unterlagen, wie Studien mit dem Titel "Restore und Resolve", sowie die Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Be­urteilungsberichtes der Zulassungsbehörde European Medicines Agency bei.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 forderte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die beschwerdeführende Partei auf, eine Begründung für eine "divergierende Datendarstellung der RESOLVE-Studie" nachzureichen. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 kam die beschwerdeführende Partei dieser Auf­forderung nach und erstattete zugleich ein degressives Preisanbot mit einem Höchstpreis im Ausmaß des EU-Durchschnittspreises von € 954,64 und degressiv sinkenden Preisen in Abhängigkeit vom Umsatz gegen Nachverrechnung.

Mit Schreiben vom 9. August 2011 teilte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger der beschwerdeführenden Partei mit, dass die Mög­lichkeit einer vom Antrag abweichenden Entscheidung bestehe. Der Vorhalt bezog sich auf das Erfordernis einer Einbettung der Therapie in eine umfassende Diabetes-Vorsorge und auf eine Einschränkung des medizinisch-therapeutischen Nutzens anhand der Ergebnisse der vorgelegten Studien auf bloß eine Unter­gruppe der Patienten im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§24 Abs2 Z5 VO‑EKO), während die Selbsteinstufung der beschwerdeführenden Partei von einem Nutzen für die Mehrzahl der in Betracht kommenden Patienten aus­gehe (§24 Abs2 Z6 VO‑EKO). Ferner stellte der Hauptverband der öster­reichischen Sozialversicherungsträger in einem "sektorenübergreifenden Kosten­vergleich" mit darauf folgender näherer Begründung den Fabriksabgabepreis von Lucentis in der Höhe von € 954,64 der Anwendung von Lucentis im Rahmen "eines um­fassenden Leistungspaketes" (gemeint: in einer Krankenanstalt) gegenüber, wofür Kosten von € 362,– bei Tagespatienten und von € 737,– bei Patienten mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von einer Nacht ent­stünden. Die Wirtschaftlichkeit sei daher nicht gegeben. Die beschwerde­führende Partei widersprach in einer Stellungnahme vom 23. Juli 2011 den Auffassungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialver­sicherungs­träger mit näherer Begründung.

Nach dem Protokoll der Befassung der Heilmittelevaluierungskommission vom 13. Oktober 2011 wurde der beantragte Innovationsgrad gemäß §23 Abs2 Z7 VO‑EKO bestätigt, es wurde auch der Einschätzung der beschwerdeführende Partei im Sinne des §24 Abs2 Z6 VO‑EKO gefolgt, wonach "die beantragte Arznei­spezialität einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem be­antragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alterna­tiven" habe. Hingegen wurde die beantragte Verwendung allein durch qualifizierte Ophtalmologen nicht akzeptiert. Es wurde vielmehr ein "interdisziplinäres Be­handlungskonzept" gefordert, welches eine optimale Diabeteseinstellung gemäß "aktuellen Guidelines", nach Möglichkeit die Teil­nahme an einem "Diabetes Disease Management Programm", sowie "Diagnose, Therapieauswahl, regel­mäßige Kontrollen in geeigneten Zentren mit qualifizierter ophtalmologischer und diabetologischer Betreuung, inklusive Er­fahrung in der Durchführung intravitrealer Injektionen" und die "Aufnahme in ein Register zur Erfassung der Langzeitwirksamkeit und -sicherheit der gewählten Behandlung" umfassen sollte. Grundlagen der pharmakoökonomischen Studie wurden in Zweifel gezogen, die Nichtberücksichtigung von schwerwiegenden "adverse events" (unerwünschter Ergebnisse), wie zB Erblindung, in den Studien kritisiert und es wurde die Prämisse in Zweifel gezogen, dass jeweils nur ein Auge behandelt wird und der beschwerdeführenden Partei die von ihr selbst vorge­legte Studie "NICE" vorge­halten, wonach in 35 % aller Fälle beide Augen behandelt werden müssten. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit äußerte sich die Heilmittelevaluierungskommission ebenso wie zuvor der Haupt­ver­band der österreichischen Sozialversicherungsträger. Es wurde keine Aufnahme in den Erstattungskodex vorgeschlagen.

Mit "Entscheidung" genanntem Bescheid vom 17. Oktober 2011 wies der Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger den Antrag der beschwerde­führenden Partei ab und verfügte die Streichung aus dem (zu ergänzen: roten Bereich des) Erstattungskodex. Die Begründung dieses Be­scheides entspricht der Empfehlung der Heilmittel­evaluierungskommission.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission, welche diese Beschwerde mit dem ange­fochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2012 abgewiesen hat.

Die Argumentationen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialver­sicherungsträger, wonach die Möglichkeit einer Kombinationsbehandlung mit Laserkoagulation bestehe und daher im Hinblick auf die Kosten für beide Therapieformen auch insoweit der Nachweis eines zu­sätzlichen therapeutischen Nutzens zu erbringen sei, sowie, dass das Ausreichen einer maximalen Be­handlungsdauer von zwei Jahren ebenso fraglich sei wie die Dauer des Anhaltens eines Therapieerfolges, und dass Langzeitdaten zur Sicher­heit benötigt würden, seien nachvollziehbar. Die belangte Behörde teilt auch die gesundheits­ökonomische Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und verweist auf sein eingangs erwähntes, im früheren Verfahren ergangenes Vorerkenntnis. Das von der beschwerdeführenden Partei angebotene "Rabattmodell" entspreche nicht den Vorgaben des §25 VO‑EKO.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

4. Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen; der beteiligte Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat eine Äußerung vom 7. Mai 2012 erstattet.

II. Rechtslage

1. Die im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des All­gemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955, in der hier maßgeblichen Fassung, lauten auszugsweise:

§31 Abs2 Z1 und 3, Z12 ASVG gehört zu den Aufgaben des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger:

"(2) Dem Hauptverband obliegt

1. die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

[…]

(3) Zu den Aufgaben im Sinne des Abs2 Z1 gehören:

[…]

12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheits­organisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach §351c Abs1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontroll­ärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arznei­spezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis ver­rechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arznei­spezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesund­heitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialver­sicherungsträger nach Maß­gabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arznei­spezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontroll­ärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Auf­nahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Alters­stufen von Patient(inn)en oder Darreichungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Be­handlung aus zwingenden therapeutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Er­stattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Haupt­verband in der Verordnung nach §351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten."

§350 ASVG in der Fassung des Zahnärztereform-BegleitG, BGBl I Nr 155/2005, lautet:

"Abgabe von Heilmitteln

§350 . (1) Heilmittel (§136) und Heilbehelfe (§137) usw. dürfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger von Apothekern und Hausapotheken führenden Ärzten nur unter folgenden Voraussetzungen abgegeben werden:

1. Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Krankenversicherungsträger,

2. Verordnung

a) durch einen/eine Vertragsarzt/Vertragsärztin, Vertragszahn­arzt/Vertrags­zahnärztin, Vertragsdentist/Vertragsdentistin (eine Vertrags-Gruppenpraxis) oder

b) durch einen ermächtigten/eine ermächtigte Arzt/Ärztin oder Zahn­arzt/Zahnärztin, der/die bei einer Vertragskrankenanstalt beschäftigt ist, welche mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger eine Vereinbarung über Ver­ordnungen abgeschlossen hat,

- bei der Entlassung von PatientInnen aus der stationären Pflege oder

- während der Nachtstunden, an Wochenenden oder Feiertagen, wenn die Ver­ordnung wegen Unaufschiebbarkeit der ärztlichen oder zahnärzlichen Handlung erforderlich ist, und

3. Verschreibbarkeit nach den Regeln des vom Hauptverband herausgegebenen Erstattungskodex (§31 Abs3 Z12) und nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (§31 Abs5 Z13).

(2) Verschreibungen von Heilmitteln durch Wahlärzte/Wahlärztinnen, Wahl­zahnärzte/Wahlzahnärztinnen, Wahldentisten/Wahldentistinnen oder Wahl-Gruppenpraxen (§131 Abs1) sind, wenn die Anspruchsberechtigung gegeben und die Verordnung nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise zugelassen ist, im Falle der Bestätigung durch den Versicherungsträger den von den Vertragsärzten/Vertragsärztinnen, Vertragszahn­ärzten/Vertragszahn­ärztinnen und Vertragsdentisten/Vertragsdentistinnen (Vertrags-Gruppen­praxen) ausgestellten Rezepten gleichzustellen.

(3) Bedarf eine Arzneispezialität oder ein Stoff für magistrale Zubereitungen, um auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden zu können, der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozial­versicherungsträger, so ist diese Bewilligung unbeschadet des Bescheidrechtes des (der) Versicherten nach §367 vom/von der verordnenden Arzt/Ärztin oder Zahnarzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) einzuholen. Die Einholung der Be­willigung darf nicht auf den Patienten (die Patientin) übertragen werden. Wird die Bewilligung von Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex durch die nachfolgende Kontrolle nach §31 Abs3 Z12 litb ersetzt, ist die Zu­lässigkeit der Verschreibung auf Kosten der Sozialversicherungsträger von der Durchführung einer Dokumentation (§31 Abs5 Z13) über Vorliegen und Ein­haltung der bestimmten Verwendungen abhängig. Bei Verschreibungen ohne oder mit mangelhafter Dokumentation ist der Arzt/die Ärztin oder der Zahn­arzt/die Zahnärztin (der Dentist/die Dentistin) nachweislich zu verwarnen; bei Wiederholung der Verletzung sind dem Sozialversicherungsträger die Kosten der Arzneispezialitäten vom/von der verschreibenden Arzt/Ärztin oder Zahn­arzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) zu ersetzen. Findet der Ersatz nicht statt oder nach wiederholtem Verstoß gegen die Dokumentationspflicht, kann dem Arzt/der Ärztin oder dem Zahnarzt/der Zahnärztin (dem Dentisten/der Dentistin) die ausnahmslose Bewilligungspflicht für Arzneispezialitäten des gelben Bereiches des Erstattungskodex befristet bis zur Dauer von drei Jahren auferlegt werden.

(4) Die Wahl der Apotheke nach Abs1 obliegt dem (der) Anspruchsberechtigten; die Zuweisung an eine bestimmte Apotheke ist unzulässig."

§351c – 351j ASVG in der jeweils hier maßgeblichen Fassung, zuletzt BGBl I 61/2010, lauten:

"Abschnitt V.

Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex

§351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Einlangen des Antrages, mit dem zumindest die Zu­lassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit ange­schlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen. Stellt der Hauptverband innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) nach Einlangen des Antrages fest, dass die Arzneispezialität nicht in den gelben oder grünen Bereich des Er­stattungskodex aufzunehmen ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Er­stattungskodex zu streichen. Der Hauptverband hat die Änderungen des Er­stattungskodex monatlich im Internet kundzumachen.

(2) Der Hauptverband hat eine Liste jener Arzneimittelkategorien zu erstellen, die im Allgemeinen nicht zur Krankenbehandlung im Sinne des §133 Abs2 geeignet sind, da sie zB überwiegend

- zur Behandlung in Krankenanstalten,

- unter ständiger Beobachtung oder

- zur Prophylaxe

verwendbar sind. Diese Liste samt einer Begründung für die Anführung der Arz­neimittelkategorien ist im Internet zu veröffentlichen.

(3) Zur Beurteilung eines Antrages nach Abs1, insbesondere inwieweit ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für Patienten und Patientinnen oder eine wesentliche therapeutische Innovation vorliegt, sind vom Antragsteller pharma­kologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Unterl­agen vorzulegen. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, bei der Antragstellung auf Aufnahme in den Erstattungskodex mitzuteilen, wann der Patentschutz der in der jeweiligen Arzneispezialität enthaltenen Wirkstoffe in Österreich endet. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§351g) geregelt. Abs1 letzter Satz ist anzuwenden.

(4) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt für die Be­handlung des Regelfalles ausreicht. Bei Arzneispezialitäten, die der Behandlung von chronischen Krankheiten dienen, ist eine Packungsgröße zur Anbehandlung oder Erprobung (Kleinpackung) und eine zweite Packungsgröße für die medikamentöse Versorgung für die Dauer eines Monates aufzunehmen.

(5) Der Hauptverband ist berechtigt, das Verfahren über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex von sich aus unter sinngemäßer An­wendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach Abs1 bis 4 und 7 bis 9 sowie nach §31 Abs3 Z12 einzuleiten. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist davon zu verständigen.

(6) Die Preiskommission (§9 Abs3 des Preisgesetzes 1992, BGBl Nr 145/1992) ermittelt für Zwecke der Preisfestsetzung einer Arzneispezialität im Rahmen des roten und gelben Bereiches des Erstattungskodex aus den Preisen in Mitglied­staaten der Europäischen Union den EU-Durchschnittspreis. Dieser Preis ist von der Preiskommission auf Basis der Meldungen der vertriebsberechtigten Unter­nehmen unter Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH zu ermitteln. Die Preiskommission hat den jeweils ermittelten Preis dem Hauptverband mitzu­teilen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat die Vorgehens­weise der Preiskommission für die Preisermittlung im Internet zu veröffentlichen.

(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Der Preis der Arzneispezialität darf den EU-Durchschnittspreis nicht über­schreiten.

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Er­stattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurück­zuzahlen.

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungs­kodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§351g) eine wesentliche thera­peutische Innovation festgestellt hat.

(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungs­kodex:

1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen thera­peutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.

(10) […]

Entscheidung des Hauptverbandes

§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) ab Antragstellung auf Grundlage der Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission zu entscheiden. Der Fristenlauf wird gehemmt, wenn die vom vertriebsberechtigten Unternehmen vorzulegenden Unterlagen (zB Studien, Gutachten usw.) nicht, nicht vollständig oder nicht in der aktuellen Fassung vorgelegt werden. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Erstattungs­kodex sind für alle Arzneispezialitäten dieselben Prüfmaßstäbe anzulegen.

(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechts­mittelfristen nach §351i Abs3 zu belehren.

(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und [derselben] Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Haupt­verband das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist.

Änderung der Verschreibbarkeit, Preiserhöhung

§351e. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Änderung der Ver­schreibbarkeit seiner im gelben und grünen Bereich des Erstattungskodex ange­führten Arzneispezialität (entweder allgemein oder nur für bestimmte Ver­wendungen) beantragen. Der Hauptverband entscheidet über den Antrag (ein­schließlich des Preises) innerhalb von 180 Tagen.

(2) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Erhöhung des Preises seiner im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität beantragen. §351d Abs1 ist so anzuwenden, dass der Hauptverband bereits innerhalb von 90 Tagen zu ent­scheiden hat. Bei einer außergewöhnlich hohen Zahl von Anträgen kann diese Frist ein einziges Mal um 60 Tage verlängert werden; die Verlängerung ist dem vertriebsberechtigten Unternehmen vor Ablauf der 90‑Tage‑Frist mitzuteilen.

[…]

Verordnungsermächtigung, Werbeverbot

§351g. (1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden Unterlagen festzulegen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Ver­ordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.

(2) In der Verordnung nach Abs1 wird das Verfahren der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission geregelt. Dieser Kommission sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer Arzneispezialität in den Er­stattungskodex vorzulegen. Diese Kommission ist auch anzuhören, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt. Die Kommission hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen,

1. ob und für welche Indikationen und Gruppen von Patienten und Patientinnen ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arznei­spezialität in den gelben Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,

2. ob und welcher therapeutische Mehrwert (Zusatznutzen für Patienten und Patientinnen) einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch be­wertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den grünen Bereich aufge­nommen werden oder dort verbleiben kann,

3. ob im Sinne einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten und Patientinnen ein Vergabeverfahren für Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen einge­leitet werden sollte, um günstigere Bedingungen für die Heilmittelerstattung zu erreichen (zB wenn das Preisband zu breit oder keine Nachfolge durch ein Generikum möglich ist) und

4. bei welchen medizinischen Bedürfnissen und epidemiologischen Notwendig­keiten die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger angewendet werden sollte.

Die Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Be­wertungen zu entsprechen.

(3) Der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission gehören zehn Vertreter der Sozial­versicherung, drei unabhängige Vertreter der Wissenschaft aus einschlägigen Fachrichtungen (Pharmakologen und Mediziner von Universitätsinstituten), je zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer an. Weiters gehört der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesländer an, mit der/dem Empfehlungen, ob neue Arzneispezialitäten intra- und/oder extramural verabreicht werden können, abzustimmen sind, ohne dass sich die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission dadurch ändern.

[…]

Einrichtung und Zusammensetzung derUnabhängigen Heilmittelkommission

§351h. (1) Zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex ist beim Bundes­ministerium für soziale Sicherheit und Generationen eine Unabhängige Heil­mittelkommission einzurichten.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission besteht aus einem Richter (einer Richterin) des Obersten Gerichtshofes oder eines Oberlandesgerichtes als Vor­sitzendem (als Vorsitzender) und sieben BeisitzerInnen. Die Mitglieder werden jeweils für eine Amtsdauer von fünf Jahren bestellt. Sacverhalte, die ein Naheverhältnis zur Sozial- oder Privatversicherung oder zu Pharmaunter­nehmen begründen könnten, sind vor der Bestellung sowie nach ihrem Eintreten gegenüber dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und den nach Abs3 vorschlagsberechtigten Stellen offen zu legen. Wer befangen ist, hat sich im konkreten Verfahren jeglicher Tätigkeit zu enthalten.

(3) Der (die) Vorsitzende der Unabhängigen Heilmittelkommission wird vom Bundesminister für Justiz bestellt. Als Beisitzer(innen) gehören der Unab­hängigen Heilmittelkommission jeweils ein(e) von den nachfolgenden Organisationen vorgeschlagene(r) Vertreter(in) an:

1. Österreichische Pharmakologische Gesellschaft,

2. Österreichische Ärztekammer,

3. Österreichische Apothekerkammer,

4. Wirtschaftskammer Österreich,

5. Gesundheit Österreich GmbH,

6. Bundesarbeitskammer,

7. Hauptverband.

Die Beisitzer(innen) sowie jeweils ein(e) Stellvertreter(in) werden von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bestellt und haben über die erforderlichen Zeitressourcen zur Ausübung ihres Amtes zu verfügen.

(4) Für den (die) Vorsitzende(n) und die BeisitzerInnen sind gleichzeitig mit ihrer Bestellung und auf dieselbe Weise Stellvertreter(innen) zu bestellen. Der (die) jeweilige Stellvertreter(in) hat das Mitglied der Unabhängigen Heilmittel­kommission, zu dessen Vertretung er (sie) bestellt wurde, zu vertreten, wenn dieses an der Ausübung seiner Funktion in der Unabhängigen Heilmittel­kommission verhindert ist.

(5) Die Mitglieder der Unabhängigen Heilmittelkommission und ihre Stell­vertreter(innen) sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und weisungsfrei; sie sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittelkommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Änderung im Verwaltungsweg. Der Bundesminister für Gesundheit hat das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung zu unterrichten.

(6) Ein Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission ist vom bestellenden Bundesminister seines Amtes zu entheben, wenn die Bestellungsvoraus­setzungen nach Abs2 nicht mehr vorliegen oder wenn das Mitglied

1. dies beantragt oder

2. seine Pflichten nicht erfüllt oder nicht in der Lage ist, seine Pflichten zu er­füllen.

Aufgaben der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351i. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet

1. über Beschwerden des Antragstellers,

a) dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) abgelehnt wurde oder

b) über dessen Antrag nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde;

2. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auch über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens gegen Entscheidungen des Haupt­verbandes, mit denen Forderungen nach einer Änderung der Verschreibbarkeit oder nach einer Preiserhöhung von Arzneispezialitäten abgelehnt wurden, oder wenn über diese Forderungen nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde.

(3) Beschwerden nach den Abs1 und 2 sind binnen 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Hauptverbandes bei der Unabhängigen Heilmittel­kommission einzubringen. Gleichzeitig sind die Beschwerden dem Hauptverband zur Kenntnis zu bringen. Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung; Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität nach §351c Abs10 Z1 aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex haben aufschiebende Wirkung im Ausmaß von 90 Tagen ab Einbringung der Beschwerde. Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität auf Grund mangelnder Erstattungsfähigkeit (§351c Abs2 und 4) haben keine aufschiebende Wirkung. Sie können sich nur auf Sachverhalte und Umstände beziehen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Haupt­verband bereits eingebracht worden sind. Die Unabhängige Heilmittel­kommission darf sich bei ihrer Entscheidungsfindung nicht auf Sachver­halte und Umstände stützen, die nach der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen oder vom Hauptverband eingebracht werden. Allfällige Fragen patentrechtlicher Art sind nicht Gegenstand des Ver­fahrens vor der Unabhängigen Heilmittelkommission.

(4) Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Entscheidung des Haupt­verbandes, mit der

1. der Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungs­kodex (teilweise) abgelehnt wurde oder

2. eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll oder

3. die Verschreibbarkeit einer Arzneispezialität geändert werden soll,

aufzuheben, wenn der Hauptverband im Verfahren sein Ermessen überschritten oder nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; dabei sind alle in der Beschwerde vor­gebrachten Argumente zu würdigen. Der Hauptverband hat sodann innerhalb von 120 Tagen nach Zustellung der Aufhebungsentscheidung neu zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt oder die Arzneispezialität wieder in den Er­stattungskodex aufzunehmen ist oder die Einschränkung der Verschreibbarkeit aufzuheben ist. Für die Zeit der Einholung eines Gutachtens eines/einer unab­hängigen Experten/Expertin auf Betreiben des antragstellenden vertriebs­berechtigten Unternehmens nach Maßgabe der Verordnung nach §351g wird der Lauf der Frist von 120 Tagen gehemmt. Wird jedoch eine Ent­scheidung des Hauptverbandes auf Grund mangelnder Erstattungsfähigkeit (§351c Abs2 und 4) einer Arzneispezialität nach §351c Abs1 aufgehoben, beginnt mit dem Tag der Zustellung der Aufhebungsentscheidung an den Haupt­verband die Frist nach §351c Abs1 neu zu laufen. Der Hauptverband ist bei seiner neuerlichen Ent­scheidung an die in der Aufhebungsentscheidung ge­äußerte Auffassung der Unabhängigen Heilmittelkommission gebunden.

(5) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auf Antrag selbst über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex, wenn der Haupt­verband nicht fristgerecht entschieden hat. Die Unabhängige Heilmittel­kommission hat innerhalb von 180 Tagen nach Einlangen dieses Antrages zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt.

(6) Die Unabhängige Heilmittelkommission ist beschlussfähig, wenn der (die) Vorsitzende und mindestens vier andere Mitglieder anwesend sind. Sie trifft ihre Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des (der) Vorsitzenden oder seines (ihres) Stellvertreters (ihrer/seiner Stellvertreterin) den Ausschlag.

Sitzungen der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351j. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission wird vom (von der) Vorsitzenden, der (die) auch die Sitzungen zu leiten hat, nach Bedarf einberufen. Über jede Sitzung ist ein Protokoll zu führen.

(2) Die Tagesordnung und die Sitzungsunterlagen sind den Mitgliedern spätestens 30 Tage vor der Sitzung zu übermitteln.

(3) Die Bürogeschäfte der Unabhängigen Heilmittelkommission sind vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zu führen.

(4) Die Sitzungen der Unabhängigen Heilmittelkommission sind öffentlich. Bei der Behandlung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann der (die) Vorsitzende die Öffentlichkeit ausschließen.

(5) Die Unabhängige Heilmittelkommission gibt sich eine Geschäftsordnung, in der die Organisation so zu regeln ist, dass sie den Anforderungen des Art6 der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht. Sie bedarf der Ge­nehmigung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen und ist vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. Auf das Verfahren vor der Unabhängigen Heilmittelkommission sind die Vorschriften des AVG anzuwenden, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt wird.

(6) bis (7) […]"

2. Die einschlägigen Bestimmungen des IV. Abschnitts der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG (VO‑EKO), Verlaut­barung 47/2004, lauten:

"Aufnahme in den Erstattungskodex

Einleitung des Verfahrens zur Aufnahme in den Erstattungskodex

§17. Das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex wird entweder vom Hauptverband gemäß §351c Abs5 ASVG oder auf Antrag des vertriebs­be­rechtigten Unternehmens eingeleitet. Die Bestimmungen dieses Abschnitts mit Ausnahme der Bestimmungen über Gutachten gemäß §26 Abs2 und 3 gelten sinngemäß für Verfahren, die durch den Hauptverband eingeleitet werden.

Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex

§18. Das antragstellende Unternehmen hat pro in Österreich zugelassener und gesichert lieferbarer Arzneispezialität (pro Zulassungsnummer) dem Haupt­verband einen vollständigen Antrag gemäß dem Stammdatenblatt, dem pharmakologischen, dem medizinisch-therapeutischen und dem gesund­heitsökonomischen Unterlagenverzeichnis der Anlage zur Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex zu stellen.

Unterlagen und Stellungnahmen

§19. (1) Alle zur Entscheidung über den Antrag notwendigen Unterlagen sind unter einem mit dem Antrag gemäß §18 vorzulegen, soweit im Folgendem nichts anderes bestimmt ist.

(2) Während des laufenden Verfahrens sind weitere Unterlagen und Stellung­nahmen nur auf Verlangen des Hauptverbandes zu übermitteln. Werden diese Unterlagen und Stellungnahmen vom antragstellenden Unternehmen nicht binnen offener Frist beigebracht, werden sie im laufenden Verfahren und für die Entscheidung nicht berücksichtigt.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs1 und 2 vom antragstellenden Unter­nehmen übermittelte Unterlagen sind im Verfahren und für die Entscheidung nur dann zu berücksichtigen, wenn diese

1. zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht vorlagen,

2. wesentliche neue Erkenntnisse beinhalten,

3. den Erfordernissen der §§22 Abs3 und 4 sowie 24 Abs4 entsprechen,

4. unverzüglich nach Vorliegen übermittelt werden,

5. spätestens sechzehn Tage vor der ersten Behandlung des Antrages in der Sitzung der HEK dem Hauptverband übermittelt werden.

Aufnahme in den Roten Bereich

§20. (1) Der Hauptverband prüft unverzüglich nach Eingang den Antrag auf formale Vollständigkeit der Stammdaten. Sind die Stammdaten unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizubringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen.

(2) Die beantragte Arzneispezialität wird mit dem Zeitpunkt des Vorliegens der vollständigen Stammdaten in den Roten Bereich des Erstattungskodex aufge­nommen.

(3) Der Hauptverband prüft nach Vorliegen der vollständigen Stammdaten, ob die beantragte Arzneispezialität gemäß §351c Abs2 und 4 ASVG von der Er­stattung ausgeschlossen ist. Kommt der Hauptverband zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Möglichkeit besteht, dass die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist, ist dies dem antragstellenden Unternehmen schriftlich samt Begründung mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen schriftlich Stellung nehmen. Die Stellungnahme hat sich auf die Begründung des vorläufigen Ergebnisses des Hauptverbandes zu be­ziehen. Alle Teile der Stellungnahme, die sich nicht auf die Begründung des vor­läufigen Ergebnisses des Hauptverbandes beziehen, sind unbeachtlich. Das vorläufige Ergebnis und die allfällige Stellungnahme des antragstellenden Unter­nehmens sind der HEK vorzulegen. Die HEK empfiehlt unter Berücksichtigung der allfälligen Stellungnahme des antragstellenden Unternehmens, ob die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist oder nicht. Ist die be­antragte Arzneispezialität nicht erstattungsfähig, lehnt der Hauptverband auf Empfehlung der HEK den Antrag innerhalb von 90 Tagen ab Aufnahme der Arzneispezialität in den Roten Bereich des Erstattungskodex ab; die Arzneispezialität ist aus dem Erstattungskodex zu streichen.

(4) Der Hauptverband kann für Arzneispezialitäten, die einer Kategorie gemäß §351c Abs2 angehören, die Erstattungsfähigkeit feststellen, wenn sich aus den Unterlagen ergibt, dass die Arzneispezialität zur Krankenbehandlung gemäß §133 Abs2 ASVG geeignet ist.

(5) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Be­urteilung der Erstattungsfähigkeit unzureichend, so werden die Fristen gemäß Abs3 sowie gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antrag­stellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antragstellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

(6) Der Hauptverband hat seine ablehnende Entscheidung zu begründen. Das antragstellende Unternehmen ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfrist nach §351i Abs3 ASVG zu belehren. Nach §351c Abs1 ASVG hat eine solche Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.

Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich

§21. (1) Der Hauptverband prüft nach Feststellung der Erstattungsfähigkeit den Antrag auf formale Vollständigkeit, sowie ob die gesetzlichen und die in dieser Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen für die Aufnahme in den Gelben oder in den Grünen Bereich gegeben sind.

(2) Ist der Antrag unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizu­bringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen und die Arznei­spezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen. Die Arzneispezialität ist nicht aus dem Erstattungskodex zu streichen, falls die Arzneispezialität zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits im Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex angeführt ist.

(3) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex unzureichend, so werden die Fristen gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antragstellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzel­angaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antrag­stellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

Grundsätzliche Vorgangsweisen und Ziele der pharmakologischen,

medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation

§22. (1) Ziel der Evaluation ist die Beurteilung des Antrages aus pharma­kologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht. Dazu sind vom antragstellenden Unternehmen diesbezügliche Unterlagen im Antrag gemäß der Anlage vorzulegen, dabei hat das antragstellende Unter­nehmen insbesondere einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und gesundheitsökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arznei­spezialität mit den verfügbaren therapeutischen Alternativen vorzulegen. Bei diesem Vergleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweck­mäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen Gruppen von Patienten/Patientinnen auszugehen.

(2) Die Unterlagen gemäß Abs1 haben alle für die Entscheidung über die Auf­nahme bedeutsamen Informationen aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, zu enthalten. Unterlagen, welche nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, werden für das laufende Ver­fahren und für die Entscheidung nicht herangezogen.

(3) Für das laufende Verfahren und für die Entscheidung werden nur folgende publizierte Daten herangezogen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist:

1. Artikel aus Peer-Reviewed-Journals,

2. Bewertungen unabhängiger Institutionen und Behörden.

(4) Gutachten nach §26 Abs2 und 3 sowie nicht publizierte Studien (z.B. Zu­lassungsstudien) werden nur dann berücksichtigt, wenn seitens des antrag­stellenden Unternehmens dem Hauptverband das Recht eingeräumt wird, diese Unterlagen gegenüber Dritten zu verwenden. Punkte, die vom antrag­stellenden Unternehmen ausdrücklich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bezeichnet werden, sind von der Verwendung gegenüber Dritten ausgenommen.

Pharmakologische Evaluation

§23. (1) Ziel der pharmakologischen Evaluation ist:

1. Die Zuordnung und Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharma­kologischer Sicht im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen,

2. Die Festlegung der im Erstattungskodex angeführten vergleichbaren Arzneispezialität mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform, soweit zweckmäßig auf Basis der vierten Ebene des ATC-Codes, und deren Dosierung als Grundlage für die medizinisch therapeutische Evaluation.

(2) Der Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei wie folgt festzulegen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirk­stoffstärke und die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten (wirk­stoffgleiches Nachfolgeprodukt).

2. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Er­stattungskodex angeführte Arzneispezialitäten, jedoch eine neue Wirkstoffstärke.

3. Die beantragte Arzneispezialität hat eine neue Kombination von Wirkstoffen, die bereits im Erstattungskodex angeführt sind.

4. Bei der beantragten Arzneispezialität handelt es sich um eine neue Dar­reichungsform eines im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffes oder einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffkombination.

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Er­stattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind.

7. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige medikamentöse Be­handlung einer Erkrankung möglich, welche bisher nichtmedikamentös be­handelt wurde.

8. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige Behandlung einer Erkrankung möglich.

Medizinisch-therapeutische Evaluation

§24. (1) Ziel der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist:

1. Die Festlegung und Quantifizierung der Gruppen von Patienten/Patientinnen, die für die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität in Frage kommt,

2. Die Festlegung und Quantifizierung des Nutzens für Patienten/Patientinnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen (§23 Abs1),

3. Die Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorgelegten pharmakoökonomischen Studien.

(2) Die beantragte Arzneispezialität ist dabei im Rahmen einer Gesamtbe­trachtung einer der folgenden Gruppen zuzuordnen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharma­kologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1), weil es sich um ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt gemäß §23 Abs2 Z1 handelt.

2. Die beantragte Arzneispezialität ist eine weitere Therapieoption mit gleichem oder ähnlichem therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Ver­gleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arznei­spezialitäten (§23 Abs1).

3. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

4. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen thera­peutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen thera­peutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

(3) Bei der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist auf die interne und externe Validität der Evidenz, welche den therapeutischen Nutzen für Patienten/ Patientinnen belegen soll, Bedacht zu nehmen. Die Validität der Evidenz misst sich an nachstehender Rangfolge:

1. Prospektive, randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit maskierter Ergebnisbeurteilung in einer repräsentativen Population, großes Datenmaterial oder Metaanalysen solcher Studien,

2. Systematische Reviews (z.B. Cochrane-Review) mit Metaanalysen von zahl­reichen Studien mit großen Patientenzahlen/Patientinnenzahlen, Evidenz von klar definierten Endpunkten, die eindeutige Aussagen für jene Population er­geben, für die die Empfehlungen gegeben werden,

3. Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), kleineres Datenmaterial (weniger oder kleinere RCTs oder Ergebnisse nicht beständig oder Studienpopulation entspricht nicht der Zielpopulation der Empfehlungen),

4. Nicht randomisierte oder nicht kontrollierte Studien – Beobachtungsstudien,

5. Konsensus-Urteil eines Fachgremiums (z.B. Guidelines), basierend auf klini­scher Erfahrung (bei insuffizienter klinischer Literatur),

6. Stellungnahmen einzelner Experten/Expertinnen.

(4) Hinsichtlich der klinischen Studien ist vom antragstellenden Unternehmen anzugeben, ob es sich um eine Schlüsselstudie (z.B. 'pivotal-study' – maximal drei Studien können so bezeichnet werden) handelt; ansonsten ist die Vorlage einer die einzelnen Studien bewertenden Übersichtsarbeit sowie einer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft durchgeführten Metaanalyse erforderlich.

Gesundheitsökonomische Evaluation

§25. (1) Ziel der gesundheitsökonomischen Evaluation ist die Beurteilung der beantragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Kranken­behandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen. Diese Evaluation basiert auf dem Ergebnis der medizinischtherapeutischen Evaluation (§24). Dabei ist zu berücksichtigen, ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der be­antragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollzieh­bar und vertretbar ist. Bei der Evaluation des Kosten-/Nutzenverhältnisses sind die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozial­versicherungsträger der Krankenbehandlung (Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen, allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbstbehalte, Rezeptgebühr oder Behandlungs­beitrag) sind außer Ansatz zu lassen.

(2) Für die Aufnahme in den Grünen Bereich des Erstattungskodex ist wie folgt von der Wirtschaftlichkeit auszugehen:

1. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z1 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Voraussetzungen nach §351c Abs10 Z1 ASVG iVm §609 Abs20 ASVG gegeben sind. Maßgeblich für die Feststellung der Reihenfolge ist der Zeitpunkt der Aufnahme in den Grünen Bereich; dabei sind die Anträge nach Möglichkeit in der Reihenfolge ihrer Vollständigkeit zu erledigen.

a) Die Wirtschaftlichkeit des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn der Preis im Jahr 2004 um mindestens 44,0 %, im Jahr 2005 um mindestens 46,0 %, ab dem Jahr 2006 um mindestens 48,0 % unter dem Preis des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes liegt. Die Wirtschaftlich­keit des zweiten und jedes weiteren wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn ein genügend großer Preisunterschied zum jeweils zuletzt aufgenommenen Nachfolgeprodukt gegeben ist.

b) Die Wirtschaftlichkeit des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes ist dann gegeben, wenn der Preis spätestens drei Monate nach der Aufnahme des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes um mindestens 30,0 % gesenkt wird. Spätestens drei Monate nach Aufnahme des dritten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes, ist der Preis des im Grünen Bereich angeführten Original­produktes neuerlich zu senken, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, so ist die Arzneispezialität aus dem Er­stattungskodex zu streichen.

c) Gemäß §351c Abs10 Z2 ASVG kann der Hauptverband zur Förderung der Verfügbarkeit von wirkstoffgleichen Nachfolgeprodukten auf Empfehlung der HEK für bestimmte Wirkstoffe abweichende Regelungen anwenden, um das finanzielle Gleichgewicht der sozialen Krankenversicherungsträger zu gewähr­leisten.

2. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z2 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität aus­reichend unter den vergleichbaren Behandlungskosten mit dem im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z1 ASVG).

3. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z3 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität im geringen Ausmaß über den vergleichbaren Behandlungskosten mit dem im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).

4. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z4 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität an­gemessen über den vergleichbaren Behandlungskosten mit dem im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).

5. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z5 und 6 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger gesundheits­ökonomisch sinnvoll und vertretbar ist, insbesondere im Hinblick auf das zu er­wartende Kosten/Nutzenverhältnis für die definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen (§351c Abs9 Z2 ASVG). Dies ist vom antragstellenden Unter­nehmen anhand einer pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensichtlichkeit auf die Vorlage der pharmako­ökomischen Studie durch das antragstellende Unternehmen vorläufig verzichten.

(3) Weiters gelten für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit für die Aufnahme in den Grünen Bereich folgende zusätzliche Voraussetzungen:

1. Wird die Aufnahme von Arzneispezialitäten mit gleichem(n) Wirkstoff(en) und gleicher (praktisch gleicher) Darreichungsform, jedoch mehreren Wirkstoff­stärken in den Grünen Bereich des Erstattungskodex gleichzeitig beantragt, ist in allen Fallgruppen nach Abs2 von der Wirtschaftlichkeit nur dann auszugehen, wenn mit dem Preis für annähernd gleiche Packungen (Packungsgröße) unab­hängig von der Wirkstoffstärke im wesentlichen gleiche Behandlungskosten erreicht werden. Ausgangspunkt bildet die Wirkstoffstärke, die gemäß Fach­information, klinischen Studien oder auf Grund der Erfahrungen in der Praxis für eine Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität hauptsächlich ange­wendet wird ('Schlüsselstärke'). In vom antragstellenden Unternehmen zu begründenden Einzelfällen kann im Einvernehmen mit dem Hauptverband folgender Ansatz herangezogen werden: Die Preise werden im Verhältnis zur Dosierungsstärke abgestuft, wobei für die doppelte Wirkstoffstärke grundsätzlich ein um maximal 67 % höherer Preis akzeptiert werden kann.

2. Der Preis der beantragten Arzneispezialität muss in allen Fallgruppen nach Abs2 unter dem EU-Durchschnittspreis liegen.

(4) Ist im Gelben Bereich des Erstattungskodex keine vergleichbare Arznei­spezialität angeführt, ist für die Aufnahme in den Gelben Bereich des Erstattungskodex von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn das zu er­wartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist. Dies ist vom antragstellenden Unternehmen anhand einer pharmako­ökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensicht­lichkeit auf die Vorlage der pharmakoökonomischen Studie durch das antrag­stellende Unternehmen vorläufig verzichten.

(5) Sind im Gelben Bereich des Erstattungskodex eine oder mehrere vergleich­bare Arzneispezialitäten angeführt, ist für die Aufnahme in den Gelben Bereich des Erstattungskodex die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in sinngemäßer Anwendung von Abs2 vorzunehmen.

(6) Abs3 Z1 ist für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit für die Aufnahme in den Gelben Bereich sinngemäß anzuwenden. Der Preis einer im Gelben Bereich des Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität darf den EU-Durchschnitts­preis jedenfalls nicht überschreiten.

Feststellungen und Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission

§26. (1) Der HEK sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer erstattungsfähigen Arzneispezialität in den Erstattungskodex und das auf den jeweiligen Antrag bezogene Ergebnis der Evaluation des Haupt­verbandes vorzulegen. Die HEK ist auch zu befassen, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt (Vorschlag des Hauptverbandes).

(2) Stellt die HEK fest, dass die Möglichkeit besteht, eine vom Antrag ab­weichende Empfehlung zu treffen, ist dies dem antragstellenden Unternehmen unter Bekanntgabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme, die sich ausschließlich auf die Gründe der Feststellung der HEK zu beziehen hat, abgeben. Bei Arzneispezialitäten gemäß §23 Abs2 Z6 bis 8 kann das antragsstellende Unternehmen dem Hauptverband mitteilen, dass anstelle der Stellungnahme ein Gutachten gemäß Abs3 vorgelegt wird.

(3) Das antragstellende Unternehmen beauftragt im eigenen Namen einen Experten/eine Expertin mit der Erstellung eines Gutachtens, das sich ausschließlich auf die Gründe der Feststellung der HEK nach Abs2 zu beziehen hat. Die Kosten des Gutachtens sind vom antragstellenden Unternehmen zu tragen. Der Experte/die Expertin ist auf Vorschlag der HEK vom antrag­stellenden Unternehmen aus der Liste jener vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen gemeldeten und von der European Medicines Evaluation Agency (EMEA) akkreditierten Experten/Expertinnen auszuwählen. Im Rahmen des Gutachtens ist eine Erklärung des Gutachters/der Gutachterin über allfällige Interessens­konflikte abzugeben. Das Gutachten ist vom antragstellenden Unter­nehmen dem Hauptverband spätestens drei Monate nach Übermittlung der Feststellung nach Abs2 vorzulegen. Die Fristen nach §27 werden gehemmt.

(4) Der HEK ist insbesondere die Stellungnahme des antragstellenden Unter­nehmens oder das Gutachten gemäß Abs3 vorzulegen; sie hat diese Unterlagen zu berücksichtigen. Die HEK hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen, ob die Arzneispezialität in den Gelben oder den Grünen Bereich übernommen werden oder aus dem Erstattungskodex ausscheiden soll. Die Empfehlung kann sich auf bestimmte Verwendungen gemäß §31 Abs3 Z12 litb oder c ASVG beziehen; insbesondere gibt die HEK dem Hauptverband Empfehlungen gemäß §351g Abs2 ASVG ab.

(5) Die Empfehlungen der HEK haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen und sind nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird.

(6) Abweichende Begründungen sind auf Verlangen eines überstimmten Mit­gliedes dem Protokoll beizufügen. Will ein Mitglied von diesem Recht Gebrauch machen, ist die schriftliche Ausfertigung der abweichenden Begründung, die sich auf das Wesentliche zu beschränken hat, in der jeweiligen Sitzung vom über­stimmten Mitglied vorzulegen. Näheres ist in der Geschäftsordnung der HEK gemäß §9 Abs2 zu regeln.

(7) Anträge auf Preiserhöhung nach dem VI. Abschnitt sind entgegen den Be­stimmungen in Abs1 der HEK nicht vorzulegen.

Entscheidung über den Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex

§27. (1) Der Hauptverband entscheidet über den Antrag auf Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich auf Grundlage der Empfehlung der HEK innerhalb von 90 Tagen ab dem Vorliegen einer Empfehlung der HEK nach deren Einlangen.

(2) Der Hauptverband hat jedenfalls auf Grundlage der Empfehlung der HEK innerhalb von 24 Monaten ab der Feststellung des ermittelten EU-Durchschnitts­preises zu entscheiden. Kann ein EU-Durchschnittspreis nicht oder nicht inner­halb von 12 Monaten nach Aufnahme in den Roten Bereich ermittelt werden, beginnt die 24‑monatige Frist nach Ablauf von 12 Monaten nach Aufnahme in den Roten Bereich.

(3) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht vollinhaltlich stattgegeben wird. Die Begründung der ablehnenden Entscheidung darf sich nur auf Punkte beziehen, zu denen das antragstellende Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Das antragstellende Unter­nehmen ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittel­kommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach §351i Abs3 ASVG zu belehren.

(4) Der Hauptverband kann eine vom Antrag abweichende Entscheidung treffen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei behauptet die Verfassungswidrigkeit gesetz­licher Bestimmungen, welche die Einrichtung und Funktionsweise der belangten Behörde regeln, nämlich §351h Abs2 und §351j Abs5 ASVG im Sinne einer Verletzung des Gleichheitssatzes und des Art6 EMRK mit der Begründung, dass die Zusammensetzung der Unabhängigen Heilmittelkommission den An­forderungen an ein unabhängiges Tribunal iSd Art6 iVm Art13 EMRK nicht genüge.

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat die Unabhängige Heilmittelkommission bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 17.686/2005 (diesem folgend VfSlg 17.701/2005) als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art133 Z4 B-VG und als Tribunal iSd Art6 EMRK qualifiziert. Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung weiterhin fest.

1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg 9887/1983, 11.912/1988 uva.) lässt sich allein aus der gesetzlich vorge­schriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine – auch nur scheinbare – Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten: Die weisungsfreien Interessenvertreter, die in einer Kollegialbehörde mit richter­lichem Einschlag im Sinne des Art133 Z4 B‑VG vertreten sind, fungieren keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr sachliche Gesichtspunkte in den Entscheidungsvorgang einbringen, die sich aus ihrer jeweiligen Berufsstellung ergeben. Ein Verstoß gegen die ge­forderte Unparteilichkeit könnte, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 12.470/1990 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben. Damit erledigen sich die Einwände der beschwerdeführenden Partei gegen §351h Abs2 ASVG, welcher die Zusammensetzung der Unabhängigen Heil­mittelkommission regelt.

1.3. Die Einwände der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich §351j Abs5 ASVG richten sich nicht gegen die in dieser Bestimmung ausschließlich geregelte Befugnis der Unabhängigen Heilmittelkommission, sich eine Geschäftsordnung zu geben, sondern gegen die in dieser Geschäftsordnung dem Vorsitzenden eingeräumte Befugnis, sich zur Vorbereitung des Erledigungsentwurfs eines rechtskundigen Mitarbeiters der Geschäftsstelle (also des Bundesministeriums für Gesundheit) zu bedienen.

1.3.1. Die in diesem Zusammenhang von der beschwerdeführenden Partei aufge­stellte Behauptung, der Bundesminister für Gesundheit stehe ihr im ver­fassungsgerichtlichen Verfahren als beteiligte Partei gegenüber, entbehrt jeder Rechtsgrundlage und scheint auf einer Verwechslung der beteiligten Partei mit der in Betracht kommenden obersten Verwaltungsbehörde sowie des verfassungsgerichtlichen mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu be­ruhen (vgl. §29 VwGG).

1.3.2. Abgesehen davon hat die Betrauung eines rechtskundigen Bediensteten mit der Vorbereitung eines Entscheidungsentwurfs durch den Berichter nicht zur Folge, dass dieser Entwurf in der Verantwortung dieses dem Entscheidungsorgan gar nicht angehörigen Bediensteten (anstelle des aus dem Kreis der Mitglieder bestellten Berichters) eingebracht werden würde. Die Geschäftsordnung ermög­licht lediglich die Unterstützung des Berichters, dem die Erstellung des Ent­scheidungsentwurfs in eigener Verantwortung obliegt, bei der Vorbereitung dieses Entwurfs durch rechtskundige Bedienstete. Ein den Anschein der Unab­hängigkeit beeinträchtigender Einfluss dieses Bediensteten auf den Ent­scheidungsvorgang ist damit nicht verbunden.

1.4. Es liegt daher weder die behauptete Verfassungswidrigkeit der Be­stimmungen der §§351h Abs2 und 351j Abs5 ASVG noch der im Zusammen­hang mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei stehenden Vor­schriften der Geschäftsordnung der Unabhängigen Heilmittelkommission vor.

2. Die beschwerdeführende Partei rügt ferner eine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und begründet dies damit, dass die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem Verlangen des Hauptverbandes nach einer Darlegung des therapeutischen Nutzens einer Kombinationstherapie mit Laserkoagulation den Antragsgegenstand überschritten habe, weil die beschwerdeführende Partei die Aufnahme von Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex für eine solche Therapie nicht beantragt habe.

Die Frage, ob und welche Unterlagen und Nachweise von der beschwerde­führenden Partei vor dem Hintergrund des Antrages und des gesetzlichen Rahmens rechtens verlangt werden dürfen, berührt nicht die Zuständigkeit der belangten Behörde und ist keine Frage des Umfanges der "Sache" des Verfahrens vor der belangten Behörde, sondern allenfalls eine Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Eine Verletzung des genannten Grundrechts aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen kommt daher schon deshalb nicht in Betracht.

3. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes erblickt die beschwerdeführende Partei schließlich in dem vom Hauptverband vorgenommenen und von der belangten Behörde nicht beanstandeten sektorenübergreifenden Vergleich bei der gesund­heitsökonomischen Evaluation.

3.1. Das Gesetz unterscheidet grundsätzlich zwei Verfahrensarten mit unter­schiedlichen Verfahrensregeln: zunächst ist ein Verfahren zur Frage zu führen, ob das Arzneimittel – als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in den Erstattungs­kodex – überhaupt erstattungsfähig, dh. für die Krankenbehandlung im niedergelassenen Bereich im Sinne des §133 Abs2 ASVG geeignet ist. Dies wird vom Gesetz in drei Fällen verneint, nämlich, wenn die Arzneispezialität über­wiegend zur Behandlung in Krankenanstalten oder unter ständiger Beobachtung oder zur Prophylaxe "verwendbar" ist. Steht die Erstattungsfähigkeit – wie hier – fest, so ist das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für die Aufnahme der Arzneispezialität in den beantragten Bereich des Erstattungskodex zu prüfen.

3.2. Der gelbe Bereich, hinsichtlich dessen die Aufnahme von Lucentis in den Erstattungskodex beantragt wurde, beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheits­ökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Für die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben Bereich des Erstattungs­kodex ist erforderlich, dass die Heilmittelevaluierungskommission (deren Zusammensetzung und Aufgabenbereich in §351g Abs2 bis 4 ASVG geregelt ist) eine "wesentliche therapeutische Innovation" festgestellt hat. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden (§31 Abs3 Z12 litb ASVG).

3.3. Für die Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungs­kodex enthalten die Bestimmungen der §§351c bis 351j ASVG nähere Regelungen. Diese Bestimmungen setzen die Richtlinie 89/105/EWG , ABl. 1989 L 40,8, betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfest­setzung bei Arzneimitteln und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenver­sicherungs­systeme, um. So sind im Antrag die Zulassungsnummer und ein Preis anzugeben sowie ferner eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und der Dauer der Patentlaufzeit anzuschließen (§351c Abs1 zweiter Satz und §351c Abs3 zweiter Satz ASVG). Ferner sind von der antrag­stellenden Partei zum Nachweis eines "wesentlichen therapeutischen Nutzens" oder einer "wesentlichen therapeutischen Innovation" dem Antrag "pharmakologische, medizinisch-therapeutische und gesundheits­ökonomische Unterlagen" vorzulegen (§351c Abs3 erster Satz ASVG).

3.4. §351g Abs1 ASVG überträgt sodann die nähere Organisation des Ver­fahrens einer der Genehmigung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Konsumentenschutz bedürfenden Verordnung des Hauptver­bandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. Diese Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungs­kodex nach §351g ASVG (VO-EKO), Verlaut­barung 47/2004, sieht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben vor, dass das antragstellende Unternehmen einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und gesund­heitsökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arzneispezialität mit den verfügbaren therapeutischen Alternativen vorzulegen hat. Bei diesem Ver­gleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweckmäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen Gruppen von Patienten/Patientinnen auszugehen.

3.4.1. Auf Grund dieses Vergleichs erfolgt zunächst die Einordnung der Arzneispezialität nach dem pharmakologischen Innovationsgrad (die bei Lucentis zur Be­handlung des diabetischen Makulaödems nach der Begutachtung der Heilmittel-Evaluierungekommission antragsgemäß in Gruppe 7 erfolgte), dh., dass mit der beantragten Arzneispezialität die erstmalige medikamentöse Be­handlung einer Erkrankung möglich ist, welche bisher nicht medikamentös (im Falle des diabetischen Makulaödems mit Laserkoagulation) behandelt wurde (§23 Abs2 Z7 VO-EKO).

3.4.2. Die danach vorzunehmende Einstufung nach dem medizinisch-therapeutischen Nutzen erfolgt sodann in eine der in §24 Abs2 VO-EKO normierten Gruppen (diese erfolgte bei Lucentis in der höchsten in §24 Abs2 genannten Stufe 6; Voraussetzung dafür ist, dass die beantragte Arzneispezialität im Vergleich zu den verfügbaren therapeutischen Alternativen einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen aufweist, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, §24 Abs2 Z6 VO‑EKO).

3.4.3. Basierend auf der medizinisch-therapeutischen Evaluation iSd §25 VO‑EKO ist sodann die gesundheitsökonomische Evaluation durchzuführen, die in der Verordnung in §25 Abs1 erster Satz als "die Beurteilung der be­antragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Kranken­behandlung" definiert wird.

3.4.3.1. Nach der (offensichtlich) vom Verordnungsgeber als allgemein ge­dachten Regel des §25 Abs1 VO-EKO ist dabei zu berücksichtigen,

"ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der beantragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist."

3.4.3.2. Die Verordnung regelt an dieser Stelle ferner, welche Kosten der gesundheitsökonomischen Evaluation zugrunde zu legen sind: nämlich

"die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozialversicherungsträger der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise".

Hingegen sind allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbst­behalte, Rezeptgebühr oder Behandlungsbeitrag) außer Ansatz zu lassen.

3.4.4. Die darauf aufbauenden wirtschaftlichen Spezialregelungen für den gelben Bereich betreffend ein Arzneimittel der im Beschwerdefall maßgebenden Gruppe des §24 Abs2 Z6 VO-EKO sind gemäß §25 Abs4 bis 6 VO-EKO folgende:

3.4.4.1. Sind darin schon eine oder mehrere vergleichbare Arzneispezialitäten angeführt, gilt §25 Abs2 VO-EKO sinngemäß, dh., dass bei einem im Vergleich höheren Preis dieser durch einen therapeutischen Mehrwert kompensiert werden muss.

3.4.4.2. Vergleichbare Arzneispezialitäten liegen hier unbestrittenermaßen nicht vor. In diesem Fall ist für die Aufnahme in den gelben Bereich von einer (ausreichenden) Wirtschaftlichkeit der Aufnahme in den Erstattungs­kodex auszugehen,

"wenn das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist".

3.5. Vor dem Hintergrund der in den Erwägungsgründen der mit den genannten Bestimmungen umgesetzten RL 89/105/EWG normierten Zielvorgabe einer adäquaten Arzneimittelversorgung zu angemessenen Preisen sowie der in §31 Abs3 Z12 sowie der §§351c ff. ASVG enthaltenen gesetzlichen Determinanten hegt der Verfassungsgerichtshof ob der im vorliegenden Verfahren anzu­wendenden Verordnungsbestimmungen keine Bedenken hinsichtlich ihrer ausreichenden gesetzlichen Deckung im Sinne des Art18 Abs2 B-VG. Dies gilt im Hinblick darauf, dass der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß §31 Abs2 Z1 ASVG die gesamtwirtschaft­lichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung zu berücksichtigen hat, auch für die in §25 Abs1 VO-EKO genannten Kriterien für die Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die Verordnung widerspricht daher auch insoweit nicht dem Gesetz, als sie bei Fehlen von Vergleichspräparaten grundsätzlich einen sektorenübergreifenden Vergleich unter Heranziehung der LKF-Punkte zulässt.

4. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der ange­wendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleich­heitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die beschwerdeführende Partei im verfassungsgesetzlich gewähr­leisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Er­mittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unter­lassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein solches Verhalten kann der belangten Behörde hier aber nicht vorgeworfen werden:

4.1. Für die gesundheitsökonomische Evaluation bei der angestrebten Auf­nahme in den gelben Bereich des Erstattungskodex ist als lex specialis (wie auch die Erörterung dieser Frage mit den Parteien in der mündlichen Ver­handlung bestätigt hat) §25 Abs4 VO‑EKO maßgebend. Es ist daher – anders als dies die allgemeine Evaluierungsregel im Sinne des §25 Abs1 dritter Satz VO‑EKO vorsieht – nicht zu untersuchen, ob "das Kosten/Nutzen­verhältnis der beantragten Arzneispezialität in Österreich gesundheits­ökonomisch nachvoll­ziehbar und vertretbar ist", sondern es kommt darauf an, ob "das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist". Es ist nicht denkunmöglich, wenn angesichts der – abgesehen von der einge­schränkten Zielgruppe – gleichlautenden Formulierung der Normen die Behörden in diesem Zusammenhang davon ausgegangen sind, dass die all­gemeine Regel des §25 Abs1 dritter Satz VO‑EKO für die Bildung der Vergleichswerte auch für die gesundheitsökonomische Evaluation nach §25 Abs4 VO‑EKO heranzuziehen ist. Es kommt also – unter Berücksichtigung des §25 Abs6 letzter Satz VO‑EKO – nicht nur darauf an, dass der (Fabriks­abgabe‑)Preis der Arzneispezialität den EU-Durchschnittspreis nicht über­schreitet, sondern auch darauf, dass sich unter Berücksichtigung der direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozialversicherungsträger der Kranken­be­handlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation hin­sicht­lich der Zielgruppe in Betracht kommender Patienten ein nachvollziehbares und vertret­bares Kosten/Nutzenverhältnis ergibt, wobei es immer um Patienten geht, die in der sozialen Krankenversicherung anspruchs­berechtigt sind.

4.2. Daher ist der Kosten/Nutzenvergleich vor dem Hintergrund der Rechtslage vorzunehmen, die in Bezug auf Ansprüche aus der sozialen Kranken­versicherung besteht. Angesichts des grundsätzlich weitreichenden Behandlungsanspruchs sozialversicherter Personen in Bezug auf zugelassene Arzneimittel (wie das von der beschwerdeführenden Partei vertriebene Lucentis) und lege artis zulässige Behandlungsmethoden (wie hier etwa der Laserkoagulation) kommt ein öko­nomischer Vergleich mit den volkswirtschaft­lichen Kosten eines gänzlich unbe­handelt bleibenden Leidenszustands (hier also mit den Folgekosten einer Er­blindung), so wie er in der von der beschwerde­führende Partei vorgelegten pharmaloöko­nomischen Studie vorgenommen wird, von vornherein nicht in Betracht. Es würde sich dabei – abgesehen von mög­lichen Einwänden aus ethischen Gesichtspunkten – auch dann um keine gesetzlich zulässige Alternative handeln, würde der Vergleich ergeben, dass die Unterlassung jeglicher Behand­lung eines Leidenszustandes geringere volkswirt­schaftliche Kosten verursachen würde als die Vornahme einer Heilbehandlung. Der vom Gesetz geforderte gesundheitsökonomische Vorteil der Aufnahme von Lucentis in den gelben Bereich ist daher – entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei – nicht schon aus den genannten Gründen ein "offensichtlicher im Sinne des §25 Abs4 letzter Satz VO-EKO".

4.3. Der in der genannten pharmakoökonomischen Studie gezogene Vergleich hat jedenfalls ergeben, dass die Anwendung von Lucentis zur Behandlung des diabetischen Makulaödems im Verhältnis zur bisherigen Anwendung der Laserkoagulation als vorteilhaft beurteilt wurde, weil im Falle einer Behandlung mit dem Arzneimittel trotz etwas höherer Kosten von einer Verlängerung des "Daseins als sehende Person" um rund eineinhalb Jahre gegenüber der Behandlung mit Laser­koagulation ausgegangen wurde. Insoweit besteht auch Einigkeit zwischen den Parteien, wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat. ­Aus diesem Grund hat die Behörde – bei grundsätzlicher Annahme eines zusätzlichen therapeutischen Nutzens einer Anwendung dieser Arznei­spezialität bei diabetischem Makulaödem ­angesichts des Fehlens von Vergleichspräparaten zur medikamentösen Behandlung dieser Erkrankung – die gesundheitsökonomische Vertretbarkeit der Aufnahme von Lucentis in den Erstattungskodex in der Weise ermittelt, dass sie einen sektorenübergreifender Vergleich zwischen den Kosten der Verwendung von Lucentis im extra­muralen und im intra­muralen Bereich vorgenommen hat. Daher geht der Einwand der beschwerde­führenden Partei hinsichtlich einer "gesetzwidrigen Verkürzung" der Parameter des §25 Abs1 VO‑EKO ins Leere. Im Übrigen räumt auch die beschwerde­führende Partei im selben Zusammenhang ein, dass es keine medikamentösen therapeutischen Alternativen zu Lucentis gibt.

4.4. Gegen die Zulässigkeit des sektorenübergreifenden Ver­gleichs wendet die beschwerde­führende Partei zunächst ein, es handle sich um einen reinen Kostenvergleich, nicht aber um einen Kosten/Nutzenvergleich. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Behörde vertretbar davon ausgehen durfte, dass dann, wenn der Zusatznutzen der neuen Therapie im Verhältnis zu herkömm­lichen Therapiemethoden feststeht, und ein Vergleich mit anderen zur Behand­lung geeigneten Arzneispezialitäten nicht möglich ist, dieser Nutzen zu den unterschiedlichen Kosten gleichartiger Behandlungsmöglichkeiten je nach dem Einsatz im Rahmen einer stationären Behandlung in einer Krankenanstalt oder im niedergelassenen Bereich in Relation zu setzen ist. Ob der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger dabei in jeder Hinsicht richtig vorgegangen ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist jedenfalls nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die Kosten einer vergleichbaren tages­klinischen Behandlung in einer Kranken­anstalt deutlich geringer sind als jene Behandlungs­kosten, die im niedergelassenen Bereich entstehen würden.

4.5. Wenn der Hauptverband in seiner Entscheidung (mit nachfolgender Billigung durch die belangte Behörde) die Verwendung von Lucentis als nicht ausreichend wirtschaftlich für die Aufnahme in den gelben Bereich des Erstattungskodex erachtet hat, hat er aus den genannten Gründen nicht Willkür geübt, weshalb auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einge­gangen werden muss.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechts­grund­lagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen An­wendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

3. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz ent­spricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – gegen die Entscheidung einer Kollegial­behörde nach Art133 Z4 B‑VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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