VfGH B938/2010

VfGHB938/201029.6.2013

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtaufnahme der Arzneispezialität Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex wegen Fehlens der Wirtschaftlichkeit (ua Nichteinhaltung des EU-Durchschnittspreises); keine Maßgeblichkeit der Regelung über eine 120-Tage-Frist für eine neuerliche Entscheidung des Hauptverbandes bei sonstiger Geltung des Antrags als angenommen; keine Willkür infolge Nichtberücksichtigung eines verbesserten Preisanbotes; Angemessenheit der Verfahrensdauer, keine Verschleppungsabsicht des Hauptverbandes

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art20 Abs3
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art13
EU-Grundrechte-Charta Art47 Abs2
ASVG §31 Abs3 Z12, §351c ff, §351d, §351g, §351i
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §8, §19
Richtlinie 89/105/EWG
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art20 Abs3
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art13
EU-Grundrechte-Charta Art47 Abs2
ASVG §31 Abs3 Z12, §351c ff, §351d, §351g, §351i
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG §8, §19
Richtlinie 89/105/EWG

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich ge­währleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Am 13. April 2007 stellte die Novartis Pharma GmbH den Antrag auf Aufnahme von Lucentis (mit dem Wirkstoff Ranibizumab) in den gelben Bereich des Er­stattungskodex. Lucentis wird dem Beschwerdevorbringen zufolge und nach der Aktenlage zur Behandlung von Patienten mit "feuchter", altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) angewendet.

2. Die diesen Antrag ablehnenden Entscheidungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 27. Juni 2007, 23. April 2008 und 30. März 2009 wurden durch die Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittel­kommission vom 29. November 2007, 27. November 2008 und 25. Juni 2009 jeweils aufgehoben. Nachdem sich das Verfahren in diesen drei ersten Rechts­gängen vor den Ver­waltungsbehörden auf die Frage beschränkt hatte, ob die Arzneispezialität Lucentis von der Erstattung gemäß §351c Abs2 erster Spiegelstrich ASVG ausgeschlossen ist, weil sie überwiegend zur Behandlung in Krankenanstalten verwendbar ist, gingen die Behörden im vierten Rechtsgang von einer grundsätz­lichen Erstattungsfähigkeit von Lucentis bei Verwendung im niedergelassenen Bereich aus.

3. Am 18. September 2009 erstattete die beschwerdeführende Partei eine Stellung­nahme an den Hauptverband der österreichischen Sozialver­sicherungs­träger zu den Dosierungsrichtlinien sowie zu der von ihr angestrebten "Zentrenlösung" (wobei nach dem Beschwerdevorbringen in sog. "Netz­haut­zentren" auf die Behandlung der Netzhaut spezialisierte Fachärzte in der Lage sein sollen, "qualitätsgesichert intravitreale Injektionen" unter Beachtung aller Sterilitätsanforderungen zu verabreichen und daher Lucentis auch außerhalb von Krankenanstalten direkt in das Auge der Patienten zu injizieren) und legte eine Absatz-/Umsatz-Schätzung für den extramuralen Bereich sowie einen Regelvorschlag für die Aufnahme in den gelben Bereich des Erstattungskodex vor.

4. Die Heilmittelevaluierungskommission gab im erstinstanzlichen Verfahren die Empfehlung ab, Lucentis nicht in den gelben Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen.

4.1. Sie stufte als Ergebnis der pharmakologischen Evaluation die Arznei­spezialität nach dem Innovationsgrad antragsgemäß in §23 Abs2 Z6 VO‑EKO ein, dh., dass die beantragte Arzneispezialität einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung hat, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind. Dazu führte die Heilmittelevaluierungskommission begründend aus, dass zwar keine anderen Arzneimittel im Erstattungskodex enthalten, wohl aber solche zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration arzneimittelrechtlich zugelassen seien. Die empfohlene Festlegung der Dosierung erfolgte antragsgemäß nach der Fachinformation, die Grundlage für die Zulassung von Lucentis durch die European Medicines Agency (EMA - die europäische Zulassungsbehörde mit Sitz in London) gewesen war; allerdings ergänzte die Heilmittelevaluierungs­kommission dies um den Hinweis, dass die darin angegebenen Dosierungs­inter­valle nicht jenen der Zulassungsstudien entsprechen würden.

4.2. Als Ergebnis der medizinisch-therapeutischen Evaluation hat die Heilmittel­evaluierungskommission die Arzneispezialität der Gruppe gemäß §24 Abs2 Z6 VO-EKO zugeordnet. Danach hat die beantragte Arzneispezialität einen wesent­lichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1 VO-EKO). Auch zu dieser Einstufung wird im Gutachten angemerkt, dass die in der Fachinformation der European Medicines Agency (zunächst) vorgesehene Dosierung im Monats­abstand und danach in Abhängigkeit vom "Visus-Abfall" nicht der Anwendung in den von dieser Behörde zugrunde gelegten Zulassungs­studien ("monatliche intra­vitreale Injektion") entspreche.

4.3. Im Zuge der gemäß §24 Abs1 Z3 VO‑EKO vorgesehenen Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorge­legten pharmakoökonomischen Studien im Zusammenhang mit der beantragten Verwendung im gelben Bereich wird von der Heilmittelevaluierungskommission zunächst darauf hingewiesen, dass die beschwerdeführende Partei in kurzer zeitlicher Abfolge vier verschiedene "Regeltexte" über die beantragte Ver­wendung vorgelegt habe, auf Grund derer die Empfehlung abgegeben werde, Lucentis nicht in den Erstattungskodex aufzunehmen. Die von der beschwerdeführenden Partei für den Fall der Aufnahme von Lucentis vorgelegten Regeltexte würden (wie an anderer Stelle der Empfehlung gesagt wird) die international übliche optische Cohärenz-Tomografie (OCT) zur Er­mittlung des Zeitpunktes der nächsten Verabreichung des Arzneimittels anhand des aktuellen Entwicklungsstandes der Erkrankung nicht als Standard, sondern nur "gegebenenfalls" vorsehen. Demgegenüber werde durch die Anwendung der OCT die – oft hochbetagte und multimorbide Patienten durch die Injizierung in den Glaskörper sehr belastende – Wiederbehandlungsrate deutlich (nach den an der Universitätsaugenklinik des Allgemeinen Krankenhauses gemachten Erfahrungen von 12-mal jährlich auf 4 bis 5-mal jährlich) reduziert. Die Fachinformation schließe zwar eine OCT-Kontrolle nicht aus, sie mache aber die Wiederbehandlung von anderen Kriterien abhängig. Auch werde in den Unterlagen nicht begründet, warum auf ein OCT-kontrolliertes Behandlungsschema verzichtet werde.

4.4. Ausgehend von einer medizinisch-therapeutischen Gruppeneinstufung in §24 Abs2 Z6 VO‑EKO sei bei der gesundheitsökonomischen Evaluation nach §25 Abs2 Z5 VO‑EKO dann von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn die Abgabe der Arzneispezialität ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontroll­ärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger gesundheitsökonomisch sinn­voll und vertretbar sei, insbesondere im Hinblick auf das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen (§351c Abs9 Z2 ASVG). Dies sei vom antragstellenden Unternehmen anhand einer pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger könne bei Offensichtlichkeit auf die Vorlage der pharmakoökonomischen Studie durch das antragstellende Unter­nehmen vorläufig verzichten.

4.4.1. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte pharmakoökonomische Studie beruhe nach Auffassung der Heilmittel­evaluierungskommission nicht auf validen medizinisch-therapeutischen Angaben. Als (zusammenfassende) Be­gründung hierfür wird von der Heilmittelevaluierungskommission angegeben, dass die Art der Anwendung "in den zugrundeliegenden medizinischen Studien" nicht der in der Fachinformation zugelassenen Anwendung entspreche. Die Ergebnisse der Studien könnten daher nicht auf eine Anwendung gemäß der Fachinformation übertragen werden.

4.4.2. Da im gelben Bereich des Erstattungskodex keine vergleichbaren Arznei­spezialitäten angeführt seien, sei §25 Abs4 VO‑EKO anzuwenden und ein sektorenübergreifender Vergleich anzustellen. Bei der gesundheitsökonomischen Evaluation seien daher die direkten Kosten der Pflichtversicherung der Sozial­versicherungsträger, die durch die Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) entstehen, jenen im Falle der Behandlung in Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) gegenüberzustellen, wobei die Kosten der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen seien.

4.4.3. Die Heilmittelevaluierungskommission kommt in diesem Zusammenhang zum Ergebnis, dass die Kosten der vorkommenden Varianten stationärer Behandlung bei Tagespatienten um 63 % und bei Patienten, die über Nacht im Krankenhaus behalten werden, um 22 % niedriger seien als der von der beschwerdeführenden Partei angebotene Fabriksabgabepreis von € 1.018,30, der überdies den EU-Durchschnittspreis von € 964,20 übersteige. Da es von Jänner bis Oktober 2009 nur 15 Anträge auf Bewilligung von Lucentis gegeben habe und 2007 und 2008 12 Anträge, könne davon ausgegangen werden, dass die Krankenhauskapazitäten vollkommen ausreichen, um den Bedarf zu decken. Es werde daher (auch aus gesundheitsökonomischer Sicht) keine Aufnahme in den Erstattungskodex vorge­schlagen.

4.5. Am 22. Oktober 2009 teilte der Hauptverband der österreichischen Sozialver­sicherungsträger dem antragstellenden Unternehmen gemäß §26 Abs2 VO‑EKO mit, dass die Möglichkeit einer vom Antrag abweichenden Ent­scheidung bestehe. Im Hinblick darauf, dass es sich um eine Arzneispezialität gemäß §23 Abs2 Z6 bis 8 VO‑EKO handle, könne statt einer Stellungnahme ein Gutachten gemäß §26 Abs3 VO‑EKO vorgelegt werden. Auf die Fristhemmung gemäß §17 VO‑EKO wurde hingewiesen.

4.6. Am 5. November 2009 übermittelte die beschwerdeführende Partei dem Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger eine Stellung­nahme zur vorläufigen Feststellung vom 22. Oktober 2009. Enthalten ist darin auch eine Publikation zur Teilbar­keitsfrage der 0,23‑ml‑Durchstichflasche für Lucentis, ein Statement der European Medicine's Agency zur Volumens­be­rechnung sowie eine klinische Studie zur Frage der mittels OCT kontrollierten Dosierungsintervalle.

4.7. Am 3. Dezember 2009 erstattete die beschwerdeführende Partei eine weitere Stellungnahme. Zur von der Heilmittelevaluierungskommission geforderten regelmäßigen OCT-Kontrolle als Voraussetzung für die Fort­setzung der Behandlung anstelle der Indikationsstellung auf Grund des "Visus-Abfalls" (in Ausmaß einer bestimmten Anzahl von Buchstaben auf einer Seh­probentafel) führte sie darin aus, dass das im Regelvorschlag gebrauchte Wort "gegebenen­falls" bedeute, dass die Notwendigkeit einer OCT-Kontrolle "im Ermessen des Facharztes" liege. Der "sektorenübergreifende Vergleich" der Kosten sei unzulässig; den auf Grund des LKF-Punktewerts errechneten Kosten seien überdies die zur vollständigen Finanzierung der Krankenanstalt erforderlichen Aufwendungen hinzuzurechnen. Ferner wurde ein neues Preisanbot erstellt: Nach Rück­sprache mit der Konzernzentrale sei es nunmehr möglich, den Preis von Lucentis bei Aufnahme in den gelben Bereich des Erstattungskodex spätestens ab 1. März 2010 auf den EU-Durch­schnittspreis von € 964,20 zu senken. Bei bestimmten Ab­satzmengen würde ein weiterer Rabatt von 3,03 % gewährt.

4.8. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wies mit Bescheid vom 23. Dezember 2009, gestützt auf die Empfehlungen der Heilmittel­evaluierungskommission, den Antrag auf Aufnahme der Arzneispezialität Lucentis 10 mg/ml Injektionslösung in den Erstattungskodex ab und verfügte die Streichung aus dem roten Bereich. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger schloss sich der Empfehlung der Heilmittel­evaluierungskommission an. Die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 3. Dezember 2009 ließ der Hauptverband der österreichischen Sozial­ver­sicherungsträger mit der Begründung unberücksichtigt, dass diese Stellungnahme nicht 17 Tage, sondern lediglich 7 Tage vor der Sitzung der Heil­mittelevaluierungskommission beim Hauptverband der österreichischen Sozial­versicherungsträger eingelangt sei. Zum Kostenvergleich führte der Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger aus, dass sich die öko­nomische Evaluierung nicht auf die Mittelaufbringung im Rahmen der Kranken­anstaltenfinanzierung beziehe, sondern auf die Mittelvergütung als Gegen­leistung für Krankenbehandlung. Dieser würden (ohnehin nur) die Kosten der Arzneispezialität im Falle ihrer Verwendung im niedergelassenen Bereich gegen­übergestellt, dh. ohne Berücksichtigung des anfallenden Arzthonorars. Es seien daher die LKF-Aufwendungen für die intramurale Leistung "intravitreale Injektion mit Anti-VEGF" (worunter jede Arzneispezialität falle, die zur Behandlung der "feuchten", altersabhängigen Makuladegeneration zugelassen sei, wie zB Macugen).

5. In ihrer gegen diesen Bescheid an die Unabhängige Heilmittelkommission erhobenen Beschwerde rügte die beschwerdeführende Partei, es sei nicht nach­vollziehbar, was es bedeute, dass die antragsgemäße Einstufung gemäß §24 Abs2 Z6 VO‑EKO "zu relativieren" sei. Ferner setzt sich die beschwerdeführende Partei eingehend mit der Frage auseinander, welche Schlüsse aus mehreren von ihr zitierten Studien für die Dosierung von Lucentis zu ziehen seien. Zur Kontrolle mittels OCT verwies die beschwerde­führende Partei darauf, dass die Ausführungen der Deutschen Ophtal­mologischen Gesellschaft dahin lauten würden, dass eine OCT "wie international üblich bei der Verlaufsbeobachtung zur Be­urteilung einer eventuellen Krankheitsprogredienz zusätzlich hilfreich" sein könne. Die Verwendung von OCT sei daher keines­wegs zwingend. Den im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation angestellten "sektorenübergreifenden Kostenvergleich" hielt die beschwerde­führende Partei für rechtswidrig, da ein Vergleich von Lucentis mit den therapeutischen Alternativen Visudyne (dessen Anwendung allerdings nicht mehr dem "state of the art" entspreche) und Macugen bei extramuralen An­wendungen geboten sei. Wenn Macugen von der beschwerdeführenden Partei in ihrem Antrag nicht als Vergleichspräparat "ange­boten" worden sei, dann liege dies daran, dass im Antragsformular lediglich Präparate anzugeben gewesen seien, die im Erstattungskodex enthalten seien, was für Macugen nicht zutreffe. Der "sektorenübergreifende Kostenvergleich" sei überdies fehlerhaft. Die Heran­ziehung des LKF-Punktesystems spiegle nicht die gesamten Kosten der intramuralen Behandlung mit Lucentis wieder; es seien vielmehr die Abgangs­zuschüsse hinzuzuaddieren. Diese Notwendigkeit ergebe sich aus der Ver­pflichtung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, die "allgemeinen und gesamt­wirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung" wahrzunehmen. Es seien daher in diesem Vergleich für die intramurale Be­handlung die gesamten der öffentlichen Hand entstehenden Kosten, einschließlich der Komplementärfinanzierungen anzusetzen. Die Be­rechnung der LKF-Punkte beruhe überdies auf einem "off label use" des Medikaments Avastin, das für die Behandlung der "feuchten", altersabhängigen Makuladegeneration nicht zugelassen sei. Auch hätte das Angebot der beschwerdeführenden Partei vom 23. Dezember 2009 berück­sichtigt werden müssen, mit dem sie einen exakt auf dem EU-Durchschnittspreis liegenden Preis angeboten und damit die Voraussetzung des §25 Abs6 VO‑EKO erfüllt habe.

5.1. Die belangte Behörde trat diesem Vorbringen – auf das Wesentliche zu­sammengefasst – zunächst insoweit entgegen, als die in der Beschwerde gerügte "Relativierung" zwar eine Frage aufwerfe und eine zulässige nähere Erläuterung gebe, dessen ungeachtet aber die Einstufung von Lucentis gemäß "§24 Abs2 Z6 VO-EKO" antragsgemäß vorgenommen worden und die beschwerde­führende Partei daher nicht in Rechten verletzt sei. Zu den Auffassungsdifferenzen zwischen der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Dosierungsabhängigkeit der Wirkungen von Lucentis erachtet die belangte Behörde die Anforderung einer OCT-begleiteten Therapie für nachvollziehbar und zulässig und vertritt die Auffassung, dass die beschwerdeführende Partei eine solche Vorgangsweise in ihrem Antrag (und auch sonst im Verfahren) als Standard nicht vorgesehen habe. Die von der beschwerdeführenden Partei be­antragte Indikationsregelung, nach der einzelne "Regelungen" durch OCT festgestellt werden könnten, erscheine demgegenüber nicht ausreichend und nicht eindeutig genug.

Den "sektorenübergreifenden Kostenvergleich" hält die belangte Behörde an­gesichts der fehlenden therapeutischen Alternativen im Erstattungskodex für rechtlich zulässig. Dabei seien Kosten, die bei der Behandlung durch die Ver­wendung von Arzneispezialitäten anfallen, die nicht durch die Sozial­versicherung erstattet werden und ihr daher auch nicht zugerechnet werden, auch nicht als Vergleich heranzuziehen.

5.2. Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ab und schloss sich darin im Wesentlichen der Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger an.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Ver­letzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Normen. Die Unabhängige Heilmittel­kommission hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen; der beteiligte Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat eine Äußerung vom 20. September 2010 erstattet. Auf diese Äußerung replizierte die beschwerde­führende Partei mit einem als "Stellungnahme" bezeichneten Schriftsatz vom 22. November 2010, mit welchem – wie schon mit der Beschwerde – zahlreiche Unterlagen vorgelegt wurden. Zu dieser Stellungnahme der beschwerde­führenden Partei erstattete der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Schriftsatz vom 4. Februar 2011 eine Replik, zu welcher die beschwerdeführende Partei erneut eine Stellungnahme (vom 1. März 2011) erstattete, welcher wieder der Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit einer Replik vom 30. Mai 2011 entgegnete. Einer erneuten Stellungnahme der beschwerde­führenden Partei vom 5. August 2011 erwiderte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Replik vom 26. September 2011, worauf die beschwerdeführende Partei dem Verfassungsgerichtshof eine als Stellung­nahme bezeichnete Urkundenvorlage vom 22. Dezember 2011 übermittelte, der sie eine weitere Stellungnahme vom 6. Juni 2012 und auf die darauf bezugnehmende Replik des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 10. Juli 2012 eine weitere "Äußerung und Anregung auf Einleitung eines Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens" vom 31. Oktober 2012 hat folgen lassen.

II. Rechtslage

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den am 13. April 2007 gestellten Antrag der beschwerdeführenden Partei, die Arzneispezialität Lucentis in den Erstattungskodex aufzunehmen, entschieden. Gemäß §642 Abs2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl 189/1955, war daher im vorliegenden Verfahren auch nach dem Inkrafttreten des Sozialrechtsänderungsgesetzes 2009, BGBl I 33, die am 31. Dezember 2007 geltende Rechtslage weiterhin an­zuwenden.

§31 Abs2 Z1 und 3, Z12 ASVG in der am 31. Dezember 2007 in Kraft ge­standenen Fassung lautete:

"(2) Dem Hauptverband obliegt

1. die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

[…]

(3) Zu den Aufgaben im Sinne des Abs2 Z1 gehören:

[…]

12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheits­organisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach §351c Abs1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontroll­ärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arznei­spezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arznei­spezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesund­heitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maß­gabe der Richtlinie nach §31 Abs5 Z13. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Auf­nahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Alters­stufen von Patient(inn)en oder Darreichungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Be­hand­lung aus zwingenden [therapeutischen] Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Er­stattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Haupt­verband in der Verordnung nach §351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten."

§350 ASVG in der Fassung des Zahnärztereform-BegleitG, BGBl I Nr 155/2005, lautet:

"Abgabe von Heilmitteln

§350 . (1) Heilmittel (§136) und Heilbehelfe (§137) usw. dürfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger von Apothekern und Hausapotheken führenden Ärzten nur unter folgenden Voraussetzungen abgegeben werden:

1. Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Krankenversicherungsträger,

2. Verordnung

a) durch einen/eine Vertragsarzt/Vertragsärztin, Vertragszahn­arzt/Vertragszahnärztin, Vertragsdentist/Vertragsdentistin (eine Vertrags-Gruppenpraxis) oder

b) durch einen ermächtigten/eine ermächtigte Arzt/Ärztin oder Zahn­arzt/Zahnärztin, der/die bei einer Vertragskrankenanstalt beschäftigt ist, welche mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger eine Vereinbarung über Ver­ordnungen abgeschlossen hat,

- bei der Entlassung von PatientInnen aus der stationären Pflege oder

- während der Nachtstunden, an Wochenenden oder Feiertagen, wenn die Ver­ordnung wegen Unaufschiebbarkeit der ärztlichen oder zahnärzlichen Handlung erforderlich ist, und

3. Verschreibbarkeit nach den Regeln des vom Hauptverband herausgegebenen Erstattungskodex (§31 Abs3 Z12) und nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (§31 Abs5 Z13).

(2) Verschreibungen von Heilmitteln durch Wahlärzte/Wahlärztinnen, Wahl­zahnärzte/Wahlzahnärztinnen, Wahldentisten/Wahldentistinnen oder Wahl-Gruppenpraxen (§131 Abs1) sind, wenn die Anspruchsberechtigung gegeben und die Verordnung nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise zugelassen ist, im Falle der Bestätigung durch den Versicherungsträger den von den Vertragsärzten/Vertragsärztinnen, Vertragszahn­ärzten/Vertragszahn­ärztinnen und Vertragsdentisten/Vertragsdentistinnen (Vertrags-Gruppen­praxen) ausgestellten Rezepten gleichzustellen.

(3) Bedarf eine Arzneispezialität oder ein Stoff für magistrale Zubereitungen, um auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden zu können, der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozial­versicherungsträger, so ist diese Bewilligung unbeschadet des Bescheidrechtes des (der) Versicherten nach §367 vom/von der verordnenden Arzt/Ärztin oder Zahnarzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) einzuholen. Die Einholung der Be­willigung darf nicht auf den Patienten (die Patientin) übertragen werden. Wird die Bewilligung von Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex durch die nachfolgende Kontrolle nach §31 Abs3 Z12 litb ersetzt, ist die Zu­lässigkeit der Verschreibung auf Kosten der Sozialversicherungsträger von der Durchführung einer Dokumentation (§31 Abs5 Z13) über Vorliegen und Ein­haltung der bestimmten Verwendungen abhängig. Bei Verschreibungen ohne oder mit mangelhafter Dokumentation ist der Arzt/die Ärztin oder der Zahn­arzt/die Zahnärztin (der Dentist/die Dentistin) nachweislich zu verwarnen; bei Wiederholung der Verletzung sind dem Sozialversicherungsträger die Kosten der Arzneispezialitäten vom/von der verschreibenden Arzt/Ärztin oder Zahn­arzt/Zahnärztin (Dentist/Dentistin) zu ersetzen. Findet der Ersatz nicht statt oder nach wiederholtem Verstoß gegen die Dokumentationspflicht, kann dem Arzt/der Ärztin oder dem Zahnarzt/der Zahnärztin (dem Dentisten/der Dentistin) die ausnahmslose Bewilligungspflicht für Arzneispezialitäten des gelben Bereiches des Erstattungskodex befristet bis zur Dauer von drei Jahren auferlegt werden.

(4) Die Wahl der Apotheke nach Abs1 obliegt dem (der) Anspruchsberechtigten; die Zuweisung an eine bestimmte Apotheke ist unzulässig."

§351c – 351i ASVG in der am 31. Dezember 2007 in Geltung gestandenen Fassung des Sozialrechtsänderungesetzes 2007, BGBl I 31, lauteten:

"Abschnitt V.

Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex

§351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Antragstellung, mit der zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und der eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arznei­spezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen; stellt der Hauptverband spätestens nach 90 Tagen fest, dass die Arzneispezialität nicht erstattungsfähig ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Beschwerden dagegen haben keine aufschiebende Wirkung. Die näheren Bestimmungen zur Feststellung der Erstattungsfähigkeit werden in der Verfahrensordnung (§351g) festgelegt. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Erstattungskodex sind für alle Produkte die selben Prüfmaßstäbe anzu­legen. Der Hauptverband hat die Aufnahmen und die Streichungen von Arzneispezialitäten monatlich im Internet kundzumachen.

(2) Der Hauptverband hat eine Liste jener Arzneimittelkategorien zu erstellen, die im Allgemeinen nicht zur Krankenbehandlung im Sinne des §133 Abs2 geeignet sind, da sie zB überwiegend

-zur Behandlung in Krankenanstalten,

-unter ständiger Beobachtung oder

-zur Prophylaxe

verwendbar sind. Diese Liste samt einer Begründung für die Anführung der Arzneimittelkategorien ist im Internet zu veröffentlichen.

(3) Zur Beurteilung eines Antrages nach Abs1, insbesondere inwieweit ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für Patienten und Patientinnen oder eine wesentliche therapeutische Innovation vorliegt, sind vom Antragsteller pharma­kologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Unterlagen vorzulegen. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, bei der Antragstellung auf Aufnahme in den Erstattungskodex mitzuteilen, wann der Patentschutz der in der jeweiligen Arzneispezialität enthaltenen Wirkstoffe in Österreich endet. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§351g) geregelt. Abs1 letzter Satz ist anzuwenden.

(4) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt für die Be­hand­lung des Regelfalles ausreicht. Bei Arzneispezialitäten, die der Behandlung von chronischen Krankheiten dienen, ist eine Packungsgröße zur Anbehandlung oder Erprobung (Kleinpackung) und eine zweite Packungsgröße für die medikamentöse Versorgung für die Dauer eines Monates aufzunehmen.

(5) Der Hauptverband ist berechtigt, das Verfahren über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex von sich aus unter sinngemäßer Anwendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach Abs1 bis 4 und 7 bis 9 sowie nach §31 Abs3 Z12 einzuleiten. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist davon zu verständigen.

(6) Die Preiskommission (§9 Abs3 des Preisgesetzes 1992, BGBl Nr 145/1992) ermittelt für Zwecke der Preisfestsetzung einer Arzneispezialität im Rahmen des roten und gelben Bereiches des Erstattungskodex aus den Preisen in Mitglied­staaten der Europäischen Union den EU-Durchschnittspreis. Dieser Preis ist von der Preiskommission auf Basis der Meldungen der vertriebsberechtigten Unter­nehmen unter Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH zu ermitteln. Die Preiskommission hat den jeweils ermittelten Preis dem Hauptverband mitzu­teilen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat die Vorgehens­weise der Preiskommission für die Preisermittlung im Internet zu veröffentlichen.

(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Ab der Feststellung des ermittelten EU-Durchschnittspreises verbleibt die Arzneispezialität für höchstens 24 Monate in diesem Bereich. In dieser Zeit ent­scheidet der Hauptverband auf Grundlage einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission, ob die Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich übernommen wird oder aus dem Erstattungskodex ausscheidet. Kann ein EU-Durchschnittspreis nicht ermittelt werden, beginnt die 24‑monatige Frist nach Ablauf von zwölf Monaten nach Aufnahme in den roten Bereich.

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurück­zuzahlen.

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungs­kodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.

(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungs­kodex:

1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen thera­peutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.

(10) […]

Entscheidung des Hauptverbandes

§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag (einschließlich des Preises) auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex, unbe­schadet der für den roten Bereich geltenden Befristung, innerhalb von 90 Tagen ab dem Vorliegen einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission nach deren Einlangen zu entscheiden.

(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechts­mittelfristen nach §351i Abs3 zu belehren.

(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und derselben Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Haupt­verband das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist.

Änderung der Verschreibbarkeit, Preiserhöhung

§351e. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Änderung der Ver­schreibbarkeit seiner im gelben und grünen Bereich des Erstattungskodex ange­führten Arzneispezialität (entweder allgemein oder nur für bestimmte Ver­wendungen) fordern. Der Hauptverband entscheidet über den Antrag (ein­schließlich des Preises) innerhalb von 180 Tagen.

(2) Das vertriebsberechtigte Unternehmen kann die Erhöhung des Preises seiner im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität fordern. §351d Abs1 ist so anzuwenden, dass der Hauptverband bereits innerhalb von 90 Tagen zu ent­scheiden hat. Bei einer außergewöhnlich hohen Zahl von Anträgen kann diese Frist ein einziges Mal um 60 Tage verlängert werden; die Verlängerung ist dem vertriebsberechtigten Unternehmen vor Ablauf der 90-Tage-Frist mitzuteilen.

[…]

Verordnungsermächtigung, Werbeverbot

§351g. (1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden Unterlagen festzulegen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Ver­ordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.

(2) In der Verordnung nach Abs1 wird das Verfahren der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission geregelt. Dieser Kommission sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer Arzneispezialität in den Er­stattungskodex vorzulegen. Diese Kommission ist auch anzuhören, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt. Die Kommission hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen,

1.ob und für welche Indikationen und Gruppen von Patienten und Patientinnen ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arznei­spezialität in den gelben Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,

2.ob und welcher therapeutische Mehrwert (Zusatznutzen für Patienten und Patientinnen) einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch be­wertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den grünen Bereich aufge­nommen werden oder dort verbleiben kann,

3.ob im Sinne einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten und Patientinnen ein Vergabeverfahren für Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen einge­leitet werden sollte, um günstigere Bedingungen für die Heilmittelerstattung zu erreichen (zB wenn das Preisband zu breit oder keine Nachfolge durch ein Generikum möglich ist) und

4. bei welchen medizinischen Bedürfnissen und epidemiologischen Notwendig­keiten die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger angewendet werden sollte.

Die Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Be­wertungen zu entsprechen.

(3) Der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission gehören zehn Vertreter der Sozial­versicherung, drei unabhängige Vertreter der Wissenschaft aus einschlägigen Fachrichtungen (Pharmakologen und Mediziner von Universitätsinstituten), je zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer an.

[…]

Einrichtung und Zusammensetzung der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351h. (1) Zur Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex ist beim Bundes­ministerium für soziale Sicherheit und Generationen eine Unabhängige Heil­mittelkommission einzurichten.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission besteht aus einem Richter (einer Richterin) des Obersten Gerichtshofes oder eines Oberlandesgerichtes als Vor­sitzendem (als Vorsitzender) und sieben BeisitzerInnen. Die Mitglieder werden jeweils für eine Amtsdauer von fünf Jahren bestellt. Sachverhalte, die ein Nahe­verhältnis zur Sozial- oder Privatversicherung oder zu Pharmaunternehmen begründen könnten, sind vor der Bestellung sowie nach ihrem Eintreten gegen­über dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und den nach Abs3 vorschlagsberechtigten Stellen offen zu legen. Wer befangen ist, hat sich im konkreten Verfahren jeglicher Tätigkeit zu enthalten.

(3) Der (die) Vorsitzende der Unabhängigen Heilmittelkommission wird vom Bundesminister für Justiz bestellt. Als Beisitzer(innen) gehören der Unab­hängigen Heilmittelkommission jeweils ein(e) von den nachfolgenden Organisationen vorgeschlagene(r) Vertreter(in) an:

1. Österreichische Pharmakologische Gesellschaft,

2. Österreichische Ärztekammer,

3. Österreichische Apothekerkammer,

4. Wirtschaftskammer Österreich,

5. Gesundheit Österreich GmbH,

6. Bundesarbeitskammer,

7. Hauptverband.

Die Beisitzer(innen) sowie jeweils ein(e) Stellvertreter(in) werden von der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bestellt und haben über die erforderlichen Zeitressourcen zur Ausübung ihres Amtes zu verfügen.

(4) Für den (die) Vorsitzende(n) und die BeisitzerInnen sind gleichzeitig mit ihrer Bestellung und auf dieselbe Weise Stellvertreter(innen) zu bestellen. Der (die) jeweilige Stellvertreter(in) hat das Mitglied der Unabhängigen Heilmittel­kommission, zu dessen Vertretung er (sie) bestellt wurde, zu vertreten, wenn dieses an der Ausübung seiner Funktion in der Unabhängigen Heilmittel­kommission verhindert ist.

(5) Die Mitglieder der Unabhängigen Heilmittelkommission und ihre Stell­vertreter(innen) sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und weisungsfrei; sie sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Entscheidungen der Unabhängigen Heilmittelkommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Änderung im Verwaltungsweg.

(6) Ein Mitglied der Unabhängigen Heilmittelkommission ist vom bestellenden Bundesminister seines Amtes zu entheben, wenn die Bestellungsvoraus­setzungen nach Abs2 nicht mehr vorliegen oder wenn das Mitglied

1. dies beantragt oder

2. seine Pflichten nicht erfüllt oder nicht in der Lage ist, seine Pflichten zu er­füllen.

Aufgaben der Unabhängigen Heilmittelkommission

§351i. (1) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet

1.über Beschwerden des Antragstellers,

a) dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex (teilweise) abgelehnt wurde oder

b) über dessen Antrag nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde;

2. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arznei­spezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll.

(2) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auch über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens gegen Entscheidungen des Haupt­verbandes, mit denen Forderungen nach einer Änderung der Verschreibbarkeit oder nach einer Preiserhöhung von Arzneispezialitäten abgelehnt wurden, oder wenn über diese Forderungen nicht fristgerecht (§351d Abs1) entschieden wurde.

(3) Beschwerden nach den Abs1 und 2 sind binnen 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Hauptverbandes bei der Unabhängigen Heilmittel­kommission einzubringen. Gleichzeitig sind die Beschwerden dem Hauptverband zur Kenntnis zu bringen. Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung; Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität nach §351c Abs10 Z1 aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex haben aufschiebende Wirkung im Ausmaß von 90 Tagen ab Einbringung der Beschwerde. Die Unabhängige Heilmittelkommission darf sich bei ihrer Entscheidungsfindung nicht auf Sach­verhalte und Umstände stützen, die nach der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen sowie vom Hauptverband eingebracht werden. Allfällige Fragen patentrechtlicher Art sind nicht Gegenstand des Ver­fahrens vor der Unabhängigen Heilmittelkommission.

(4) Die Unabhängige Heilmittelkommission hat die Entscheidung des Haupt­verbandes,

1. mit der der Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex abgelehnt wurde oder

2. mit der eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll oder

3. mit der die Verschreibbarkeit einer Arzneispezialität geändert werden soll,

aufzuheben, wenn der Hauptverband im Verfahren sein Ermessen überschritten oder nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; dabei sind alle in der Beschwerde vor­gebrachten Argumente zu würdigen. Der Hauptverband hat sodann innerhalb von 120 Tagen nach Zustellung der Aufhebungsentscheidung neu zu ent­scheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt oder die Arzneispezialität wieder in den Erstattungskodex aufzunehmen ist oder die Einschränkung der Verschreibbarkeit aufzuheben ist. Für die Zeit der Einholung eines Gutachtens eines/einer unabhängigen Experten/Expertin auf Betreiben des antragstellenden vertriebsberechtigten Unternehmens nach Maßgabe der Verordnung nach §351g wird der Lauf der Frist von 120 Tagen gehemmt. Wird jedoch eine Fest­stellung des Hauptverbandes zur Erstattungsfähigkeit einer Arzneispezialität nach §351c Abs1 aufgehoben, beginnen mit dem Tag der Zustellung der Auf­hebungsentscheidung an den Hauptverband die Fristen nach den §§351c Abs1 zweiter Satz und 351c Abs7 Z1 neu zu laufen. Der Hauptverband ist bei seiner neuerlichen Entscheidung an die in der Aufhebungsentscheidung geäußerte Auffassung der Unabhängigen Heilmittelkommission gebunden.

(5) Die Unabhängige Heilmittelkommission entscheidet auf Antrag selbst über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex, wenn der Haupt­verband nicht fristgerecht entschieden hat. Die Unabhängige Heilmittel­kommission hat innerhalb von 180 Tagen nach Einlangen dieses Antrages zu entscheiden, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt.

(6) Die Unabhängige Heilmittelkommission ist beschlussfähig, wenn der (die) Vorsitzende und mindestens vier andere Mitglieder anwesend sind. Sie trifft ihre Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des (der) Vorsitzenden oder seines (ihres) Stellvertreters (ihrer/seiner Stellvertreterin) den Ausschlag."

Die einschlägigen Bestimmungen des IV. Abschnitts der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG (VO‑EKO), Verlautbarung 47/2004, lauten:

"Aufnahme in den Erstattungskodex

Einleitung des Verfahrens zur Aufnahme in den Erstattungskodex

§17. Das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex wird entweder vom Hauptverband gemäß §351c Abs5 ASVG oder auf Antrag des vertriebs­berechtigten Unternehmens eingeleitet. Die Bestimmungen dieses Abschnitts mit Ausnahme der Bestimmungen über Gutachten gemäß §26 Abs2 und 3 gelten sinngemäß für Verfahren, die durch den Hauptverband eingeleitet werden.

Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex

§18. Das antragstellende Unternehmen hat pro in Österreich zugelassener und gesichert lieferbarer Arzneispezialität (pro Zulassungsnummer) dem Haupt­verband einen vollständigen Antrag gemäß dem Stammdatenblatt, dem pharmakologischen, dem medizinisch-therapeutischen und dem gesund­heitsökonomischen Unterlagenverzeichnis der Anlage zur Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex zu stellen.

Unterlagen und Stellungnahmen

§19. (1) Alle zur Entscheidung über den Antrag notwendigen Unterlagen sind unter einem mit dem Antrag gemäß §18 vorzulegen, soweit im Folgendem nichts anderes bestimmt ist.

(2) Während des laufenden Verfahrens sind weitere Unterlagen und Stellung­nahmen nur auf Verlangen des Hauptverbandes zu übermitteln. Werden diese Unterlagen und Stellungnahmen vom antragstellenden Unternehmen nicht binnen offener Frist beigebracht, werden sie im laufenden Verfahren und für die Entscheidung nicht berücksichtigt.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs1 und 2 vom antragstellenden Unter­nehmen übermittelte Unterlagen sind im Verfahren und für die Entscheidung nur dann zu berücksichtigen, wenn diese

1. zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht vorlagen,

2. wesentliche neue Erkenntnisse beinhalten,

3. den Erfordernissen der §§22 Abs3 und 4 sowie 24 Abs4 entsprechen,

4. unverzüglich nach Vorliegen übermittelt werden,

5. spätestens sechzehn Tage vor der ersten Behandlung des Antrages in der Sitzung der HEK dem Hauptverband übermittelt werden.

Aufnahme in den Roten Bereich

§20. (1) Der Hauptverband prüft unverzüglich nach Eingang den Antrag auf formale Vollständigkeit der Stammdaten. Sind die Stammdaten unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizubringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen.

(2) Die beantragte Arzneispezialität wird mit dem Zeitpunkt des Vorliegens der vollständigen Stammdaten in den Roten Bereich des Erstattungskodex aufge­nommen.

(3) Der Hauptverband prüft nach Vorliegen der vollständigen Stammdaten, ob die beantragte Arzneispezialität gemäß §351c Abs2 und 4 ASVG von der Er­stattung ausgeschlossen ist. Kommt der Hauptverband zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Möglichkeit besteht, dass die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist, ist dies dem antragstellenden Unternehmen schriftlich samt Begründung mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen schriftlich Stellung nehmen. Die Stellungnahme hat sich auf die Begründung des vorläufigen Ergebnisses des Hauptverbandes zu be­ziehen. Alle Teile der Stellungnahme, die sich nicht auf die Begründung des vor­läufigen Ergebnisses des Hauptverbandes beziehen, sind unbeachtlich. Das vorläufige Ergebnis und die allfällige Stellungnahme des antragstellenden Unter­nehmens sind der HEK vorzulegen. Die HEK empfiehlt unter Berücksichtigung der allfälligen Stellungnahme des antragstellenden Unternehmens, ob die beantragte Arzneispezialität von der Erstattung ausgeschlossen ist oder nicht. Ist die be­antragte Arzneispezialität nicht erstattungsfähig, lehnt der Hauptverband auf Empfehlung der HEK den Antrag innerhalb von 90 Tagen ab Aufnahme der Arzneispezialität in den Roten Bereich des Erstattungskodex ab; die Arzneispezialität ist aus dem Erstattungskodex zu streichen.

(4) Der Hauptverband kann für Arzneispezialitäten, die einer Kategorie gemäß §351c Abs2 angehören, die Erstattungsfähigkeit feststellen, wenn sich aus den Unterlagen ergibt, dass die Arzneispezialität zur Krankenbehandlung gemäß §133 Abs2 ASVG geeignet ist.

(5) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Be­urteilung der Erstattungsfähigkeit unzureichend, so werden die Fristen gemäß Abs3 sowie gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antrag­stellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antragstellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

(6) Der Hauptverband hat seine ablehnende Entscheidung zu begründen. Das antragstellende Unternehmen ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfrist nach §351i Abs3 ASVG zu belehren. Nach §351c Abs1 ASVG hat eine solche Beschwerde keine aufschiebende Wirkung.

Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich

§21. (1) Der Hauptverband prüft nach Feststellung der Erstattungsfähigkeit den Antrag auf formale Vollständigkeit, sowie ob die gesetzlichen und die in dieser Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen für die Aufnahme in den Gelben oder in den Grünen Bereich gegeben sind.

(2) Ist der Antrag unvollständig, fordert der Hauptverband das antragstellende Unternehmen auf, binnen 14 Tagen die ausständigen Informationen beizu­bringen. Falls das antragstellende Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, ist der Antrag zurückzuweisen und die Arznei­spezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen. Die Arzneispezialität ist nicht aus dem Erstattungskodex zu streichen, falls die Arzneispezialität zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits im Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex angeführt ist.

(3) Sind die Angaben zur Begründung des Antrages im Hinblick auf die Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich des Erstattungskodex unzureichend, so werden die Fristen gemäß §27 Abs1 gehemmt. Der Hauptverband teilt dem antragstellenden Unternehmen unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzel­angaben erforderlich sind. Diese zusätzlichen Einzelangaben hat das antrag­stellende Unternehmen binnen 30 Tagen beizubringen.

Grundsätzliche Vorgangsweisen und Ziele der pharmakologischen,

medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Evaluation

§22. (1) Ziel der Evaluation ist die Beurteilung des Antrages aus pharma­ko­logischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht. Dazu sind vom antragstellenden Unternehmen diesbezügliche Unterlagen im Antrag gemäß der Anlage vorzulegen, dabei hat das antragstellende Unter­nehmen insbesondere einen pharmakologisch, medizinisch-therapeutisch und gesundheitsökonomisch untermauerten Vergleich der beantragten Arznei­spezialität mit den verfügbaren therapeutischen Alternativen vorzulegen. Bei diesem Vergleich ist von der häufigsten Indikation, der medizinisch zweck­mäßigsten Dosierung und der hauptsächlich betroffenen Gruppen von Patienten / Patientinnen auszugehen.

(2) Die Unterlagen gemäß Abs1 haben alle für die Entscheidung über die Auf­nahme bedeutsamen Informationen aus pharmakologischer, medizinisch-therapeutischer und gesundheitsökonomischer Sicht, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, zu enthalten. Unterlagen, welche nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen, werden für das laufende Ver­fahren und für die Entscheidung nicht herangezogen.

(3) Für das laufende Verfahren und für die Entscheidung werden nur folgende publizierte Daten herangezogen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist:

1. Artikel aus Peer-Reviewed-Journals,

2. Bewertungen unabhängiger Institutionen und Behörden.

(4) Gutachten nach §26 Abs2 und 3 sowie nicht publizierte Studien (z.B. Zu­lassungsstudien) werden nur dann berücksichtigt, wenn seitens des antrag­stellenden Unternehmens dem Hauptverband das Recht eingeräumt wird, diese Unterlagen gegenüber Dritten zu verwenden. Punkte, die vom antrag­stellenden Unternehmen ausdrücklich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bezeichnet werden, sind von der Verwendung gegenüber Dritten ausgenommen.

Pharmakologische Evaluation

§23. (1) Ziel der pharmakologischen Evaluation ist:

1. Die Zuordnung und Bewertung der beantragten Arzneispezialität aus pharma­kologischer Sicht im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen,

2. Die Festlegung der im Erstattungskodex angeführten vergleichbaren Arzneispezialität mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform, soweit zweckmäßig auf Basis der vierten Ebene des ATC-Codes, und deren Dosierung als Grundlage für die medizinisch-therapeutische Evaluation.

(2) Der Innovationsgrad der beantragten Arzneispezialität ist dabei wie folgt festzulegen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirk­stoffstärke und die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten (wirk­stoffgleiches Nachfolgeprodukt).

2. Die beantragte Arzneispezialität hat den gleichen Wirkstoff, die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform wie bereits eine oder mehrere im Er­stattungskodex angeführte Arzneispezialitäten, jedoch eine neue Wirkstoffstärke.

3. Die beantragte Arzneispezialität hat eine neue Kombination von Wirkstoffen, die bereits im Erstattungskodex angeführt sind.

4. Bei der beantragten Arzneispezialität handelt es sich um eine neue Dar­reichungsform eines im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffes oder einer im Erstattungskodex angeführten Wirkstoffkombination.

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff einer im Er­stattungskodex angeführten Wirkstoffgruppe mit einheitlich definiertem Wirkprinzip.

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen neuen Wirkstoff mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung einer Erkrankung, zu deren Behandlung bereits Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind.

7. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige medikamentöse Be­handlung einer Erkrankung möglich, welche bisher nichtmedikamentös be­handelt wurde.

8. Mit der beantragten Arzneispezialität ist die erstmalige Behandlung einer Erkrankung möglich.

Medizinisch-therapeutische Evaluation

§24. (1) Ziel der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist:

1. Die Festlegung und Quantifizierung der Gruppen von Patienten/Patientinnen, die für die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität in Frage kommt,

2. Die Festlegung und Quantifizierung des Nutzen für Patienten/Patientinnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen (§23 Abs1),

3. Die Überprüfung und Festlegung der Validität der medizinisch-therapeutischen Angaben bei vorgelegten pharmakoökonomischen Studien.

(2) Die beantragte Arzneispezialität ist dabei im Rahmen einer Gesamt­betrachtung einer der folgenden Gruppen zuzuordnen:

1. Die beantragte Arzneispezialität hat keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten / Patientinnen im Vergleich zu den im Rahmen der pharma­kologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1), weil es sich um ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt gemäß §23 Abs2 Z1 handelt.

2. Die beantragte Arzneispezialität ist eine weitere Therapieoption mit gleichem oder ähnlichem therapeutischen Nutzen für Patienten/Patientinnen im Ver­gleich zu den im Rahmen der pharmakologischen Evaluation festgelegten Arzneispezialitäten (§23 Abs1).

3. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

4. Die beantragte Arzneispezialität hat einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

5. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen thera­peutischen Nutzen für eine Untergruppe von Patienten/Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

6. Die beantragte Arzneispezialität hat einen wesentlichen zusätzlichen thera­peutischen Nutzen für die Mehrzahl der Patienten / Patientinnen, welche für die Behandlung mit dem beantragten Mittel in Frage kommen, im Vergleich zu therapeutischen Alternativen (§23 Abs1).

(3) Bei der medizinisch-therapeutischen Evaluation ist auf die interne und externe Validität der Evidenz, welche den therapeutischen Nutzen für Patienten / Patientinnen belegen soll, Bedacht zu nehmen. Die Validität der Evidenz misst sich an nachstehender Rangfolge:

1. Prospektive, randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit maskierter Ergebnisbeurteilung in einer repräsentativen Population, großes Datenmaterial oder Metaanalysen solcher Studien,

2. Systematische Reviews (z. B. Cochrane-Review) mit Metaanalysen von zahl­reichen Studien mit großen Patientenzahlen/Patientinnenzahlen, Evidenz von klar definierten Endpunkten, die eindeutige Aussagen für jene Population er­geben, für die die Empfehlungen gegeben werden,

3. Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), kleineres Datenmaterial (weniger oder kleinere RCTs oder Ergebnisse nicht beständig oder Studienpopulation entspricht nicht der Zielpopulation der Empfehlungen),

4. Nicht randomisierte oder nicht kontrollierte Studien – Beobachtungsstudien,

5. Konsensus-Urteil eines Fachgremiums (z.B. Guidelines), basierend auf klinischer Erfahrung (bei insuffizienter klinischer Literatur),

6. Stellungnahmen einzelner Experten/Expertinnen.

(4) Hinsichtlich der klinischen Studien ist vom antragstellenden Unternehmen anzugeben, ob es sich um eine Schlüsselstudie (z.B. "pivotal-study" – maximal drei Studien können so bezeichnet werden) handelt; ansonsten ist die Vorlage einer die einzelnen Studien bewertenden Übersichtsarbeit sowie einer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft durchgeführten Metaanalyse erforderlich.

Gesundheitsökonomische Evaluation

§25. (1) Ziel der gesundheitsökonomischen Evaluation ist die Beurteilung der beantragten Arzneispezialität im Hinblick auf eine ökonomische Kranken­behandlung im Kontext der verfügbaren therapeutischen Alternativen. Diese Evaluation basiert auf dem Ergebnis der medizinisch-therapeutischen Evaluation (§24). Dabei ist zu berücksichtigen, ob das Kosten-/Nutzenverhältnis der be­antragten Arzneispezialität in Österreich gesundheitsökonomisch nachvollzieh­bar und vertretbar ist. Bei der Evaluation des Kosten-/Nutzenverhältnisses sind die direkten Kosten der Pflichtleistungen der Sozial­versicherungsträger der Krankenbehandlung (Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe), der Anstaltspflege (auf Basis der LKF-Punkte) sowie der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation auf Basis der tatsächlich verrechneten Preise anzusetzen, allfällige Kostenbeteiligungen der Patienten/Patientinnen (insbesondere Selbstbehalte, Rezeptgebühr oder Behandlungs­beitrag) sind außer Ansatz zu lassen.

(2) Für die Aufnahme in den Grünen Bereich des Erstattungskodex ist wie folgt von der Wirtschaftlichkeit auszugehen:

1. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z1 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Voraussetzungen nach §351c Abs10 Z1 ASVG iVm §609 Abs20 ASVG gegeben sind. Maßgeblich für die Feststellung der Reihenfolge ist der Zeitpunkt der Aufnahme in den Grünen Bereich; dabei sind die Anträge nach Möglichkeit in der Reihenfolge ihrer Vollständigkeit zu erledigen.

a) Die Wirtschaftlichkeit des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn der Preis im Jahr 2004 um mindestens 44,0 %, im Jahr 2005 um mindestens 46,0 %, ab dem Jahr 2006 um mindestens 48,0 % unter dem Preis des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes liegt. Die Wirtschaftlich­keit des zweiten und jedes weiteren wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes ist somit gegeben, wenn ein genügend großer Preisunterschied zum jeweils zuletzt aufgenommenen Nachfolgeprodukt gegeben ist.

b) Die Wirtschaftlichkeit des im Grünen Bereich angeführten Originalproduktes ist dann gegeben, wenn der Preis spätestens drei Monate nach der Aufnahme des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes um mindestens 30,0 % gesenkt wird. Spätestens drei Monate nach Aufnahme des dritten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes, ist der Preis des im Grünen Bereich angeführten Original­produktes neuerlich zu senken, damit die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, so ist die Arzneispezialität aus dem Er­stattungskodex zu streichen.

c) Gemäß §351c Abs10 Z2 ASVG kann der Hauptverband zur Förderung der Verfügbarkeit von wirkstoffgleichen Nachfolgeprodukten auf Empfehlung der HEK für bestimmte Wirkstoffe abweichende Regelungen anwenden, um das finanzielle Gleichgewicht der sozialen Krankenversicherungsträger zu gewähr­leisten.

2. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z2 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität aus­reichend unter den vergleichbaren Behandlungskosten mit [der] im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z1 ASVG).

3. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z3 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität im geringen Ausmaß über den vergleichbaren Behandlungskosten mit [der] im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).

4. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z4 ist von der Wirtschaftlichkeit auszu­gehen, wenn die Behandlungskosten mit der beantragten Arzneispezialität an­gemessen über den vergleichbaren Behandlungskosten mit [der] im Grünen Bereich angeführten günstigsten vergleichbaren Arzneispezialität liegen (§351c Abs9 Z2 ASVG).

5. Bei der Fallgruppe nach §24 Abs2 Z5 und 6 ist von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger gesundheits­ökonomisch sinnvoll und vertretbar ist, insbesondere im Hinblick auf das zu erwartende Kosten/Nutzenverhältnis für die definierte Gruppe von Patienten/Patientinnen (§351c Abs9 Z2 ASVG). Dies ist vom antragstellenden Unter­nehmen anhand einer pharmakoökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensichtlichkeit auf die Vorlage der pharmako­ökomischen Studie durch das antragstellende Unternehmen vorläufig verzichten.

(3) Weiters gelten für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit für die Aufnahme in den Grünen Bereich folgende zusätzliche Voraussetzungen:

1. Wird die Aufnahme von Arzneispezialitäten mit gleichem(n) Wirkstoff(en) und gleicher (praktisch gleicher) Darreichungsform, jedoch mehreren Wirkstoff­stärken in den Grünen Bereich des Erstattungskodex gleichzeitig beantragt, ist in allen Fallgruppen nach Abs2 von der Wirtschaftlichkeit nur dann auszugehen, wenn mit dem Preis für annähernd gleiche Packungen (Packungsgröße) unab­hängig von der Wirkstoffstärke im wesentlichen gleiche Behandlungskosten erreicht werden. Ausgangspunkt bildet die Wirkstoffstärke, die gemäß Fach­information, klinischen Studien oder auf Grund der Erfahrungen in der Praxis für eine Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität hauptsächlich ange­wendet wird ("Schlüsselstärke"). In vom antragstellenden Unternehmen zu begründenden Einzelfällen kann im Einvernehmen mit dem Hauptverband folgender Ansatz herangezogen werden: Die Preise werden im Verhältnis zur Dosierungsstärke abgestuft, wobei für die doppelte Wirkstoffstärke grundsätzlich ein um maximal 67 % höherer Preis akzeptiert werden kann.

2. Der Preis der beantragten Arzneispezialität muss in allen Fallgruppen nach Abs2 unter dem EU-Durchschnittspreis liegen.

(4) Ist im Gelben Bereich des Erstattungskodex keine vergleichbare Arznei­spezialität angeführt, ist für die Aufnahme in den Gelben Bereich des Erstattungskodex von der Wirtschaftlichkeit auszugehen, wenn das zu er­wartende Kosten/Nutzenverhältnis für eine definierte Gruppe von Patien­ten/Patientinnen gesundheitsökonomisch nachvollziehbar und vertretbar ist. Dies ist vom antragstellenden Unternehmen anhand einer pharmako­ökonomischen Studie nachzuweisen. Der Hauptverband kann bei Offensicht­lichkeit auf die Vorlage der pharmakoökonomischen Studie durch das antrag­stellende Unternehmen vorläufig verzichten.

(5) Sind im Gelben Bereich des Erstattungskodex eine oder mehrere vergleich­bare Arzneispezialitäten angeführt, ist für die Aufnahme in den Gelben Bereich des Erstattungskodex die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in sinngemäßer Anwendung von Abs2 vorzunehmen.

(6) Abs3 Z1 ist für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit für die Aufnahme in den Gelben Bereich sinngemäß anzuwenden. Der Preis einer im Gelben Bereich des Erstattungskodex angeführten Arzneispezialität darf den EU-Durchschnitts­preis jedenfalls nicht überschreiten.

Feststellungen und Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission

§26. (1) Der HEK sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer erstattungsfähigen Arzneispezialität in den Erstattungskodex und das auf den jeweiligen Antrag bezogene Ergebnis der Evaluation des Haupt­verbandes vorzulegen. Die HEK ist auch zu befassen, wenn der Hauptverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt (Vorschlag des Hauptverbandes).

(2) Stellt die HEK fest, dass die Möglichkeit besteht, eine vom Antrag ab­weichende Empfehlung zu treffen, ist dies dem antragstellenden Unternehmen unter Bekanntgabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Das antragstellende Unternehmen kann innerhalb von 14 Tagen eine Stellungnahme, die sich ausschließlich auf die Gründe der Feststellung der HEK zu beziehen hat, abgeben. Bei Arzneispezialitäten gemäß §23 Abs2 Z6 bis 8 kann das antragsstellende Unternehmen dem Hauptverband mitteilen, dass anstelle der Stellungnahme ein Gutachten gemäß Abs3 vorgelegt wird.

(3) Das antragstellende Unternehmen beauftragt im eigenen Namen einen Experten/eine Expertin mit der Erstellung eines Gutachtens, das sich ausschließlich auf die Gründe der Feststellung der HEK nach Abs2 zu beziehen hat. Die Kosten des Gutachtens sind vom antragstellenden Unternehmen zu tragen. Der Experte/die Expertin ist auf Vorschlag der HEK vom antrag­stellenden Unternehmen aus der Liste jener vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen gemeldeten und von der European Medicines Evaluation Agency (EMEA) akkreditierten Experten/Expertinnen auszuwählen. Im Rahmen des Gutachtens ist eine Erklärung des Gutachters/der Gutachterin über allfällige Interessenskonflikte abzugeben. Das Gutachten ist vom antragstellenden Unter­nehmen dem Hauptverband spätestens drei Monate nach Übermittlung der Feststellung nach Abs2 vorzulegen. Die Fristen nach §27 werden gehemmt.

(4) Der HEK ist insbesondere die Stellungnahme des antragstellenden Unter­nehmens oder das Gutachten gemäß Abs3 vorzulegen; sie hat diese Unterlagen zu berücksichtigen. Die HEK hat dem Hauptverband insbesondere zu empfehlen, ob die Arzneispezialität in den Gelben oder den Grünen Bereich übernommen werden oder aus dem Erstattungskodex ausscheiden soll. Die Empfehlung kann sich auf bestimmte Verwendungen gemäß §31 Abs3 Z12 litb oder c ASVG beziehen; insbesondere gibt die HEK dem Hauptverband Empfehlungen gemäß §351g Abs2 ASVG ab.

(5) Die Empfehlungen der HEK haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen und sind nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht entsprochen wird.

(6) Abweichende Begründungen sind auf Verlangen eines überstimmten Mit­gliedes dem Protokoll beizufügen. Will ein Mitglied von diesem Recht Gebrauch machen, ist die schriftliche Ausfertigung der abweichenden Begründung, die sich auf das Wesentliche zu beschränken hat, in der jeweiligen Sitzung vom über­stimmten Mitglied vorzulegen. Näheres ist in der Geschäftsordnung der HEK gemäß §9 Abs2 zu regeln.

(7) Anträge auf Preiserhöhung nach dem VI. Abschnitt sind entgegen den Be­stimmungen in Abs1 der HEK nicht vorzulegen.

Entscheidung über den Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex

§27. (1) Der Hauptverband entscheidet über den Antrag auf Aufnahme in den Gelben oder Grünen Bereich auf Grundlage der Empfehlung der HEK innerhalb von 90 Tagen ab dem Vorliegen einer Empfehlung der HEK nach deren Einlangen.

(2) Der Hauptverband hat jedenfalls auf Grundlage der Empfehlung der HEK innerhalb von 24 Monaten ab der Feststellung des ermittelten EU-Durchschnitts­preises zu entscheiden. Kann ein EU-Durchschnittspreis nicht oder nicht inner­halb von 12 Monaten nach Aufnahme in den Roten Bereich ermittelt werden, beginnt die 24‑monatige Frist nach Ablauf von 12 Monaten nach Aufnahme in den Roten Bereich.

(3) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht vollinhaltlich stattgegeben wird. Die Begründung der ablehnenden Entscheidung darf sich nur auf Punkte beziehen, zu denen das antragstellende Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Das antragstellende Unter­nehmen ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittel­kommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach §351i Abs3 ASVG zu belehren.

(4) Der Hauptverband kann eine vom Antrag abweichende Entscheidung treffen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Ver­handlung über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei behauptet die Verfassungswidrigkeit gesetz­licher Bestimmungen, welche die Einrichtung und Funktionsweise der belangten Behörde regeln, nämlich §351i Abs3 und 4 ASVG, sowie eine Verletzung des Gleichheitssatzes und des Art6 EMRK mit der Begründung, dass die Ent­scheidungsbefugnis der Unabhängigen Heilmittelkommission den Anforderungen eines "effektiven Rechtsschutzes" iSd Art6 iVm Art13 EMRK nicht genüge.

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat die Unabhängige Heilmittelkommission bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 17.686/2005 (diesem folgend VfSlg 17.701/2005) als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art133 Z4 B‑VG und als Tribunal iSd Art6 EMRK qualifiziert. Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung weiterhin fest.

1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg 9887/1983, 11.912/1988 uva.) lässt sich allein aus der gesetzlich vorge­schriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine – auch nur scheinbare – Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten: Die weisungsfreien Interessenvertreter, die in einer Kollegialbehörde mit richter­lichem Einschlag im Sinne des Art133 Z4 B‑VG vertreten sind, fungieren keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr sachliche Gesichtspunkte in den Entscheidungsvorgang einbringen, die sich aus ihrer jeweiligen Berufsstellung ergeben. Ein Verstoß gegen die ge­forderte Unparteilichkeit könnte, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 12.470/1990 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisa­torischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben.

1.3. Die Einwände der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Kontroll­dichte des Verfahrens vor der Unabhängigen Heilmittelkommission sind unbe­rechtigt: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex nicht um die Frage geht, ob dem Arzneimittel der Markt der sozialen Krankenver­sicherung an sich eröffnet wird, sondern nur darum, ob das Arzneimittel (allen­falls auch erst auf Grund einer Bewilligung durch den chefärztlichen Dienst des betroffenen Krankenversicherungsträgers im Einzelfall) zur Direktver­rechnung mit dem Krankenversicherungsträger zugelassen wird (§31 Abs3 Z12 litd sowie §350 Abs1 Z3 ASVG). Die Zulässigkeit der Verwendung von zugelassenen Arzneimitteln, die nicht in den Erstattungskodex aufgenommen sind, zur Krankenbehandlung im Rahmen der sozialen Krankenversicherung hängt hingegen nicht von der Aufnahme des Arzneimittels in den Erstattungs­kodex, sondern davon ab, ob die Behandlung aus zwingenden therapeutischen Gründen notwendig ist (vgl. §31 Abs3 Z12 viert­letzter Satz ASVG). Die "Positivliste" des Erstattungskodex schränkt daher das Recht des Patienten auf Anwendung der für die ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung notwendigen Heilmittel nicht ein. Den Versicherten können vielmehr – wenngleich nach Genehmigung durch den chefärztlichen Dienst – alle zugelassenen Medikamente verordnet werden, wenn dies im einzelnen Be­handlungsfall den gesetzlich festgelegten Kriterien einer ausreichenden, zweck­mäßigen und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Kranken­behandlung dient (OGH SZ62/103 uva., zuletzt 10 ObS 104/12k – Behandlung der "feuchten", altersabhängigen Makula­degeneration mit Avastin).

Die für die Aufnahme von Arzneimitteln in den Erstattungskodex zu beachtenden Kriterien geben den Rahmen für eine Abwägungsentscheidung des Hauptverbandes der öster­reichischen Sozialversicherungsträger. Daher genügt unter dem Gesichtspunkt des Art6 EMRK die nachprüfende Kontrolle dieser Abwägungsentscheidung durch ein Tribunal wie die Unabhängige Heilmittel­kommission, das berechtigt ist, sowohl die Verletzung der gesetzlichen Grenzen der darin inkludierten Ermessensübung, als auch eine für eine wirksame Nach­prüfung der Ermessensübung unzureichende Begründung als zur Aufhebung der Entscheidung des Hauptverbandes der öster­reichischen Sozialversicherungs­träger führende Rechtswidrigkeit aufzugreifen.

2. Die beschwerdeführende Partei rügt ferner Verletzungen des Gleichheits­satzes in verschiedener Hinsicht, teils durch Anwendung ihrer Auffassung nach gleichheitswidriger Normen, teils durch Übung von Willkür durch "Abweichen von Parteienvorbringen" sowie eine Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren iSd Art6 EMRK und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter iSd Art83 Abs2 B‑VG.

2.1. Die beschwerdeführende Partei stützt ihre Beschwerde in diesem Zusammen­hang zunächst auf die Behauptung, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass Lucentis wegen Fristablaufs von mehr als 120 Tagen im Sinne des §351i Abs4 zweiter Satz ASVG bereits als in den Erstattungskodex aufgenommen zu gelten gehabt hätte; in diesem Zusammenhang sei die be­schwerdeführende Partei in ihrer Rechtsverfolgung durch eine nur beschränkte Akten­einsicht behindert und es seien Protokolle zum Teil "im Akt irreführend abgelegt worden".

Damit ist die beschwerdeführende Partei aus folgenden Gründen nicht im Recht:

2.1.1. Gemäß §351d Abs1 ASVG hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger über Anträge auf Auf­nahme in den gelben oder grünen Bereich innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden innerhalb von 180 Tagen) ab Antragstellung auf Grundlage der Empfehlung der Heilmittelevaluierungskommission zu ent­scheiden. Der Fristenlauf wird ge­hemmt, wenn die vom vertriebsberechtigten Unternehmen vorzulegenden Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht in der aktuellen Fassung vorgelegt werden. Entscheidet der Hauptverband der österreichischen Sozialver­sicherungsträger nicht fristgerecht, so hat dies aber nicht etwa die antragsgemäße Aufnahme der Arzneispezialität in den Erstattungskodex zur Folge, sondern berechtigt vielmehr das antragstellende Unternehmen, die Unab­hängige Heilmittelkommission anzurufen, die in diesem Fall gemäß §351i Abs5 ASVG innerhalb von weiteren 180 Tagen in der Sache selbst zu ent­scheiden hat, widrigenfalls der Antrag als angenommen gilt. Hat die Unabhängige Heilmittel­kommission hingegen auf Grund einer Beschwerde als Rechts­mittelbehörde zu entscheiden, so ist diese Rechtsfolge im Gesetz nicht vorgesehen.

2.1.2. Hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (wie hier in den drei ersten Rechtsgängen) zunächst nur über die Erstattungsfähigkeit abgesprochen, so beginnen mit der Aufhebung seiner Entscheidung gemäß §351i Abs4 vierter Satz ASVG die Fristen nach §§351c Abs1 zweiter Satz leg.cit. von 90 Tagen und nach §351c Abs7 Z1 leg.cit. von 24 Monaten neu zu laufen. Dies bedeutet, dass dann, wenn die Erstattungsfähigkeit nicht innerhalb von 90 Tagen erneut verneint wird, die Arzneispezialität im roten Bereich verbleibt, und zwar (zunächst) höchstens für 24 Monate ab der Feststellung des ermittelten EU-Durchschnittspreises. Kann ein solcher Preis (vorerst) nicht ermittelt werden, beginnt diese Frist erst nach Ablauf von 12 Monaten nach Aufnahme in den roten Bereich zu laufen. In diesem Stadium ist in den genehmigten An­wendungsfällen der vom Unternehmen vorerst bekanntgegebene Preis – gegen Rückverrechnung, wenn sich bei Preisevaluierung herausstellt, dass der vor­läufige Erstattungspreis über dem EU-Durchschnittspreis liegt – zugrunde zu legen. Im Übrigen gilt für den Hauptverband der österreichischen Sozialver­sicherungsträger erneut die Frist von 180 Tagen gemäß §351d Abs1 ASVG.

2.1.3. Die für den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger geltende Frist von 120 Tagen im Sinne des §351i Abs4 zweiter Satz ASVG, nach deren Verstreichen der Antrag als angenommen gilt, wird hingegen erst dann in Gang gesetzt, wenn die Unabhängige Heilmittel­kommission eine Entscheidung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger aufgehoben hat, in welcher – in ausdrücklicher oder konkludenter Bejahung der Erstattungs­fähigkeit – die Aufnahme einer Arznei­spezialität in den Erstattungskodex aus anderen Gründen abgelehnt oder eine in den Erstattungskodex aufgenommene Arzneispezialität aus einem anderen Grund als dem Fehlen der Er­stattungsfähigkeit gestrichen wurde.

2.1.4. Da die von der belangten Behörde im vierten Rechtsgang bestätigte Ent­scheidung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ­– nunmehr insoweit von der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit ausgehend – die Streichung wegen des Fehlens der Wirtschaftlichkeit (u.a. wegen Nichteinhaltung des EU‑Durch­schnittspreises) vorgenommen hat, hätte die 120‑Tage‑Frist nur im Falle einer neuerlichen Aufhebung auch dieser Entscheidung durch die Unabhängige Heil­mittelkommission erstmals zu laufen beginnen können.

2.1.5. Aus diesen Gründen geht auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, wonach sie angeblich nicht in der Lage gewesen sei, den Lauf der 120‑Tage‑Frist aus den Verwaltungsakten nachzuvollziehen, ins Leere.

2.1.6. Es liegen daher weder Verletzungen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren iSd Art6 EMRK noch — mangels eines Verstoßes gegen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung — auf ein Verfahren vor dem gesetz­lichen Richter iSd Art83 Abs2 B‑VG vor.

2.2. Nicht nachvollziehbar ist die Argumentation der beschwerdeführenden Partei, wonach ihr der Zugang zu "geheimen Protokollen" über eine Sitzung der Heilmittelevaluierungskommission vom 10. Dezember 2009 verwehrt worden sei, die – worauf die Argumentation offenbar hinausläuft – dem elektronischen Akt nicht angeschlossen worden seien.

2.2.1. Gemeint ist damit offenbar nicht die aktenkundige Protokollierung über die Beschlussfassung der Heilmittelevaluierungskommission sowie deren Inhalt, sondern ein (Beratungs-)Protokoll über die Standpunkte und über das Ab­stimmungsverhalten einzelner Mitglieder. Dieses unterliegt jedoch – ent­sprechend den in dieser Hinsicht bestehenden allgemeinen Standards der öster­reichischen Rechtsordnung (vgl. auch Art20 Abs3 B‑VG) – nach §8 VO‑EKO zulässigerweise der Amtsverschwiegenheit und ist daher nicht parteien­öffentlich.

2.2.2. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in seiner Entscheidung mit einer –auch nach dem Beschwerdevorbringen der beschwerdeführenden Partei im elektronischen Akt tatsächlich zugänglich gewesenen – abweichenden Stellung­nahme eines Mitgliedes der Heilmittelevaluierungskommission aus­einander­gesetzt hat, da die beschwerdeführende Partei ausreichend Gelegenheit hatte, der Argumentation des Hauptverbandes der österreichischen Sozialver­sicherungsträger in ihrer an die Unabhängige Heilmittelkommission gerichteten Beschwerde entgegenzutreten.

2.2.3. Auch die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Rüge, dass für die Stellungnahme der Heilmittelevaluierungskommission vorweg ein Entwurf er­stellt worden sei, verkennt, dass eine solche Vorgangsweise nicht das Gremium präjudiziert, sondern als Grund­lage für eine entsprechend strukturierte Diskussion aller auftretenden Fragen erforderlich ist und daher auch in anderen, auch höchstgerichtlichen Kollegial­organen zum guten Beratungsstandard zählt.

2.2.4. Die beschwerdeführende Partei wurde daher auch insoweit weder in ihrem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK verletzt noch hat die belangte Behörde Willkür geübt (Art7 B‑VG). Auch die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, dass §16 Abs1 letzter Satz der Geschäftsordnung der Heilmittelevaluierungskommission in §351g ASVG keine Deckung finde, geht im Hinblick darauf ins Leere, dass die für die Geheimhaltung des Beratungs­protokolls maßgebende Vorschrift §8 VO-EKO ist. Damit erledigt sich auch die in der Beschwerde enthaltene weitere Variante dieser Rüge, wonach die belangte Behörde in Bezug auf das Beratungsprotokoll "gehäuft vom Parteien­vorbringen abgegangen" sein soll.

2.3. Die beschwerdeführende Partei rügt ferner, dass der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger auf ein von ihr am 3. Dezember 2009 über­mitteltes neues Preisanbot in seiner Entscheidung vom 23. Dezember 2009 mit der Begründung nicht Bedacht genommen habe, es sei dieses Preis­anbot außer­halb der Frist des §19 Abs3 Z5 VO‑EKO eingereicht worden, und sie behauptet die Gesetzwidrigkeit dieser Vorschrift.

2.3.1. Nach dieser Bestimmung sind vom antragstellenden Unternehmen über­mittelte Unterlagen im Verfahren und für die Entscheidung nur dann zu berück­sichtigen, wenn diese spätestens 16 Tage vor der ersten Behandlung des An­trages in der Sitzung der Heilmittelevaluierungskommission dem Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger übermittelt werden.

2.3.2. Die auf §19 Abs3 Z5 VO‑EKO beschränkte Behauptung der beschwerde­führenden Partei betreffend die Gesetzwidrigkeit der Norm geht schon im Ansatz fehl, weil §19 Abs1 VO‑EKO im Interesse einer höchstmöglichen Straffung und Beschleunigung des Verfahrens, die schon mit Blick auf die gesetzlichen Fristen geboten ist, den Antragstellern die ausdrück­liche Verpflichtung auferlegt, alle zur Entscheidung über den Antrag not­wendigen Unterlagen gemäß §18 VO‑EKO unter einem mit dem Antrag vor­zulegen, wobei der antragstellenden Partei die Möglichkeit offensteht, das Ver­fahren zunächst auf die Frage der Erstattungsfähigkeit zu beschränken und erst nach deren Feststellung oder nach dem fruchtlosen Verstreichen der 90-tägigen Frist des §351c Abs1 dritter Satz ASVG (mit der Konsequenz des Eintrittes der Erstattungsfähigkeit durch Aufnahme in den roten Bereich des Erstattungs­kodex) einen Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex zu stellen und erst dann alle dafür erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

Eine erst nach dem Antrag erfolgende Vorlage von weiteren Unterlagen ist gemäß §19 Abs2 VO‑EKO an die Voraussetzung gebunden, dass diese vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger verlangt wurden. Zu diesen beiden Bestimmungen enthält §19 Abs3 Z5 VO‑EKO lediglich eine Ausnahme für die Berücksichtigung von solchen Unterlagen, die weder mit dem Antrag vorgelegt, noch vom Hauptverband der österreichischen Sozialver­sicherungsträger verlangt wurden, die jedoch – unter Erfüllung weiterer in Z1 bis 4 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen – so rechtzeitig (die Fest­legung der Verordnung hiefür ist 16 Tage) vor dem Beratungstermin der Heil­mittel­evaluierungskommission einlangen, dass sie von der Heilmittel­evaluierungskommission noch ohne Verzögerung des Verfahrens be­rücksichtigt werden können.

Diese Frist ist Verfahrensparteien auch bekannt, da die Tagesordnung der Sitzung der Heilmittelevaluierungskommission, ein­schließlich der Bezeichnung der in dieser Sitzung zu behandelnden Arznei­spezialitäten, gemäß §8 der Geschäftsordnung der Heilmittel­evaluierungs­kommission in der Regel drei Wochen vor dem Sitzungstermin im Internet unter www.sozial ­ver­sicherung.at zu veröffentlichen sind.

2.4. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewähr­leisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Er­mittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unter­lassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Eine solche gravierende Fehlbeurteilung kann der belangten Behörde aber nicht angelastet werden:

2.4.1. Die strengen zeitlichen Vorgaben des §19 Abs1 VO-EKO bzw. der (demgegenüber begünstigenden) Ausnahme­regelung des §19 Abs3 Z5 VO‑EKO gelten ausdrücklich nur für die Vorlage von Unterlagen, und nicht auch – nach erfolgter Ermittlung des EU-Durchschnittspreises – für "in letzter Minute" ver­besserte Preisanbote (also für bloße Tatsachenmitteilungen), mit denen diesem Durchschnittspreis entsprochen (und damit die Voraussetzung des §31 Abs3 Z12 litb letzter Satz ASVG hergestellt) werden soll; es ist in diesem Zusammenhang näm­lich nicht ersichtlich (und konnte vom beteiligten Hauptverband der Sozialver­sicherungsträger in der mündlichen Verhandlung auch nicht dargetan werden), wie ein bloßes Preisanbot, auch wenn es nach dem für die Vorlage von Unter­lagen geltenden Zeitpunkt erstattet wird, zu einer Verzögerung des Verfahrens führen könnte. Auch können die für Unterlagen geltenden weiteren Voraussetzungen der Z1 bis 4 des §19 Abs3 VO-EKO mit einem derartigen Preisanbot nicht in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Es ist daher nicht nach­vollziehbar, aus welchen (sachlichen) Gründen die für die Vorlage von nach Antragstellung unverlangt nachgereichten Unterlagen geltende Frist des §19 Abs3 Z5 VO‑EKO auch für ein verbessertes Preisanbot gelten soll.

2.4.2. Mit dem Vorbringen, dass auch ein bedingtes Anbot im Hinblick auf §862 ABGB zulässig wäre, wird keine Willkür der belangten Behörde aufgezeigt, sondern lediglich die einfachgesetzliche Richtigkeit in Frage gestellt, was vom Verfassungsgerichtshof jedoch nicht zu beurteilen ist. Wenn die belangte Behörde daher davon ausgegangen ist, dass das Preis­anbot vom 3. Dezember 2009 wegen der gesetzten Bedingung der Aufnahme von Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht dem Gesetz entsprochen hat, hat sie im Ergebnis nicht Willkür geübt. Dies gilt auch für die Beurteilung der früheren, ebenfalls befristeten Preisanbote der beschwerde­führenden Partei vom 10. September 2009 und 5. November 2009 in der Höhe von € 1.018,30, mit denen nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Fest­stellungen im erstinstanzlichen Bescheid überdies der EU-Durchschnittspreis überschritten wurde.

2.4.3. Die belangte Behörde durfte daher schon deshalb denkmöglich davon ausgehen, dass die gesetzlichen Voraus­setzungen für die Auf­nahme von Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex gemäß §31 Abs3 Z12 litb letzter Satz ASVG nicht vorlagen. Die in der Beschwerde er­hobenen materiellrechtlichen Rügen betreffend die den angefochtenen Bescheid tragenden weiteren Argumente, nämlich betreffend die strittige Indikationsregel (mit oder ohne OCT-Kontrolle) und betreffend die Zulässigkeit des "sektorenübergreifenden Kostenvergleichs", bedürfen daher keiner weiteren Er­örterung mehr.

3. Schließlich behauptet die beschwerdeführende Partei eine Verletzung im Recht auf Entscheidung in angemessener Frist gemäß Art6 EMRK.

3.1. Die gesetzlichen Bestimmungen und die Verordnung über das Verfahren zur Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex setzen die Richtlinie 89/105/EWG , ABl. 1989 L 40, 8, betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln und ihre Einbeziehung in die staatlichen Kranken­ver­sicherungssysteme, um; sie liegen daher im Anwendungsbereich des Unionsrechts und daher auch des insoweit dem Art6 EMRK gleichenden Art47 der GRC. Art47 Abs2 GRC garantiert ein Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist und stellt nach dem Erkenntnis des Ver­fassungs­gerichtshofes VfSlg 19.632/2012 ein verfassungsgesetzlich gewähr­leistetes Recht dar.

3.2. Angesichts der Parallelität des Art6 EMRK mit Art47 Abs2 GRC (vgl. VfSlg 19.632/2012) im Hinblick auf das Recht auf Entscheidung innerhalb angemes­sener Frist reicht es im vorliegenden Fall aus, auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu verweisen, der zufolge die Angemessenheit der Verfahrensdauer nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände des einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Ver­fahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerde­führer relevant (vgl. VfSlg 17.307/2004, 17.582/2005, 17.644/2005, 18.509/2008, 18.658/2008).

Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnisse staatlicher Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art6 Abs1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte; VfSlg 17.821/2006, 18.066/2007, 18.509/2008).

3.3. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Aufnahme der Arznei­spezialität Lucentis in den gelben Bereich des Erstattungskodex stammt vom 13. April 2007, das Verfahren hat mit Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 25. März 2010 seinen Abschluss gefunden. Die gesamte Verfahrensdauer vor den Verwaltungsbehörden hat somit knapp unter drei Jahren betragen.

3.3.1. Was die Bedeutung der Sache für die beschwerdeführende Partei anlangt, so strebte sie durch die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben Bereich des Erstattungskodex an, dass diese nach Genehmigung der Ver­schreibung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst des jeweiligen Krankenver­sicherungs­trägers nach Maßgabe der Richtlinie über die ökonomische Verschreibweise (§31 Abs5 Z13 ASVG) auf dessen Kosten abgegeben werden kann, wobei einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität in diesem Bereich höchstens der EU-Durchschnittspreis verrechnet werden darf (§31 Abs3 Z12 litb letzter Satz ASVG).

Beschwerden gegen Entscheidungen des Hauptverbandes, dass die Arznei­spezialität nicht erstattungsfähig ist, haben (nach der gemäß §642 Abs2 ASVG hier noch anzuwendenden Rechtslage vor der Transferierung dieser Bestimmung in §351i Abs3 ASVG durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl I 33/2009) gemäß §351c Abs1 vierter Satz ASVG keine aufschiebende Wirkung. Die Stellung des Antrages führt aber dazu, dass sich die betreffende Arzneispezialität während des Ver­fahrens vor dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (dh. jeweils bis zur Streichung durch den erstinstanzlichen Bescheid mangels Erstattungs­fähigkeit) gemäß §31 Abs3 Z12 lita iVm §351c Abs1 zweiter Satz ASVG im roten Bereich des Erstattungskodex befindet. Sie kann daher nach dem Gesetzeswortlaut im Ergebnis unter denselben Bedingungen auf Kosten des Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, als ob sie sich im gelben Bereich befinden würde (chef- bzw. kontrollärztliche Genehmigung nach Maßgabe der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise). Da die Abweisung des Antrages der beschwerde­führenden Partei im vierten Rechts­gang aus anderen Gründen als dem der Erstattungsfähigkeit erfolgt ist, hatte die Beschwerde gegen diesen Bescheid aufschiebende Wirkung, sodass die Arzneispezialität bis zur Erlassung des Bescheides der belangten Behörde im roten Bereich des Erstattungskodex verblieb. Insgesamt war dies somit durch rund 20 Monate, also während mehr als der Hälfte der Verfahrens­dauer der Fall, nämlich in den Zeiträumen vom 13. April 2007 bis zur Erlassung des Bescheides vom 27. Juni 2007, von der aufhebenden Entscheidung der Unab­hängigen Heilmittel­kommission vom 29. November 2007 bis zur erneuten Streichung mit Bescheid des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 23. April 2008, von der Aufhebung dieses Bescheides durch die Unab­hängige Heil­mittel­kommission mit Bescheid vom 27. November 2008 bis zur neuer­lichen Streichung durch Bescheid des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 30. März 2009, und schließlich von der Aufhebung auch dieses Bescheides durch die Unabhängige Heilmittelkommission mit Bescheid vom 25. Juni 2009 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 25. März 2010. Diese dem angestrebten Verfahrensergebnis weitgehend entsprechende Rechtsstellung, die das Gesetz der beschwerdeführenden Partei somit bereits während des Verfahrens einräumt, relativiert die Belastung, die der beschwerdeführenden Partei durch die Verfahrensdauer von nahezu drei Jahren erwachsen konnte.

3.3.2. Was den Beitrag der Behörden zu der Verfahrensdauer betrifft, so kann eine längerdauernde Untätigkeit nicht festgestellt werden. Die zwischen den einzelnen Entscheidungen gesetzten Verfahrensschritte bestanden im Wesent­lichen aus Vorhalten von Verfahrensergebnissen an die beschwerdeführende Partei, um dieser Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Verfahrens­schritte erfolgten im Allgemeinen unverzüglich, dh. binnen weniger Tage. Die Dauer der vier erforderlichen Rechtsmittelverfahren betrug jeweils ab der Be­schwerde­führung im ersten Rechtsgang rund vier Monate, im zweiten Rechtsgang ca. sechs Monate, im dritten Rechtsgang rund zwei Monate und im vierten Rechtsgang schließlich ca. vier Monate. Die etwas längere Dauer des Rechtsmittel­verfahrens im zweiten Rechts­gang wurde durch einen zusätzlichen Schriftsatz der beschwerdeführenden Partei verursacht, der einen Monat nach der Beschwerde ­erstattet wurde, und zu dem die belangte Behörde un­verzüglich eine Stellungnahme des Hauptverbandes eingeholt hat, wozu sie zur Wahrung des Parteiengehörs verpflichtet gewesen ist. Eine ab Vorliegen dieser Stellung­nahme verstrichene Frist von vier Monaten (als längste Frist der Untätigkeit einer Behörde im Gesamtzeitraum des Verfahrens) bis zur Entscheidung der Unab­hängigen Heilmittelkommission kann nach den Um­ständen des Falles nicht als übermäßig angesehen werden.

3.3.3. Das Schwergewicht der Argumentation der beschwerdeführenden Partei zur Unangemessenheit der Verfahrensdauer liegt denn auch nicht in der Be­hauptung einer unvertretbar langen Dauer der Untätigkeit der Behörden; vielmehr steht im Mittelpunkt der Argumenta­tion der Umstand, dass drei Rechtsgänge erforderlich gewesen seien, ehe der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungs­träger seinen Standpunkt, Lucentis sei überwiegend für die Verwendung in Krankenanstalten geeignet und daher gemäß §351c Abs2 ASVG nicht er­stattungsfähig, aufgegeben habe.

3.3.4. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat für den Fall, dass staatliche Behörden durch Rechtsmittel gegen gerichtliche Anordnungen die faktische Durchsetzbarkeit eines rechtskonformen Zustandes zu verhindern suchen, ausgesprochen, dass die Behörden die damit verbundenen Verzögerungen zu verantworten haben (EGMR, Pibernik, Appl. 75139/01, Rz 56 f). Das Erfordernis wiederholter Rechtsgänge innerhalb der Verwaltung, die auf Begründungsmängel der jeweils erstinstanzlichen Bescheide zurückzuführen sind, könnten — selbst unter Zugrundelegung des in der genannten Ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens — nur dann eine Unangemessenheit der Verfahrens­dauer begründen, wenn dieser Fehler dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger als erstinstanzliche Behörde als eine Verfahrensverschleppung vorwerfbar wäre.

3.3.5. Die beschwerdeführende Partei legt in ihrer Beschwerde zwar dar, welche — unterschiedlichen — Gesichtpunkte in den drei Rechtsgängen zur Frage der Erstattungsfähigkeit erörtert und vom Hauptverband der öster­reichischen Sozialversicherungsträger zur Begründung seiner jeweiligen Entscheidung herangezogen wurden. Ein Verhalten des Hauptverbandes, das in Verschleppungsabsicht gesetzt worden wäre, wird damit aber nicht dargetan.

3.4. Eine Verletzung der beschwerdeführenden Partei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist gemäß Art6 Abs1 EMRK liegt daher nicht vor.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

2. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechts­grundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen An­wendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

3. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz ent­spricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – gegen die Entscheidung einer Kollegial­behörde nach Art133 Z4 B‑VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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