VfGH B1131/2010 ua

VfGHB1131/2010 ua13.6.2013

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs mangels Landwirteigenschaft der Erwerberin und infolge Vorhandenseins bäuerlicher Interessenten

Normen

Nö GVG 2007 §1 Z1, §3 Z2 lita, litb, §3 Z4 lita, §6 Abs2, §11 Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Nö GVG 2007 §1 Z1, §3 Z2 lita, litb, §3 Z4 lita, §6 Abs2, §11 Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien

 

Spruch:

I. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufverträgen vom 13. Jänner 2009 und vom 10. Dezember 2008 jeweils näher bezeichnete, in der Katastralgemeinde Puchberg am Schneeberg gelegene Grundstücke. Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde Neunkirchen genehmigte die Kaufverträge mit Bescheiden vom 30. Juni 2009, in welchen sie ausführte, dass die bäuerlichen Interessenten zwar Forstwirte seien, jedoch keine bevorzugte Stellung hätten, weil die Erwerberin ebenfalls als Forstwirtin zu qualifizieren sei. Gegen diese Bescheide erhoben die bäuerlichen Interessenten Berufung.

2. Mit den beiden Bescheiden vom 5. Juli 2010 gab die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung den Berufungen statt und versagte den beiden Kaufverträgen jeweils die grundverkehrsbehördliche Genehmigung.

3. Die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung begründete in den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheiden die Versagung der grundverkehrsrechtlichen Genehmigungen im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin weder eine Landwirtin im Sinne des §3 Z2 lita Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 2007, LGBl 6800-2, (im Folgenden: NÖ GVG) sei noch durch ihre Erwerbe Landwirtin im Sinne des §3 Z2 litb leg.cit. werde. Im Einzelnen führt sie dazu Folgendes aus:

3.1. Der Beschwerdeführerin fehle es an der Qualifikation als Landwirtin nach §3 Z2 litb NÖ GVG. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, gemäß §3 Z2 litb NÖ GVG genüge es für die Erlangung der Eigenschaft als Landwirt, dass die zur Betriebsführung erforderlichen Fähigkeiten auf Grund praktischer Tätigkeit erworben worden seien, ohne dass hiefür eine konkrete fachliche Ausbildung notwendig sei, hält die belangte Behörde entgegen, dass Ausbildung und praktische Tätigkeit nach dieser Bestimmung kumulativ anzuwendende Tatbestandsmerkmale seien.

3.2. Der Mangel an Befähigung dürfe allerdings nur im Zusammenhang mit Prognoseerwägungen zu einer Versagung der Genehmigung führen. Es sei für die absehbare Zukunft auszuschließen, dass die Beschwerdeführerin von einem Forstbetrieb leben werde und sie durch den Erwerb Landwirtin im Sinne des §3 Z2 litb NÖ GVG werde. Dafür sprächen insbesondere das Fehlen einer Selbstbewirtschaftung und das dauernd negative Betriebsergebnis im Zusammenhang mit dem bereits vor den Erwerben von der Beschwerdeführerin verwalteten bzw. in ihrem Eigentum stehenden forstwirtschaftlichen Grundbesitz. Auch das Betriebskonzept der Beschwerdeführerin wirke sich auf die Prognose nicht positiv aus: Es enthalte "bloß an den vagen Wunschvorstellungen orientierte, breit formulierte, strategische Überlegungen über mögliche zukünftige Erträge und Ziele" ohne Investitionsplanung. Es lägen daher begründete Zweifel vor, dass die Beschwerdeführerin mit dem Erwerb der Liegenschaft einen leistungsfähigen, landwirtschaftlich gesunden bäuerlichen Betrieb schaffen würde; vielmehr spreche Entscheidendes dafür, dass der primäre Grund für den Erwerb in der Vergrößerung des bisherigen forstlichen Grundbesitzes vorwiegend zur Ausübung der Jagd liege.

3.3. Demgegenüber würden die bäuerlichen Interessentenbetriebe durch den Erwerb der hier maßgeblichen Grundstücke wirtschaftlich gestärkt werden. Nach der Grundausstattung der bäuerlichen Interessentenbetriebe sei von deren Stärkungsbedürftigkeit auszugehen. Die Stärkung und die Erhaltung dieser Betriebe überwögen unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung des §1 Z1 NÖ GVG gegenüber dem Interesse an der Erweiterung des forstlichen Grundbesitzes der Beschwerdeführerin. Es liege daher nicht nur der Versagungsgrund nach §6 Abs2 Z1, sondern auch jener nach §6 Abs2 Z2 NÖ GVG vor.

3.4. Dem in den erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen forstfachlichen Amtssachverständigen, welcher mit der Prüfung der "Forstwirteeigenschaft der Erwerberin" gemäß §3 Z2 und 3 NÖ GVG beauftragt worden war, sei zu Unrecht eine Rechtsfrage gestellt worden, obwohl die Rechtsanwendung nur der Behörde obliege und ein Sachverständiger auf Grund seiner Fachkenntnisse lediglich ein Urteil über bestimmte Sachverhaltselemente abzugeben habe. Das genannte Gutachten, welches der Beschwerdeführerin einerseits ausreichend forstliche Erfahrung und forstliches Wissen für die Bewirtschaftung und Führung eines Forstbetriebes attestierte und andererseits eine ordnungsgemäße und fachgerechte Führung des Betriebes prognostizierte, sei hinsichtlich der Erzielbarkeit von Erträgen von rechtlich unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen.

4. In den gegen die Bescheide der Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung gerichteten, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden behauptet die Beschwerdeführerin die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B‑VG, auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs gemäß Art6 StGG, auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK.

4.1. Die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin in willkürlicher Weise die Landwirteeigenschaft abgesprochen; auf Grund der Aktenlage und der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde zumindest für die Zukunft davon ausgehen müssen, dass die Beschwerdeführerin durch die Grundstückerwerbe Landwirtin im Sinne des §3 Z2 litb NÖ GVG werde. Die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin fehle die persönliche Befähigung zur Selbstbewirtschaftung, stehe im Gegensatz zu den Ausführungen des Amtssachverständigen.

4.2. Die belangte Behörde habe ferner die Legaldefinition des Begriffes "Landwirt" gemäß §3 Z2 NÖ GVG willkürlich und denkunmöglich angewendet: Um "Landwirt" nach dieser Bestimmung zu sein, reiche es aus, die dazu erforderlichen Fähigkeiten "aufgrund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung" glaubhaft zu machen. Es sei denkunmöglich, von der Beschwerdeführerin kumulativ eine praktische Tätigkeit und eine fachliche Ausbildung zu verlangen.

4.3. Ferner habe die belangte Behörde die Landwirteeigenschaft der Beschwerdeführerin zu Unrecht mit der Begründung verneint, dass sie das Kriterium der Selbstbewirtschaftung nicht erfülle. Ein höchstpersönliches Tätigwerden könne dem Gesetz nicht als Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung entnommen werden.

4.4. In der zu B1132/10 protokollierten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin darüber hinaus geltend, in den Kundmachungen der Grundverkehrsbehörde erster Instanz und der Bezirksbauernkammer sei entgegen der Bestimmung des §11 Abs3 NÖ GVG, die eine Anmeldefrist von drei Wochen für Interessenten vorsehe, eine längere Frist für die Anmeldung eines Kaufinteresses genannt worden. Die in diesem Verfahren aufgetretenen Interessenten hätten ihr Kaufinteresse innerhalb der in der Kundmachung vorgesehenen Frist, aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Wochen angemeldet. Dennoch seien sie von der erstinstanzlichen und der belangten Behörde als Interessenten und als Parteien des Verwaltungsverfahrens behandelt worden.

4.5. Schließlich wird in den Beschwerden geltend gemacht, die Rechtsansicht der belangten Behörde stehe in Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht. Aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 23. September 2003, Rs. C‑452/01, Ospelt und Schlössle Weissenberg Familienstiftung, Slg. 2003, I‑09743, folge, dass Interessentenregelungen, die bei Auftreten eines Interessenten in jedem Fall zur Versagung der Genehmigung des Erwerbs durch einen Nichtlandwirt führen, unionsrechtswidrig seien. Dasselbe gelte für das Gebot der Selbstbewirtschaftung: Nach der durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil Ospelt geäußerten Rechtsansicht könne es nicht mehr auf die Selbstbewirtschaftung ankommen, sondern nur darauf, dass die weitere ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Kaufgrundstückes gesichert sei. Die Beschwerdeführerin könne sich zwar nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen; wenn ihr aber entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die grundverkehrsrechtliche Genehmigung verweigert würde, käme es zu einer dem Gleichheitsgrundsatz widersprechenden Inländerdiskriminierung.

5. Die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung erstattete jeweils Gegenschriften und beantragte im Wesentlichen mit denselben Argumenten wie in den angefochtenen Bescheiden die Abweisung der Beschwerden als unbegründet.

II. Rechtslage

1. Die einschlägigen Bestimmungen des Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 2007, LGBl 6800-0 in der Fassung LGBl 6800-2, lauten:

"§1

Ziele

Ziel des Gesetzes ist

1. die Erhaltung, Stärkung und Schaffung einer leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft entsprechend den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich;

2. die Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes;

3. die Beschränkung von Rechtserwerben an Grundstücken

durch ausländische Personen.

§2

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Rechtsgeschäfte unter Lebenden über den Erwerb von Rechten an

1. land- und/oder forstwirtschaftlichen Grundstücken, sowie an den dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Wohngebäuden und Wirtschaftsbauwerken oder Teilen dieser Bauwerke;

2. allen Grundstücken sowie an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, wie Wohnungen, wenn ausländische Personen Rechte erwerben.

§3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:

1. Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke:

Grundstücke, die

a) im Flächenwidmungsplan als Grünland/Land und Forstwirtschaft oder als Grünland/Land- und forstwirtschaftliche Hofstellen oder

b) im vereinfachten Flächenwidmungsplan als Grünland gewidmet sind,

wenn sie gegenwärtig zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder land- oder forstwirtschaftlich genutzt sind. Dabei ist die Beschaffenheit oder die Art ihrer tatsächlichen Verwendung maßgebend. Die Aussetzung der land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines Grundstückes, Betriebes oder Bauwerkes beendet die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück solange nicht, als dieses rechtmäßig einem anderen Zweck zugeführt wird.

Keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke sind Grundstücke, die im Eisenbahnbuch eingetragen sind.

2. Landwirte oder Landwirtinnen (im Voll-, Zu- oder Nebenerwerb):

a) wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern oder Dienstnehmerinnen bewirtschaftet und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreitet oder

b) wer nach Erwerb eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern oder Dienstnehmerinnen bewirtschaften und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreiten will, wenn

- diese Absicht durch ausreichende Gründe belegt und

- aufgrund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten glaubhaft gemacht werden können.

3. Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb:

jede selbständige wirtschaftliche Einheit, mit der land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke in der Absicht nachhaltiger Gewinnerzielung bewirtschaftet werden.

4. Interessenten oder Interessentinnen:

a) Landwirte oder Landwirtinnen, die bereit sind, anstelle des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über die vertragsgegenständliche Liegenschaft abzuschließen, wenn sie glaubhaft machen, dass die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist;

b) […]

5. Wirtschaftlich gesunder land- oder forstwirtschaftlicher Grundbesitz:

Grundbesitz, welcher zumindest zur Abdeckung des Eigenbedarfs an land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen dient, dessen Bewirtschaftung zumindest kostendeckend ist und der in seinem Ausmaß den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich entspricht.

6. […]

[…]

2. Abschnitt

Rechtserwerb an land- oder

forstwirtschaftlichen Grundstücken

§4

Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück betreffen, bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn sie zum Gegenstand haben:

1. Die Übertragung des Eigentumsrechtes;

[…]

[…]

§6

Genehmigungsvoraussetzungen

(1) […]

(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn

1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;

2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;

3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder

4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.

3. Abschnitt

Behörden und Verfahren im land- und forstwirtschaftlichen

Grundverkehr

[…]

§10

Antrag

(1) Der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin muss innerhalb von drei Monaten ab Vertragsabschluss bei der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich um Genehmigung ansuchen. Der Antrag darf innerhalb dieser Frist auch von einer anderen Vertragspartei gestellt werden.

(2) Die Vertragsparteien sind bereits vor Errichtung einer Urkunde berechtigt, ein Ansuchen im Sinne des Absatzes 1 zu stellen. In diesem Fall muss der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände des Rechtsgeschäftes, sowie die Zustimmung aller Vertragsteile enthalten.

(3) Der Behörde sind alle zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, insbesondere

1. die Urkunde über das Rechtsgeschäft;

2. Angaben über die im Flächenwidmungsplan für das Grundstück festgelegte Widmung;

3. Angaben über den Gegenstand des Rechtsgeschäftes und die Gegenleistung;

4. Angaben über die künftige Nutzung des Geschäftsgegenstandes und

5. Angaben über die persönlichen Verhältnisse des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin.

(4) Für den Antrag ist ein durch Verordnung der Landesregierung festgelegtes Formular zu verwenden. Die Landesregierung darf durch Verordnung die Bereitstellung weiterer Unterlagen und Informationen vorsehen, wenn dies zur Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß §1 Z1 und 2 erforderlich ist.

§11

Verfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß §6 Abs1 den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, die in §10 Abs3 Z1 bis 5 genannten Informationen zu übermitteln.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß §6 Abs2 den Gemeinden und den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, eine Kundmachung zu übermitteln, in der die Art des Rechtsgeschäftes und folgende Angaben enthalten sind:

1. Name und Adresse des Veräußerers oder der Veräußerin gem. §4 Abs1 Z1 - 4;

2. Grundstücksnummer;

3. Katastralgemeinde;

4. Flächenausmaß;

5. kalendermäßige Angabe des Endes der Anmeldefrist.

Den Bezirksbauernkammern sind darüber hinaus die in §10 Abs3 Z2 bis 5 genannten Informationen und auf ihr Verlangen die Urkunde über das Rechtsgeschäft (§10 Abs3 Z.1) zu übermitteln.

(3) Die Anmeldefrist beträgt drei Wochen und beginnt mit dem Tag der Übermittlung der Kundmachung an die Bezirksbauernkammer.

(4) Die Gemeinden haben ihrem Ortsvertreter oder ihrer Ortsvertreterin unverzüglich eine Kopie der Kundmachung zu übermitteln.

(5) Die Kundmachung ist von der Gemeinde und der Bezirksbauernkammer unverzüglich mit dem Hinweis ortsüblich zu verlautbaren, jedenfalls aber während der Anmeldefrist an der Amtstafel anzuschlagen, dass innerhalb der Anmeldefrist jede Person bei der Bezirksbauernkammer ihr Interesse am Erwerb schriftlich oder niederschriftlich anmelden kann. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Bezirksverwaltungsbehörde Einsicht in die Urkunde über das Rechtsgeschäft genommen werden kann.

(6) Gleichzeitig mit der Anmeldung ist die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen und sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Der Interessent oder die Interessentin hat nach ordnungsgemäßer Anmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß §8 AVG.

(7) Die Bezirksbauernkammer hat

1. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß §6 Abs1 der Bezirksverwaltungsbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Einlangen der Verständigung nach §11 Abs1 eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des §6 widerspricht;

2. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung nach §6 Abs2 der Bezirksverwaltungsbehörde innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Anmeldefrist

a) alle bei ihr rechtzeitig eingelangten Interessentenanmeldungen vorzulegen und

b) eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des §6 widerspricht.

(8) Langt bei der Bezirksverwaltungsbehörde keine Verständigung gemäß Abs7 ein, hat sie das Rechtsgeschäft zu genehmigen. Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig, wenn keine Bedingungen oder Auflagen gemäß §36 vorgeschrieben werden.

(9) Langt bei der Bezirksverwaltungsbehörde eine Verständigung gemäß Abs7 ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen. Der Bezirksbauernkammer ist eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen.

(10) Die in den Abs5 und 7 geregelten Aufgaben der Bezirksbauernkammer sind im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen. Sie unterliegt dabei den Weisungen der Landesregierung.

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

1.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (vgl. dazu insbesondere VfSlg 18.326/2007 zu den vergleichbaren [Vorgänger-]Regelungen des §3 Abs2 lita iVm §1 Z2 NÖ GVG 1989, insbesondere auch unter dem Aspekt der Unionsrechtswidrigkeit) und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, die Behörde hätte diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

1.2. Ein solcher Vorwurf ist der belangten Behörde nicht zu machen:

1.2.1. Es ist nicht willkürlich, wenn die belangte Behörde die Ansicht vertritt, dass die Beschwerdeführerin weder eine Landwirtin im Sinne des §3 Z2 lita NÖ GVG ist noch durch den Grunderwerb zu einer Landwirtin gemäß §3 Z2 litb leg.cit. wird.

Der Auffassung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erwerbe keine Landwirtin im Sinne des §3 Z2 lita NÖ GVG sei, kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, zumal die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit nicht den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie "zumindest zu einem erheblichen Teil" (§3 Z2 lita NÖ GVG) aus dem von ihr bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bestritten hat.

Die belangte Behörde konnte auch bei ihrer Prognoseentscheidung in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin nach Erwerb des Grundstücks nicht einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit bewirtschaften und daraus den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreiten will (vgl. §3 Z2 litb NÖ GVG). Die belangte Behörde führte gesamthaft betrachtet ein aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandendes Ermittlungsverfahren durch und begründete ihre Entscheidungen nachvollziehbar und denkmöglich im Wesentlichen damit, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der zu erwartenden Einkünfte vage und widersprüchlich sei und das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Betriebskonzept nur allgemeine und oberflächliche Darstellungen und weder konkrete Bewirtschaftungspläne noch schlüssige Angaben hinsichtlich der Verwirklichung einer nachhaltigen Einkommenserzielung im Rahmen eines bäuerlichen Betriebes in absehbarer Zeit enthalte.

1.2.2. Es ist der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht entgegenzutreten, wenn sie das Vorhandensein bäuerlicher Interessenten im Sinne des §3 Z4 lita NÖ GVG nicht nur im zu B1131/10 protokollierten Beschwerdefall (in dem dies unstrittig ist), sondern auch im Verfahren zu B1132/10 bejaht.

In der zu B1132/10 protokollierten Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin, dass die Kundmachung der Bezirksverwaltungsbehörde Neunkirchen zu Unrecht den 20. Jänner 2009 als letzten Tag der in §11 NÖ GVG vorgesehenen dreiwöchigen Frist genannt habe und die Erklärung der bäuerlichen Interessenten zwar während der in der Kundmachung angegebenen Frist, jedoch erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Wochen ab Kundmachung und somit verspätet eingelangt sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die Kundmachung normativen Charakter hat und daher potentiellen Interessenten, die auf die Richtigkeit der Kundmachung vertrauen dürfen, nicht die Rechtswidrigkeit der in der Kundmachung festgelegten Frist zur Geltendmachung ihrer Rechte entgegengehalten werden kann. Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Interessentenerklärung hat die Behörde daher zu Recht die in der Kundmachung angeführte (längere) Frist als maßgeblich erachtet.

1.2.3. Da die belangte Behörde sohin vertretbar davon ausgegangen ist, dass einerseits die Beschwerdeführerin keine Landwirtin im Sinne des §3 Z2 lita NÖ GVG ist und auch durch die Erwerbe nicht Landwirtin im Sinne des §3 Z2 litb NÖ GVG wird und andererseits weitere Interessenten im Sinne des §3 Z4 lita NÖ GVG vorhanden sind, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie den Versagungsgrund für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §6 Abs2 NÖ GVG als erfüllt erachtet. Dass die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes durch die Behörde aus der Sicht der Beschwerdeführerin unbefriedigend geblieben ist, indiziert noch nicht willkürliches Verhalten (VfSlg 17.526/2005 mwN).

Es erübrigt sich damit eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die Heranziehung weiterer Versagungsgründe in vertretbarer Weise erfolgt ist (vgl. etwa VfSlg 13.406/1993 mwN).

2. Ein die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagender Bescheid greift im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 6735/1972, 7539/1975, 13.406/1993) in das Eigentum (auch) des Erwerbers ein.

Der durch die angefochtenen Bescheide bewirkte Eingriff in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin wäre jedoch nur dann verfassungswidrig (zB VfSlg 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002), wenn die ihn verfügenden Bescheide ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wären oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhten oder wenn die Behörde bei Erlassung der Bescheide eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Dass die angefochtenen Bescheide weder gesetzlos noch auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes, aber auch nicht in denkunmöglicher Auslegung eines Gesetzes ergangen sind, ergibt sich bereits aus den Ausführungen unter Pkt. 1.2. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtenen Bescheide auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

3. Angesichts dessen kommt auch eine Verletzung des durch Art6 StGG gewährleisteten Rechts auf Liegenschaftsverkehrsfreiheit nicht in Betracht (vgl. zB VfSlg 16.489/2002, 17.227/2004).

4. Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das in Art6 EMRK garantierte Recht auf ein faires Verfahren erblickt, wendet sie sich erneut nur gegen die – wie dargelegt, aus einem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ermittlungsverfahren (zumindest vertretbar) abgeleiteten – beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, ohne eine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes aufzuzeigen.

5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt wurde.

6. Ob die angefochtenen Bescheide in jeder Hinsicht dem Gesetz entsprechen, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerden – wie im vorliegenden Fall – gegen Entscheidungen einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richten, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden können (vgl. zB VfSlg 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsvorschrift verletzt wurde.

2. Die Beschwerden sind daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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