Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art15 Abs9
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Nö JagdG 1974 §106 Abs5, §109 Abs2
Nö JagdV §50, §54
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art15 Abs9
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Nö JagdG 1974 §106 Abs5, §109 Abs2
Nö JagdV §50, §54
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der nunmehrige Beschwerdeführer machte gegen den
Jagdausübungsberechtigten der GJ Mottingeramt Ansprüche auf Ersatz von Wildschäden (Verbiss- und Fegeschäden) für das Jahr 2007 in der Höhe von € 241,30 und für das Jahr 2008 in der Höhe von € 84,99, die auf seinen Forstkulturen entstanden waren, geltend. Da das Schlichtungsverfahren gemäß §107 NÖ Jagdgesetz nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen mit einem Vergleich beendet werden konnte, machte der Beschwerdeführer seine Ansprüche auf Schadenersatz bei der Behörde geltend. Mit Bescheid der Bezirkskommission für den Bereich der Bezirksbauernkammer Krems vom 25. Jänner 2008 wurde festgestellt, dass der Anspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Schadenersatz für das Jahr 2007 dem Grunde nach zu Recht bestehe, die Schadenshöhe entsprechend dem Gutachten des Amtssachverständigen jedoch mit Null (statt der geltend gemachten € 241,30) zu beziffern sei.
Mit einem weiteren Bescheid der Bezirkskommission für den Bereich der Bezirksbauernkammer Krems vom 29. Oktober 2008 wurde der Jagdausübungsberechtigte verpflichtet, Ersatz für den in der Forstkultur des nunmehrigen Beschwerdeführers entstandenen Wildschaden im Jahre 2008 in Höhe von € 66,27 (statt der geltend gemachten € 84,99) zu leisten. Mit den jeweils nach Berufung des Beschwerdeführers ergangenen angefochtenen Bescheiden der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. Dezember 2008 (B239/09) und vom 23. Juli 2009 (B1133/09) wurde die Ersatzpflicht des Jagdausübungsberechtigten mit € 220,40 bzw. € 76,97 festgesetzt.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die im Wesentlichen gleichlautenden gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerden, in denen der Beschwerdeführer die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt. Der Beschwerdeführer erachtet sich in diesen Rechten dadurch verletzt, dass ihm auf Grund der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§106 Abs5 NÖ Jagdgesetz 1974, LGBl. 6500 idgF) bzw. einer gesetzwidrigen Verordnung (§54 Abs1, 2 und 3 NÖ JagdVO, LGBl. 6500/1-46 idgF) ein nicht auszugleichender Schaden entstanden sei.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der sie die angefochtenen Bescheide verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt. Weiters erstattete der Jagdausübungsberechtigte in seiner Eigenschaft als beteiligte Partei jeweils eine Äußerung.
II. 1. Die zur Beurteilung der vorliegenden Fälle maßgebenden
Bestimmungen des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-23 (15. Novelle 64/08, 14. August 2008), lauten auszugsweise wie folgt:
"§101
Haftung für Jagd- und Wildschäden
(1) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet, in seinem Jagdgebiet den an Grund und Boden, an den land- und forstwirtschaftlichen Kulturen oder an deren noch nicht eingebrachten Erzeugnissen,
1. bei Ausübung der Jagd von ihm selbst, von seinen Jagdgästen, Jagdaufsehern und Treibern sowie durch die Jagdhunde dieser Personen verursachten Schaden (Jagdschaden),
2. vom Wild verursachten Schaden (Wildschaden), soferne dieser nicht auf Grundstücken eingetreten ist, auf denen die Jagd gemäß §17 Abs1 und 2 ruht,
nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu ersetzen.
(2) - (3) ..."
"§106
Schadensermittlung
(1) Bei der Ermittlung von Jagd- und Wildschäden ist, wenn eine Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustandekommt, der Schadensberechnung der ortsübliche Marktpreis der beschädigten oder vernichteten Erzeugnisse zugrunde zu legen.
(2) Schäden an noch nicht erntereifen Erzeugnissen sind in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie sich zur Zeit der Ernte auswirken. Können die Schäden durch Wiederanbau oder durch Anbau einer anderen Frucht oder Inanspruchnahme von Förderungsmaßnahmen ausgeglichen oder vermindert werden, ist der Vermögensnachteil nach dem Mehraufwand und allfälligen Minderertrag zu bemessen.
(3) Erreicht jedoch der Jagd- oder Wildschaden ein solches Ausmaß, daß ohne Umbruch und ohne Anbau einer anderen Frucht ein entsprechender Ernteertrag nicht mehr zu erwarten ist, so hat der Jagdausübungsberechtigte die für den Anbau erforderliche Arbeit sowie das hiefür aufzuwendende Saatgut und den sich allfällig ergebenden Minderertrag des zweiten Anbaues zu ersetzen.
(4) Wildschaden an erntereifen oder schon geernteten, aber noch nicht eingebrachten Erzeugnissen ist dann nicht zu ersetzen, wenn erwiesen ist, daß zur Zeit, zu der der Schaden verursacht wurde, die Erzeugnisse bei ordentlicher Wirtschaftsführung bereits hätten eingebracht werden können, oder daß, sofern es sich um Erzeugnisse handelt, welche auch im Freien aufbewahrt werden können, Vorkehrungen mangelten, durch die ein ordentlicher Landwirt diese Erzeugnisse vor Wildschaden zu schützen pflegt.
(5) Wildschäden im Walde (an Stämmen, Pflanzungen, natürlichen Verjüngungen, Vorkulturen usw.) sind nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen zu bewerten. Hiebei ist zwischen Verbiß-, Fege- und Schälschäden zu unterscheiden und zu berücksichtigen, ob nur Einzelstammschädigung oder bereits Bestandesschädigung oder betriebswirtschaftliche Schädigung eingetreten ist; die näheren Bestimmungen hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen.
§107
Ersatz von Jagd- oder Wildschäden
(1) Jagd- oder Wildschäden sind vom Geschädigten binnen zwei Wochen, nachdem ihm der Schaden bekannt wurde, bei sonstigem Verlust des Anspruches beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten geltend zu machen. Kommt binnen zwei Wochen nach Geltendmachung ein Vergleich über den Schadenersatz nicht zustande, so ist über diesen nach den nachfolgenden Bestimmungen abzusprechen.
(2) ..."
"§109
Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden,Enthebung der Mitglieder
(1) Die Bezirkshauptmannschaften haben für den Wirkungsbereich jeder Bezirksbauernkammer eine Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden, in der Folge kurz Bezirkskommission genannt, zu bilden. Die Bezirkskommissionen sind am Sitze der Bezirkshauptmannschaften einzurichten und nach der Bezirksbauernkammer zu benennen, für deren Wirkungsbereich sie gebildet werden. Die Bezirkskommissionen sind auch für das Gebiet der in ihrem Wirkungsbereich gelegenen Städte mit eigenem Statut zuständig.
(2) Die für den Wirkungsbereich jeder Bezirksbauernkammer einzurichtenden Bezirkskommissionen bestehen aus dem Bezirkshauptmann oder einem von ihm zu entsendenden rechtskundigen Beamten als Vorsitzenden und zwei auf die Dauer der Jagdperiode vom Bezirkshauptmann zu bestellenden Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Sie bleiben bis zur Neubestellung der Bezirkskommission im Amt. Sie müssen mit den land- und forstwirtschaftlichen Verhältnissen in ihrem Wirkungsbereich und mit der Bewertung von Jagd- und Wildschäden vertraut sein. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder sollen ihren Wohnsitz im Bereich der jeweiligen Bezirksbauernkammer haben. Ein Mitglied (Ersatzmitglied) ist auf Vorschlag der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer und ein Mitglied (Ersatzmitglied) ist auf Vorschlag des NÖ Landesjagdverbandes zu bestellen. Alle Kommissionsmitglieder werden von Bezirkshauptmann auf die Dauer ihrer Bestellung mit Handschlag auf die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihres Amtes angelobt.
(3) Wenn die Mitglieder der Bezirkskommission ihre Aufgabe nicht in einer den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechenden Weise erfüllen, hat sie der Bezirkshauptmann ihres Amtes zu entheben. Das gleiche gilt, wenn sie um ihre Enthebung ansuchen.
§110
Anmeldung des Schadens, Aufgaben des Schlichters
(1) Der Geschädigte hat innerhalb von zwei Wochen nach fruchtlosem Ablauf der für einen Vergleich gemäß §107 Abs1 festgesetzten Frist bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft seinen Anspruch auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden anzumelden. In seinem Antrag hat er den Schaden ziffernmäßig zu bezeichnen. ...
(2) - (5) ..."
"§114
Verhandlung vor der Bezirkskommission
Der Verhandlung sind vom Vorsitzenden Sachverständige der nach der Schadensart in Frage kommenden Fachrichtung beizuziehen. Diesen Sachverständigen steht, soweit es sich nicht um die der Bezirksverwaltungsbehörde zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen handelt, für ihre Mühewaltung eine Entschädigung in dem Ausmaß zu, wie sie Sachverständigen in gerichtlichen Verfahren gebührt. Die Entschädigung ist in dem die Angelegenheit erledigenden Bescheid (dem Vergleich) der Bezirkskommission festzusetzen."
"§117
Aufteilung der Kosten des Verfahrens
(1) Kosten, die einer Partei aus ihrer eigenen Teilnahme sowie aus jener eines Vertreters, allenfalls eines Rechtsbeistandes, erwachsen, hat die Partei selbst zu tragen (Parteienkosten).
(2) Hinsichtlich der Tragung aller übrigen Kosten, die aus dem Verfahren über Schadensersatzansprüche vor der Bezirkskommission, der Landeskommission und vor dem Schlichter erwachsen (Amtskosten), gelten folgende Bestimmungen:
1. Der zur Leistung eines Schadenersatzes verpflichtete Jagdausübungsberechtigte hat vorbehaltlich der Bestimmungen der lit2 und 3 diese Kosten zu tragen.
- 2. ...
- 3. ... Wenn der Geschädigte mit seinem Ersatzanspruch
teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten zwischen Geschädigtem und Jagdausübungsberechtigtem in jenem Verhältnis zu teilen, das sich jeweils gemäß §110 Abs4 aus der vom Geschädigten begehrten Schadenssumme und der vom Jagdausübungsberechtigten anerkannten Schadenssumme zur Höhe der Schadensfeststellung der Bezirkskommission ergibt.
..."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der NÖ JagdVO, LGBl. 6500/1-0 idF LGBl. 6500/1-46 (45. Novelle 48/08, 16. Mai 2008), lauten auszugsweise wie folgt:
"§50
Schadensarten
(1) Festzustellen ist, ob
- 1. Verbiß-,
- 2. Schäl- oder
- 3.
Fegeschäden
vorliegen.
(2) Festzustellen ist weiters, ob
- 1. Einzelpflanzen- oder Einzelstammschädigungen,
- 2. Bestandesschädigungen oder
- 3. betriebswirtschaftliche Schädigungen eingetreten sind.
(3) Eine Bestandesschädigung liegt vor, wenn eine Verminderung der Bestandesstabilität wie durch Ausfall von Mischbaumarten oder eine Verminderung der Pflanzenanzahl oder Stammzahl unterhalb 70 % der in den §§54 und 57 angegebenen maximal notwendigen Pflanzenanzahl bzw. maximal zu bewertenden Stammzahl zu erwarten ist.
(4) Eine betriebswirtschaftliche Schädigung liegt vor, wenn bereits 50 % des Bewuchses einer 10jährigen Altersklasse des Gesamtbetriebes Schäden aufweisen und der Anteil des unbeschädigten Bewuchses dieser Altersklasse des Gesamtbetriebes durch den Wildschaden noch weiter vermindert wird.
(5) Kann die Bestandesschädigung (Abs3) bzw. die betriebswirtschaftliche Schädigung (Abs4) durch forstliche Maßnahmen verhindert werden und werden diese forstlichen Maßnahmen als Teil der Wildschadensentschädigung bewertet, so ist keine Bestandesschädigung bzw. betriebswirtschaftliche Schädigung eingetreten.
(6) Alle sonstigen Schäden sind als Einzelpflanzen- bzw. Einzelstammschädigungen anzusehen."
"Verbißschäden
§52
Definition
Verbißschäden sind die durch das Abäsen der Höhentriebe oder Seitentriebe an Pflanzen des forstlichen Bewuchses verursachte Schäden. Als Abäsen des Triebes gilt bereits das Abäsen seiner Leitknospe."
"§54
Schadensbewertung
(1) Der Schaden ist mit 0 zu bewerten, wenn noch 90 % der Zielbestockung in nach waldbaulichen Grundsätzen maximal notwendiger Pflanzenzahl (Abs3), annähernd gleichmäßig über die Fläche verteilt, unbeschädigt geblieben sind. Bei Mischbeständen ist dabei von den Flächenanteilen der jeweiligen Baumarten auszugehen.
(2) Der Bewertung sowie der Bestimmung der tatsächlich vorhandenen Pflanzenanzahl sind nur jene Pflanzen zugrundezulegen, die mindestens ein Drittel der Oberhöhe der jeweiligen Baumart des Verjüngungsbestandes erreicht haben.
(3) Die nach waldbaulichen Grundsätzen maximal notwendige Pflanzenanzahl je Hektar beträgt bei
- Fichte und Tanne 2500,
- Lärche und Douglasie 2000,
- Kiefer und Laubholz 4000.
Bei anderen Baumarten ist die maximal notwendige Pflanzenanzahl nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten gutachtlich festzulegen.
(4) Bei Überbestockung (höhere Pflanzenanzahl als die nach waldbaulichen Grundsätzen maximal notwendige) sind lineare Reduktionsfaktoren für die Pflanzen aller Schädigungsgrade in Anwendung zu bringen. ...
(5) - (8) ..."
"Fegeschäden
§58
(1) Fegeschäden sind die durch das Abschlagen oder Abreiben der Rinde mit dem Geweih und Bloßlegen des Holzes oder Bastes an Stämmen des forstlichen Bewuchses verursachte Schäden. Einem Fegeschaden ist das beim Fegen bewirkte Herausziehen von Pflanzen des forstlichen Bewuchses gleichzuhalten.
(2) Fegeschäden an Bäumen bis zu 15 Jahren sind wie Verbißschäden im Schädigungsgrad 'stark' und an Bäumen von über 15 Jahren wie Schälschäden zu bewerten."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden erwogen:
1. Gemäß §120 Abs2 NÖ Jagdgesetz entscheidet über Berufungen gegen Bescheide der Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden die Landeskommission für Jagd- und Wildschäden. Gegen Bescheide der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig (§120a Abs5 NÖ Jagdgesetz). Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen sind gegeben.
Die Beschwerden sind zulässig.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Gleichheitssatzes und bringt dazu vor, es bestehe keine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von Forst- und Landwirten in Bezug auf den Ersatz für Wildschäden. Forstwirte erhielten erst dann eine Entschädigung, wenn über 10 % der Pflanzen pro Hektar (§54 NÖ JagdVO) geschädigt seien. Eine ähnliche Entschädigungsbeschränkung sei für Landwirte nicht vorgesehen. Die angefochtenen Bescheide stützten sich bei der Berechnung des Schadenersatzes auf eine gesetzwidrige Verordnung und dadurch werde im Ergebnis der Schadenersatz zu niedrig bemessen, was sich wiederum auf die Kostenaufteilung der Verfahrenskosten gemäß §117 NÖ JagdVO auswirke.
a) Dem Gesetzgeber ist nicht entgegenzutreten, wenn er vom allgemeinen Schadenersatzrecht abweichende Sonderregelungen für Wildschäden an Forstbeständen einerseits und landwirtschaftlichen Kulturen andererseits für erforderlich hält, zumal solche Schäden sowohl nach der Art der Schadenszufügung als auch nach Art und Zeitpunkt des eintretenden Schadens bzw. seiner Auswirkungen Besonderheiten aufweisen, die im allgemeinen Schadenersatzrecht nicht berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer übersieht aber auch, dass sich die Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen auf Grund von deren typischerweise jährlich wiederkehrenden Ernten und Schäden an forstwirtschaftlichen Kulturen auf Grund von deren extrem langen Produktionszeiten unterschiedlich intensiv auswirken.
b) Auch die NÖ JagdVO, insbesondere deren §§50 und 54, sind insoweit nicht zu beanstanden, als sie die Regeln über die Schadensbewertung nach anerkannten forstwirtschaftlichen Grundsätzen festlegen. Dazu gehört, dass Schäden bis zu 10% der Zielbestockung als nicht ins Gewicht fallend im Hinblick darauf unentschädigt bleiben, dass - wie auch die behördlichen Feststellungen auf Grund des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens
bestätigen - dem "Abtriebszeitpunkt ... in der forstlichen
Bewirtschaftung mehrere Durchforstungseingriffe vorangehen, einzelne Lücken insbesondere in älteren Dickungen und Stangenhölzern in kurzer Zeit geschlossen werden und der Zuwachs der angrenzenden verbleibenden Bäume durch den erhöhten Lichtgenuss sogar gesteigert wird". Die auf Grund des Gutachtens getroffene Feststellung, dass in der herkömmlichen forstlichen Bewirtschaftung verbiss- und fegebedingte Ausfälle von Jungbäumen, wenn diese in geringem Ausmaß, unselektiv und annähernd regelmäßig über die Verjüngungsflächen passieren, unproblematisch sind, da eine beträchtliche Zahl der Jungbäume ohnehin im Zuge der ersten Pflegeeingriffe (Stammzahlreduktion, Dickungspflege, Erstdurchforstung) entnommen werden müssen, ohne einen positiven Deckungsbeitrag erzielen zu können, ist nicht unschlüssig. Dem Verordnungsgeber ist aber auch nicht darin entgegenzutreten, dass er die Schadensbemessung anhand allgemein anerkannter forstlicher Bewirtschaftungsgrundsätze vorgenommen wissen will und davon abweichende individuelle Nutzungen, wie sie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführt hat, im Interesse einer für alle Forstwirte gleichen Schadensermittlung nicht berücksichtigt.
Eine derartige, standardisierte Durchschnittsbetrachtung bei der Ermittlung von Wildschäden, die auf allgemein anerkannten forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsgrundsätzen beruht, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
c) Da die NÖ JagdVO, wie soeben dargelegt, hinsichtlich ihrer Bestimmungen über die Schadensbewertung nicht zu beanstanden ist, geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich der auf der Schadensbewertung basierenden Verfahrenskostenaufteilung ins Leere.
3. Weiters behauptet der Beschwerdeführer ohne nähere Begründung die Kompetenzwidrigkeit des NÖ Jagdgesetzes und der
NÖ JagdVO, "da sie ... unzulässig weit in die dem Bundesgesetzgeber
nach Art10 Abs1 Z10 B-VG allein zustehende Kompetenz zur Gesetzgebung in Forstsachen" eingreife.
Diesem Vorwurf ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegenzuhalten, nach der es zulässig ist, auf Grund der gegebenen Besonderheiten das Schadenersatzrecht für Wildschäden einer speziellen, von den Schadenersatzbestimmungen des ABGB allenfalls abweichenden Regelung zu unterziehen und der Landesgesetzgeber als Jagdgesetzgeber dazu nach Art15 Abs9 B-VG zuständig ist (s. VfSlg. 8849/1980, 8989/1980 und 15.917/2000).
4. In seinem Beschwerdevorbringen zu B1133/09 führt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des Art6 EMRK ins Treffen, dass die zur Entscheidung in erster Instanz berufene Bezirkskommission dadurch, dass ein Mitglied der Kommission der Fachrichtung Landwirtschaft, nicht jedoch der Fachrichtung Forstwirtschaft angehört hätte, rechtswidrig zusammengesetzt und daher "beschlussunfähig" gewesen sei. Darüber hinaus sei ohne gesetzliche Grundlage der Schlichter des vorgeschalteten und ergebnislos gebliebenen Schlichtungsverfahrens zur Verhandlung der Bezirkskommission geladen worden.
Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, treffen die Vorwürfe des Beschwerdeführers nicht zu: Die Bestellung der Mitglieder der Bezirkskommission erfolgt gemäß §109 Abs2 NÖ Jagdgesetz, wonach die Kommissionsmitglieder mit den land- und forstwirtschaftlichen Verhältnissen in ihrem Wirkungsbereich und mit der Bewertung von Jagd- und Wildschäden vertraut sein müssen. Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers verlangt die Bestimmung des §109 Abs2 NÖ Jagdgesetz nicht, dass das jeweilige Kommissionsmitglied Forstwirt sein muss. Vor diesem Hintergrund kommt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht zum Ergebnis, dass die Bezirkskommission korrekt zusammengesetzt war.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die Bezirkskommission den Schlichter der Verhandlung beigezogen hat, weil der von der Bezirkskommission bestellte Amtssachverständige "auf dessen Befund aufbauen musste", so ist er darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde ihren Bescheid, mit dem sie der Berufung des Beschwerdeführers nahezu zur Gänze stattgegeben hat, ausschließlich auf das Gutachten des von ihr bestellten Amtssachverständigen gestützt hat, gegen dessen Feststellungen der Beschwerdeführer nichts vorbringt. Selbst wenn also im erstinstanzlichen Verfahren Verfahrensmängel unterlaufen sein sollten, wären sie durch die Vorgangsweise der belangten Behörde geheilt.
5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.
6. Das Verfahren hat nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde. Die Beschwerden waren daher abzuweisen.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)