VfGH B2059/06

VfGHB2059/0612.12.2008

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.534,40 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu erstatten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Schenkungsvertrag vom 29. Dezember 2000 hat die Erstbeschwerdeführerin das Gst. 195/2 GB K. zu ideellen 14/16 Anteilen an ihre Tochter (Viertbeschwerdeführerin) und zu jeweils einem ideellen 1/16 Anteil an ihre Söhne (Zweit- und Drittbeschwerdeführer) übergeben. Zudem hat sie das Gst. 195/3 GB K. samt dem darauf errichteten Wohnhaus jeweils zur ideellen Hälfte an ihre Söhne übergeben, welche ihrer Mutter dafür das unentgeltliche und lebenslange Wohnrecht in diesem Gebäude eingeräumt haben. Letztlich wurden die Gst. 926/1, 927/1 und 939/1 GB K. zu jeweils einem ideellen 1/3 Anteil an die Tochter und die zwei Söhne übergeben.

Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 29. Dezember 2000 hat die Erstbeschwerdeführerin ihrer Tochter (Viertbeschwerdeführerin) und ihren Söhnen (Zweit- und Drittbeschwerdeführer) ihren ideellen Hälfteanteil an dem Gst. 465/5, GB S., einem forstwirtschaftlichen Grundstück, zu jeweils einem ideellen 1/6 Anteil versprochen. Entsprechend §23 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 wurden diese Rechtsgeschäfte der Grundverkehrsbehörde bei der Bezirkshauptmannschaft K. angezeigt.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2001 wurde von der Bezirkshauptmannschaft K. eine Bestätigung über die Ausnahme von der Erklärungspflicht betreffend die Rechtserwerbe an den Gst. 195/2 und 195/3 sowie an den als Wohngebiet und Verkehrsfläche gewidmeten Teilen des Gst. 926/1 sowie hinsichtlich der Einräumung des lebenslangen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes für die Erstbeschwerdeführerin im Wohnhaus auf Gst. 195/3 ausgestellt. Den Rechtserwerben an den Gst. 927/1 und 939/1 sowie an den nicht als Bauland gewidmeten Teilen des Gst. 926/1 sowie den Rechtserwerben am ideellen Hälfteanteil der Erstbeschwerdeführerin durch die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer zu je 1/3 an den Gst. 926/1, 927/1 und 939/1 sowie den Rechtserwerben am ideellen Hälfteanteil an dem Gst. 465/5 nach Maßgabe des Schenkungsvertrages und des Schenkungsvertrages auf den Todesfall vom 29. Dezember 2000, wurde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Die dagegen an die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung gerichtete Berufung wurde mit Bescheid vom 14. Februar 2002 als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. März 2005, B637/02, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Mit dem nunmehr bekämpften Ersatzbescheid der LGVK vom 13. Oktober 2006 wurde die Berufung der Beschwerdeführer abermals als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §6 Abs1 litb und c, Abs2, Abs3 und Abs7 im Gesetz vom 3. Juli 1996 über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 - TGVG 1996), LGBl. für Tirol 61 idF LGBl. 85/2005, ein. Mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2008, G85/08, hob er §6 Abs1 litb und die Wortfolge

"c) der Erwerber, in den Fällen der litb Z. 2 und 3 die für den landwirtschaftlichen Betrieb der Gesellschaft, Privatstiftung oder Genossenschaft tätige Person bzw. der Pächter oder Fruchtnießer, über die für die Selbstbewirtschaftung erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfügt", Abs2, Abs3 und die Wortfolgen ", sofern nicht ein Ausnahmetatbestand nach Abs1 litb Z. 1 bis 3 verwirklicht wird," und "durch den Erwerber selbst" in Abs7 TGVG 1996 als verfassungswidrig auf.

III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind ein Streitgenossenzuschlag in der Höhe von € 327,--, Umsatzsteuer in der Höhe von € 392,40,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.

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