VfGH B70/04

VfGHB70/048.6.2004

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde betreffend ein Elektrizitätswerk mangels innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des nach der Steiermärkischen Gemeindeordnung hiefür zuständigen Gemeinderates

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Stmk GdO 1967 §43, §44, §45
VfGG §18
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Stmk GdO 1967 §43, §44, §45
VfGG §18

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid, der der beschwerdeführenden Gemeinde am 28. November 2003 zugestellt wurde. Die Beschwerde ist mit 8. Jänner 2004 datiert und wurde dem Verfassungsgerichtshof am 9. Jänner 2004 übergeben.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2004 wies der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gemeinde darauf hin, dass gemäß §43 Abs1 Stmk. Gemeindeordnung die Erhebung von Beschwerden nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof grundsätzlich in die Kompetenz des Gemeinderates fällt. Die beschwerdeführende Gemeinde wurde gemäß §18 VfGG unter Fristsetzung aufgefordert, den Mangel des Fehlens des Auszuges aus dem Sitzungsprotokoll des zuständigen Gemeindeorganes über die Fassung des entsprechenden Beschlusses zu beheben.

2. Die beschwerdeführende Gemeinde legte innerhalb der gesetzten Frist einen Auszug aus dem Protokoll der Gemeindevorstandssitzung am 9. Dezember 2003 vor, dem zufolge der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde zur Einbringung der vorliegenden Beschwerde bevollmächtigt und damit beauftragt wurde. Weiters legte die beschwerdeführende Gemeinde eine vom Bürgermeister unterfertigte "Spezialvollmacht" vom 3. Dezember 2003 zur Erhebung der Beschwerde vor. Schließlich legte die beschwerdeführende Gemeinde einen Auszug aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 14. Jänner 2004 vor, das eine mit dem erwähnten Beschluss des Gemeindevorstandes gleichlautende Vollmachtsgewährung enthält.

Darüber hinaus führt die beschwerdeführende Gemeinde in derselben Eingabe insbesondere aus:

"Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der E-Control GmbH im Zusammenhang mit dem Elektrizitätswerk der Marktgemeinde Unzmarkt-Frauenburg; die Beschwerde betrifft somit eine Angelegenheit der Verwaltung einer wirtschaftlichen Unternehmung der Gemeinde.

[...] [Daher] kann davon ausgegangen werden, dass die Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung einer wirtschaftlichen Unternehmung im Sinne von §45 Abs1 litc Stmk Gemeindeordnung darstellt und in den Wirkungsbereich des Bürgermeisters fällt. In diesem Sinne hat der Bürgermeister der Marktgemeinde Unzmarkt-Frauenburg [den Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde] mit Vollmacht vom 3. Dezember 2003 [...] zur Einbringung der Beschwerde bevollmächtigt und beauftragt.

Darüber hinaus wurde die Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde auch mit Beschluss des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Unzmarkt-Frauenburg vom 9. 12. 2003, also noch vor Ablauf der Frist für die Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde, genehmigt [...].

Schließlich hat auch der Gemeinderat der Marktgemeinde Unzmarkt-Frauenburg in seiner Sitzung vom 14. 01. 2004 - wohl ohne dazu zuständig zu sein - die Erhebung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde rückwirkend einstimmig genehmigt.

[...]"

3. Die §§43-45 Stmk. Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115/1967 idF. LGBl. 57/2002 (in der Folge: Stmk. GemO), lauten auszugsweise:

"§43

Wirkungskreis des Gemeinderates

(1) Dem Gemeinderat obliegt die Beschlußfassung über alle zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörigen Angelegenheiten, soweit diese nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind.

(2) Der Gemeinderat kann, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist, das ihm zustehende Beschlußrecht in nachstehenden Angelegenheiten durch Verordnung dem Gemeindevorstand übertragen:

a) [...]

d) das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört, die Bestellung von Rechtsvertretern sowie Stellungnahmen im Anhörungsverfahren in bestimmten Angelegenheiten;

e) [...]

§44

Wirkungskreis des Gemeindevorstandes

(1) Dem Gemeindevorstand obliegt:

a) [...]

e) die Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, ausgenommen die laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc);

f) [...]

§45

Wirkungskreis des Bürgermeisters

(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. [...]

(2) Dem Bürgermeister obliegen:

a) [...]

c) die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums;

d) [...]"

Schon in seinem Beschluss VfSlg. 14.727/1997 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, die (in den zitierten Bestimmungen bis heute unverändert gebliebene) Stmk. GemO behalte die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG gegen den dort angefochtenen Bescheid dem Gemeinderat vor. Für eine Beschwerde gegen den hier angefochtenen Bescheid gilt im Ergebnis nichts anderes, auch wenn er "im Zusammenhang mit dem" - keine selbständige Rechtsperson darstellenden - "Elektrizitätswerk der Gemeinde" ergangen ist. Denn gemäß §43 Abs2 litd Stmk. GemO steht das Beschlussrecht über "das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört" und "die Bestellung von Rechtsvertretern [...] in bestimmten Angelegenheiten" dem Gemeinderat zu, wenn es bzw. sie nicht durch Verordnung dem Gemeindevorstand übertragen wurde, was hier nicht geschehen ist. Das Einschreiten beim Verfassungsgerichtshof kann im vorliegenden Fall schon deshalb nicht als "laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc)" dem Bürgermeister obliegen, weil hier für die Beschwerdeerhebung gleichzeitig ein Rechtsvertreter in einer bestimmten Angelegenheit bestellt wurde; auf diesen Tatbestand des §43 Abs2 litd Stmk. GemO bezieht sich der einschränkende Hinweis auf die "laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc)" dem eindeutigen Wortlaut nach nicht. Auch für eine Subsumierung unter §44 Abs1 lite ("Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, ausgenommen die laufende Verwaltung [§45 Abs2 litc]") und damit die Annahme der Zuständigkeit des Gemeindevorstandes ist kein Raum, da §43 Abs2 litd Stmk. GemO die speziellere Regel für Fragen des Einschreitens der Gemeinde bei Gerichten und der Bestellung eines Rechtsvertreters zu diesem Zweck ist.

4. Da somit der Beschwerde kein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrunde liegt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 13.792/1994, 15.563/1999 mwN).

5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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