VfGH A7/01

VfGHA7/011.3.2002

Abweisung der Klage einer Gemeinde gegen den Bund wegen Entfalls der Ermächtigung zur Erhebung von Anzeigen- und Ankündigungsabgaben und Einführung einer Werbeabgabe in Form einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe infolge Änderung des FAG 1997; kein Widerspruch der Verteilungsregelung des FAG 2001 zum F-VG 1948 angesichts der Bedachtnahme auf die bisherige konkrete Einnahmensituation der einzelnen Gemeinden im Bereich der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe; keine Bedenken gegen die durch die Herabsetzung des Steuersatzes der Werbeabgabe bewirkten Mindereinnahmen der Gemeinde

Normen

B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
BG BGBl I 29/2000
FAG 1997 §14 Abs1 Z7, Z13 idF BGBl I 29/2000
F-VG §4
Österreichischer Stabilitätspakt, BGBl I 101/1999 Art4 Abs5 litb
WerbeabgabeG 2000
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
BG BGBl I 29/2000
FAG 1997 §14 Abs1 Z7, Z13 idF BGBl I 29/2000
F-VG §4
Österreichischer Stabilitätspakt, BGBl I 101/1999 Art4 Abs5 litb
WerbeabgabeG 2000

 

Spruch:

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die klagende Partei beantragt mit der vorliegenden, auf Art137 B-VG gestützten, gegen die "Republik Österreich" (gemeint wohl: den Bund) gerichteten Klage folgendes Urteil:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 1,000.000,-- samt 4 % Zinsen von 01.06.2000 zu bezahlen; sowie

2. zwischen der klagenden und der beklagten Partei wird festgestellt, dass der klagenden Partei aufgrund der Entziehung des der klagenden Partei zustehenden Besteuerungsrechtes für Anzeigen und Ankündigungen und gleichzeitigem Inkrafttretens des Werbeabgabegesetzes 2000 im Zuge der Erlassung des BGBl. I 29/2000, seit 01.01.2001 ein Ersatzanspruch in der Höhe des Entfalles der seitens der klagenden Partei erzielten und zu erzielenden Einnahmen aus der Ankündigungs- und Anzeigenabgabe gegen die beklagte Partei besteht.

3. Der Bund ist schuldig, der klagenden Partei die Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen deren ausgewiesenen Vertreters zu ersetzen."

1.2. Die Klage wird wie folgt begründet:

Bis zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 durch BGBl. I 29/2000 seien die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben ausschließliche Landes-(Gemeinde-)Abgaben gewesen. Die Ankündigungsabgabe sei eine ausschließliche Gemeindeabgabe gewesen, die Anzeigenabgabe sei in Oberösterreich den Gemeinden durch den Landesgesetzgeber überlassen worden. Die Einnahmen der klagenden Partei aus der Ankündigungsabgabe hätten sich im Zeitraum 1993 bis 1999 insgesamt auf rund ATS 7,9 Millionen belaufen, wobei starke jährliche Zuwächse zu verzeichnen gewesen seien. Im Jahr 1999 habe der Ertrag der Ankündigungsabgabe rund ATS 1,9 Millionen betragen. Die Einnahmen aus der Anzeigenabgabe hätten zuletzt ca. ATS 12.000/Jahr betragen. Es seien aber derzeit Verfahren betreffend Anzeigenabgabe anhängig, bei denen es um ATS 10 Millionen gehe.

Wörtlich führt die klagende Partei dann aus:

"Mit Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 mit BGBl. I 2000/29 wurde §14 (1) des Finanzausgleichsgesetzes 1997 unter anderem insofern geändert, als die Ziffern 7 und 13 entfallen sind und sohin keine ausschließlichen Landes- (Gemeinde) Abgaben mehr darstellen. Dies aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 09.03.2000 (Rs. C-437/97 ) zur Abfederung der finanziellen Auswirkungen, die durch den Entfall der gemeindeeigenen Getränkesteuer aufgetreten sind. Stattdessen wurde mit BGBl. I 2000/29 das Werbeabgabegesetz 2000 als Bundesgesetz erlassen, nach dem Werbeleistungen, soweit sie im Inland gegen Entgelt erbracht werden, einer Abgabe unterliegen. Die neue Werbeabgabe gemäß Werbeabgabegesetz 2000 wurde unter §7 (1) FAG 1997 idF BGBl. I 2000/29 als zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) zu teilende Abgabe festgelegt."

Mit BGBl. I 101/1999 sei eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden getroffen worden (Österreichischer Stabilitätspakt). Der Stabilitätspakt lege die Determinanten für eine gemeinsame Haushaltskoordinierung und unter Art4 Maßnahmen hinsichtlich der Aufteilung der Defizitquoten und der Sanktionslasten zwischen dem Bund einerseits sowie den Ländern und Gemeinden andererseits fest. Art4 Abs5 litb des Stabilitätspaktes sehe vor, daß dann, wenn der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch das Urteil eines Höchstgerichtes vermindert werde, der Bund über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaften rechtliche Rahmenbedingungen für ausschließliche Abgaben der betroffenen Gebietskörperschaften schaffen werde, die bundesweit einen möglichst weitgehenden Ersatz schaffen.

Es könne - so die klagende Partei weiter - nicht daran gezweifelt werden, daß die Erlassung des Werbeabgabegesetzes 2000 und der Entzug des gemeindeeigenen Besteuerungsrechtes für Anzeigen und Ankündigungen eine Maßnahme gewesen sei, deren Zweck darin liege, die finanziellen Folgen der Aufhebung der Gemeindegetränkesteuer durch das Urteil des EuGH vom 9. März 2000 abzufedern. Im Zuge der Erlassung des Werbeabgabegesetzes 2000 seien aber weder die Vereinbarungen des Konsultationsmechanismus eingehalten, noch sei durch diese Abgabe seitens des Bundes ein Ersatz (im Sinne der Schaffung einer ausschließlichen Gemeindeabgabe) für die Getränkesteuer geschaffen worden. Dies führe dazu, daß jene Gemeinden, die vor der Erlassung des Werbeabgabegesetzes 2000 aufgrund des Finanzausgleichsgesetzes und landesgesetzlicher Bestimmungen Werbung besteuerten, durch die neu geschaffene Rechtslage Einbußen in ihren steuerlichen Einnahmen hinnehmen müßten. Der Umstand, daß die neue Werbeabgabe nunmehr als gemeinschaftliche Abgabe im Sinne des §7 FAG 1997, idF BGBl. I 29/2000, konstruiert sei, ändere nichts daran, daß der klagenden Partei durch diese Maßnahme eine vermögensrechtliche Einbuße entstanden sei.

1.3. Nach Ausführungen zur Klagslegitimation führt die klagende Partei sodann unter der Rubrik "Klagstitel" wörtlich folgendes aus:

"1. Mit Erkenntnis des EuGH vom 09.03.2000 wurde die Gemeindegetränkesteuer auf alkoholische Getränke als gemeinschaftswidrig aufgehoben. Gemäß Art4 (5) litb des zwischen den Gebietskörperschaften abgeschlossenen Stabilitätspaktes sind, wenn der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert wird, vom Bund über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaften rechtliche Rahmenbedingungen für ausschließliche Abgaben der betroffenen Gebietskörperschaften zu schaffen, die bundesweit einen möglichst weitgehenden Ersatz schaffen. Durch die Veränderung des FAG 1997 im Sinne der Entziehung des Abgabenerhebungsrechtes hinsichtlich der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben (sowie die Beibehaltung dieser Regelung im FAG 2001), die bislang durch die Gemeinden eingehoben wurden, und ausschließlich der jeweils einhebenden Gemeinde zukamen, sowie die Schaffung des Werbeabgabegesetzes als zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) aufzuteilende Abgabe wurden seitens des Bundes trotz geeigneter Vorschläge des Städtebundes und des Gemeindebundes, die nach Ansicht des Bundes im Nationalrat nicht mehrheitsfähig waren, keine ausschließlichen Abgaben der betroffenen Gebietskörperschaften geschaffen, sondern zusätzlich zur gemeindeeigenen Getränkesteuer auf alkoholische Getränke ausschließliche Abgaben in Form der Anzeigensowie Ankündigungsabgabe entzogen.

Nach dem Vorschlag des Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes wurde zur Abfederung der Auswirkungen der Entscheidung des EuGH ein Modell einer neuen EU-konformen Getränkesteuer nach dem Vorbild der Mehrwertsteuer entwickelt. Es sah die Einhebung der neuen Abgabe auf Getränke auf allen Wirtschaftsstufen (statt bisher nur bei der Abgabe an den Letztverbraucher), d.h. sowohl beim Produzenten als auch beim Groß- und Einzelhandel, sowie der Gastronomie mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzuges vor. Inhalt dieses Modells war auch die vom EuGH bzw. der Verbrauchssteuerrichtlinie verlangte Zweckbindung der Mittel. Die Einhebung sollte durch den Bund gegen eine Vergütung von 4 % des Ertrages erfolgen. Die Dynamik des Aufkommens wäre durch eine prozentuelle Bindung an die Umsatzsteuer gegeben. Die Aufteilung auf die einzelnen Gemeinden sollte entsprechend dem prozentuellen Anteil am durchschnittlichen Ertrag 1993 bis 1997 erfolgen. Das Modell, das der Österreichische Städtebund, sowie der Österreichische Gemeindebund, dem die Republik vertretenden Bundesminister präsentierte, war sowohl rechtlich durchführbar und stellte im Gegensatz zu den nunmehr ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung eine nahezu vollständige Ersatzlösung im Sinne des Art5 (4) litb des Österreichischen Stabilitätspaktes dar. Diese Lösung wurde jedoch - wie bereits ausgeführt - seitens des Bundes verworfen.

2. Art4 (5) litb des Stabilitätspaktes sieht weiters vor, dass sich bis zum Inkrafttreten einer solchen (Ersatz-)Regelung (also der Schaffung einer ausschließlichen Abgabe) die Defizitquote der betroffenen Gebietskörperschaften entsprechend erhöht, wobei die Erhöhung ab dem Zeitpunkt der Erstattung der Vorschläge im Verhältnis der geltenden Defizitaufteilung von allen Gebietskörperschaften gemeinsam aus ihren Defizitquoten getragen wird."

Der Stabilitätspakt sehe eine anteilige Erhöhung der Defizitquote vor. Diese treffe aber derzeit bloß die Gemeinden und mithin auch die klagende Partei, da diese nunmehr auf drei von den bislang eingehobenen ausschließlichen Abgaben verzichten müsse. Die Bestimmung des Art4 Abs5 litb des Stabilitätspaktes könne nicht so ausgelegt werden, daß die Defizitquote der tatsächlich betroffenen Gebietskörperschaften erhöht werde, der Bund sich hingegen in Form der Erzeugung einer neuen, zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) zu teilenden Abgabe neue Einnahmen verschaffe und die Defizitquote nicht mittrage.

Der Bund habe daher durch die Einführung des Werbeabgabegesetzes 2000 keine ausreichende "Ersatzlage" geschaffen; vielmehr würden durch diese Maßnahme jene Gemeinden, die sowohl die Ankündigungs- als auch die Anzeigenabgabe eingehoben haben, vermögensrechtlich geschädigt.

"Durch die Nichtschaffung einer Ersatzlage aufgrund des EuGH-Erkenntnisses über die Aufhebung der Gemeindegetränkesteuer ist der klagenden Partei ein Schaden durch den Entgang der bislang seitens der Gemeinde eingehobenen Ankündigungs- und Anzeigenabgabe entstanden, der selbst durch die Verteilung des Werbeabgabegesetzes 2000 im beabsichtigten Ausmaß von 96 % auf die Länder und Gemeinden nicht zu einem gänzlichen Ausgleich der bislang eingenommenen Abgaben führen kann.

Bedingt ist dies dadurch, dass die Erhebung dieser ausschließlichen Gemeindeabgaben im Ermessen der Gemeinden selbst gelegen ist und viele österreichische Gemeinden bislang keine Ankündigungs- und Anzeigenabgabe eingehoben haben. Eine Verteilung dieser Abgaben nach gewissen Verteilungsschlüsseln führt unweigerlich dazu, dass die Erträge aus vorbezeichneten Abgaben nicht mehr im ursprünglich zu lukrierenden Ausmaß der klagenden Partei zufließen."

Selbst wenn man davon ausgehe, daß ein Ausgleich für die Gemeinden durch den Verlust der Getränkesteuer durch oben bezeichnete Maßnahme geschaffen werden sollte, werde ein solcher Ausgleich nicht erreicht. Die Maßnahmen des Bundes zielten nämlich lediglich auf einen Ausgleich aus dem Verlust der Nichteinhebung der Getränkesteuer ab, nicht jedoch auf einen Ausgleich durch die Verluste durch die Ankündigungs- und Anzeigenabgaben. Abgesehen davon erfolge die Umverteilung nunmehr in einem anderen Verhältnis; konnte die klagende Partei bislang

"aus der Anzeigenabgabe ca. S 12.000,--

laufende Verfahren offen in der Höhe von ca. S 10.000.000,--

aus der Ankündigungsabgabe ca. S 2.000.000,--

sowie aus der gemeindeeigenen Getränkesteuer

für alkoholische Getränke ca. S 6.600.000,--

pro Jahr erzielen, so wird sie nach derzeitiger Rechtslage mangels vollständiger Festlegung des Verteilungsschlüssels im Jahr 2000 nach offizieller Einschätzung des Bundesministeriums für Finanzen ca. 17 - 22 % des durchschnittlichen Jahresaufkommens des durchschnittlichen Getränkesteueraufkommens in den Jahren 1993 bis 1997 erhalten.

Die Einbuße der Gemeinde beträgt daher im Jahr 2000 mindestens S 7,100.000,-- (dabei berücksichtigt die Refundierung des durchschnittlichen Getränkesteueraufkommens aus den Jahren 1993 bis 1997 im Ausmaß von 20 % in der Höhe von ca. S 1,500.000,--). Dabei blieben präsumtive Einnahmen aus der Anzeigenabgabe außer Betracht. Setzt man auch diese im Schnitt mit S 2,000.000,-- an, so erleidet die Gemeinde durch die Maßnahmen des Bundes eine Einbuße in der Höhe von jährlich ca. S 9,100.000,--.

Bis zum heurigen Jahr (2001) sollen 80 % des durchschnittlichen Jahresaufkommens an Getränkesteuer in der Gemeinde in den Jahren 1993 bis 1997 zufließen, wobei rund 15 % davon bei der Zwischenabrechnung über das jeweilige Vorjahr ausbezahlt werden sollen. In konkreten Zahlen heißt dies, dass die klagende Partei auf Basis der Berechnungen des Finanzministeriums lediglich ca. S 6,000.000,-- als Ausgleich für die Getränkesteuer erhalten wird. In Zusammenschau mit den Abgaben an gemeindeeigener Getränkesteuer, Anzeigen- und Ankündigungsabgabe, die zuletzt im Jahr 1999 erhoben oder vorgeschrieben wurden, entsteht daher eine Differenzbetrag von mindestens ca. S 4.500.000,--.

Dies entspricht einer Abgabenminderung aus diesen Einnahmen von ca. 40 %.

Bei Gemeinden, deren Ertrag an Getränke- und Speiseeissteuer im Jahr 1998 oder im Jahr 1999 mehr als 50 % über dem durchschnittlichen Jahresertrag der Jahre 1993 - 1997 gelegen ist, wird jedoch statt der durchschnittlichen Jahreserträge in den Jahren 1993 - 1997 der jeweils höhere Wert der Jahre 1998 oder 1999 für die Berechnung der Anteile herangezogen. Diese Differenzierung greift massiv in die Rechte der klagenden Partei ein und ist aufgrund der nicht berücksichtigten Anzeigen- und Ankündigungsabgaben eine weitere massive Beeinträchtigung seitens des Bundes in die Abgabenerhebungskompetenz der Gemeinden.

Dieser Differenzbetrag erhöht sich nochmals, wenn man die Steigerungsquoten an einzuhebenden Steuern der klagenden Partei in den letzten Jahren ebenso ins Kalkül zieht.

Durch die Nichtberücksichtigung der Einnahmen aus den Ankündigungs- und Anzeigenabgaben entsteht der klagenden Partei daher ein Schaden, der durch den Bund verursacht worden ist. Aus dem Umstand, dass die durchschnittliche Getränkesteuer der Jahre 1993 - 1997 als Basis herangezogen wird, ist erkennbar, dass kein voller Ausgleich, sondern nur eine Annäherung erzielt werden sollte."

1.4. Die Übertragung der Abgaben für Anzeigen und Ankündigungen auf den Bund widerspreche darüber hinaus dem §4 F-VG 1948. Die klagende Partei bringt dazu - weitgehend wörtlich - dieselben Argumente vor wie in der zu A6/01 protokollierten, mit Entscheidung vom heutigen Tage abgewiesenen Klage und vertritt die Auffassung, der Bund habe den Gemeinden den durch die Maßnahmen im Sinne des BGBl. I 29/2000 entstandenen Schaden zu ersetzen.

Schließlich werden (erneut) die Steuermindereinnahmen quantifiziert, die die klagende Partei durch die Aufhebung der Getränkesteuer und durch den Entfall der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben erleide, daraus ein Feststellungsinteresse abgeleitet und dieses "unpräjudiziell" mit ATS 1 Million bewertet.

2. Der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, erstattete eine Gegenschrift, in der das Klagebegehren einschließlich des Zinsbegehrens dem Grunde und der Höhe nach bestritten und der Antrag gestellt wird, der Verfassungsgerichtshof möge die Begehren der klagenden Partei abweisen.

2.1. Nach Darlegungen zum Inhalt des Art4 des Österreichischen Stabilitätspaktes schildert die beklagte Partei die "Motive für den Ersatz der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben durch die Werbeabgabe" mit folgenden Worten:

"Zu keinem Zeitpunkt der Verhandlungen über die Einführung einer Werbeabgabe in Form einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe sind die Finanzausgleichspartner davon ausgegangen, dass die neue Werbeabgabe einen Ersatz für den Entfall der Getränkesteuer nach dem Erkenntnis des EuGH vom 9. März 2000, Rs. C-437/97 , bilden sollte und dass hier ein Anwendungsfall des Art4 Abs5 litb des Österreichischen Stabilitätspakts vorliegen würde.

Wie auch im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur FAG-Novelle BGBl. I Nr. 29/2000 (87 BlgNR 21. GP) dargestellt ist, wurde bereits seit einigen Jahren darüber diskutiert, die Art der Besteuerung von Werbung in Österreich zu modernisieren. Die seinerzeitige finanzverfassungsrechtliche Gestaltung als Landes- und Gemeindeabgaben wurde zunehmend als unbefriedigend angesehen, hat sie doch einerseits Doppelbesteuerungen, andererseits ungewollte Steuerwettbewerbe zwischen den Gebietskörperschaften mit sich gebracht.

Ein zusätzlicher Bedarf für eine Neuregelung der Besteuerung wurde auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98, gesehen, wonach die Besteuerungsrechte im Rahmen der Ankündigungsabgaben derart abzugrenzen sind, dass eine Gemeinde nur den Reklamewert der in ihrem Gebiet verbreiteten Ankündigungen besteuern darf.

Weder aus diesen Motiven noch aus dem Inhalt der Finanzausgleichsgesetze 1997 und 2001 kann ein direkter Zusammenhang zwischen Aufhebung der Getränkesteuer und Einführung der Werbeabgabe abgeleitet werden. Vielmehr zeigen die in den Finanzausgleichsgesetzen enthaltenen Aufteilungsschlüssel für die Werbeabgabe, die auch im Gesetz selbst teilweise als Gemeinde-Werbesteuernausgleich definiert sind (§8 Abs6 Z9b FAG 1997 idF BGBl. I Nr. 3/2001 bzw. §10 Abs7 Z12 FAG 2001), dass diese Abgabe einen Ersatz für die szt. Anzeigen- und Ankündigungsabgaben bildet, und dass der Ersatz für die Getränkesteuer vielmehr durch den Getränkesteuerausgleich, der ebenfalls ausdrücklich als solcher bezeichnet wird (§8 Abs6 Z5a litd FAG 1997 idF BGBl. I Nr. 29/2000 bzw. §10 Abs7 Z6 litd FAG 2001), erfolgt ist.

Sieht man von den allgemeinen Zusammenhängen zwischen allen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen ab, deren einzelne Teile insgesamt als Gesamtsystem zu betrachten sind, besteht zwischen der Einführung der Werbeabgabe und der Abschaffung der Getränkesteuer kein Zusammenhang. Die diesbezüglichen Ausführungen der klagenden Partei insb. im Zusammenhang mit dem Österreichischen Stabilitätspakt gehen daher ins Leere."

2.2. Zur Ersatzregelung für die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben wird folgendes ausgeführt:

Die Ermächtigung der Länder und Gemeinden zur Erhebung der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe sei mit Wirkung vom 1. Juni 2000 aufgehoben worden. Als Ersatz hiefür sei ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juni 2000 die Werbeabgabe in Form einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe vorgesehen worden, wobei der Steuersatz im Vergleich zur üblichen Höhe bei den Landes- und Gemeindeabgaben auf 5 vH des Entgelts reduziert worden sei.

Das Aufkommen an Werbeabgabe werde auf Bund, Länder und Gemeinden im Verhältnis 4,000 vH : 9,083 vH : 86,917 vH verteilt. Die länderweise Aufteilung der Gemeinde-Anteile erfolge zunächst zu 90 vH nach dem durchschnittlichen Aufkommen an Gemeinde-Anzeigenabgabe und Ankündigungsabgabe der Jahre 1996 bis 1998 und zu 10 vH nach der Volkszahl. Dieses Verhältnis werde bis zum Ende der FAG-Periode stufenweise auf 60 vH : 40 vH verändert.

Die gemeinde- bzw. länderweise Verteilung der Werbeabgabe beruhe auf gemeinsamen Vorschlägen des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes bzw. der Länder und sei Teil der Vereinbarung über den Finanzausgleich bis 2004.

"Nach aktuellen Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen wird das Aufkommen an Werbeabgabe im Jahr 2001 1,2 Mrd. S betragen, wovon auf die Ertragsanteile der Gemeinden 1,043 Mrd. S entfallen. Diese Prognose stützt sich auf das bisherige Aufkommen von August 2000 bis Juni 2001 von rd. 1,07 Mrd. S bzw. monatlich durchschnittlich 97 Mio. S. Ausgehend von dieser Prognose und von den durchschnittlichen Einnahmen der Gemeinden aus den Anzeigen- und Ankündigungsabgaben in den Jahren 1996 bis 1998 iHv 1,65 Mrd. S p.a. bringen die zusätzlichen Ertragsanteile der Gemeinden an der Werbeabgabe einen Ersatz im Ausmaß von rd. 63 %. Von den zusätzlichen Ertragsanteilen der Gemeinden entfallen 923 Mio. S auf den im Verhältnis der Aufkommen 1996 bis 1998 verteilten Gemeinde-Werbesteuernausgleich, 103 Mio. S auf die weiteren, nach der Volkszahl verteilten Anteile an der Werbeabgabe und schließlich auf Grund der Systematik der Vorwegabzüge 17 Mio. S auf eine Erhöhung der übrigen Ertragsanteile der Gemeinden. Dieser Effekt ergibt sich dadurch, dass sich die Vorwegabzüge für den so genannten Konsolidierungsbeitrag der Gemeinden (§10 Abs3 Z2 FAG 2001) innerhalb der einzelnen Posten der Ertragsanteile verschieben und auch die Anteile an der Werbeabgabe reduzieren, im selben Ausmaß jedoch die Abzüge bei den anderen Posten der Ertragsanteile verringern.

Zusätzlich zu den genannten Beträgen ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsaufwand der Gemeinden für die Einhebung der Abgabe entfällt.

Wenngleich die Neuregelung der Besteuerung von Werbung, wenn man die 'Gewinner' und die 'Verlierer' aus der Neuregelung saldiert, für die Summe der Gemeinden Mindereinnahmen mit sich bringt, ist sie dessen ungeachtet als vertretbare Lösung für die Gemeinden zu betrachten. Zu bedenken ist, dass als Alternative zur Einführung einer Bundesabgabe mit einem reduzierten Steuersatz früher oder später wohl nur eine ersatzlose Abschaffung der bisherigen Anzeigen- und Ankündigungsabgaben in Betracht gekommen wäre, weil diese Abgabenformen durch die mit ihnen verbundenen verwaltungstechnischen Belastungen der Abgabepflichtigen, durch die zunehmenden Doppelbesteuerungen und durch die aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98, erfließende Notwendigkeit der Feststellung des gemeinde- bzw. länderweisen Werbewertes als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden mussten.

Als positiver, wenngleich naturgemäß nicht quantifizierbarer Effekt für die Gemeinden aus dem Wegfall der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben ist festzuhalten, dass die dargestellten Mindereinnahmen aus der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe und auch aus dem Wegfall der Getränkesteuer in den Verhandlungen über den Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 als Teil der Ausgangslage berücksichtigt wurden und sich daher, wie im allgemeinen Teil der Erläuterungen der Regierungsvorlage zum FAG 2001 (379 BlgNR XXI. GP) ausgeführt wird, die 'Forderungen des Bundes nach verstärkten Beiträgen zur Erreichung des gesamtstaatlichen Konsolidierungspfades und nach zusätzlicher Unterstützung bei der Konsolidierung des Bundeshaushaltes auf die Länder konzentriert' haben."

2.3. Schließlich nimmt die beklagte Partei zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des FAG 1997 bzw. 2001 Stellung. Die diesbezüglichen Ausführungen entsprechen - weitgehend wörtlich - jenen, die von der beklagten Partei im Verfahren zu A6/01 vorgebracht wurden (vgl. dazu die Wiedergabe in der hg. Entscheidung vom heutigen Tage).

3. Mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2002 erstattete die klagende Partei eine Stellungnahme zur Äußerung des Bundesministers für Finanzen, in der sie der Äußerung der beklagten Partei entgegentritt und an den bereits in der Klage vorgebrachten Argumenten festhält.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Klagebegehren betrifft einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Bund (in der Klage fälschlich als "Republik Österreich" bezeichnet), dessen Wurzel im öffentlichen Recht, nämlich im Finanz-Verfassungsgesetz 1948, liegt. Der Anspruch ist nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, weil weder ein Gesetz die ordentlichen Gerichte ausdrücklich zur Entscheidung darüber beruft noch sich deren Zuständigkeit aus §1 JN herleiten läßt. Der Anspruch ist aber auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weil keine gesetzliche Bestimmung besteht, die in solchen Fällen eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft. Der Anspruch kann daher gemäß Art137 B-VG beim Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden (VfSlg. 14.168/1995 mwN).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Klage zulässig.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

2.1. Die in der Klage mehrfach angesprochene "Abschaffung" der Anzeigen- und der Ankündigungsabgabe und die Einführung einer Werbeabgabe sind durch das Bundesgesetz BGBl. I 29/2000 erfolgt. ArtIX dieses Gesetzes enthält Änderungen des FAG 1997, BGBl. 201/1996. Danach entfallen zunächst die (die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben betreffenden) Ziffern 7 und 13 des §14 Abs1 leg.cit. Diese Vorschriften traten mit Ablauf des 31. Mai 2000 außer Kraft, so daß seit diesem Zeitpunkt eine finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung zur Ausschreibung dieser Abgaben nicht mehr besteht. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Vorschrift so verstanden, daß durch den Wegfall dieser speziellen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigungen die darauf beruhenden Besteuerungsrechte der Länder und Gemeinden unwirksam geworden sind (vgl. VfSlg. 15.887/2000). Zugleich wurde mit diesem Gesetz in den Katalog der gemeinschaftlichen Bundesabgaben die Werbeabgabe neu aufgenommen. Deren Ertrag fließt zu 4 vH dem Bund und zu 96 vH den Ländern und Gemeinden zu. Die Aufteilung der Ertragsanteile der Länder und Gemeinden bleibt der bundesgesetzlichen Regelung vorbehalten. Bis zu dieser bundesgesetzlichen Regelung sind diese Anteile auf ein Sonderverrechnungskonto des Bundes zu überweisen und nutzbringend anzulegen (§8 Abs7a FAG 1997, idF der Novelle BGBl. I 29/2000). Diese Vorschriften über die Werbeabgabe traten mit 1. Juni 2000 in Kraft (§23a FAG 1997, idF BGBl. I 29/2000).

ArtX des zitierten Gesetzes enthält sodann das Werbeabgabegesetz 2000 (Bundesgesetz, mit dem eine Abgabe auf Werbeleistungen eingeführt wird).

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (87 BlgNR, 21. GP, 12) enthalten zu diesem Themenbereich folgende Aussagen:

"Zum Finanzausgleichsgesetz 1997:

Der Gesetzesentwurf enthält zwei Regelungsbereiche:

1. Die erforderliche Reform der Getränkebesteuerung erfordert Anpassungen des Finanzausgleichsgesetzes, damit die Gemeinden über den für ihre Aufgabenerfüllung notwendigen finanziellen Getränkesteuerausgleich verfügen können.

2. Die Umwandlung der Ankündigungsabgaben und Anzeigenabgaben als Landes- und Gemeindeabgaben in die neue Werbeabgabe als gemeinschaftliche Bundesabgabe.

...

2. Einführung der gemeinschaftlichen Bundesabgabe Werbeabgabe

Bereits seit einigen Jahren wird darüber diskutiert, ob die Art der Besteuerung von Werbung in Österreich noch zeitgemäß ist. Derzeit werden die Ankündigungsabgaben als Gemeindeabgaben, und zwar in der Form der freien Beschlussrechtsabgabe, und die Anzeigenabgaben als Landes(Gemeinde)abgaben erhoben.

Diese Kompetenzverteilung bringt einerseits Doppelbesteuerungen, andererseits Steuerwettbewerbe zwischen den Gebietskörperschaften mit sich.

Doppelbesteuerungen entstehen insbesondere durch unkoordinierte Ausgestaltungen der Besteuerungsrechte in den diversen Anzeigenabgabengesetzen der Länder. Es ist aber auch die Besteuerung von Werbung sowohl als Anzeige als auch als Ankündigung möglich, weil zwischen dem Aufnehmen eines Inserates (Anzeigenabgabe) und der Plakatierung selbst (Ankündigungsabgabe) zu unterscheiden ist.

Steuerwettbewerbe zwischen den Gebietskörperschaften, die ihre Abgabenhoheit nicht ausschöpfen, können zu volkswirtschaftlich suboptimalen Standortentscheidungen und ungleichen Wettbewerbsverhältnissen der Werbetreibenden innerhalb des Bundesgebietes führen.

Zusätzlicher Bedarf für eine Neuregelung der Besteuerung ergibt sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98. Demnach sind die Besteuerungsrechte im Rahmen der Ankündigungsabgaben derart abzugrenzen, dass eine Gemeinde nur den Reklamewert der in ihrem Gebiet verbreiteten Ankündigungen besteuern darf.

Die bisherige Form der Ankündigungsabgabe als ausschließliche Gemeindeabgabe wird dieser Judikatur nicht gerecht. Insbesondere bei Ankündigungen im Rundfunk kann nämlich die Werbung in einer Vielzahl von Gemeinden oder gar in allen Gemeinden empfangen werden. Ein Steuerpflichtiger kann daher mit einer Vielzahl von Steuergläubigern und unterschiedlichsten Verordnungen über Höhe und Steuertatbestand konfrontiert sein.

Aus diesem Grund sollen die Ankündigungs- und Anzeigenabgaben durch eine bundeseinheitliche Regelung der Werbeabgabe in Form einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe ersetzt werden. Damit wird sowohl das Problem des Steuerwettbewerbs zwischen den Gebietskörperschaften als auch die Problematik von Doppelbesteuerungen und von administrativen Schwierigkeiten auf Grund der Vielzahl der Steuergläubiger beseitigt. Gleichzeitig wird der Steuersatz von 10 vH auf 5 vH gesenkt."

Unter der Rubrik "Finanzielle Auswirkungen" wird dort dargelegt, daß die Ankündigungs- und Anzeigenabgaben im Jahr 1997 insgesamt einen Ertrag von ATS 1,874 Milliarden erbracht hätten. Die Halbierung des Steuersatzes bei der Werbeabgabe brächte eine deutliche Reduktion der Steuerbelastung in diesem Bereich mit sich. Überdies käme es durch die Neuregelung bei Ländern und Gemeinden zu einer Absicherung ihrer diesbezüglichen Einnahmen.

Die noch offen gelassene Frage der Verteilung des Aufkommens der Werbeabgabe wurde in der Folge durch das Bundesgesetz BGBl. I 3/2001 gelöst, und zwar einerseits für die Finanzausgleichsperiode 2001 bis 2004 durch entsprechende Bestimmungen im FAG 2001, für das Jahr 2000 durch eine (inhaltlich gleichlautende) Novellierung des FAG 1997 (dazu unten).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof kann - und insoweit stimmt er mit der Gegenschrift der beklagten Partei überein - nicht erkennen, daß zwischen dem die Getränkesteuer betreffenden Urteil des EuGH vom 9. März 2000, Rs. C-437/97 , das innerstaatlich in der Folge zur vollständigen Beseitigung der Getränkesteuer führte, und den Reformmaßnahmen im Bereich der Besteuerung von Werbeleistungen, die in der Aufhebung der die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben betreffenden finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigungen einerseits und der Einführung der Werbeabgabe andererseits bestanden, der von der klagenden Partei behauptete Zusammenhang besteht. Die Reform der Besteuerung von Werbeleistungen trägt, wie den wiedergegebenen Erläuterungen zum Bundesgesetz BGBl. I 29/2000 zu entnehmen ist, zum einen den praktischen Schwierigkeiten Rechnung, die im Gefolge des hg. Erkenntnisses VfSlg. 15.395/1998 gesehen wurden; zum anderen liegt ihr die schon länger geführte Diskussion über eine "Modernisierung" der Besteuerung von Werbeleistungen in Österreich zugrunde.

Da die Erträge der Anzeigenabgabe bzw. der Ankündigungsabgabe somit nicht durch das erwähnte Urteil des EuGH vermindert wurden, ist - entgegen den Annahmen der klagenden Partei - für die Anwendung der Regelung des Art4 Abs5 litb Stabilitätspakt, BGBl. I 101/1999, von vornherein kein Platz. Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bereits erwähnten Entscheidung zu A6/01 vom heutigen Tage zu dieser Bestimmung dargelegt, daß sie lediglich die Verteilung allfälliger gemeinschaftsrechtlich begründeter Sanktionslasten zum Inhalt hat und der klagenden Partei somit weder einen Anspruch auf Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für ausschließliche Gemeindeabgaben noch einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen oder Schadenersatz wegen entfallender Getränkesteuereinnahmen vermitteln kann. Selbst wenn daher der Entfall von Einnahmen aus den bisher erhobenen Anzeigen- oder Ankündigungsabgaben auf das erwähnte EuGH-Urteil zurückzuführen wäre, könnte ein Schadenersatzanspruch schon mangels entsprechender Sanktionslasten auf diese Bestimmung nicht gestützt werden.

2.3. Soweit die klagende Partei im Entfall der Ermächtigung zur Erhebung der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe hingegen einen Verstoß gegen §4 F-VG 1948 erblickt, ist ihr (vor dem Hintergrund der in der mehrfach zitierten Entscheidung vom heutigen Tage zu A6/01 zusammengefaßt wiedergegebenen einschlägigen Rechtsprechung) folgendes entgegenzuhalten:

Es ist der klagenden Partei einzuräumen, daß der Wegfall der gemeindeeigenen Besteuerungsrechte im Bereich der Ankündigungs- und Anzeigenabgaben, noch dazu im zeitlichen Zusammenhang mit dem Entfall der Gemeinde-Getränkesteuer, eine wesentliche Einschränkung kommunaler Besteuerungshoheit bedeutet. Freilich bezieht sich das nur auf den Wegfall ausschließlicher Abgaben. Wie nämlich die klagende Partei selbst zugesteht, fallen Ankündigungs- und Anzeigenabgaben keineswegs ersatzlos weg, sondern werden aus den in den Materialien zum BGBl. I 29/2000 ausführlich dargelegten Gründen durch eine bundeseinheitliche Werbeabgabe in Form einer gemeinschaftlichen Bundesabgabe ersetzt. Das Aufkommen dieser Werbeabgabe wird nach dem FAG 2001, BGBl. I 3, auf Bund, Länder und Gemeinden im Verhältnis 4,000 vH : 9,083 vH : 86,917 vH verteilt (§10 Abs1 leg.cit.). Die länderweise Aufteilung der Gemeinde-Anteile erfolgt zunächst zu 90 vH nach dem durchschnittlichen Aufkommen an Gemeinde-Anzeigenabgabe und Ankündigungsabgabe der Jahre 1996 bis 1998 und zu 10 vH nach der Volkszahl. Dieses Verhältnis wird bis zum Ende der FAG-Periode (2004) stufenweise auf 60 vH zu 40 vH verändert. Der Anteil, der nach dem bisherigen Aufkommen verteilt wird, wird in den maßgebenden finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen als Gemeinde-Werbesteuernausgleich bezeichnet (vgl. §10 Abs7 Z12 FAG 2001, BGBl. I 3). Die Anteile der Gemeinden aus dem Gemeinde-Werbesteuernausgleich werden innerhalb des jeweiligen Landes im Verhältnis der Erträge der Gemeinden an Anzeigen- und Ankündigungsabgabe in den Jahren 1996 bis 1998 verteilt; der Anteil, der länderweise nach der Volkszahl verteilt wird, wird auch innerhalb der Länder nach der Volkszahl verteilt (§12 Abs2 Z4 FAG 2001). Entsprechende Regelungen gelten auf Grund der mit dem gleichen Bundesgesetz erfolgten Novellierung des FAG 1997 auch schon für das Jahr 2000. Mit Ausnahme des §10 Abs1 FAG 2001 stehen alle genannten Bestimmungen im Verfassungsrang (Art1 BGBl. I 4/2001).

Nach dem Vorbringen der beklagten Partei, das an Hand der Materialien nachvollzogen werden kann, beruht dieser Verteilungsmodus auf gemeinsamen Vorschlägen des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes und ist Teil der Vereinbarung über den Finanzausgleich bis 2004. Auch unabhängig davon kann der Verfassungsgerichtshof einen Widerspruch dieser Verteilungsregelungen, die offenbar auf die bisherige konkrete Einnahmensituation bei den einzelnen Gemeinden im Bereich der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben Bedacht nehmen, zu §4 F-VG 1948 nicht erkennen. Es erübrigt sich daher auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob den genannten Verfassungsbestimmungen verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit im Hinblick auf Art44 Abs3 B-VG bestätigt werden kann (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. September 2000, A10/00).

2.4. Zu prüfen ist noch die Frage, ob der Umstand, daß durch die (nicht im Verfassungsrang stehenden) Regelungen über die Werbeabgabe insgesamt, das heißt vor allem durch die Herabsetzung des Steuersatzes im Vergleich zu den Ankündigungs- und Anzeigenabgaben, für die Gemeinden Mindereinnahmen resultieren, unter dem Blickwinkel des §4 F-VG 1948 Bedenken erweckt. Das ist nach Auffassung des Gerichtshofes letztlich zu verneinen: Zum einen ist zu bedenken, daß die getroffene Ersatzlösung den Gemeinden nach dem nicht explizit bestrittenen Vorbringen der beklagten Partei einen Ausgleich von nahezu zwei Drittel der weggefallenen Einnahmen aus den Ankündigungs- und Anzeigenabgaben bringt, wozu noch der Entfall der kommunalen Einhebungskosten kommt. Überdies wurde - wie sich den Materialien zum FAG 2001 entnehmen läßt (379 BlgNR, 21. GP, 21) - die Belastung der Gemeindehaushalte durch den Entfall (auch) der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe vom Bund zum Anlaß genommen, sich bei seinen Forderungen nach verstärkten Beiträgen zur "Konsolidierung des Bundeshaushaltes" auf die Länder zu konzentrieren (somit offenbar zusätzliche Belastungen der Gemeinden zu vermeiden). Schließlich ist - wie sich ebenfalls aus den zitierten Materialien entnehmen läßt - davon auszugehen, daß das FAG 2001 insgesamt, und somit auch hinsichtlich der hier strittigen Frage, auf eine Einigung der Vertreter der Gebietskörperschaften zurückzuführen ist (wobei die Gemeinden durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund vertreten wurden), auf deren Grundlage der Entwurf zum FAG 2001 erstellt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die klagende Partei nach ihrem Vorbringen der getroffenen Lösung nicht zugestimmt hat, kann doch jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß die Einigung an einem Fehler von der Art leidet, wie sie in der hg. Entscheidung VfSlg. 12.505/1990 beschrieben wurde.

3. Das Klagebegehren erweist sich sohin als unbegründet. Es war daher abzuweisen.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

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