VfGH B1623/97 ua

VfGHB1623/97 ua21.6.2000

Anlaßfallwirkung der Aufhebung von Teilen des Flächenwidmungsplans der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17.12.87 mit E v 21.06.00, V2/00 ua.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zu B1623/97 zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-

bestimmten Prozesskosten und den Beschwerdeführern zu B2293/98 zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 32.200,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Zu B1623/97:

1.1. Im Jahr 1980 haben die Beschwerdeführer das als Bauland-Wohngebiet gewidmete Grundstück Nr. 2684/1, EZ 3335, KG Klosterneuburg, erworben. In der Folge kam es zu Grundstücksabteilungen und zur Schaffung von zwei Bauplätzen, wobei für das Grundstück Nr. 2684/1 Aufschließungsbeiträge vorgeschrieben wurden und eine öffentliche Verkehrsfläche mit einer Breite von 8,50 m geschaffen wurde. Mit Bescheid vom 10. April 1996 hat das Stadtamt der Stadtgemeinde Klosterneuburg als Baubehörde erster Instanz den Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 2684/1 abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung hat der Gemeinderat am 4. Oktober 1996 als unbegründet abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Niederösterreichische Landesregierung die Vorstellung als unbegründet abgewiesen, da das gegenständliche Grundstück nach dem Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 die Widmung Grünland aufweise.

1.2. Gegen diesen Vorstellungsbescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, nämlich des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, geltend machen und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

1.3. Die Niederösterreichische Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie einerseits auf das Erkenntnis VfSlg. 14.643/1996 und andererseits auf den Umstand hinweist, dass das Gebiet um das Grundstück nicht durchgängig, sondern bloß aufgelockert bebaut sei. Die belangte Behörde beantragt die Abweisung der Beschwerde.

1.4. Die Stadtgemeinde Klosterneuburg legte die Akten betreffend das Zustandekommen des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987 unvollständig vor, erstattete jedoch keine Äußerung. Nach telefonischer Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof, Plandokumente vorzulegen, aus denen die Breite des Eichwegs vor der Geltung des erwähnten Flächenwidmungsplanes hervorgehe, übermittelte die Stadtgemeinde Klosterneuburg die Kopie des Ausschnittes eines nicht näher bezeichneten Plandokumentes im Maßstab 1:10.000 und teilte mit, dass daraus Straßenbreiten nicht zu erkennen seien.

2. Zu B2293/98:

2.1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 2662/4 und 2661/4, EZ 5599, und Nr. 2662/1 und 2661/7, EZ 5601, KG Klosterneuburg. Ihr Antrag auf Bauplatzerklärung dieser Grundstücke wurde am 7. Jänner 1997 vom Stadtamt Klosterneuburg abgewiesen, da die Widmung Grünland-Landwirtschaft der Bauplatzerklärung entgegenstehe. Die Berufungen der Beschwerdeführer wurden vom Gemeinderat abgewiesen; die dagegen erhobenen Vorstellungen hat die Niederösterreichische Landesregierung als unbegründet abgewiesen.

2.2. Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behaupten und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

2.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführer erstatteten darauf eine Replik und treten den Argumenten der belangten Behörde entgegen.

II. Aus Anlass dieser Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 2. Dezember 1999 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 17. Dezember 1987, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Mai 1989, Z R/1-R-243/58, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Juni 1989 bis 29. Juni 1989, soweit damit für die Grundstücke Nr. 2684/1, 2661/4, 2661/7, 2662/1 und 2662/4, KG Klosterneuburg, die Widmung Grünland festgelegt wird, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2000, V2,3/00, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnung aufgehoben.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerden in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden. Die angefochtenen Bescheide stützen sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-

(Beschwerdeführer zu B1623/97) bzw. ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von S 2.250,-, Umsatzsteuer in Höhe von S 4.950,- und eine Eingabegebühr von S 2.500,- (Beschwerdeführer zu B2293/98) enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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