Normen
B-VG Art104 Abs2
B-VG Art137
FAG 1967 §1 Abs3
B-VG Art104 Abs2
B-VG Art137
FAG 1967 §1 Abs3
Spruch:
Das Klagebegehren wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Finanzprokuratur die Verfahrenskosten in der Höhe von 48.334,50 S binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Bundesminister für Bauten und Technik übertrug mit V vom 19. Oktober 1967, BGBl. 344/1967, gemäß Art104 Abs2 B-VG den Landeshauptleuten und den ihnen unterstellten Behörden in den Ländern die Verwaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Liegenschaften sowie die Planung, den Bau und die Erhaltung ("staatlicher Hochbau") der im Eigentum des Bundes stehenden oder neu zu errichtenden Gebäude, sowie anderer Gebäude, zu deren Errichtung oder Erhaltung der Bund durch Gesetz oder Vertrag verpflichtet ist, zur Besorgung nach Maßgabe ministerieller Weisungen (als sog. "Auftragsverwaltung"), soweit diese Aufgaben zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Bauten und Technik gehören und nicht von Bundesdienststellen unmittelbar besorgt werden.
1.2.1. Die Architektenarbeiten für den Neubau der Bundespolizeidirektion, der Sicherheitsdirektion und des Polizeigefangenenhauses in Linz wurden in der Folge mit Vertrag vom 16. April 1970 an den Architekten Dipl. Ing. Dr. K R vergeben. Als Auftraggeber trat die Republik Österreich durch den Bundesminister für Bauten und Technik auf, der vom
Landeshauptmann von Oberösterreich vertreten wurde.
1.2.2.1. Der im Namen des Bundes einschreitende Landeshauptmann verwies den Architekten nach Meinungsverschiedenheiten wegen Rechnungslegung und Begleichung des (restlichen) Architektenhonorars mit allen geltend gemachten Honorarforderungen an das Land Oberösterreich, das (nach Ansicht des Bundesministers für Bauten und Technik) offene Ansprüche aus Mitteln des Finanzausgleichs zu befriedigen hätte (Weisung des Bundesministers für Bauten und Technik an den Landeshauptmann von Oberösterreich vom 14. Februar 1984, Z640.048/4-II/6/83; Schreiben des Landeshauptmannes vom 17. April 1984, Z Bau 5-IV-218/29-1984/Kie-Wi).
1.2.2.2. Schließlich strengte Architekt R gegen den Bund ein Schiedsgerichtsverfahren an - das Land Oberösterreich lehnte nach Streitverkündung durch den Bund (Schriftsatz der Finanzprokuratur vom 13. November 1984, Z115.741-10/84, X/17.684) eine Nebenintervention (auf Seiten des Bundes) ab (Schreiben vom 19. November 1984, Z Just-2451/35-Gf-1984) -, in dessen Verlauf der Bundesminister für Bauten und Technik die Forderung eines Honorar-(Rest-)betrags (iS der Stellungsnahme des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juni 1985, Z Bau H-IV-218/54-1985/Kie/Hö, zum Schriftsatz des Klägers im schiedsgerichtlichen Verfahren) ausdrücklich anerkannte (Schreiben der Finanzprokuratur an das Schiedsgericht vom 30. Juli 1985, Z67.332-11/85/XI/17.684).
1.2.2.3. Nach erfolgloser Aufforderung des Landes Oberösterreich zur Leistung dieses Betrags bezahlte "die Republik Österreich zur Vermeidung weiterer Kosten das außer Streit gestellte restliche Honorar ... samt Zinsen ... vorläufig an den Kläger" (Schreiben des Bundesministers für Bauten und Technik an das Land Oberösterreich vom 11. Dezember 1985, Z740.048/28-II/11/85).
1.2.3.1. Daraufhin behielt der Bund - zur Tilgung seiner vermeintlichen Forderung - zu Lasten der dem Land Oberösterreich zustehenden monatlichen Abschlagszahlungen nach dem FAK insgesamt Beträge von zusammen mindestens 1.350.717,97 S kompensationsweise ein, und zwar für alle vorläufig anstelle des Landes ausgelegten Kosten, das sind das Resthonorar sA und die schiedsgerichtlichen Verfahrenskosten sA.
Das Land Oberösterreich forderte mit Schreiben vom 9. Jänner 1986, Z Just-2451/59-Gf-1986 (s. auch Note vom 27. März 1986, Z Just-2451/76-Gf-1986) den Bund (zu Handen des Bundesministers für Bauten und Technik und des Bundesministers für Finanzen) zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge auf.
Der Bundesminister für Finanzen sah jedoch "keine Veranlassung zur Widerrufung der Kompensationserklärung" (Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 26. Februar 1986, Z61.2111/9-II/11/86).
1.2.3.2. Nunmehr beschritt das Land Oberösterreich den Klageweg gemäß Art137 B-VG.
1.3.1.1. In diesem - beim VfGH zu A2/86 protokollierten - Rechtsstreit der klagenden Partei, vertreten durch einen vom Landeshauptmann bevollmächtigten Landesbeamten (- die Klagsführung wurde nachträglich von der Oberösterreichischen Landesregierung genehmigt - s. dazu: VfSlg. 5856/1968, VfGH 21. 11. 1985 B44/83), wider die beklagte Partei Bund (Bundesminister für Finanzen), vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Zahlung eines Betrags von 1.350.717,97 S sA wurde die Fällung des folgenden Urteils begehrt:
"Der Beklagte Bund (Bundesminister für Finanzen) ist dem Kläger Land Oberösterreich gegenüber schuldig, dem Kläger Land Oberösterreich jeweils binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution
- 1.) den Betrag von ÖS 1.350.717,97
- a) samt 4 % aus dem Teilbetrag von
ÖS 1.183.089,94 seit dem 10. Jänner 1986 und
- b) samt 4 % aus dem Teilbetrag von
ÖS 197.628,03 seit 11. April 1986 zu bezahlen; sowie
- 2.) die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen ..."
1.3.1.2. In der Klagserzählung heißt es - gerafft wiedergegeben - ua., daß zu den Kosten, die gemäß Art104 Abs2 B-VG das Land zu tragen hat (und für die bundesgesetzlich eine Ersatzleistung durch den Bund vorgesehen werden kann), nur der Personal- und Amtssachaufwand des Landes zähle. Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungskosten, die durch Einschaltung eines Architekten entstehen, seien Zweckaufwand und daher vom Bund zu tragen. Es wäre verfassungswidrig, falls der Bund das Land durch Gesetz, Verordnung oder sonstige Maßnahmen zur Tragung solcher Kosten veranlassen sollte. Unter Projektierungs-, Bauleitungsund Bauführungsausgaben im Sinn des §1 Abs3 FAG 1967 und der entsprechenden Folgebestimmungen in späteren Finanzausgleichsgesetzen, für die der Bund den Ländern eine Pauschalabgeltung leiste, seien bei verfassungskonformer Auslegung also keinesfalls Kosten zu verstehen, die durch Einschaltung von Architekten für Planungs- und Bauleitungsleistungen erwachsen; das Pauschalentgelt nach §1 Abs3 FAG 1967 und den Nachfolgebestimmungen diene nur zur Abgeltung der Kosten solcher Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsmaßnahmen, die vom Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land selbst erbracht werden.
1.3.2.1. Der Bund als beklagte Partei erstattete eine Klagebeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Klage als unbegründet, weil das Land Oberösterreich das Architektenhonorar sowie die Kosten für das Schiedsgerichtsverfahren - als Nebenforderung zum Architektenhonorar - aus den Pauschalabgeltungen der Finanzausgleichsgesetze 1967, 1973 und 1979 für Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben zu begleichen habe.
1.3.2.2. Davon ausgehend, daß unter "Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben" iS des §1 Abs3 FAG 1967 entsprechende Kosten aus Verträgen mit Dritten zu subsumieren seien, stützt sich der Bund zunächst auf den Terminus "Ausgaben": Ginge es nur um Personal- und Sachaufwand, hätte der Finanzausgleichsgesetzgeber den Begriff "Aufwand" verwendet. In den EB zur RV des FAG 1967 (231 BlgNR XI. GP) werde zudem zwischen Kosten, die durch Einsatz eigener Kräfte des Landes entstanden, einerseits und Kosten aus Verträgen mit Dritten anderseits nicht differenziert. Müßte der Bund Verpflichtungen aus Verträgen mit Dritten erfüllen, könnte das Land unter Umständen das Pauschale ohne Gegenleistung beziehen, weil es nicht durch Weisung zur Einrichtung eines Baudienstes verpflichtet werden dürfe.
Die Bestimmungen des ABGB über die Aufrechnung seien als allgemeine Rechtsgrundsätze auch im Bereich des öffentlichen Rechts analog anzuwenden. Das Aufrechnungsverbot des §1441 Satz 2 ABGB stehe hier einer Kompensation nicht entgegen, weil es sich nicht auf Gebietskörperschaften übertragen lasse.
2. Über die Klage wurde erwogen:
2.1. Nach Art137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Ein derartiger ausschließlich im öffentlichen Recht wurzelnder vermögensrechtlicher Anspruch wurde - unbestritten geltend gemacht (vgl. 5789/1968).
2.2.1.1. Gemäß Art104 Abs1 B-VG finden die Bestimmungen des Art102 B-VG über die Einrichtung der mittelbaren Bundesverwaltung auf die nichthoheitliche Verwaltung des Bundes (Art17 B-VG) keine Anwendung. Die mit der Verwaltung des Bundesvermögens betrauten Bundesminister können aber die Besorgung solcher Geschäfte dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land übertragen (sog. "Auftragsverwaltung": Art104 Abs2 (Satz 1) B-VG; vgl. VfSlg. 10477/1989). Dabei geht Art104 Abs2 (Satz 3) B-VG davon aus, daß für die Kosten dieser "Auftragsverwaltung" grundsätzlich die Länder aufzukommen haben; durch BG wird bestimmt, inwieweit "in besonderen Ausnahmefällen" der Bund (den Ländern) Kostenersatz zu leisten hat.
2.2.1.2. Verfehlt ist nun zunächst die Rechtsansicht der klagenden Partei, es seien unter den kraft Art104 Abs2 Satz 3 B-VG dem Land auferlegten "Kosten" zwar der Personal- und Amtssachaufwand für alle vom Bund übertragenen (abgegebenen) Geschäfte zu verstehen, nicht aber Werklöhne etc. für Dritte, deren sich der Landeshauptmann bei der Projektierung, Bauleitung und Bauführung bediene. Die beklagte Partei weist nämlich zutreffend darauf hin, daß eine derartige Rechtsmeinung im klaren Wortlaut des Art104 Abs2 Satz 3 B-VG keinerlei Deckung findet; sie widerspricht vielmehr den Gesetzesmaterialien, denn nach dem 63. Protokoll der 5. Sitzung des Verfassungsunteraussychusses vom 6. November 1929 ist das Motiv für die Schaffung der zu deutenden Regelung darin zu sehen, daß ein Land mitunter zur Besorgung der übertragenen Aufgaben mit eigenen Kräften, dh. mit Landesbeamten, nicht imstande sei und daher Dritte heranziehe, wofür ihm Kosten erwüchsen: "Solche Kosten sollten dem Land ersetzt werden" (Berchtold, Die Verfassungsreform von 1929, Braumüller 1979, Teil II, S 171). Allein schon aus diesen Gründen vermag der VfGH die in der Klageschrift ausgebreiteten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden finanzausgleichsgesetzlichen Vorschriften (: §1 Abs3 FAG 1967 und entsprechende Folgebestimmungen) - aus der Sicht dieses Rechtsfalls - nicht zu teilen, und zwar auf dem Boden der Rechtsauffassung, daß die vorgesehene pauschalierte Abgeltung der in Besorgung der "Auftragsverwaltung" erwachsenden "Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben" - wie die beklagte Partei einwendet - sämtliche durch Heranziehung Dritter entstehenden Ausgaben (mit-)umfaßt: Gemäß §1 Abs3 FAG 1967 erhalten nämlich die Länder bei Bauvorhaben nach Abs2, ds. alle in "Auftragsverwaltung" abgewickelten (Art17, 104 Abs2 B-VG), 4 vH. des endgültigen Bauaufwandes als Abgeltung für "Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben".
Daß dieses Pauschale sich jedenfalls auch auf Ausgaben für die Heranziehung dritter Personen zu solchen Arbeiten erstreckt, erhellt in der Tat schon aus der Wortwahl des FAG; §1 Abs3 FAG 1967 spricht nicht etwa vom "Aufwand", sondern ausdrücklich von "Ausgaben" - die Gehälter der Landesbeamten sind keine Projektierungsausgaben usw. - und sieht darüber hinaus eine generelle Pauschalabgeltung derartiger Kosten vor. Für dieses Normverständnis lassen sich nicht zuletzt auch die EB zur RV des FAG 1967 ins Treffen führen, worin im Zusammenhang mit der Umschreibung der gesetzlichen Termini (: Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben) in keiner wie immer gearteten Weise zwischen landeseigenen Kräften und dritten Personen unterschieden wird. Eine Verdeutlichung der im hier entscheidenden Punkt inhaltlich unverändert gelassenen Rechtslage brachte schließlich das FAG 1985; es handelt nun zwar vom (den Ländern zu ersetzenden) "Aufwand" ("für die Erfüllung der übertragenen Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben") sagt aber expressis verbis, daß die Pauschalabgeltung "auch den mit der Heranziehung Dritter zur Besorgung dieser Geschäfte verbundenen Aufwand (umfaßt), soweit die Besorgung nicht durch Personal des Landes vorgenommen wird" (§1 Abs2 Z2).
Der VfGH stimmt der beklagten Partei zu, wenn sie die ausführlich begründete Auffassung vertritt, daß die von Dipl. Ing. Dr. K R vertraglich übernommenen Aufgaben Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsarbeiten in der Bedeutung des FAG 1967 und seiner Folgebestimmungen sind. Die entsprechenden Honorarzahlungen unterfallen also nach dem Gesagten dem Pauschale des FAG und gehen zu Lasten des Landes; die Prozeßkostenforderung im Schiedsgerichtsverfahren iS des Architektenvertrags ist ebenso wie eine Verzugszinsenforderung - als Annex zur Hauptforderung zu betrachten, deren Schicksal sie hier teilt. Entsprechende Verfahrenskosten, die der Bund zunächst trug, gelten darum als Teil des Honoraranspruchs des Architekten und demgemäß ebenfalls als Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungskosten im weiteren Sinn.
2.2.2. Aus all dem folgt, daß das Klagebegehren nicht zu Recht besteht: Die endgültige Tragung des Honorar- und Prozeßkostenanspruchs des Architekten obliegt der klagenden Partei; die Klagsforderung des Landes Oberösterreich nach Rückersatz des vom Bund vorläufig ausgelegten und im weiteren Verlauf - nach Lage des Falls durchaus zulässig (: §1438 ABGB in analoger Anwendung) - kompensationsweise einbehaltenen (Honorar- und Kosten-)Beitrags ist nicht gerechtfertigt.
Aus diesen Erwägungen war die Klage abzuweisen.
2.3. Der beklagten Partei waren Prozeßkosten im begehrten Umfang zuzusprechen (§ 41 VerfGG 1953 und § 41 ZPO iVm. § 35 VerfGG 1953).
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