Normen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
B-KUVG-Nov 11., BGBl 592/1981 ArtIII
B-KUVG-Nov 12., BGBl 78/1983 ArtIII
ABGB §1431 ff
ABGB §1042
ASVG §32 Abs1
B-KUVG §10 Abs1
B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
B-KUVG-Nov 11., BGBl 592/1981 ArtIII
B-KUVG-Nov 12., BGBl 78/1983 ArtIII
ABGB §1431 ff
ABGB §1042
ASVG §32 Abs1
B-KUVG §10 Abs1
Spruch:
1. Das Klagebegehren, der Bund sei schuldig, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter den Betrag von 23 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen ab 21. September 1982, den Betrag von 200 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen ab 21. April 1983 und den Betrag von 400 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen ab 21. September 1983 zurückzuzahlen, wird abgewiesen.
2. Das Klagebegehren, der Bund sei schuldig, den Klägern den Betrag von je 300 S samt 4 vH Zinsen ab 21. April 1983 und den Betrag von je 600 S samt 4 vH Zinsen ab 21. September 1983 zurückzuzahlen, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Am 3. Oktober 1983 brachte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) beim VfGH gegen die Republik Österreich - Bund eine Klage nach Art137 B-VG iVm. §38 VerfGG mit dem Begehren auf ein Erk. ein, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei a) einen Betrag von 23 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen ab 21. September 1982 und b) einen Betrag von 200 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen seit 21. April 1983 zurückzuzahlen.
Für den Fall, daß das Erk. nach dem 20. September 1983 gefällt würde, wurde der weitere Spruch begehrt, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 400 Millionen Schilling samt 4 vH Zinsen seit 2. September 1983 zurückzuzahlen. Ferner wurde die Zahlung der Prozeßkosten durch die beklagte Partei begehrt (A33/83). Mit der Begründung, diese Leistungen seien durch verfassungswidrige Gesetzesstellen angeordnet worden, begehrt die klagende Versicherungsanstalt die Rückzahlung der gesetzmäßig geleisteten Beträge, und zwar vom Bund, weil diesen gemäß §80 ASVG die Ausfallhaftung für die Pensionsversicherungsträger treffe (die er in den Monaten April und September zu bevorschussen habe), sodaß die Zahlungen der klagenden Versicherungsanstalt die Leistungspflicht des Bundes minderten und im Ergebnis nur der Bund (ungerechtfertigt) bereichert sei. Die BVA regt weiters an, der VfGH wolle die präjudiziellen Bestimmungen des ArtIII der 11. B-KUVG-Nov., BGBl. 592/1981, und des ArtIII der 12. B-KUVG-Nov., BGBl. 78/1983, von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen und als verfassungswidrig aufheben.
Hinsichtlich der Verfahrungsvoraussetzungen wurde in der Klage behauptet, daß das Begehren einen im öffentlichen Recht wurzelnden vermögensrechtlichen Anspruch betrifft, der weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sei.
1.2. Der Bund erstattete zu der Klage durch den Bundesminister für soziale Verwaltung eine Gegenschrift, in der er die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Klage beantragte.
2.1. Am 31. Oktober 1983 brachten das Mitglied des Bundesrates R S, Regierungsrat A P und der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. R L beim VfGH eine Klage gemäß Art137 B-VG gegen die Republik Österreich - Bund ein, in der sie die Fällung folgenden Erk. begehrten:
a) Die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien je einen Betrag von 300 S samt 4 vH Zinsen ab 21. April 1983 und b) von je 600 S samt 4 vH Zinsen ab 21. September 1983 zu bezahlen sowie ihnen gemäß §41 VerfGG die Prozeßkosten zu ersetzen. Die Kläger brachten weiters die Anregung vor, die präjudizielle Bestimmung des ArtIII der
12. B-KUVG-Nov., BGBl. 78/1983, auf ihre Verfassungsmäßigkeit von Amts wegen zu prüfen und als verfassungswidrig aufzuheben (A 45/1983).
Sie führten weiters aus, der Anspruch richte sich gegen den Bund. Er sei vermögensrechtlicher Natur und wurzle im öffentlichen Recht. Er sei weder vor den ordentlichen Gerichten auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Der Anspruch sei nicht auf Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge (§69 ASVG) gegen einen Sozialversicherungsträger, sondern auf Rückforderung der Bereicherung (§§1041 f. ABGB) durch den Bund gerichtet. Der Bund sei gemäß §80 ASVG zur Tragung der Ausfallhaftung für die Pensionsversicherungsträger nach dem ASVG verpflichtet. Indem der Bund nunmehr die BVA verpflichte, aus ihrem Beitragsaufkommen 600 Millionen Schilling an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger zu überweisen, mindere er gemäß §447g Abs7 ASVG seine eigene Leistungspflicht. Er lege damit den bei der BVA Versicherten ein verfassungswidriges Sonderopfer auf, das nach der RV zur 12. B-KUVG-Nov. (1313 BlgNR 15. GP S 4) ausschließlich der Entlastung des Bundeshaushaltes diene. Da es der Bundesgesetzgeber in verfassungswidriger Weise (VfSlg. 8212/1977) unterlassen habe, die Beitragshöhe des §20 B-KUVG sachgerecht zu modifizieren, und da er statt dessen die nicht für Zwecke der Krankenversicherung nach dem B-KUVG erforderlichen Teile des Beitragsaufkommens zur Finanzierung sozialversicherungsfremder Aufgaben des Bundes abgezweigt habe, würden die bei der BVA Versicherten - unter diesen die Kläger - in verfassungswidriger Weise verpflichtet, an der Finanzierung von Bundesaufgaben mitzuwirken. Der Bund habe sich daher durch ein verfassungswidriges Konfiskations- und Sonderabgabengesetz an Teilen des Beitragsaufkommens der bei der BVA Versicherten bereichert. Mit der Klage würden die Kläger den auf sie entfallenden Anteil an dieser Bereicherung vom Bund zurückfordern.
2.2. Der Bundesminister für soziale Verwaltung erstattete für den Bund eine Gegenschrift, in der er die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Klage beantragte.
II. Der VfGH hat erwogen:
Die Klagen sind zulässig.
Sie betreffen vermögensrechtliche Ansprüche. Keine gesetzliche Bestimmung beruft eine Verwaltungsbehörde zu deren Erledigung. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte wäre nur gegeben, wenn es sich um eine bürgerliche Rechtssache handelte. Wie der VfGH jedoch wiederholt ausgesprochen hat, ist für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung dann die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht gegeben, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht (VfSlg. 5386/1966, 6093/1969, 8065/1977, 8542/1979, 8666/1979, 8812/1980 und 8954/1980). Nach den Klagsvorbringen sind die Zahlungen, um deren Ausgleich es geht, nach der erklärten Absicht der Klägerin in Erfüllung einer - hier auf ihre Grundlagen nicht zu untersuchenden - besonderen gesetzlichen Verpflichtung gegenüber dem Ausgleichsfonds der Träger der Pensionsversicherung erfolgt, einer Verpflichtung also zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechtes (§10 Abs1 B-KUVG und §32 Abs1 ASVG) im Rahmen ihrer öffentlichen Aufgaben. Infolgedessen gehörten die behaupteten Ansprüche dem öffentlichen Recht an. Sie sind nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen. Die Zuständigkeit des VfGH ist gegeben. Dieses Ergebnis läßt sich ohne Anwendung des ArtIII der 11. und des ArtIII der 12. Nov. zum B-KUVG ermitteln.
III. Die Klagebegehren sind jedoch nicht begründet.
1. Die Kläger begehren Rückzahlungen des an den Ausgleichsfonds Geleisteten vom Bund. Sie legen diesem Begehren unausgesprochen die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über ungerechtfertigte Bereicherung (§§1431 ff. und §1042 ABGB) zugrunde. Mit welcher Wirkung eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf die in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Verhältnisse möglich ist (vgl. zu §1042 ABGB etwa VfSlg. 3354/1958 und 8178/1977), kann aber im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, denn das Vorbringen begründet die Ansprüche auch nach diesen Bestimmungen nicht:
Die Klagen behaupten die Verfassungswidrigkeit der für die Leistung maßgebend gewesenen Gesetze und regen an, diese Vorschriften aufzuheben. Sie träfen damit aber nur das Verhältnis der Kläger zum Empfänger der Leistung. Die Aufhebung des Gesetzes würde zum (nachträglichen) Wegfall des Rechtsgrundes ihrer Leistung führen und einen Rückforderungsanspruch gegen den Ausgleichsfonds begründen. Diesfalls könnte aber nicht zugleich ein Regreßanspruch gegen einen anderen Rechtsträger bestehen. Die Möglichkeit, zwischen Kondiktion gegen den Empfänger und Regreß gegen den Schuldner zu wählen, wie er im bürgerlich-rechtlichen Schrifttum für gewisse Fallgruppen erwogen wird (Auckenthaler, Irrtümliche Zahlung fremder Schulden, 1980; dazu Rummel, ABGB Rdz. 7 zu §1042 ABGB), scheidet für den Bereich des öffentlichen Rechts wegen Fehlens privatautonomer Gestaltungsmöglichkeit jedenfalls aus. Ein Anspruch gegen den Bund ist aus einer Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften auf Grundlage von Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes also nicht ableitbar.
Ein solcher käme nur in Betracht, wenn die Leistungen der Kläger einen wirksamen Aufwand iS des §1042 ABGB darstellten. Dazu wäre gerade die Rechtmäßigkeit der diese Leistungen tragenden Normen erforderlich (wie zB die Vereinbarungen der Gemeinde zur Errichtung einer Straßenbeleuchtung in VfSlg. 8178/1977). Unterstellte man aber die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Gesetzesbestimmungen, dann enthielte die Rechtsordnung keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß es sich um einen Aufwand "für einen anderen" gehandelt habe, den dieser "nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen" und für den er Ersatz zu leisten hätte. Es ist dann nämlich keine Vorschrift aufzufinden, die der Ausfallhaftung des Bundes den Vorrang von einer Leistungspflicht der Kläger verleihen würde.
Von welcher Seite immer die Sache betrachtet wird, Ansprüche der Kläger gegen den Bund sind nicht begründbar.
2. Die Klagen sind daher abzuweisen, ohne daß auf die Behauptung der Verfassungswidrigkeit der ArtIII der 11. und der 12. Nov. zum B-KUVG einzugehen wäre.
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