OGH 15Os115/25p

OGH15Os115/25p19.11.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Strubreiter in der Strafsache gegen * W* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 29. April 2025, GZ 22 Hv 34/24a‑44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00115.25P.1119.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * W* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB sowie mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./), mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./) und des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – in G*

I./ mit einer unmündigen Person, nämlich der am * 1991 geborenen * S*, den Beischlaf oder dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, wodurch sie eine schwere Körperverletzung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung erlitt, indem er

1./ von Frühjahr 2004 bis 7. November 2005 in zahlreichen Fällen einen Finger in ihre Scheide einführte,

2./ von Frühjahr 2005 bis 7. November 2005 in zahlreichen Fällen vaginal und oral mit ihr verkehrte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] In der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte die Einholung eines „psychiatrisch‑medizinischen“ Sachverständigengutachtens sowie die Ergänzung des Gutachtens der beigezogenen psychologischen Sachverständigen Mag. G* zum Beweis dafür, dass „die Ursachen für die posttraumatische Belastungsstörung bereits auf die Zeit vor dem Einzug beim Angeklagten zurückzuführen“ wären. Begründend führte er aus, die Sachverständige habe in der Hauptverhandlung ausgeführt, nur den Zeitraum „nach den Vorwürfen“ begutachtet zu haben. Daraus folgert der Rechtsmittelwerber, wegen der „Gewaltbelastung in der Familie“ „konnte“ die posttraumatische Belastungsstörung bereits davor eingetreten sein (ON 43, 40).

[5] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung dieses Beweisantrags Verfahrensrechte nicht verletzt. Die beigezogene psychologische Sachverständige kam in ihrem Gutachten zum Ergebnis, dass die vom Angeklagten gesetzten Missbrauchshandlungen kausal für die beim Opfer vorliegende posttraumatische Belastungsstörung waren. Dabei erklärte sie, dass diese auch auf frühkindliche Deprivation zurückzuführen sei (ON 43 S 9 f).

[6] Weshalb zusätzlich ein psychiatrisches Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen, legt der Beschwerdeführer nicht dar (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0098195 [T6]). Unzulänglichkeiten des Gutachtens im Sinn des § 127 Abs 3 StPO oder mangelndes Fachwissen der beigezogenen Sachverständigen behauptet der Beschwerdeführer gar nicht. Der Antragsteller verkennt, dass Mitkausalität des vorgeworfenen Verhaltens für die eingetretene posttraumatische Belastungsstörung für deren strafrechtliche Zurechnung ausreicht (RIS‑Justiz RS0091997 [T2]).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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