European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0050OB00029.25P.1030.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Bestandrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Antragsteller sind die Mieter einer Wohnung, der Antragsgegner ist der Vermieter und Eigentümer der Liegenschaft.
[2] Gegenstand des Verfahrens ist die Verteilung der Gesamtkosten (§ 37 Abs 1 Z 9 MRG iVm § 17 MRG).
[3] Das Erstgericht stellte die Nutzflächen der einzelnen Mietgegenstände und die daraus folgenden prozentuellen Anteile der einzelnen Mietgegenstände an den Gesamtkosten der Liegenschaft ziffernmäßig fest. In diese Nutzflächenaufstellung und Anteilsberechnung bezog es die Räume des Objekts Top 7 des Hauses mit ein.
[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners, der sich (nur) gegen die Einbeziehung des Objekts Top 7 richtete, nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher zurückzuweisen.
[6] 1. Der Anteil eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses bestimmt sich – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung zwischen dem Vermieter und allen Mietern des Hauses und der Ausnahmebestimmung des § 17 Abs 1a MRG – nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses.
[7] Bei der Ermittlung der Nutzfläche aller „Mietgegenstände“ des Hauses ist daherdarauf abzustellen, ob es sich objektiv um einen Raum handelt, der vermietet oder vermietbar ist oder vom Vermieter benützt wird (RS0069814 [T2]; vgl auch RS0107266 [T1]).
[8] 2. Die Nutzflächenrelevanz von Räumen hängt somit von deren Vermietbarkeit ab. Jeder zu Wohnzwecken oder Geschäftszwecken selbständig vermietbare Raum ist in die Nutzflächenberechnung einzubeziehen (RS0069959 [T1]).
[9] Ob die Eignung für Wohnzwecke oder Geschäftszwecke besteht, ist weder nach der subjektiven Ansicht der Vertragsteile noch nach der tatsächlichen Verwendung, sondern nach dem objektiven Zustand der Räume zu beurteilen (RS0070105; RS0069814 [T1]). Eine durch den objektiven Zustand der Objekte indizierte Vermietbarkeit hat der Vermieter zu widerlegen; Zweifel an der Unvermietbarkeit gehen zu seinen Lasten (RS0116999 [T1]; RS0070105 [T2]; RS0069814 [T10]).
[10] Die Frage, ob im Einzelfall aufgrund des objektiven Zustands eines Objekts eine Eignung für Wohn- oder Geschäftszwecke gegeben ist, hängt ausschließlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und berührt daher keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RS0070105 [T1]; RS0069814 [T11]).
[11] 3. Dem Rekursgericht ist keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen.
[12] 3.1. Der Antragsgegner bestreitet die Nutzflächenrelevanz der Räume des Objekts Top 7 im Wesentlichen mit der Begründung, dass diese „frühere“ Wohnung nach ihremderzeitigen Bau- und Ausstattungszustand nicht einmal die Mindesteigenschaften einer Wohnung aufweise und daher nicht ausgebauten, nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeigneten Dachbodenräumen gleich zu halten sei.
[13] Mit dieser Argumentation setzt sich der Antragsgegner über den festgestellten Sachverhalt hinweg, nach dem das Objekt Top 7 als Wohnung im derzeitigen Zustand der „Kategorie D unbrauchbar“ entspricht und auch unsaniert zu einem dieser Kategorie entsprechenden Nettohauptmietzins vermietbar ist. Unter einer Wohnung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung ein selbständiger und in sich baulich abgeschlossener Teil eines Gebäudes zu verstehen, der geeignet ist, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen (vgl RS0079355). Die hier festgestellte Unbrauchbarkeit, die darauf zurückzuführen ist, dass nach der Sanierung der Deckenkonstruktion der erforderliche Wiederaufbau des Fußbodens unterblieb, schließt die Vermietbarkeit als Wohnung insofern nicht aus, als es den Vertragsparteien überlassen bleibt, das Maß der Gebrauchsfähigkeit des Bestandgegenstands zu bestimmen (RS0021044). Durch die Regelung des § 17 MRG sollte außerdem ein möglichst stabiler, von vorübergehenden Änderungen weitgehend unbeeinflusster Verteilungsschlüssel für die Kosten des Hauses geschaffen werden. Eine bloß vorübergehende (nur bis zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht andauernde) Unbrauchbarkeit ist daher für die Festsetzung des Nutzflächenschlüssels ohne Bedeutung (RS0069860). Sinngemäß Gleiches gilt für die aus dem Recht des Mieters auf Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstands nach § 9 MRG folgende Duldungspflicht des Vermieters.
[14] Die objektive Unvermietbarkeit eines Objekts kann sich zwar auch aus seiner Widmung für Gemeinschaftszwecke ergeben. Aber auch hierbei ist zur Wahrung eines stabilen, keiner Manipulation zugänglichen und jederzeit leicht feststellbaren Aufteilungsschlüssels für die Bewirtschaftungskosten des Hauses ein strenger Maßstab anzulegen. Die Widmung muss eindeutig, dauerhaft und einer einseitigen Abänderung durch den Vermieter entzogen sein (RS0116999; RS0069814 [T7]; vgl auch RS0116795).
[15] 3.2. Die nach dem festgestellten Zustand der Räume (Wohnung der Kategorie D unbrauchbar) indizierte Vermietbarkeit könnte der Vermieter zwar widerlegen.
[16] Das ist dem Antragsgegner nach den Feststellungen aber nicht gelungen. Das Erstgericht hat die Höhe des erzielbaren Mietzinses mit „1,06 EUR pro Quadratmeter“ beziffert; dieser Kategoriebetrag wurde allerdings nach Erstellung des dieser Feststellung zugrunde gelegten Sachverständigengutachtens noch vor Fällung des Sachbeschlusses auf 1,12 EUR valorisiert. In der Zusammenschau mit dem Sachverständigengutachten und der rechtlichen Beurteilung ist diese Feststellung daher zweifelsfrei so zu verstehen, dass jeweils ein der Kategorie „D unbrauchbar“ entsprechender Mietzins zu erzielen war und ist.
[17] 3.3. Die Beurteilung des Rekursgerichts,die Räume der Top Nr 7 seien auch im unsanierten Zustand iSd § 17 Abs 1 MRG nutzflächenrelevant, entspricht damit den Rechtsprechungsgrundsätzen und ist nicht korrekturbedürftig. Die Frage, ob bei der Beurteilung der Vermietbarkeit auch die Möglichkeit einer dem Vermieter wirtschaftlich zumutbaren Sanierung Berücksichtigung zu finden hätte, hat damit keine Relevanz.
[18] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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