European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00189.24A.0122.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Die Revision der erstbeklagten Partei wegen Nichtigkeit wird verworfen.
2. Im Übrigen wird den Revisionen Folge gegeben.
In Ansehung der erstbeklagten Partei werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
In Ansehung der zweitbeklagten Partei wird die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
3. Hinsichtlich der Revision der erstbeklagten Partei sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Verfahrenskosten.
Hinsichtlich der Revision der zweitbeklagten Partei werden die Kostenaussprüche der Vorinstanzen aufgehoben und wird dem Erstgericht die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens aufgetragen.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 3.314,90 EUR (darin enthalten 298,15 EUR USt und 1.526 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.
BegründungundEntscheidungsgründe:
[1] Die L* AG, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, betrieb eine Einkaufsgemeinschaft, die es den Kunden („Mitgliedern“) ermöglichte, durch den Bezug von Waren und/oder Dienstleistungen bei L*‑Partnerunternehmen Vorteile (Cashbacks und Shopping Points) zu erwerben. Am 9. 8. 2010 registrierte sich die Klägerin als Mitglied der L* AG, die für die Klägerin ein Mitgliedskonto einrichtete. Später erlangte die Klägerin die Stellung als Vermittlerin von L*‑Kunden („Marketer“), wobei dieses Marketing‑Programm (Vermittlernetz) unter der Bezeichnung „Ly*“ betrieben wurde und nach wie vor betrieben wird.
[2] Anfang des Jahres 2018 wurde der Klägerin von Repräsentanten der L* AG ein Modell vorgestellt, bei dem sich Marketer an „Customer Clouds“ und „Enterprise Clouds“ beteiligten konnten. Im Zeitraum von 29. 5. 2018 bis 8. 3. 2022 erwarb die Klägerin bei der L* AG Discount Voucher (Rabattgutscheine) sowie „Customer Clouds“ bzw „Enterprise Clouds“ um einen Betrag von insgesamt 22.250 EUR. In diesem Zusammenhang akzeptierte sie die Ly*‑Vereinbarung für unabhängige Ly* Marketer idF 2017 und die Zusatzbedingungen für Rabattgutscheine idF 2017. Die Zahlungen leistete die Klägerin an die L* AG, die ihr die jeweiligen Bestellungen bestätigte und die Rechnungen dafür ausstellte.
[3] Ab Beginn des Jahres 2021 erschien beim Einloggen in das Mitgliedskonto der L*-Mitglieder ein Pop up-Fenster mit einer Videobotschaft von H* F*, einem Gründer des Geschäftsmodells von L*, mit dem Titel „Ich habe ein Geschenk für dich!“, mit dem das „my* Share Program“ beworben wurde. Der gesprochene Text der Videobotschaft lautet:
„Hallo Willkommen, für die die mich nicht kennen, ich bin H* F*. Heute habe ich ein unerwartetes Geschenk für Euch. 2003 begann ich eine Einkaufsgemeinschaft und eine Moneyback with every purchase, Geld zurück mit jedem Einkauf. Und seither ist viel passiert, wir haben Millionen von Kunden mit hunderttausenden lokalen und online Partner in Verbindung gesetzt. Millionen von Dollars in Umsatz wurden erreicht und dadurch auch Millionen an Cashback für unsere Kunden. All das wurde möglich durch euch. Durch euer Vertrauen, eure Unterstützung, euren Glauben an mich und ich vergesse nie, woher ich komme, deswegen habe ich ein Geschenk für euch: jede Bestellung, die ihr aufgebt, egal ob ihr sie gestern oder 2003 aufgegeben habt wird in einem besonderen Programm für euch gratis zählen. Was ist die Geschichte dahinter? Wie in allen anderen Unternehmen gab es bei uns viele Aufs und Abs. Eine unglaubliche Reise und ich habe auch sehr viel gelernt auf dem Weg. 2018 habe ich meine gesamte Erfahrung und alle Learnings zusammengefasst und habe my* gegründet. Was wenn man mehr für sein Geld bekommen könnte? Was wenn man einem Mehrwert bekommen könnte für jeden Einkauf, den man macht, egal wo, egal wann. Dank my* und dem globalen Einkaufsnetzwerk können wir einen exklusiven Vorteil anbieten. In mehr als 50 Ländern mit hunderttausenden online und lokalen Partnern. Und es wird jeden Tag von Millionen von zufriedenen Kunden verwendet. Es gibt große, kleine und mittelgroße Unternehmen, die bereits das Potenzial erkannt haben, und sie teilen unsere Vorteile mit ihren Kunden. Unsere White Label Programme und Sportpartnerschaften sind auch Teil dieser Erfolgsstory von my*. Wie könnt ihr einen Vorteil daraus ableiten? Es ist einfach egal, ob ihr einkaufen müsst oder gerne einkauft, jetzt könnt ihr exklusive Vorteile ableiten. Cashback und Shopping Points, ob ihr online einkauft, ob ihr Auto auftankt, in einem Restaurant esst oder den nächsten Urlaub bucht. Ihr bekommt mehr für euer Geld und Cashback ist erst der Anfang, der wahre Schatz ist der my* Benefit Lounge. Mit euren Shopping Points könnt ihr sensationelle Deals bekommen und noch mehr Geld sparen. Je mehr Shopping Points ihr habt, desto mehr Geld spart ihr. Tretet heute unserer Einkaufsgemeinschaft bei. Willkommen beim führenden Benefit Programm weltweit. Unglaublich, oder? Niemand hat einen derartigen Erfolg in so kurzer Zeit erwartet. Aber das ist erst der Anfang, denn my* wird ein Multi Milliarden Dollar Unternehmen. Und ihr könnt Aktionäre werden, und zwar gratis. Wie funktioniert das? Mit dem my* Share Program. Etwas Großes hat begonnen, ein neuer globaler Player wird an die Börse gehen. Und ihr als ein Ly* Marketer könnt dann Aktionär werden und das gratis. Ein Unternehmen, das in mehr als 50 Ländern rund um den Globus aktiv ist, das bereits Millionen von zufriedenen Kunden, Hundertausende von Merchants und unglaubliche White Labels in Sportpartnerschaften hat. my* International, bereit ein Multi Milliarden Dollar Unternehmen zu werden. Wir haben den perfekten Game Plan erstellt, um diesen Ziel zu erreichen. Unser Plan ist in drei Phasen unterteilt. Während der Vorbereitungsphase wird my* alle notwendigen Schritte unternehmen, um den Börsengang vorzubereiten. Voraussichtlicher Start wird während der Go-Public-Phase stattfinden, der Börsen-Einführungsphase. Während der Expansionsphase wird my* die erhaltenen Mitteln aus dem geplanten Börsengang nutzen und aus den engagierten Businessplan umzusetzen. Jede Phase steigert den Wert des Unternehmens und davon kannst du profitieren. my* hat eine Kooperation mit Ly* gebildet, um die Anzahl der Kunden und den weltweiten Umsatz zu steigern. Im Gegenzug erhält Ly* 25 % der Anteile für seine Marketer. Wie funktioniert das? Mit dem my* Share Programm, ein einzigartiges und kostenloses Incentive Programm exklusiv für Ly* Marketer. Während der Vorbereitungsphase hast du die Möglichkeit kostenlos my* Share Points oder mSP zu sammeln. Wie kannst du mSP sammeln? Alles, was du tun musst, ist Einkaufsvolumen durch den Kauf und die Einlösung von Benefit Voucher zu schaffen. Die genaue Anzahl der verfügbaren mSP wird während des Bestellvorgangs der Vorteilsgutscheine angezeigt. Also sammelt so viele mSP wie möglich. Die mSP, die du durch die Einlösung von Benefit Voucher in der Vorbereitungsphase gesammelt hast, können beim geplanten Börsengang in Unternehmensteile umgewandelt werden. Das Sensationelle daran ist, dass 50 % dieser Unternehmensanteile dir persönlich zur Verfügung stehen werden. Und die anderen 50 % werden für dich in die my* Share Cloud übertragen. Die Cloud wird in monatliches Shoppings Point Plus Volumen für dich und deine gesamte Organisation erstellt. Je mehr Shopping Points Plus du hast desto schneller entwickelt sich deine Karriere. Am Anfang hinter so etwas Großem zu stehen, ist eine einmalige Gelegenheit. Lass uns deshalb gemeinsam ein Multi Milliarden Dollar Unternehmen aufbauen. Willkommen bei my* Share Programm. Also kommen wir gleich zum Punkt und sprechen über euer Geschenk. Ich bedanke mich bei euch für all diese Jahre, die wir gemeinsam verbracht haben. Ihr bekommt my* Share Points für alle vergangenen Bestellungen. Egal ob es eine Anzahlung war, ein Discount Voucher, ein mVoucher oder ein Benefit Voucher. Aber wartet, da gibt es noch mehr, ihr bekommt auch die Möglichkeit eure Incentive Programme, zum Beispiel die Customer Cloud, Infinity- und Enterprise Programme in my* Share Points umzutauschen. Nach der Vorbereitungsphase werden eure my* Share Points in Unternehmensanteile umgewandelt und dann werdet ihr ein Aktionär. Wie könnt ihr ein Teil dieses unglaublichen Programms werden? Es ist einfach: mit dem letzten my* und Ly* Terms and Conditions. Beide gibt es gratis mit unseren eigenen Marketing Agency, Ly* Marketing Agency, geben wir euch auch die Möglichkeit, Provisionen für euren täglichen Einkauf zu erhalten. Schaut euch das an: Wusstet ihr, dass Milliarden von Euros jeden Tag ausgegeben werden, um Produkte und Dienstleistungen der ganzen Welt zu promoten? Ja, mit Ly* könnt ihr einen Anteil dieses Marktpotenzial erhalten. Ly* ist eine globale Marketing Agency, die erfolgreich in mehr als 50 Ländern weltweit tätig ist. Und es werden mehr als fünfhunderttausend Freiberufler auf dem Weg zum Erfolg begleitet. Dank unsere unglaublichen Partnerschaft mit my* und dem weltweit führenden Benefit Programm können wir unseren Ly* Marketern diese einzigartige Gelegenheit bieten, dass sie den täglichen Einkauf für ihren Vorteil nutzen. Und es ist so einfach, dazu braucht man nur über Produkte und Dienstleistungen zu sprechen und man wird für jeden Umsatz bezahlt. Ihr könnt euer eigenes Unternehmen gründen, in dem ihr Kunden, Merchants und Freiberufler empfehlt. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Wie viel möchtet ihr jeden Monat verdienen? 500 Euro, 5.000 Euro oder sogar 50.000 Euro? Das liegt an euch. Je höher die Umsätze, die ihr vermittelt, desto höher euer Einkommen. Alles ist also möglich. Wir helfen euch dabei eure persönlichen Ziele zu erreichen, indem wir euch Tools und Dienstleistungen anbieten, die euch bei eurem Weg zum Erfolg begleiten werden. Wie viel kostet euch das? Absolut gar nichts. Also worauf wartet ihr noch? Fangt heute an, gratis. Hört, mit der Power von Ly* wird my* bald ein Multi Milliarden Dollar Unternehmen werden. Ich habe beschlossen, dieses Multi Milliarden Dollar Unternehmen mit euch zu teilen. Warum? Ihr habt mir all die Jahre euer Vertrauen geschenkt. Und deswegen erhaltet ihr jetzt dieses Geschenk. Ihr erhaltet my* Share Points gratis. Später könnt ihr das in Unternehmensteile umwandeln. Dadurch werdet ihr Aktionäre. Wie könnt ihr mehr mSp erhalten? Seid aktiv, kauft bei uns ein, arbeitet mit uns zusammen. Und wenn ihr wollt, platziert neue Bestelllungen. Im Februar bekommt ihr dreimal so viele mSP für jeden Bestellung. Alle unsere Aktivitäten gemeinsam werden den Wert unseres Unternehmens steigern und auch euren Anteil. Gemeinsam sind wir stark. Willkommen bei my* Share Programm.“
[4] Mittels Rund-E‑Mail vom 16. 7. 2021 wies die Erstbeklagte die noch nicht auf das my* Share Programm umgestiegenen Mitglieder mit folgenden Inhalt auf das neue Benefit Programm hin:
„[...]
Du kannst Shareholder werden. Und das völlig kostenlos! Statt mit dem Customer Cloud Program auf einen bestimmen Zeitraum, ein bestimmtes Land und dessen nationales Einkaufsvolumen begrenzt zu sein, kannst du Shareholder von my* International werden. Wie? Mit dem my* Share Program.
Du erhältst my* Share Points (mSP) für alle Customer Clouds, an denen du teilnimmst, und zusätzlich für alle Bestellungen, die du in der Vergangenheit getätigt hast. Es spielt keine Rolle, ob es sich dabei um eine Anzahlung, einen Rabattgutschein, einen mVoucher oder sogar einen Benefit Voucher handelt. Diese my* Share Points können zu einem späteren Zeitpunkt in Firmenanteile umgewandelt werden. Das macht dich zum Shareholder, völlig kostenlos!
Für weitere Informationen zu diesem unglaublichen Incentive logge dich einfach auf der Website ein und sieh dir H* F*’s Videobotschaft an.“
[5] Das my* Share Programm wird in einem Fact Sheet auszugsweise wie folgt beschrieben:
„my* International plant seinen Börsengang.
Und du als Ly* Marketer kannst Aktionär werden ‑ völlig kostenlos! Wie?
Dank des my* Share Program!
Was ist das my* Share Program?
my* hat eine Kooperation mit Ly* gestartet, um seine Anzahl an Kunden und Partnerunternehmen sowie seinen globalen Umsatz zu erhöhen. Im Gegenzug erhält Ly* 25 % der Aktien der my* International für seine Marketer.
Das my* Share Program wurde exklusiv für Ly* Marketer ins Leben gerufen und eröffnet ihnen die Möglichkeit, durch das Sammeln von my* Share Points (mSP) kostenlos Unternehmensaktien zu bekommen. Je mehr mSP ein Marketer gesammelt hat, umso mehr Aktien erhält er.
Das Beste daran ist, dass der Marketer über 50 % der Aktien, die er erhält, frei verfügen kann (Personal mSP Score), während die anderen 50 % in die my* Share Cloud fließen (Cloud mSP Score). Die my* Share Cloud generiert ein monatliches Volumen an Career Points (CP) für die jeweiligen Marketer.
[…]
Wie können Marketer my* Share Points sammeln?
Marketer erhalten my* Share Points für …
- den Kauf ausgewählter Produkte (die genaue Anzahl an mSP wird ihnen im jeweiligen Bestellprozess angezeigt).
- die Empfehlung neuer Partner für die my* Shopping Community.
- bisherige Bestellungen, wenn sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ly* aus 2021 akzeptieren.
- die Umwandlung von Incentive Programmen, wenn sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ly* aus 2021 akzeptieren.
- die Teilnahme an zukünftigen Promotions (diese werden von Ly* definiert).
my* Share Points sind Teil des my* Share Program, das ein kostenloses Incentive Programm exklusiv für Ly* Marketer darstellt. mSP können nicht käuflich erworben werden, verfügen über keinen intrinsischen Wert, sind nicht in bar ablösbar und stellen kein Investment dar. mSP sind unmittelbar mit der ID des jeweiligen Marketers verknüpft und können daher nicht übertragen werden.
[…]“
[6] Am 16. 2. 2023 registrierte sich die Klägerin für das „my* Share Program“. Im Zuge dessen akzeptierte sie die Ly* Marketing Vereinbarung idF 2021. Vertragspartnerin der Klägerin für diese Vereinbarung ist die Erstbeklagte. Zudem akzeptierte die Klägerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für my* Mitglieder idF 2021. Sie stimmte während der Registrierung zudem zu, dass „meine personen- bzw unternehmensbezogenen Daten, nämlich Vor- und Nachname, Titel, Geschlecht, Geburtsdatum, E‑Mailadresse, Postadresse, Adresskoordinaten (Längen- und Breitengrad), Telefonnummer(n), Faxnummer, Mitglieds‑ID, Kontodaten und Daten über Vertriebstätigkeiten (wie Umsatzdaten, Karrieredaten, Daten zu Incentive Qualifikationen, zu meinen getätigten Bestellungen und zu entstandenen Shopping Points) sowie bei juristischen Personen ergänzend bzw alternativ Firmenbuchnummer, Unternehmenswortlaut, Gründungsdatum, Steuernummer, Umsatzsteuernummer und Homepage, von meinem bisherigen Vertragspartner an die Ly* GmbH weitergegeben und von dieser übernommen werden dürfen“. Als Voraussetzung für die Teilnahme am my* Share Programm wurde im Rahmen der Registrierung die Kündigung der bisherigen L* Mitgliedschaft angezeigt.
[7] Für ihre bisherigen Investitionen erhielt die Klägerin im Rahmen des „my* Share Program“ my* Share Points (mSP) wie folgt gutgeschrieben:
16. 2. 2023 Gutschrift Ly* Registrierung (EC1) 20 000,00 mSP
16. 2. 2023 Gutschrift Ly* Registrierung (EC2) 1 000,00 mSP
16. 2. 2023 Gutschrift Ly* Registrierung (mVoucher) 18 750,00 mSP
[8] Mit Valuta vom 21. 4. 2023 zahlte die Zweitbeklagte an die Klägerin das bestehende Guthaben am Einkaufskonto zuzüglich Zinsen in Höhe von 155,31 EUR. Dieses Guthaben war nicht für den Erwerb von Produkten verwendet worden.
[9] Die Klägerin begehrte die (Rück-)Zahlung von 22.250 EUR aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung. Sie habe bei der L* AG Investitionen in der genannten Höhe vorgenommen und von dieser Discount Voucher (Rabattgutscheine) sowie „Customer Clouds“ und „Enterprise Clouds“ erworben. Mit diesen Geldanlagen seien Scheingutscheine verbrieft worden. Anfang des Jahres 2021 sei von L* ein Börsengang propagiert worden. Dabei sollten bisher erworbene Discount Voucher und Clouds in my* Share Points umgewandelt werden, die in der Folge zum Bezug von Aktien hätten berechtigen sollen. Zu diesem Zweck habe sie die Ly* Marketer Vereinbarung idF 2021 und die AGB für my* Mitglieder idF 2021 akzeptieren müssen. Im Anschluss daran sei ihr Mitgliedskonto auf my* Share Points umgestellt worden und die L* AG aus dem Vertragsverhältnis ausgeschieden. An deren Stelle seien die Beklagten gemeinsam die Betreiber des einheitlichen Mitgliedskontos geworden und die bisherige Geschäftsbeziehung zur L* AG sei auf die neuen Vertragspartner transferiert worden. Darüber hinaus hafteten die Beklagten auch aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens im Rahmen der verschleierten Scheinkonstruktion für den eingetretenen Totalverlust als Mittäter deliktisch wegen absichtlicher und sittenwidriger Schädigung nach § 1295 Abs 2 ABGB, weil diese die Klägerin durch Täuschungshandlungen zumindest mit bedingtem Vorsatz dazu verleitet hätten, der Vertragsübernahme zuzustimmen.
[10] Die Beklagten entgegneten, dass sie nicht passiv legitimiert seien. Die Klägerin fordere Ersatz für von ihr bei der L* AG erworbene Produkte. Die Verträge der Klägerin mit der L* AG seien von ihnen nicht übernommen worden. Sie hätten von der L* AG auch weder Zahlungen der Klägerin erhalten noch das L*‑Mitgliedskonto der Klägerin betrieben oder damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen erbracht. Die Voraussetzungen für eine Vertragsübernahme oder einen Schuldbeitritt lägen nicht vor. Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung habe nur im Verhältnis der Vertragspartner zu erfolgen. Schadenersatzansprüche seien schon wegen fehlender Kausalität ausgeschlossen. Tatsächlich habe die Klägerin mit der Zweitbeklagten lediglich einen eigenständigen Vertrag über die Teilnahme an einem kostenlosen Benefit Programm abgeschlossen, dem eigenständige AGB zugrunde lägen. Die Klägerin habe erstmals mit Klagsführung die Auflösung des mit der Zweitbeklagten bestehenden Vertragsverhältnisses auf Grundlage der AGB für my*‑Mitglieder idF 2021 gefordert, der die Zweitbeklagte ausdrücklich zustimme. Das bestehende Guthaben am Einkaufskonto samt Zinsen seit 5. 4. 2022 bis 3. 6. 2022 in Höhe von gesamt 155,31 EUR sei am 20. 4. 2023 zurückerstattet worden.
[11] Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Einzige Vertragspartnerin der Klägerin bis einschließlich März 2022 sei die L* AG gewesen, weshalb die Beklagten nicht passiv klagslegitimiert seien. Es lägen die Voraussetzungen weder für eine Vertragsübernahme noch für einen Schuldbeitritt der Beklagten vor.
[12] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren stattgab. Zu 9 Ob 40/18z habe der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf ein Schneeballsystem nach Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG iVm § 27 Abs 2 UWG ausgesprochen, dass nur der dortige Kläger einen Rückforderungsanspruch aus dem gemäß § 879 Abs 1 ABGB iVm Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG unwirksamen Vertragsverhältnis geltend machen könne, davon aber die an ihn in Form von Waren- oder Geldleistungen ausbezahlten Mitgliedsvorteile abzuziehen seien, während eine eigenständige Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehe. Die Vertragsbedingungen der Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer ursprünglichen Vertragspartnerin, der L* AG, seien intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und stünden einer freien Einwilligung in den Vertrag iSd § 869 ABGB entgegen. Überdies liege ein verbotenes Schneeball- bzw Pyramidensystem vor, zumal gemäß Anhang Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG und § 879 ABGB ein System sittenwidrig sei, bei dem der Verbraucher die Möglichkeit vor Augen habe, eine Vergütung zu erzielen, die überwiegend durch das Einführen neuer Verbraucher in ein solches System und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Produkten zu erzielen sei. Der Vertrag zwischen der Klägerin und der L* AG sei daher nichtig und gemäß § 1431 ABGB mit ex‑tunc‑Wirkung rückabzuwickeln.
[13] Für die Frage, ob die Klägerin Kondiktionsansprüche gegen die Beklagten geltend machen könne, komme es auf das Vorliegen einer Vertragsübernahme an. Eine solche sei zu bejahen. Das gesamte Verhalten der Beklagten sei so zu verstehen, dass sich diese als die neuen Vertragspartner der Klägerin gerierten, zumal diese die Mitgliedsdaten der Klägerin verwendeten, den Zugriff auf deren Mitgliedskonto boten, die Voraussetzungen für die Teilnahme am „my* Share Program“ lieferten und die Ly* Voucher verwalteten. Die Klägerin habe aufgrund des Registrierungsprozesses von den Beklagten auch my* Share Points (mSP) erhalten, die später in Aktien von my* hätten umgewandelt werden sollen. Die Beklagten verfügten somit über die Investitionen der Klägerin und hätten damit sämtliche Mitgliedsvorteile der Klägerin übernommen. Die Klägerin habe daher davon ausgehen müssen, dass die mVoucher sowie die EC1‑ und EC2‑Guthaben in mSP umgewandelt worden seien und die L* AG den Rahmenvertrag auf die Erst- und Zweitbeklagte übertragen habe.
[14] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Passivlegitimation der Beklagten durch Übergang von Kondiktionsansprüchen gegen die L* AG auf die Erst- und Zweitbeklagte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
[15] Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen der Beklagten, die auf eine Wiederherstellung des klagsabweisenden Urteils des Erstgerichts abzielen.
[16] Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen, in eventu, diesen den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
[17] Die Revisionen sind zulässig und – hinsichtlich der Erstbeklagten im Sinn des subsidiär gestellten Aufhebungsantrags – auch berechtigt.
Zur behaupteten Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit:
[18] 1. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund sowie die im Zusammenhang damit behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens und Aktenwidrigkeiten liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.
[19] Den vom Berufungsgericht aus Beilage ./V sowie aus der Fotocollage der Klägerin in Beilage ./AY abgeleiteten ergänzenden Feststellungen zur Bewerbung des my* Share Programms ausschließlich mit von Ly* und my* freigegebenen Unterlagen, zur Bestätigung der Umwandlung von Einkaufsguthaben in my* Share Points durch die Erstbeklagte sowie die Umwandlung von (Einkaufs‑)Guthaben, Units und Ausschüttungen aus Clouds im Zuge des mSP‑Deals kommt keine gesonderte Relevanz zu.
Zu den von der Klägerin erworbenen Voucher und Clouds:
[20] 2. L*‑Gutscheine (mit unterschiedlichen Bezeichnungen) waren in den Jahren 2018 bis 2022 Teil eines Geschäftsmodells der L* AG, das auf einem Cashback System basierte. Kunden (Mitglieder) der L* AG konnten bei Einkäufen bei Partnerunternehmen Rabatte und Rückvergütungen erhalten, die aus Cashbacks und aus Rabattgutscheinen (Voucher oder Shopping Points) bestanden.
[21] „L* Rabattgutscheine“ (Discount Voucher) im Sinn der Zusatzbedingungen für Rabattgutscheine idF 2017 konnten von L*-Marketern erworben werden, die dafür Shopping Points erhielten, die bei den L*-Partnerunternehmen eingelöst werden konnten.
[22] „L* Customer Clouds“ und „L* Enterprise Clouds“ wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Laufzeiten ausgegeben und konnten von Marketern erworben werden. Bei diesen Cloud‑Beteiligungen wurde den Teilnehmern für ihre Einzahlungen ein potentieller finanzieller Gewinn durch die Beteiligung an Umsätzen versprochen, die auf den Einkäufen der L*-Mitglieder in einem bestimmten Land oder bei bestimmten Projektgesellschaften basierten. So wurden etwa bei „Enterprise Clouds“ die in einzelnen Projektgesellschaften der my*-Unternehmensgruppe bzw der my* Enterprise Ltd erwirtschafteten Gewinne in Shopping Points umgewandelt und das sich daraus ergebende Shopping Points Volumen anteilig auf die Cloud‑Beteiligten in Form von Shopping Points verteilt.
[23] Das Cashback System wurde früher von der L* AG und später von der my* International Ltd betrieben. Auch das neue Benefit Programm (my* Share Program ab 2021) wird von der my* International Ltd betrieben und in Österreich von der my* Austria GmbH (Zweitbeklagte) abgewickelt und durchgeführt.
[24] Ly* Marketer waren und sind – anders als bloße Kunden (Mitglieder) – Vermittler, die Einkaufsumsätze der Partnerunternehmen im Rahmen des jeweiligen Benefit Programms vermitteln und dafür Vergütungen (Cashbacks und Shopping Points) erhalten. Das Vermittler-Netz wurde früher von der L* AG betrieben. Seit 2021 wird es von der Ly* Marketing Agency Ltd betrieben, wobei Vertragspartnerin der Ly* Marketer in Österreich die Ly* GmbH (Erstbeklagte) ist.
Zu den Voraussetzungen für eine Vertragsübernahme:
[25] 3.1 Zur Passivlegitimation der Beklagten stützt sich die Klägerin auf eine Vertragsübernahme durch diese hinsichtlich der von ihr bei der L* AG erworbenen „Investitionen“ (Voucher und Clouds).
[26] 3.2 Nach österreichischem Recht ist eine Vertragsübernahme ein einheitliches Rechtsgeschäft, mit dem die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird und der Vertragsübernehmer (Neupartei) an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei (Altpartei) tritt. Die Neupartei übernimmt die gesamte vertragliche Rechtsstellung der Altpartei, ohne dass dadurch der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert werden (vgl RS0032623). Die Neupartei muss das Vertragsverhältnis in jener Lage übernehmen, in der es sich gerade befindet, wobei es auf den Kenntnisstand der Neupartei nicht ankommt (2 Ob 164/12z; 5 Ob 190/19f). Der Umfang der Vertragsübernahme richtet sich nach der Parteienvereinbarung (Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1406 ABGB Rz 71). Die Neupartei übernimmt nach Maßgabe der Vereinbarung die gesamte vertragliche Rechtsstellung der Altpartei (vgl Lukas/Geroldinger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 1406 Rz 17). Die Altpartei haftet in der Folge weder für bisherige noch für später begründete Ansprüche oder Anwartschaften der Restpartei. Die Vertragsübernahme führt im Sinn der Einheitstheorie auch zum Übergang der gesamten rechtlichen Rahmenbeziehung, also auch der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte (vgl 4 Ob 355/97b; Ertl in Rummel, ABGB3 § 1406 Rz 2). Wird die gesamte vertragliche Rechtsstellung übertragen, so umfasst der Übergang auch Sekundäransprüche der Restpartei gegen die Altpartei. Dies entspricht einerseits dem erkennbaren Interesse der Altpartei nach der Befreiung vom Leistungsaustausch nach Vertragsübernahme und andererseits dem der Restpartei, die es in der Regel nur noch mit dem neuen Vertragspartner zu tun haben und sich nicht teils mit der Altpartei, teils mit der Neupartei auseinandersetzen möchte (vgl Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1406 ABGB Rz 74). Dies muss bei einem Gesamtübergang des Rechtsverhältnisses auch für auf § 877 ABGB gestützte Kondiktionsansprüche der Restpartei gelten, die auf Leistung an die ausgeschiedene Altpartei beruhen und deren Rückabwicklung aufgrund Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu erfolgen hat (3 Ob 44/22z).
[27] Eine wirksame Vertragsübernahme bedarf nach der Rechtsprechung einer Vereinbarung zwischen Überträger und Übernehmer sowie der – zumindest schlüssig erteilten – Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners (RS0032607 [T2]).
[28] Bereits abgewickelte, also beiderseitig bereits erfüllte Verträge können nicht mehr Gegenstand einer Vertragsübernahme sein (RS0123377; vgl 8 Ob 34/06w).
[29] 4.1 Mit der festgestellten Videobotschaft zu Beginn des Jahres 2021, der Rund-E‑Mail vom 16. 7. 2021 und dem Fact Sheet zum my* Share Programm wurde das my* Share Programm als neues Benefit Programm in Form eines neuen globalen Einkaufsnetzwerks beworben, bei dem Kunden (Mitglieder) für jeden Einkauf bestimmte Vorteile, nämlich Cashbacks und Shopping Points erwerben konnten.
[30] 4.2 Ly* Marketer, wie die Klägerin, sollten nach Abschluss der geplanten Börsen-Einführungsphase zudem gratis Aktionäre von my* werden können. Dazu mussten in der Vorbereitungsphase Benefit Voucher gekauft und eingelöst und auf diese Weise my* Share Points (mSP) gesammelt werden. Die gesammelten mSP sollten in der Folge beim geplanten Börsengang in Unternehmensanteile umgewandelt werden können.
[31] Zudem sollten Marketer gratis für alle vorangegangenen Bestellungen von Rabattgutscheinen (Discount Voucher), mVoucher oder sogar Benefit Voucher sowie für ihre Customer und Enterprise und Infinity Clouds mSP erhalten. Nach der Vorbereitungsphase sollten auch diese mSP sodann in Unternehmensanteile von my* umgewandelt werden. Die genannten Cloud‑Beteiligungen wurden dabei als Incentive Programme bezeichnet, die in mSP umgewandelt werden konnten. Die „Umwandlung“ von Incentive Programmen in mSP sollte durch das Akzeptieren der Ly* Marketing Vereinbarung idF 2021 und der AGB für my* Mitglieder idF 2021 erfolgen.
[32] 4.3 Maßgebend für die Mitglieder des (zukünftigen) my* Share Programms war somit der Erwerb von mSP, mit denen künftige Vergütungen und eine künftige Aktionärsstellung verbunden sein sollten.
Zu den Cloud‑Beteiligungen:
[33] 5.1 Dazu steht fest, dass die von der Klägerin erworbenen Clouds, bei denen es sich um Beteiligungsrechte der Marketer aus der Teilnahme am jeweiligen Insentive Programm handelte, in mSP „umgewandelt“ wurden.
[34] „Umwandlung“ dieser Rechte kann bei verständiger Betrachtung nach dem Empfängerhorizont nur dahin verstanden werden, dass diese in den umgetauschten mSP fortwirken sollten. Dies steht auch mit dem Aufbau des Ly*‑Modells im Einklang. Während die Cashbacks im Rahmen des jeweiligen Benefit Programms im Anschluss an die Bestellungen von Waren oder die Einlösung von Gutscheinen gezahlt wurden, waren die Cloud-Umsatz-beteiligungen der Marketer auch von künftigen Einnahmen der Projektgesellschaften und damit von künftigen Bestellungen von my*-Mitgliedern bei Partner-unternehmen abhängig und damit in die Zukunft gerichtet.
[35] Durch den Umstieg auf das neue my* Share Programm sollten somit die Rechte aus den bestehenden Cloud‑Beteiligungen auf das neue my* Share Programm übertragen und in mSP umgewandelt werden. Nach der Vorbereitungsphase sollte schließlich eine Umwandlung in Unternehmensanteile (Aktionärsrechte) erfolgen.
[36] Dieser Vorgang, bei dem zunächst ein bestimmtes (Dauer‑)Schuldverhältnis (Cloud‑Beteiligungen) unverändert auf ein neues Rechtssubjekt übertragen wird und in der Folge eine einvernehmliche Neugestaltung der wechselseitigen Rechte und Pflichten erfolgt (mSP‑Beteiligungen und Aktionärsbeteiligungen), handelt es sich um die Übertragung einer bestehenden Geschäftsbeziehung auf ein neues Rechtssubjekt und steht einer Qualifikation als Vertragsübernahme nicht entgegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Übertragung des Schuldverhältnisses nicht davon abhängig, ob die von der Klägerin an die L* AG geleisteten Zahlungen an die übernehmende Gesellschaft weiterüberwiesen wurden oder die finanziellen Beziehungen zwischen den betroffenen Gesellschaften auf andere Weise geregelt wurden.
[37] 5.2 In Bezug auf die in Rede stehenden Cloud-Beteiligungen (Umsatzbeteiligungen) sind die Voraussetzungen für die Übertragung der zugrunde liegenden Schuldverhältnisse auf die oder eine der Beklagten – bei Vorliegen der erforderlichen Willenseinigungen – grundsätzlich gegeben.
Zu den Rabattgutscheinen (Discount Voucher) und mVoucher:
[38] 6.1 Für den Erwerb von mSP durch die Klägerin war zwischen den von ihr bisher erworbenen Clouds (Incentive Programmen) einerseits und Voucher andererseits zu unterscheiden.
[39] 6.2 Für schon früher „bestellte“ Voucher sollten Marketer, die auf das neue „my* Share Program“ umsteigen, eine bestimmte Anzahl von mSP gutgeschrieben erhalten. Dazu ergibt sich aus den Erklärungen zu diesem neuen Programm nicht ausreichend klar, auf welche Weise dafür mSP erworben werden sollten. Während bei den Clouds davon die Rede ist, dass diese in mSP „umgewandelt“ werden, sollten die Marketer für bestellte Voucher mSP „erhalten“.
[40] Soweit erworbene Voucher vor dem Umstieg auf das neue Modell bereits eingelöst wurden und keine Ansprüche daraus mehr offen sind, handelt es sich um bereits endgültig abgewickelte Erwerbsvorgänge. Nach den dazu getroffenen Feststellungen wurden die der Klage zugrunde liegenden Bestellungen der Klägerin von der L* AG abgewickelt. In dieser Hinsicht scheidet eine Vertragsübernahme aus.
[41] Soweit gekaufte Voucher noch nicht vollständig abgewickelt wurden, bleibt fraglich, ob daraus resultierende, zum Zeitpunkt des Umstiegs noch offene Ansprüche (zB Guthaben oder Rückvergütungen) durch den Erhalt von mSP substituiert, oder ob diese früheren „Bestellungen“ nur als eine Art Prämie und damit unabhängig von offenen Ansprüchen aus den Voucher wertmäßig in Form von mSP berücksichtigt werden sollten. In diesem Zusammenhang steht fest, dass die Klägerin im April 2023 das Guthaben auf ihrem Einkaufskonto von der Zweitbeklagten zurückgezahlt erhielt.
[42] 6.3 Hinsichtlich der von der Klägerin erworbenen Voucher lässt sich die Frage der Übertragung der daraus resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten von der L* AG auf die oder eine der Beklagten somit noch nicht abschließend beantworten.
Zur Vertragsübernahme durch die Erstbeklagte:
[43] 7.1 Für die Frage der Passivlegitimation im Fall einer Vertragsübernahme ist entscheidend, von welchem Unternehmen die mSP verwaltet werden. Dazu ergibt sich aus den Feststellungen, dass die Erstbeklagte in dieser Hinsicht die Vertragspartnerin der Klägerin ist, und zwar auf Basis der Ly* Marketing Vereinbarung idF 2021.
[44] Bei Vorliegen der Voraussetzungen erfolgte eine Vertragsübernahme somit durch die Erstbeklagte.
[45] 7.2 Wie bereits erwähnt, bedarf eine Vertragsübernahme einer Vereinbarung zwischen Überträger und Übernehmer über die Übertragung der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem vertraglichen Schuldverhältnis von der Altpartei an die Neupartei sowie der – zumindest schlüssig erteilten – Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners.
[46] 7.3 Eine solche Vereinbarung zwischen der L* AG und der Erstbeklagten sowie die Zustimmung der Klägerin zur Übertragung ihrer in mSP „umgewandelten Investitionen“ liegt hier vor.
[47] Das neue my* Share Programm war die Neugestaltung des Einkaufs- und Investitionsmodells, das zuvor von der L* AG betrieben wurde. H* F* war Erfinder und Mastermind dieses Modells, der dieses im Namen der L* AG beworben hat und in deren Namen aufgetreten ist. Auch die Umstellung des bisherigen L*-Modells auf das my* Share Programm wurde von H* F* gegenüber den Kunden und Marketern kommuniziert und von ihm als Informationsträger beworben. Kunden und Marketer mussten den Eindruck gewinnen, das H* F* mit dem neuen my* Share Programm eine Neugestaltung und Neuorganisation des bisherigen Modells vornimmt und die beteiligten, mit L* verbundenen Unternehmen, in Österreich namentlich die Beklagten, willentlich darin eingebunden sind. Die Stichhaltigkeit dieser Annahme ergibt sich auch daraus, dass die AGB dieser beiden Unternehmen idF 2021 exakt an das neue Geschäftsmodell angepasst wurden, sowie dass die Beklagten an der Umsetzung des neuen Modells auch mitgewirkt haben. An einem auf die Übertragung der in mSP umgewandelten Investitionen von der L* AG auf die Erstbeklagte abzielenden übereinstimmenden Erklärungsverhalten der beteiligten Unternehmen ist nicht zu zweifeln.
[48] Die Klägerin nahm den Umstieg auf das neue my* Share Programm willentlich vor und stimmte während des neuen Registrierungsprozesses ausdrücklich zu, dass sämtliche Geschäftsdaten, einschließlich ihrer Mitgliedskontodaten und der Daten zu den erworbenen Incentive Programmen und Shopping Points vom bisherigen Vertragspartner (L* AG) an die Erstbeklagte übertragen und von dieser übernommen wurden. Damit wurden nicht nur personenbezogene Daten als solche, sondern die gesamte Geschäftsbeziehung aus den in mSP umgewandelten Investitionen an die Erstbeklagte übertragen. Hinzu kommt, dass für die Teilnahme am my* Share Programm im Rahmen der Registrierung die Kündigung der bisherigen L*-Mitgliedschaft erklärt werden musste.
[49] 7.4 Entgegen der Ansicht der Beklagten ist an der Übertragung der Schuldverhältnisse aus den in mSP umgewandelten Investitionen der Klägerin an die Erstbeklagte nicht zu zweifeln.
Zur Zweitbeklagten:
[50] 8.1 Nach den Feststellungen ist die Vertragspartnerin der Ly* Marketer in Österreich (seit 2021) die Erstbeklagte. Die Zweitbeklagte ist auch nicht Betreiberin des neuen my* Share Programms, sondern wickelt dieses in Österreich nur ab, worauf in den AGB für my* Mitglieder idF 2021 auch hingewiesen wird.
[51] Zur Zweitbeklagten steht nur fest, dass diese das am Einkaufskonto der Klägerin bestehende Einkaufsguthaben in Höhe von 155,31 EUR, das (noch) nicht für den Erwerb von Produkten verwendet worden war, am 21. 4. 2023 an die Klägerin auszahlte. Selbst wenn dies – entsprechend dem Vorbringen der Beklagten – auf einen „gesonderten Vertrag“ zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten und nicht etwa auf eine interne Kooperation und Aufgabenteilung zwischen den beiden Beklagten zurückzuführen gewesen sein sollte, folgt daraus noch nicht, dass die Zweitbeklagte an der Vertragsübernahme im Zusammenhang mit dem Erwerb von mSP mitbeteiligt war.
[52] 8.2 Mangels erkennbarer Vertragsübernahme durch die Zweitbeklagte ist deren Passivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche zu verneinen.
Ergebnis:
[53] 9.1 Da eine Vertragsübernahme durch die Zweitbeklagte nicht vorliegt, sind die geltend gemachten Ansprüche dieser gegenüber abzuweisen. In Stattgebung der Revision der Zweitbeklagten war daher in diesem Umfang das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
[54] 9.2 Im Verhältnis zur Erstbeklagten sind hinsichtlich der Cloud-Beteiligungen die Voraussetzungen für eine Vertragsübernahme erfüllt. Eine abschließende Entscheidung darüber ist allerdings noch nicht möglich.
[55] Festgestellt wurde, dass die Klägerin im Zeitraum vom 29. 5. 2018 bis 8. 3. 2022 von der L* AG Discount Voucher (Rabattgutscheine) sowie „Customer Clouds“ bzw „Enterprise Clouds“ um einen Betrag von insgesamt 22.250 EUR erwarb und – nach Umstieg auf das my* Share Programm – für ihre bisherigen Investitionen mSP erhielt, und zwar jeweils am 16. 2. 2023 20.000 mSP für Ly* Registrierung EC1, 1.000 mSP für Ly* Registrierung EC2 und 18.750 mSP für mVoucher. Diesen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, welche von der Klägerin gezahlten Beträge auf die einzelnen Erwerbsvorgänge entfielen. Zu klären ist zudem auch, ob es sich bei den Investitionen EC1 und EC2 um „Enterprise Clouds“ handelt.
[56] 9.3 Hinsichtlich der von der Klägerin erworbenen Voucher (sie erhielt die mSP für mVoucher) ist nicht geklärt, ob es sich bei diesen mVoucher um Rabattgutscheine (Discount Voucher) im Sinn der Zusatzbedingungen für Rabattgutscheine idF 2017 handelt, sowie ob und in welchem Ausmaß zum Zeitpunkt des Umstiegs auf das my* Share Programm aus den von der Klägerin erworbenen Voucher noch offene Ansprüche (zB Guthaben oder Rückvergütungen) bestanden. Für diesen Fall ist fraglich, ob die offenen Ansprüche durch den Erhalt von mSP substituiert, oder ob durch die gutgeschriebenen mSP die bisherigen „Bestellungen“ als eine Art Prämie wertmäßig berücksichtigt werden sollten. Dazu wird auch zu klären sein, ob das an die Klägerin im April 2023 zurückgezahlte Guthaben aus den von ihr erworbenen mVoucher resultierte.
[57] 9.4 Schließlich lässt sich ohne konkrete Feststellungen zur Beteiligungsform und deren Ausgestaltung auch die von der Klägerin behauptete Nichtigkeit der zugrunde liegenden Erwerbsvorgänge bzw des Investitionsmodells nicht beurteilen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu 9 Ob 40/18z betreffend das Schneeballsystem nach Z 14 des Anhangs zu § 2 UWG iVm § 27 Abs 2 UWG erfolgten ohne konkreten Tatsachenbezug und ohne gesicherten Zusammenhang zu den hier zu beurteilenden Erwerbsvorgängen. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte für den Abschluss eines Rahmenvertrags durch die Klägerin.
[58] 9.5 Zufolge der aufgezeigten sekundären Feststellungsmängel waren die Entscheidungen der Vorinstanzen in Ansehung der Erstbeklagten aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung und Erweiterung der Tatsachengrundlage aufzutragen.
Zur Kostenentscheidung:
[59] 10. In Ansehung des Verfahrens gegen die Erstbeklagte gründet sich der Kostenvorbehalt auf § 52 ZPO.
[60] In Ansehung der Zweitbeklagten beruht die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO. Zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird auf die jüngere Judikatur verwiesen, wonach in komplexen Verfahren die Kostenentscheidung der ersten Instanz aufgetragen werden kann (RS0124588 [T13]; 6 Ob 157/23s; 9 Ob 51/24a).
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