European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00224.23V.1106.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Die beklagte GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 26. 5. 1983 von I* G* und I* Y* errichtet, wobei I* G* eine Stammeinlage von 450.000 ATS und I* Y* eine Stammeinlage von 50.000 ATS übernahmen.
[2] § 7 des Gesellschaftsvertrags lautet: „Die Geschäftsanteile sind unteilbar und unübertragbar.“
[3] I* G* ist seit Gründung der Beklagten deren selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin und war von 1984 bis 2020 mit dem Kläger verheiratet. Der Gesellschafterstand der Beklagten blieb seit der Gründung bis zuletzt unverändert.
[4] Am 20. 12. 2012 unterfertigten der Kläger und I* G* einen Notariatsakt, der auszugsweise wie folgt lautet:
„Treuhandvertrag
Erstens: Frau I* G* ist Gesellschafterin der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien unter [...] protokollierten [Beklagten] mit dem Sitz in Wien und einem Geschäftsanteil, welcher einer voll einbezahlten Stammeinlage von S 450.000,00 (Schilling vierhundertfünfzigtausend) entspricht.
Zweitens: Frau I* G* erklärt hiemit, diesen Geschäftsanteil an der [Beklagten] im Umfang von S 300.000,00 (Schilling dreihunderttausend) nicht für eigene Rechnung erworben zu haben, sondern als Treuhänder des Herrn [Kläger], der ihr dazu den Betrag von S 300.000,00 (Schilling dreihunderttausend) zur Verfügung gestellt hat.
[...]
Viertens: Der Treuhänder ist weiters verpflichtet, den Geschäftsanteil ganz oder in Teilen jederzeit unentgeltlich an den Treugeber selbst oder an eine von diesem namhaft gemachte Person durch Notariatsakt abzutreten und einem etwaigen Nachfolger in der Treuhandschaft alle Auskünfte in Angelegenheiten der Gesellschaft zu erteilen, die zur Übernahme und Ausübung der Treuhandschaft erforderlich und nützlich sind.
Fünftens: Der Treuhänder bietet hiemit den gegenständlichen Geschäftsanteil dem Treugeber oder einer von diesem namhaft zu machenden Person unentgeltlich zur Abtretung an. An dieses Anbot ist Frau I* G* während der ganzen Dauer der Treuhandschaft gebunden.
[…]“
[5] Mit Notariatsakt vom 31. 3. 2020 erklärte der Kläger, „die bisher von Frau I* G* treuhändig für Herrn [Kläger] gehaltenen Geschäftsanteile an der [Beklagten] im Nominale von ATS 300.000,00 (Schilling dreihunderttausend) unentgeltlich zu übernehmen“.
[6] Mit Schreiben vom 2. 4. 2020 teilte der Kläger I* G* mit, dass er das in Punkt 5. des Treuhandvertrags vom 20. 12. 2012 enthaltene Anbot auf unentgeltliche Übertragung der Geschäftsanteile angenommen habe und der Treuhandvertrag hiermit gekündigt werde.
[7] Mit Schreiben vom 10. 4. 2020 forderte der Kläger I* G* als Geschäftsführerin der Beklagten auf, diese Änderung im Gesellschafterstand beim Firmenbuch anzumelden, was I* G* ablehnte.
[8] Mit notariell beglaubigter Zustimmungserklärung vom 8. 5. 2020 stimmte der Minderheitsgesellschafter der Beklagten I* Y* der Übernahme des Gesellschaftsanteils im Nominale von 300.000 ATS durch den Kläger zu.
[9] Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme der Anmeldung der Änderung des Gesellschafterstandes im Firmenbuch dahin, dass I* G* ein Geschäftsanteil zukomme, der einer zur Gänze eingezahlten Stammeinlage von 150.000 ATS, und dem Kläger ein Geschäftsanteil, der einer zur Gänze eingezahlten Stammeinlage von 300.000 ATS entspreche.
[10] Bereits bei Gründung der Beklagten sei vereinbart worden, dass I* G* den 300.000 ATS entsprechenden Teil ihres Geschäftsanteils treuhändig für den Kläger erwerben und halten solle. Er habe ihr auch die dazu erforderlichen Geldbeträge übergeben. Mit Notariatsakt vom 20. 12. 2012 sei die mündlich geschlossene Treuhandvereinbarung verschriftlicht worden. Gesellschaftsanteile seien gemäß § 76 Abs 1 GmbHG zwingend übertragbar. Das Verbot der Teilung eines Geschäftsanteils gemäß § 79 Abs 1 GmbHG, außer wenn dies im Gesellschaftsvertrag gestattet sei, diene dem Schutz der Gesellschafter. Ohne deren Zustimmung solle kein Geschäftsanteil geteilt werden dürfen. Sofern jedoch alle Gesellschafter zustimmten, wie dies hier der Fall sei, spreche die ratio legis des § 79 Abs 1 GmbHG gegen eine Nichtigkeit der Teilung des Geschäftsanteils. Interessen von dritten Personen, insbesondere Gläubigern der Gesellschaft, würden durch diese Teilung des Geschäftsanteils nicht berührt. Es gebe kein geschütztes Vertrauen der Gläubiger darauf, dass sich die Gesellschafter einer GmbH nicht ändern. Es würde der Treuepflicht der Gesellschafter untereinander widersprechen, wenn die Gesellschafterin I* G* zunächst in der Treuhandvereinbarung vom 20. 12. 2012 ausdrücklich der Übertragung des treuhändisch gehaltenen anteiligen Geschäftsanteils zustimmt und sich in der Folge als Geschäftsführerin der Beklagten weigere, die erfolgte Übertragung ins Firmenbuch einzutragen. Da die Treuhandvereinbarung ein ausdrückliches Anbot zur Übertragung und eine Abtretungserklärung von I* G* enthalte, könne dieses angenommen werden, ohne nochmaligen Abschluss eines Abtretungsvertrags.
[11] Die Beklagte wendete ein, eine Treuhandschaft zwischen I* G* und dem Kläger habe niemals bestanden. Der Geschäftsanteil sei immer im wirtschaftlichen Eigentum der I* G* gestanden. Bei der Vereinbarung vom 20. 12. 2012 handle es sich um eine unter Druck abgegebene, falsche Wissenserklärung der I* G*. Hintergrund hierfür seien die schon damals äußerst schwierigen Familienverhältnisse zwischen den beiden damaligen Ehegatten gewesen. Auch habe der Notar das Dokument nicht vorgelesen oder darüber belehrt. Der Notariatsakt sei somit auch mangels Einhaltung der Bestimmungen der Notariatsordnung unwirksam. Der Gesellschaftsvertrag lasse weder eine Abtretung noch eine Teilung der Geschäftsanteile der Gesellschafter zu. Selbst wenn ein vollständiger Ausschluss der Übertragbarkeit unzulässig sein sollte, wäre die gesellschaftsvertragliche Regelung der Unübertragbarkeit der Geschäftsanteile zumindest in ein Zustimmungsrecht der Gesellschaft umzudeuten. Eine derartige Vinkulierung wirke absolut. Auch aus der Unzulässigkeit der Teilung des Geschäftsanteils folge die Ungültigkeit der Abtretung von Teilen des Geschäftsanteils. Eine Zustimmung der I* G* zur Abtretung eines Teiles ihres Geschäftsanteils an den Kläger liege nicht vor. Ein derartiger Anspruch auf Abtretung eines Teiles des Geschäftsanteils von I* G* an der Beklagten an den Kläger müsste in einem Verfahren gegen I* G* geltend gemacht werden. Die Beklagte sei dafür nicht passiv klagslegitimiert.
[12] DasErstgericht wies die Klage ab. Der Gesellschaftsvertrag schließe die Teilung der Geschäftsanteile aus. Die bloße Zustimmung der Gesellschafter zu einer Teilung ohne entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag reiche nicht aus, um eine in Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehende Anmeldung ins Firmenbuch eintragen zu lassen. Darüber hinaus liege keine Zustimmung aller Gesellschafter im Rahmen eines einheitlichen Rechtsgeschäfts vor. Ob zwischen dem Kläger und I* G* die behauptete Treuhandvereinbarung bestand und ob I* G* dem Kläger den Geschäftsanteil wirksam zur Abtretung angeboten habe, könne dahinstehen.
[13] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Teile der Literatur gingen zwar von einer Teilbarkeit der Geschäftsanteile auch ohne eine entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag aus, wenn sich alle Gesellschafter darüber einig seien und sich an der Teilung durch Zustimmung zu dieser beteiligten. Allerdings bezögen sich diese Stellungnahmen auf den im Vergleich zum vorliegenden Sachverhalt anders gelagerten Fall, dass der Gesellschaftsvertrag über die Teilbarkeit des Geschäftsanteils schweige. Sie könnten daher auf den vorliegenden Fall, in dem der Gesellschaftsvertrag die Unteilbarkeit der Geschäftsanteile festlege, nicht übertragen werden. Ein in der Literatur überwiegend als „Satzungsdurchbrechung“ bezeichneter Fall, in dem für den Einzelfall ein mit dem Gesellschaftsvertrag nicht vereinbarer Beschluss gefasst werde, der jedoch nicht den Gesellschaftsvertrag ändern solle, könne schon mangels Vorliegens eines Gesellschafterbeschlusses nicht vorliegen. Die Mehrheitsgesellschafterin sei nicht beklagt, sodass auch eine Treuepflichtverletzung ihrerseits nicht relevant sei.
[14] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Frage, ob eine Teilung eines Geschäftsanteils einer GmbH auch entgegen einer ausdrücklichen gesellschaftsvertraglichen Regelung wirksam sei, wenn alle Gesellschafter an der Teilung mitwirkten oder dieser zustimmten, über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.
Rechtliche Beurteilung
[15] Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grundzulässig. Sie ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.
[16] 1. Die Passivlegitimation der Beklagten liegt vor:
[17] 1.1. Bei § 78 Abs 1 GmbHG handelt es sich um eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Gesellschaft, die eines äußeren Merkmals bedarf, um sicher zu wissen, wer ihr gegenüber als Gesellschafter und als zur Ausübung der damit verbundenen Rechte Berechtigter gilt (RS0060058 [T1]).
[18] Die Eintragung im Firmenbuch wirkt nur deklarativ und bezieht sich nur auf das Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (RS0059827). Außerhalb der Gesellschaft vollzieht sich die Übertragung der Gesellschafterrechte, die mit dem Geschäftsanteil verbunden sind, bei Einhaltung der Formvorschrift des § 76 GmbHG durchaus rechtswirksam unabhängig von der Eintragung im Firmenbuch (6 Ob 167/17b [ErwGr 4.3.]; RS0059827).
[19] 1.2. Der Gesellschafter, der einen Anteil erworben hat, hat Anspruch auf Eintragung im Firmenbuch (RS0059812). Verweigert der Geschäftsführer die Eintragung, dann steht es der Person, die behauptet, Gesellschafter geworden zu sein, frei, ihren diesbezüglichen Anspruch im Prozessweg gegen die Gesellschaft mit Leistungsklage durchzusetzen (RS0059812 [T1]). Die Passivlegitimation der Gesellschaft für Klagen zur Durchsetzung der Eintragung eines Gesellschafters wird aus § 78 GmbHG abgeleitet. Wenngleich die Anmeldepflicht den Geschäftsführer trifft, ist doch Pflichtensubjekt in erster Linie die Gesellschaft (6 Ob 167/17b [ErwGr 4.5.]; 6 Ob 64/06i [ErwGr 1.1. f]).
[20] 1.3. Der Kläger der im Gegensatz zur Geschäftsführung der Beklagten von der Wirksamkeit seines Anteilserwerbs überzeugt ist, kann daher gegen die Beklagte mit der gegenständlichen Leistungsklage vorgehen (vgl 6 Ob 167/17b [ErwGr 5.1.]).
2. Zur Wirksamkeit der Teilabtretung eines Geschäftsanteils:
[21] 2.1. Gemäß § 79 Abs 1 GmbHG ist die Teilung eines Geschäftsanteils, den Fall der Vererbung ausgenommen, nur zulässig, wenn im Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern die Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteils gestattet ist. Dabei kann die Zustimmung der Gesellschaft zur Abtretung von Teilen überhaupt oder doch zur Abtretung an Personen, die der Gesellschaft nicht schon als Gesellschafter angehören, vorbehalten werden. Nach Abs 3 dieser Bestimmung bedarf die Zustimmung der Gesellschaft der schriftlichen Form; sie muss die Person des Erwerbers und den Betrag der Stammeinlage bezeichnen, der von dem Erwerber übernommen wird.
[22] 2.2. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Bestimmung, so sind die Geschäftsanteile unter Lebenden nicht teilbar. Eine dennoch erfolgte Teilung und Teilübertragung des Geschäftsanteils ist regelmäßig unwirksam (2 Ob 493/57; Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 79 Rz 16; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 79 Rz 5). § 79 Abs 1 GmbHG gestattet den Gesellschaftern, im Gesellschaftsvertrag die Teilabtretung der Geschäftsanteile unter Lebenden vorzusehen. Zusätzlich kann der Gesellschaftsvertrag die konkrete Teilung des Geschäftsanteils von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig machen. Im Gesellschaftsvertrag kann die Unteilbarkeit auch ausdrücklich festgehalten werden (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 79 Rz 16/1 und Rz 32 ff).
[23] 2.3. Ein Zweck der Regelung besteht zunächst darin, in Abgrenzung von der Aktiengesellschaft die Geschäftsanteile zu immobilisieren, weil die Teilbarkeit geeignet ist, den Verkehr mit Geschäftsanteilen zu erleichtern. Insbesondere sollten ursprünglich Sukzessivgründungen durch „Strohmänner“ hintangehalten werden, die alsbald den von ihnen übernommenen Geschäftsanteil nach den von den „wirklichen“ Gesellschaftern gewünschten Teilen an diese abgeben (ErlRV 236 BlgHH 17. Sess 86 f [teilw abgedruckt in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 79 Rz 7 ff]; Frenzel in Frenzel, Handbuch Gesellschafterwechsel bei der GmbH Pkt C.2.b.). Der letztgenannte Zweck wurde jedoch mit der Aufhebung der in der Stammfassung in Abs 5 vorgesehenen Untersagung von Teilungen innerhalb Jahresfrist nach der Gründung (Sperrfrist) durch die GmbHG‑Novelle 1980 (BGBl 1980/320) als überholt fallengelassen (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 79 Rz 6; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 79 Rz 1). Auch die Erschwerung der Verkehrsfähigkeit der Geschäftsanteile spielt aufgrund des dispositiven Charakters dieser Norm lediglich eine untergeordnete Rolle (vgl Huber, Uneinheitliche Ausübung des Stimmrechts in der GmbH [Teil II], ecolex 1994, 679 [681]). Vielmehr wird das Interesse des Gesellschafters an einer teilweisen Deinvestition ausdrücklich anerkannt und soll eine solche ermöglicht werden (ErlRV 236 BlgHH 17. Sess 86 f).
[24] 2.4. Verbliebene Hauptzwecke der Regelung sind daher einerseits, dem Gesellschafter eine teilweise Deinvestition zu ermöglichen; andererseits soll sie die Gesellschaft, insbesondere die Gesellschafter, vor einer schrankenlosen Vermehrung der Gesellschafter schützen (vgl ErlRV 236 BlgHH 17. Sess 86 f; Huber, Uneinheitliche Ausübung des Stimmrechts in der GmbH [Teil II], ecolex 1994, 679 [681]). Den Gesellschaftern soll überlassen werden, ob sie die Zulassung einer Teilung überhaupt für nötig erachten und ob sie die Abtretung von Teilen ihrer Zustimmung vorbehalten (ErlRV 236 BlgHH 17. Sess 86 f). Denn die Zunahme der Gesellschafterzahl kann für den einzelnen Gesellschafter unerwünschte Auswirkungen haben, wie etwa erschwerte oder unsichere Mehrheitsverhältnisse, die zu einem instabilen „Kurs“ der Gesellschaft führen (vgl Frenzel in Frenzel, Handbuch Gesellschafterwechsel bei der GmbH Pkt C.3.b.dd.; Huber, Uneinheitliche Ausübung des Stimmrechts in der GmbH [Teil II], ecolex 1994, 679 [681 ff]).
[25] 2.5. Bezugnehmend auf den in Punkt 2.4. dargelegten Zweck des § 79 Abs 1 GmbHG hat der Oberste Gerichtshof bereits gefolgert, dass die Einhaltung der Voraussetzungen für die Teilung nicht von Amts wegen zu prüfen ist, wenn alle Gesellschafter an der Übertragung durch Teilabtretungen zustimmend beteiligt waren (1 Ob 530/76).
[26] 2.6. Der Oberste Gerichtshof hat überdies im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 79 GmbHG ausgesprochen, dass die darin getroffenen Regelungen nicht zu einem Selbstzweck werden dürfen, sondern dazu bestimmt sind, die Verhältnisse der jeweils beteiligten Personen in billiger und verständiger Weise unter Berücksichtigung des zu ermittelnden und zum Ausdruck gebrachten Vertragswillens zu regeln (1 Ob 530/76; 4 Ob 512/61 JBl 1962, 503 [504]). Daher darf die Ungültigkeit nicht weiter reichen, als es durch den erkennbaren Zweck der Norm gerechtfertigt erscheint (4 Ob 512/61 JBl 1962, 503 [505]). Eine gegen die einjährige Sperrfrist des § 79 Abs 5 GmbHG aF verstoßende Übertragung von Teilen eines Geschäftsanteils konnte daher durch ein späteres, als Zustimmung aufzufassendes Verhalten aller Gesellschafter nachträglich saniert werden (4 Ob 512/61 JBl 1962, 503 = RS0014564).
[27] 2.7. Wesentlicher Zweck des § 79 Abs 1 GmbHG ist die Interessenwahrung der Gesellschafter (Punkt 2.4.). Stimmen daher sämtliche Gesellschafter einer konkreten Teilabtretung eines Geschäftsanteils zu oder wirken daran mit, führt das Fehlen einer Teilabtretungen gestattenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nicht zur Unwirksamkeit dieser Teilabtretung. Denn dies wäre im Hinblick auf den Zweck der Regelung überschießend (Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 79 Rz 6; Reich-Rohrwig, GmbH‑Recht 424; krit Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 79 Rz 3 [wegen des Zwecks der notariellen Beurkundung in § 49 Abs 1 GmbHG bedenklich]; aM Obradovic, Die Teilung eines Geschäftsanteils bei fehlender Regelung im Gesellschaftsvertrag, GesRZ 2012, 333 [Pkt IV.2.]; Umfahrer GmbH7 Rz 15.19). Auch eine Zustimmung der Gesellschaft ist in diesen Fällen nicht erforderlich (vgl zu § 79 Abs 3 Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 79 Rz 15).
[28] Die Zustimmung der Gesellschafter muss für die konkrete Teilabtretung gegeben werden. Eine generelle Zustimmung ist nicht zulässig (vgl 2 Ob 493/57; vgl zur Vinkulierung nach § 76 Abs 2 GmbHG Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 114).
[29] Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags ist mit einer solchen einzelfallbezogenen Maßnahme nicht verbunden. Für künftige Teilabtretungen von Geschäftsanteilen bleibt das gesetzliche Teilungsverbot des § 79 Abs 1 GmbHG aufrecht (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 424). Deshalb sprechen dagegen auch weder Erfordernisse der Beweissicherung noch Publizitätserfordernisse, insbesondere nicht der Schutz von Informationsinteressen Dritter (vgl zum Problemkreis Rauter/Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 49 Rz 56 ff).
[30] 2.8. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Regelung nicht vor, dann ist das dispositive Organisationsrecht impliziter Bestandteil des Gesellschaftsvertrags (Rüffler, GmbH‑Satzung und schuldrechtliche Gesellschaftervereinbarungen, in FS Koppensteiner [2006] 97 [110]; vgl Rauter/Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 49 Rz 56). Es macht daher im gegebenen Zusammenhang der Teilabtretung keinen entscheidenden Unterschied, ob der Gesellschaftsvertrag zur Teilung von Geschäftsanteilen schweigt und daher § 79 Abs 1 Satz 1 GmbHG mangels Gestattung der Teilabtretung im Gesellschaftsvertrag die Unteilbarkeit anordnet oder ob – wie hier – die Unteilbarkeit der Geschäftsanteile auch in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurde (vgl Obradovic, Die Teilung eines Geschäftsanteils bei fehlender Regelung im Gesellschaftsvertrag, GesRZ 2012, 333 [Pkt IV.3.2.]).
[31] 2.9. Die Zustimmung zur Teilabtretung kann vom Gesellschafter auch nach Abschluss des Veräußerungsgeschäfts erklärt werden (vgl 4 Ob 512/61 JBl 1962, 503; Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 79 Rz 39).
[32] Ein Widerruf der Zustimmung ist jedenfalls nach Abschluss des Abtretungsgeschäfts nicht mehr zulässig (implizit idS 4 Ob 512/61 JBl 1962, 503; vgl Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 121/1; für Deutschland Weller/Reichert in MünchKomm GmbHG4 § 15 Rn 402).
3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
[33] 3.1. Bestünde die vom Kläger behauptete Treuhandvereinbarung mit I* G* und wäre das Abtretungsanbot der I* G* mit dem Notariatsakt vom 20. 12. 2012 wirksam zustande gekommen, ergäbe sich daraus die Zustimmung der Gesellschafterin I* G* zur damit vereinbarten Teilabtretung ihres Geschäftsanteils. Ihr den Feststellungen zu entnehmender nachträglicher (zumindest schlüssiger) Widerruf könnte diese Zustimmung nicht beseitigen. Mit der notariell beglaubigten Erklärung vom 8. 5. 2020 hat auch der zweite Gesellschafter der konkreten Teilabtretung ausdrücklich zugestimmt.
[34] Damit stünde die sich aus § 79 Abs 1 GmbHG ergebende und im Gesellschaftsvertrag festgehaltene Unteilbarkeit der Geschäftsanteile der Wirksamkeit der hier strittigen Teilabtretung nicht entgegen.
[35] 3.2. Ein genereller Ausschluss der Übertragbarkeit eines Geschäftsanteils ist unzulässig (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 25; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 76 Rz 23; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rz 3; vgl 3 Ob 205/24 SZ 6/133). Selbst wenn man – wie die Beklagte das wünscht – im vorliegenden Fall die ebenfalls im Gesellschaftsvertrag festgehaltene gänzliche Unübertragbarkeit der Geschäftsanteile in eine Vinkulierung iSd § 76 Abs 2 GmbHG umdeuten wollte (vgl Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 76 Rz 23; Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 26), läge aufgrund der unter Punkt 3.1. angeführten Umstände die danach erforderliche Zustimmung zur Übertragung vor. Denn auch eine solche Zustimmung kann schlüssig erfolgen. Bei Einigkeit aller Gesellschafter ist weder eine Gesellschafterversammlung noch ein schriftliches Beschlussverfahren erforderlich (6 Ob 7/08k [ErwGr 2.2. ff] = RS0123221; vgl Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 76 Rz 104 und Rz 118). Für einen Widerruf gilt das zu Punkt 2.9. Ausgeführte.
[36] 3.3. Die Begründung der Vorinstanzen trägt die Klagsabweisung daher nicht.
[37] 4.1. Aufgrund der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht wurden keine Feststellungen zum Bestehen der behaupteten Treuhandvereinbarung des Klägers mit I* G* und zu den Umständen des Zustandekommens des Notariatsakts vom 20. 12. 2012 getroffen.
[38] 4.2. Dies führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache in die erste Instanz. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren diese Feststellungen nachzuholen und eine neuerliche Entscheidung zu treffen haben.
[39] 5. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.
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