European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020NC00058.24P.1029.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird statt des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Feldkirch bestimmt.
Begründung:
[1] Der klagende Verein begehrt von den beklagten eingeantworteten Erben der 2020 verstorbenen Erblasserin gestützt auf ein ihm mit Testament aus dem Jahr 2017 ausgesetztes Legat die Zahlung des vermachten Betrags entsprechend der jeweiligen Erbquote.
[2] Die Beklagten bestreiten ein Legat zu Gunsten des Klägers. Vielmehr sei ein anderer Verein als Legatar bedacht.
[3] Sie beantragen – noch vor der vorbereitenden Tagsatzung – die Delegierung der Rechtsache an das Landesgericht Feldkirch gemäß § 31 JN, weil sämtliche zur Ermittlung des – entscheidungswesentlichen – Willens der Erblasserin zu vernehmenden Personen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch hätten. Die Mehrzahl der Beklagten wohne in oder in der Nähe von Vorarlberg. Auch der Testamentsvollstrecker und der – nach Ansicht der Beklagten bedachte – Verein, denen der Streit verkündet worden sei, hätten ihren Sitz bzw Wohnsitz in Vorarlberg.
[4] Der Kläger sprach sich gegen eine Delegierung aus. Eine Verkürzung des Verfahrens sei aufgrund der schon anberaumten vorbereitenden Tagsatzung vor dem angerufenen Gericht nicht zu erwarten. Eine Anreise nach Wien sei ohne Probleme möglich. Ein Vorteil für den Kläger ergebe sich aus der Delegierung nicht.
Rechtliche Beurteilung
[5] Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legte den Akt mit einer die Delegierung befürwortenden Stellungnahme vor, weil die Beweisaufnahme noch nicht begonnen habe und sämtliche zu vernehmende Zeugen und allfällige Nebenintervenienten sich in Vorarlberg befänden.
[6] 1. Eine Delegierung soll nur den Ausnahmefall darstellen. Ohne besondere Gründe darf es nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen (RS0046441).
[7] Aus Zweckmäßigkeitsgründen kommt die Delegierung vor allem dann in Frage, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit verspricht (RS0046333). Zweckmäßigkeitsgründe sind insbesondere der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RS0046540). Der Kanzleisitz der Parteienvertreter ist hingegen unerheblich (RS0046333 [T2, T13]; RS0065225 [insb T1]).
[8] Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RS0046589).
[9] Die weit überwiegende Anzahl der Beklagten sowie sämtliche – derzeit – in Betracht kommende Zeugen haben ihren (Wohn‑)Sitz im Sprengel jenes Gerichts, das gemäß Antrag der Beklagten zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden soll. Die Einvernahme vor dem erkennenden Gericht ist auch jener im Weg einer – aufgrund der erheblichen Entfernung der zu vernehmenden Personen allenfalls in Betracht kommenden – Videokonferenz dann vorzuziehen, wenn praktisch das gesamte Beweisverfahren auf diese Weise durchgeführt werden müsste (RS0046333 [T38]). Auch der klagende Verein hat seinen Sitz wesentlich näher beim Sprengel des Gerichts, das als zweckmäßig bestimmt werden soll.
[10] Trotz Ablehnung des Klägers sprechen im vorliegenden Fall daher insbesondere aufgrund des Aufenthalts sämtlicher (derzeit) in Betracht kommenden Zeugen die besseren Gründe für die Zweckmäßigkeit der Delegierung zur Erleichterung des Gerichtszugangs der Beteiligten.
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