OGH 12Os101/24f

OGH12Os101/24f22.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Oktober 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger als Vorsitzende, die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Dr. Farkas in Gegenwart des Schriftführers Karnaus LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * S* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten S* sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 11. Juni 2024, GZ 63 Hv 29/24v‑38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00101.24F.1022.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten * S* zu I/B, demzufolge auch im Strafausspruch des Genannten und im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der * St* aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Der Angeklagte S* mit seiner Berufung und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung werden auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S* wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu I/A wendet, zurückgewiesen.

Dem Angeklagten S* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – * S* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (I/A) und des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (I/B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 1. März 2024 in S*

(I/A) * I* durch einen wuchtigen Schlag mit einem Drehmomentschlüssel gegen den linken Arm eine schwere Körperverletzung, nämlich einen operativ zu versorgenden Bruch des linken Unterarms und ebenfalls operierte Verletzungen zweier Finger der linken Hand (US 3), absichtlich zugefügt und

(I/B) * St* durch einen Fußtritt gegen den Oberschenkel am Körper zu verletzen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*. Zudem wendet sich die Staatsanwaltschaft mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Strafausspruch des Genannten.

 

Zur amtswegigen Maßnahme:

[4] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil im Schuldspruch zu I/B nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[5] Nach der (in der Hauptverhandlung am 11. Juni 2024 [ON 51] hinsichtlich des Schuldspruchs zu I/B nicht geänderten) Verantwortung des Angeklagten S* (ON 36, 5; ON 51, 2) und den Aussagen der Zeugen * A* (ON 36, 22), * R* (ON 36, 30) und * G* (ON 36, 40) wehrte sich der Beschwerdeführer, nachdem ihm * St* bereits ins Gesicht geschlagen hatte, gegen weitere Tätlichkeiten der Genannten mit einem (zu keiner Verletzung am Körper oder Gesundheitsschädigung führenden) Fußtritt.

[6] Diese (in der Hauptverhandlung vorgekommenen) Verfahrensergebnisse indizieren einen nicht durch Feststellungen geklärten Sachverhalt, der in rechtlicher Hinsicht Notwehr (§ 3 Abs 1 StGB) begründet. Es liegt somit ein Feststellungsmangel (Z 9 lit b) vor, der zur (Teil-)Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich bereits bei der nichtöffentlichen Beratung führte (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO; vgl zur Aufhebung des Adhäsionserkenntnisses RIS‑Justiz RS0101311 [T3], RS0100510 [T2]).

[7] Ein Eingehen auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*, soweit sie sich auf den Schuldspruch zu I/B bezieht, erübrigt sich daher.

[8] Der Angeklagte S* mit seiner Berufung und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung waren auf diese Entscheidung zu verweisen.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S* betreffend Schuldspruch zu I/A:

[9] Wie die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) einräumt, ist die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4) aus dem äußeren Tatgeschehen (US 5), nämlich dem wuchtigen Ausführen eines Schlags mit einem ein Kilogramm schweren Drehmomentschlüssel, unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882). Dass diese Gründe den Angeklagten nicht überzeugen, vermag keine Nichtigkeit herzustellen (vgl RIS‑Justiz RS0118317 [T9]).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S* war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu I/A wendet, in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (RIS‑Justiz RS0101558), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 2).

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