OGH 3Nc39/24a

OGH3Nc39/24a16.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Ordinationssache der betreibenden Partei J*, vertreten durch Dr. Florian Johann Ernst Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei V* Limited, *, wegen 47.126,91 EUR sA, über den Antrag auf Ordination nach § 28 JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030NC00039.24A.0716.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Für die Bewilligung und den Vollzug der von der betreibenden Partei beabsichtigten Rechteexekution wird das Bezirksgericht Salzburg als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Hingegen wird der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts für die weiters beabsichtigte Fahrnis- und Forderungsexekution abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Betreibende hat gegen die Verpflichtete, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil auf Rückzahlung von Spielverlusten erwirkt.

[2] Nach dem Vorbringen im Ordinationsantrag weigere sich die Verpflichtete, dieses Urteil zu erfüllen. Der Betreibende habe in Österreich bereits ergebnislos Exekution gegen sie geführt, weil kein inländisches Vermögen aufgefunden werden habe können. Er beabsichtige deshalb, das Kontoguthaben der Verpflichteten bei der maltesischen Bank of Valletta in Exekution zu ziehen, und überdies die Domain www.*.at, deren Inhaberin die Verpflichtete sei, pfänden und verkaufen zu lassen. Eine Exekutionsführung in Malta sei ihm nicht zumutbar, weil die maltesischen Gerichte das Gesetz zur Anpassung des Glücksspielgesetzes auf österreichische Urteile in Glücksspielfällen anwendeten, weshalb die Vollstreckung von Urteilen gegen Glücksspielanbieter mit Sitz in Malta dort nicht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der Ordinationsantrag ist teilweise berechtigt:

[4] 1.1. Eine Ordination ist auch in Exekutionssachen zulässig, wenn es an einem örtlich (bzw international örtlich) zuständigen inländischen Gericht mangelt (RS0053178) und eine der in § 28 Abs 1 JN normierten Voraussetzungen vorliegt. Im Anlassfall kommt als Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht. Danach ist die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof (nur) dann zulässig, wenn die betreibende Partei ihren Wohnsitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre (3 Nc 12/23d mwN). Im Anwendungsbereich der EuGVVO ist eine Ordination für Verfahren gegen Parteien, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, nur in Ausnahmefällen möglich (RS0053178 [T3 und T7]). Eine solche Ausnahme liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Versuch einer Exekutionsführung im Ausland gescheitert ist oder die beabsichtigte zwangsweise Rechtsdurchsetzung nach der Rechtsprechung im anderen Mitgliedstaat generell nicht bewilligt würde (3 Nc 12/23d mwN).

[5] 1.2. Mittlerweile ist hinreichend bescheinigt, dass die maltesischen (Exekutions-)Gerichte das neue Gesetz Nr XXI/2023 zur Anpassung des Glücksspielgesetzes (Kap 583) auf österreichische Urteile in Glücksspielfällen anwenden und die Vollstreckung von Urteilen ablehnen, mit denen ein maltesischer Glücksspielanbieter zur Rückzahlung von Spielverlusten verpflichtet wurde (vgl dazu 3 Nc 10/24m). Es ist daher davon auszugehen, dass Exekutionen gegen maltesische Glücksspielanbieter aufgrund österreichischer Urteile in Malta derzeit nicht bewilligt werden und die Rechtsdurchsetzung in Malta daher unzumutbar ist. Der Betreibende hätte zwar noch die Möglichkeit, bei der Europäischen Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Malta anzuregen. Da auf die Einleitung eines solchen Verfahrens aber kein Rechtsanspruch besteht, wird durch diese Möglichkeit die Unzumutbarkeit der Rechtsdurchsetzung nicht beseitigt.

[6] 2. Angesichts der dargelegten Rechtslage und Rechtsprechung in Malta sind die Voraussetzungen für eine Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN im Anlassfall grundsätzlich erfüllt. Bei der beabsichtigten Exekution auf die Rechte aus einer at-Internet-Domain befindet sich das Exekutionsobjekt im Inland. Hingegen gilt dies nicht auch für die von der Betreibenden zusätzlich beabsichtigte Exekution durch Pfändung des Kontoguthabens der Verpflichteten bei der Bank of Valetta (vgl 3 Nc 10/24m mwN) sowie für die zwar nicht im Ordinationsantrag, wohl aber in dem diesem angeschlossenen und verwiesenen Entwurf eines Exekutionsantrags angeführte Pfändung und den Verkauf von am Sitz der Verpflichteten in Malta vorhandenen Fahrnissen. Insoweit war der Ordinationsantrag abzuweisen.

[7] 3. Als örtlich zuständiges Exekutionsgericht für die beabsichtigte Rechteexekution ist das Bezirksgericht Salzburg zu bestimmen, weil die N*.at GmbH als Registrierungsstelle der von der beabsichtigten Exekutionsführung betroffenen Domain der Verpflichteten im Sprengel dieses Gerichts ihren Sitz hat.

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