OGH 12Os50/24f

OGH12Os50/24f27.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Edermaier‑Edermayr LL.M. (WU) im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * V* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Februar 2024, GZ 280 Hv 27/23v‑107, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00050.24F.0627.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

 

Gründe:

Zum bisherigen Verfahrensgang:

[1] Im ersten Rechtsgang wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 7. April 2023, GZ 17 Hv 61/22h‑89, die strafrechtliche Unterbringung des * V* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er am 27. Jänner 2020 in G* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, derentwegen er im Zeitpunkt der Tat zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war, nämlich einer paranoiden Schizophrenie und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Berechtigte des Unternehmens „Die G*“ „mit Gewalt bzw durch gefährliche Drohung mit einer Gefährdung durch Sprengmittel zu einer Handlung bzw Unterlassung zu nötigen“ versuchte, die diese oder andere am Vermögen schädigen sollte, indem er in einem E‑Mail äußerte, die „G*“ missachte das in seinem „persönlichen Eigentum“ stehende „Hanfmonopol“, alle von der „G*“ betriebenen Shops und der Onlinehandel seien ab sofort einzustellen, für die Missachtung des Monopols wäre der Strafbetrag von zehn Millionen Euro fällig, jedes Zuwiderhandeln werde nicht nur gerichtlich geahndet, vielmehr – sollte bis 31. Jänner 2020 weder die erste Ratenzahlung noch ein Erwerb einer gültigen Konzession erfolgt sein – werde er den Fall an sein „Präsenzinkasso“ übergeben, dies bedeute „in etwas klareren Worten, es fliegen zwei Blöcke C4-Plastiksprengstoff bei laufendem Geschäftsbetrieb in die Lokale“,

sohin eine Tat beging, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist und ihm außer diesem Zustand als das Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 1 Z 1 StGB zuzurechnen wäre.

[2] Mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 7. September 2023, GZ 12 Os 82/23k‑5 (ON 95 der Hv‑Akten), wurde dieses Urteil (allein) in der Anordnung der strafrechtlichen Unterbringung des * V* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB aufgehoben, während es im Übrigen – also im Ausspruch über Begehung und Subsumtion der Anlasstat einschließlich der Zurechnungsfähigkeit (§ 260 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO; vgl Haslwanter in WK2 StGB Vor §§ 21–25 Rz 8; RIS‑Justiz RS0117809 [T1]) – unberührt blieb, und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen. Dabei führte der Oberste Gerichtshof unter anderem aus, dass der Betroffene durch die konstatierte Tat echt (ideal‑)konkurrierend auch die mit Strafe bedrohte Handlung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB verwirklicht habe, die als Anlasstat im Sinn des § 21 Abs 1 iVm Abs 3 StGB geeignet sei. In Ansehung der Subsumtion der konstatierten Tat als mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB wies der Oberste Gerichtshof darauf hin, dass diese mangels Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder Begehung unter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) keine Anlasstat im Sinn des § 29 Abs 1 und Abs 3 StGB darstelle, das Erstgericht angesichts dieser Klarstellung im weiteren Verfahren an den fehlerhaften Ausspruch (der einem solchen nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO gleichkommt) aber nicht gebunden sei.

[3] Mit dem angefochtenen Urteil wurde im zweiten Rechtsgang – unter Bezugnahme auf die dargestellte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und den solcherart rechtskräftigen Ausspruch über Begehung und Subsumtion der Anlasstat einschließlich der Zurechnungsfähigkeit – erneut die strafrechtliche Unterbringung des * V* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet die sich auf § 281 Abs 1 Z 5, 8 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

[5] Das gegen den Ausspruch über Begehung und Subsumtion der Anlasstat aus § 281 Abs 1 Z 5 und 8 StPO erhobene Beschwerdevorbringen übersieht, dass dieser bereits in Rechtskraft erwachsen und solcherart dem Erkenntnis des zweiten Rechtsgangs unverändert zugrundezulegen ist. Eine neuerliche Anfechtung desselben ist daher unzulässig (vgl RIS‑Justiz RS0100041 [T4, T10] und Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 8; zur verfehlten Wiederholung des rechtskräftig gewordenen Ausspruchs über Begehung und Subsumtion der Anlasstat einschließlich der Zurechnungsfähigkeit vgl RIS‑Justiz RS0098685, RS0100041 [T4, T7, T9, T10, T11]).

[6] Entgegen dem Beschwerdeeinwand (Z 11 zweiter Fall) hat das Schöffengericht das Kriterium hoher Wahrscheinlichkeit zukünftiger Begehung der im Urteil genannten Prognosetaten unmissverständlich bejaht (US 8 und 10 f). Dass dies – auf der Basis der aus den gesetzlich angeordneten Erkenntnisquellen (Person, Zustand des Rechtsbrechers und Art der Tat) gebildeten Feststellungsgrundlage – willkürlich (RIS‑Justiz RS0113980 [T7]) erfolgt wäre, wird (zu Recht) nicht behauptet.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

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