European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00046.24S.0626.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Eine Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild bloß vom Parteienvorbringen abweicht. Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung, können daher keine Aktenwidrigkeit bilden (RS0043347).
[2] Die Revision zitiert selbst die Aussage der neuen Obperson der Beklagen als Grundlage für die getroffene – und im Übrigen in der Berufung nicht bekämpfte – Feststellung zur Freundschaft zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin. Eine Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.
[3] 2. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in der Berufung nicht gerügt wurden, können nicht mehr als Revisionsgrund geltend gemacht werden (vgl RS0074223). Eine Überraschungsentscheidung des Erstgerichts hat die Klägerin in der Berufung nicht geltend gemacht.
[4] 3. Soweit die Revision in ihrer Rechtsrüge davon ausgeht, dass die Klägerin keine Kenntnis von der Abberufung der Nebenintervenientin als Obperson hatte, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
[5] 4. Eine Anscheinsvollmacht (Vollmacht wegen Vertrauens auf den äußeren Tatbestand) setzt voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäfts zu erwecken (RS0019609). Ein Dritter kann sich nur dann auf den äußeren Tatbestand berufen, wenn er bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit davon ausgehen durfte, dass der als Bevollmächtigter Handelnde tatsächlich eine Vollmacht habe (RS0020251).
[6] Da die Klägerin nach den Feststellungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wusste, dass die Nebenintervenientin nicht mehr Obperson der Beklagten und damit nicht mehr vertretungsbefugt war, kommt es weder auf eine Erkundigungsobliegenheit der Klägerin noch auf eine Informationspflicht der neuen Obperson an.
[7] 5. Die nachträgliche Zurechnung vollmachtslosen Handelns im Falle schlüssiger Genehmigung setzt voraus, dass entweder der Vertreter oder der Dritte nach den Umständen des Falls darauf vertrauen durfte und auch darauf vertraut hat, der vollmachtslos Vertretene wolle ihm gegenüber zum Ausdruck bringen, dass er mit dem ohne Vollmacht abgeschlossenen Geschäft einverstanden ist. Es durfte für den Vertreter oder den Dritten kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig sein, dass der unwirksam Vertretene ihm gegenüber einen solchen Willen äußern wollte (RS0014374).
[8] Allerdings hat die Beklagte der Klägerin, nachdem sie von der Vereinbarung erfuhr, ausdrücklich erklärt, dass jede weitere Arbeit zu unterlassen sei. Die Lohnauszahlung war noch von der Nebenintervenientin veranlasst worden, die spätere Kündigung erfolgte nur „vorsichtshalber“ für den Fall, dass ein Vertrag zustande gekommen sein sollte. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass keine schlüssige Genehmigung erfolgte, ist vor diesem Hintergrund nicht korrekturbedürftig.
[9] 6. Eine Genehmigung durch Vorteilszuwendung setzt das Bewusstsein des zunächst unwirksam Vertretenen voraus, dass der konkrete Vorteil aus einem in seinem Namen ohne ausreichenden Vollmacht geschlossenen Geschäft stammt, das er nunmehr will (vgl RS0125514). Dass das der Beklagten bei Erbringung der Leistungen der Klägerin bekannt war, ergibt sich aus den Feststellungen nicht und wird in der Revision auch nicht behauptet.
[10] 7. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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