OGH 9ObA47/24p

OGH9ObA47/24p26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Stiefsohn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ö*, vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 6.384,14 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. April 2024, GZ 12 Ra 6/24z‑17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. November 2023, GZ 20 Cga 82/23w‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00047.24P.0626.001

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Arbeitsrecht, Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 751,92 EUR (darin 125,32 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger war vom 18. 10. 2021 bis 3. 4. 2023 als Hausbetreuer bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Streitteile endete einvernehmlich.Der Kläger begab sich unmittelbar danach zum Hausarzt, erwirkte eine Krankschreibung und befindet sich seither durchgehend im Krankenstand.

[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten Entgeltfortzahlung in Höhe von 6.384,14 EUR brutto sA für den Zeitraum vom 4. 4. 2023 bis 25. 6. 2023. Im Revisionsverfahren stützt er sich dafür noch darauf, dass das Arbeitsverhältnis während einer Arbeitsverhinderung gemäß § 2 EFZG einvernehmlich gelöst worden sei.

[3] Die Beklagte wendet dagegen insbesondere ein, dass der Kläger gänzlich arbeitsfähig gewesen sei.

[4] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung zu, dass zur Frage der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers, der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen (nur) einzelne der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten nicht mehr verrichten kann, zur Ausübung der ihm – im Rahmen des Arbeitsvertrags – vom Arbeitgeber zugewiesenen Tätigkeiten jedoch weiterhin in der Lage ist, eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheine.

[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung seiner Klage anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die Revision ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

[7] 1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, wenn er infolge einer Erkrankung nicht oder doch nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten – oder sonst einer nach dem Arbeitsvertrag zu verrichtenden – Arbeitstätigkeit nachzukommen (RS0028875, zuletzt 9 ObA 96/21i). Er ist also jedenfalls dann arbeitsfähig, wenn er seine bisher ausgeübte (und vom Arbeitsvertrag gedeckte) Tätigkeit weiterhin verrichten kann, ohne seine Gesundheit zu gefährden. Ob ein Arbeitnehmer an der Verrichtung seiner Dienste verhindert ist, richtet sich nach der konkreten Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bzw der Verhinderung an derselben (9 ObA 66/13s Pkt 1).

[8] 1.2. Hier hat die Beklagte dem Kläger bereits nach einem Sturz am 10. 6. 2022 personelle Unterstützung für die von ihm zu erbringenden schweren Arbeitstätigkeiten zur Verfügung gestellt. Der Kläger verrichtete die ihm zugewiesenen Arbeiten bis zur einvernehmlichen Auflösung unverändert mit der Maßgabe, dass ihm für schwere Arbeiten eine Unterstützung gewährt und er nicht zum Heckenschneiden eingeteilt wurde. Infolge der ihm von der Beklagten gewährten personellen Unterstützung war der Kläger daher nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesundheitlich in der Lage, jene Tätigkeit für die Beklagte zu verrichten, zu der er vertraglich verpflichtet war und die er zuletzt bis zu diesem Zeitpunkt konkret ausgeübt hatte. Dass diese Tätigkeit nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt gewesen wäre, hat der Kläger nicht vorgebracht. Das Berufungsgericht hat daher vertretbar den vom Kläger über den 3. 4. 2023 hinaus geltend gemachten Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 5 S 2 iVm § 2 EFZG verneint. Auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage muss vor diesem Hintergrund nicht eingegangen werden.

[9] 2. Mit seiner Mängelrüge ist der Kläger darauf zu verweisen, dass in der Berufung behauptete Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die das Berufungsgericht verneint hat, in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963; RS0106371). Das gilt auch in Arbeitsrechtssachen (RS0043055). Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht die Verfahrensrüge des Klägers mit einer bloßen Scheinbegründung (RS0041032 [T13, T14]), einer aktenwidrigen Begründung (RS0043166) oder einer wegen Fehlens jedes Beurteilungsspielraums unhaltbaren rechtlichen Beurteilung (RS0042963 [T37, T63]) erledigt hätte, bietet die außerordentliche Revision nicht.

[10] 3.  Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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