OGH 5Ob60/24w

OGH5Ob60/24w28.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in derGrundbuchsache der Antragstellerin Dipl.‑Ing. E*, vertreten durch HFSR Rechtsanwälte in Wels, wegen Berichtigung der Grundbucheintragungen zu TZ * und TZ * ob der Anteile B‑LNR * bis * der EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 24. Jänner 2024, AZ 21 R 331/23k, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00060.24W.0528.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Grundbuchsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin brachte am 19. 7. 2023 um 08:51:17 Uhr beim Erstgericht einen Exekutionsantrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung elektronisch ein, der zunächst der Exekutionsabteilung dieses Gerichts weitergeleitet wurde. Dort wurde in der Folge verfügt, den Antrag in die Einlaufstelle, um einen Zeitstempel anzubringen, und dann in die Grundbuchabteilung zur Vergabe einer Tagebuchzahl zu bringen. Der in der Folge angebrachte Einlaufstempel trägt das Datum 21. 7. 2023 und weist als Zeitpunkt des Einlangens 10:45:44 Uhr aus. Da am 19. 7. 2023 um 16:56:27 Uhr der Antrag eines Kreditinstituts auf Eintragung einer Höchstbetragshypothek eingelangt war, wurde das Pfandrecht der Antragstellerin im Rang C‑LNR 96 und jenes desKreditinstituts im Rang C‑LNR 95 einverleibt.

[2] Die Antragstellerin beantragte die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass ihr Pfandrecht jenem des Kreditinstituts vorgehe. Letztere stimmte dieser Vorgehensweise nicht zu.

[3] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit dem es das Begehren der Antragstellerin auf Berichtigung des Grundbuchstands abgewiesen hatte, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, die darin keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen kann.

[5] 1. Die Antragstellerin strebt eine Berichtigung gemäß § 104 Abs 3 GBG an. Nach dieser Bestimmung kann ein nach vollendeter Eintragung wahrgenommener Fehler nur im Auftrag des Grundbuchgerichts berichtigt werden. Das Grundbuchgericht hat, wenn der Fehler irgendeine Rechtsfolge nach sich ziehen könnte, die Beteiligten zu vernehmen.

[6] 2. Eine Berichtigung im Sinn dieser Gesetzesbestimmung ist nur dann möglich, wenn die Eintragung mit dem Inhalt des richterlichen Beschlusses nicht übereinstimmt, wenn also etwas anderes eingetragen wurde als angeordnet war (RS0060702). Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats bewirkt auch der entgegen dem Bewilligungsbeschluss unterlassene Vollzug einer Einverleibung einen Fehler iSd § 104 Abs 3 GBG, der grundsätzlich einer Berichtigung im Sinn dieser Gesetzesbestimmung zugänglich ist (RS0060702 [T4]). § 450 Abs 4 Geo regelt das Vorgehen bei einem fehlerhaften Zeitstempel oder Übersehen eines Grundbuchsstücks, das erst später im Register erfasst wurde; Abs 5 dieser Bestimmung verweist auf § 104 Abs 3 GBG.

[7] 3. Vom Fall des Einvernehmens der Beteiligten abgesehen, setzt eine Berichtigung iSd § 104 Abs 3 GBG voraus, dass der Vollzugsfehler entweder keine Rechtsfolgen nach sich gezogen hat oder aber ein nachträglicher Rechtserwerb vorliegt, bei dem Vertrauensschutz nicht rechtsbegründend wirkte (RS0060713 [T1; T2]; RS0059552 [T2; T3]). Auf die in der Literatur gegen die Bestimmung des § 450 Abs 5 Geo geäußerten Bedenken (vgl dazu Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 104 GBG Rz 14) muss nicht eingegangen werden, weil hier keiner dieser Fälle vorliegt:

[8] 3.1 Warum die von der Antragstellerin angestrebte Berichtigung des Grundbuchstands für das Kreditinstitut keine Rechtsfolgen nach sich ziehen sollte, wie sie meint, ist schon deshalb nicht einsichtig, weil sich dadurch dessen Rang und damit die Position im Fall einer Zwangsversteigerung verschlechtern würde.

[9] 3.2. Der grundbücherliche Vertrauensgrundsatz kommt dann zum Tragen, wenn ein gutgläubiger Dritter im Vertrauen auf den Grundbuchstand bücherliche Rechte erwirbt (vgl RS0011345 [T1]). In seiner negativen Ausprägung bewirkt der Vertrauensschutz des Grundbuchs, dass ein Recht, solange es nicht eingetragen ist, einem gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden kann. Er schützt damit das Vertrauen Gutgläubiger auf die Vollständigkeit des Buchstands („was nicht eingetragen ist, gilt nicht“: RS0034739). Der Vertrauensgrundsatz findet also dann praktische Anwendung, wenn außerbücherlich bestehende Belastungen nicht eingetragen sind, das Grundbuch also unvollständig ist (5 Ob 111/23v). Eine Berichtigung allein aus rechtlichen Gründen auch gegen den Willen des Kreditinstituts kommt damit nicht in Betracht. Die Beurteilung der allenfalls fehlenden tatsächlichen Gutgläubigkeit obliegt nicht dem Grundbuchgericht, sondern bleibt dem streitigen Verfahren vorbehalten.

[10] 3.3. Damit ist es unerheblich, ob die Antragstellerin ihren Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung auch als Grundbuchsache bezeichnet hat. Eine allfällige Aktenwidrigkeit des Rekursgerichts bliebe ohne Relevanz.

[11] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte