OGH 10ObS14/24t

OGH10ObS14/24t12.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*, geboren * 1965, *, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Pflegegeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Jänner 2024, GZ 7 Rs 89/23 x‑20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00014.24T.0312.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der 1965 geborene Kläger hat am besseren Auge mit optimaler Korrektur eine Sehleistung mit einem Visus von 1,0 in Verbindung mit einer röhrenförmigen Gesichtsfeldeinschränkung.

[2] Die Vorinstanzen sprachen dem Kläger ab 1. Juni 2022 ein Pflegegeld der Stufe 3 zu und wiesen das auf Gewährung eines höheren Pflegegeldes gerichtete Mehrbegehren ab. Ausgehend von einem festgestellten Visus von 1,0 und einer röhrenförmigen Gesichtsfeldeinschränkung seien die Voraussetzungen des § 4a Abs 5 BPGG – entsprechend dem vom Kläger geltend gemachten diagnosebezogenen Pflegebedarf der Stufe 4 – nicht erfüllt. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die in der Berufung enthaltene Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt war, weil der Kläger darin die Ausführungen des Sachverständigen als unrichtig bekämpfe und nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehe.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[4] 1.1. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass das Berufungsurteil mit sich selbst in Widerspruch stehe und zielt damit erkennbar auf den Revisionsgrund des § 503 Z 1 ZPO (iVm § 477 Abs 1 Z 9 ZPO) ab. Konkret macht der Kläger in diesem Zusammenhang geltend, dass das Berufungsgericht aufgrund der festgestellten Gesichtsfeldeinschränkung von einem Visus von (bloß) 0,1 auszugehen gehabt hätte.

[5] 1.2. Eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist aber nur dann gegeben, wenn ein Widerspruch im Spruch selbst und ein Mangel der Gründe überhaupt, nicht jedoch, wenn eine mangelhafte Begründung vorliegt (RS0042133). Der geltend gemachte Widerspruch in den Gründen der Berufungsentscheidung stellt den Revisionsgrund des § 503 Z 1 ZPO somit nicht her (RS0042133 [T7]).

[6] 2. Soweit der Kläger in der Revision eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz geltend macht, weil das eingeholte Sachverständigengutachten unzureichend erörtert worden sei, hat er diesen Mangel in der Berufung nicht geltend gemacht, sodass dies in der Revision nicht nachgetragen werden kann (RS0043111; RS0074223). Darüber hinaus sind die weiters angesprochenen Fragen, ob einem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann (RS0043320 [T1, T27]) und ob es schlüssig ist (RS0043371 [T15]), solche der nicht revisiblen Beweiswürdigung.

[7] 3.1. Der Kläger bekämpfte die vom Erstgericht getroffene Feststellung, nach der er am rechten Auge eine Sehleistung mit einem Visus von 1,0 habe, in der Berufung nicht. Entgegen der Behauptung in der Revision handelt es sich dabei um eine Tatsachenfeststellung und nicht um eine rechtliche Beurteilung. In der in der Berufung erhobenen – auf die Voraussetzungen des § 4a Abs 5 BPGG abzielende – Rechtsrüge ging der Kläger demgegenüber von einem Visus von 0,1, also nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodass diese Rechtsrüge – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte – nicht gesetzmäßig ausgeführt war.

[8] 3.2. Hat die unterlegene Partei den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung in ihrer Berufung nicht oder – wie hier – nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen ist (RS0043603 [T2, T8]), so kann die versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden (RS0043573 [T3, T30]; RS0043480). Auf die in der Revision erstatteten Rechtsausführungen ist somit nicht einzugehen (RS0043480 [T9]).

[9] 4. Soweit der Kläger in der Revision überdies die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts bekämpft, ist das Rechtsmittel gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO absolut unzulässig.

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