OGH 3Ob195/23g

OGH3Ob195/23g31.1.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Christian Schauberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*, vertreten durch Dr. Karlheinz de Cillia, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 214.686,70 EUR sA, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin U* Ö* AG, *, vertreten durch Dr. Christian Schauberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 31. August 2023, GZ 2 R 119/23x‑24, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. Juni 2023, GZ 50 Cg 29/12f‑20, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00195.23G.0131.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Exekutionsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurswird nicht Folge gegeben.

Die Einschreiterin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.599,98 EUR (hierin enthalten 433,33 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Parteien schlossen in der Tagsatzung vom 21. September 2012 einen unbedingten Vergleich, mit dem sich der Beklagte zur Zahlung des gesamten eingeklagten Betrags verpflichtete.

[2] Am 16. Mai 2023 stellte die Einschreiterin den Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung der klagenden Partei von U* S* AG auf U* Ö* AG, weil die Klägerin als übertragende Gesellschaft mit Hauptversammlungsbeschluss vom 17. September 2012 mit der Einschreiterin als übernehmender Gesellschaft verschmolzen worden sei.

[3] Diese Verschmelzung wurde, wie sich aus dem offenen Firmenbuch ergibt, aufgrund eines am 19. September 2012 beim Firmenbuchgericht eingelangten Antrags am 12. Oktober 2012 – also erst nach Abschluss des Vergleichs – in das Firmenbuch eingetragen.

[4] Das Erstgerichtberichtigte die Bezeichnung der klagenden Partei antragsgemäß.

[5] Das Rekursgericht wies den Berichtigungsantrag infolge Rekurses des Beklagten ab. Die vollkommene Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften sei ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge und werde (erst) mit Eintragung im Firmenbuch wirksam. Die Rechtsnachfolge sei daher erst nach Wirksamkeit des Vergleichs eingetreten. Im Hinblick darauf scheide aber eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung durch das Titelgericht aus. Vielmehr sei die eingetretene Gesamtrechtsnachfolge in einem allfälligen Exekutionsverfahren gemäß § 9 EO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen.

[6] Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zur Frage zu, ob § 235 Abs 5 ZPO auch dann vom Titelgericht anzuwenden sei, wenn die Gesamtrechtsnachfolge erst nach Schaffung des Titels eingetreten sei.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs der Einschreiterin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

[8] 1.1. Gemäß § 235 Abs 5 ZPO ist es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist. Eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen, gegebenenfalls durch die Anwendung der §§ 84 und 85 ZPO.

[9] 1.2. Gemäß § 9 EO kann zugunsten einer anderen als der im Exekutionstitel als berechtigt bezeichneten Person oder wider einen anderen als den im Exekutionstitel benannten Verpflichteten die Exekution nur soweit stattfinden, als durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen wird, dass der im Exekutionstitel anerkannte Anspruch oder die darin festgestellte Verpflichtung – nach Schaffung des Titels (3 Ob 285/02m) – von den daselbst benannten Personen auf diejenigen Personen übergegangen ist, von welchen oder wider welche die Exekution beantragt wird.

[10] 2. Zu einer Berichtigung der Parteienbezeichnung iSd § 235 Abs 5 EO kann es einerseits kommen, wenn die Partei in der Klage unrichtig bezeichnet wurde (zu den Voraussetzungen für eine Berichtigung in diesem Fall vgl RS0039446, RS0039337 ua), und andererseits aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten der Partei (vgl dazu RS0035114 ua).

[11] 3. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut hat eine Berichtigung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in höherer Instanz, zu erfolgen. Darüber hinaus ist die Berichtigung einer fehlerhaften Parteibezeichnung nach der Rechtsprechung auch noch nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zulässig (vgl RS0039372). Dies betrifft allerdings nur Fälle, in denen die beklagte Partei bereits in der Klage und folglich auch im Zahlungsbefehl bzw Versäumungsurteil unrichtig bezeichnet worden war (so 9 ObA 178/90 und 4 Ob 7/90), sowie solche, in denen während des Verfahrens – also vor Rechtskraft der Entscheidung – eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten war (so 9 Ob 151/03a [Umwandlung der beklagten GmbH in eine GmbH & Co KG] und 9 Ob 92/09h [Umstellung auf den Masseverwalter infolge Konkurseröffnung nach Einbringung der Klage gegen den späteren Schuldner]); es geht in diesem Zusammenhang also stets um Fälle, in denen eine vor Rechtskraft des Titels bereits unrichtige Bezeichnung der Partei korrigiert werden soll.

[12] 4. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall die Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten der Klägerin (durch Verschmelzung) erst mit der nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erfolgten Firmenbucheintragung eingetreten (vgl RS0060147), sodass die klagende Partei im Vergleich noch richtig bezeichnet wurde. In dieser Konstellation ist aber, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, nicht mehr § 235 Abs 5 ZPO einschlägig, sondern vielmehr § 9 EO. Sollte die Rechtsnachfolgerin der Klägerin daher beabsichtigen, aufgrund des Vergleichs Exekution gegen den Beklagten zu führen, hätte sie dem Exekutionsantrag einen Auszug aus dem Firmenbuch anzuschließen, aus dem sich die Gesamtrechtsnachfolge ergibt.

[13] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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