European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00063.23G.1019.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Der Diskriminierungstatbestand der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG wird verwirklicht, wenn durch der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die Person unangebracht, unerwünscht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person geschaffen oder dies bezweckt wird. Ob bestimmte Handlungen des Arbeitgebers in diesem Sinne als Belästigung zu werten sind, hängt von den konkreten Umständen ab (8 Ob 6/21x ua) und entzieht sich entgegen den Revisionsausführungen einer „abstrakten Definition“ eines „objektiven Mindestmaßes an Intensität“.
[2] Ob der Klägerin die ihr obliegende Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsachen gelungen ist oder nicht, stellt das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung dar (RIS‑Justiz RS0040286). Soweit die Vorinstanzen Negativfeststellungen zu behaupteten Vorkommnissen getroffen und bestätigt haben, können diese als Tatfrage im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden (vgl RS0040286 [T3]).
[3] Bescheinigt wurde lediglich, dass der Beklagte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter auch die Klägerin, regelmäßig mit Schokolade beschenkt hat, sowie dass er die Klägerin aufgefordert hat, ein als für den Gastbetrieb übliche Dienstkleidung für sie gekauftes Dirndlkleid zwecks Kontrolle der Passform zu probieren, entweder sofort oder zu Hause. Wenn das Berufungsgericht diese Vorkommnisse nicht als die Würde der Klägerin beeinträchtigende sexuelle Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG qualifizierte, kann dies jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden. Die Voraussetzungen des § 6 Abs 2 GlBG müssen – soweit sie nicht nur mit „oder“ verknüpft sind (vgl RS0124662) – kumulativ vorliegen. Dass die festgestellten Vorkommnisse der Klägerin subjektiv unangenehm gewesen sein mögen, reicht für die Erfüllung des Tatbestands der Belästigung allein nicht aus.
[4] Sekundäre Feststellungsmängel, die einer Spruchreife entgegenstehen würden, werden in der Revision nicht aufgezeigt. Die erstatteten Ausführungen stellen sich als unzulässiger Versuch dar, die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen anzugreifen.
[5] Die Feststellung, dass die Klägerin dem Tragen eines Dirndls nie zugestimmt hat, hat das Erstgericht ohnedies dem Sinn nach getroffen. Zudem steht fest, dass der Beklagte ihr aufgrund ihrer strikten Weigerung letztlich zugestanden hat, dass sie keines tragen müsse. In keiner Weise stellt die Revision dar, inwiefern schon das Ansinnen, die nach dem Sachverhalt an Sonn- und Feiertagen im Betrieb des Beklagten übliche Dienstkleidung zu tragen, ein der sexuellen Sphäre zuzurechnendes Verhalten und objektiv geeignet gewesen wäre, die Würde der Klägerin zu beeinträchtigen.
[6] Mangels gesetzmäßiger Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision ohne weitere Begründung zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
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