OGH 5Ob135/23y

OGH5Ob135/23y28.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* GesmbH, *, vertreten durch Stipanitz‑Schreiner & Partner Rechtsanwälte GbR in Graz, gegen die beklagte Partei K* GmbH, *, vertreten durch Ehrlich‑Rogner & Schlögl Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 50.000 EUR) über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2023, GZ 2 R 21/23g‑51, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Handelsgericht vom 30. November 2022, GZ 6 Cg 82/20v‑47, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00135.23Y.0928.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

I. Das Urteil des Berufungsgerichts wird aus Anlass der Revision dahin berichtigt, dass es auf Seite 29 im Punkt 6, vorletzte Zeile anstelle „Abweisung“ richtig „Stattgebung“ zu heißen hat.

Die Durchführung der Berichtigung in der Urschrift und den Ausfertigungen obliegt dem Berufungsgericht.

Die beklagte Partei hat die Kosten der insoweit als Berichtigungsantrag zu wertenden Revision selbst zu tragen.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.676,30 EUR (darin 446,05 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Zu I.:

[1] 1. Nach § 419 Abs 1 ZPO kann das erkennende Gericht jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten einer Entscheidung berichtigen. Eine solche Berichtigung kann nach § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz angeordnet werden. Unter einer solchen „Anordnung“ ist nicht eine Weisung an das ursprünglich erkennende Gericht zu verstehen, einen Berichtigungsbeschluss zu fassen, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst; nur der Vollzug der Berichtigung obliegt dem ursprünglich erkennenden Gericht (2 Ob 169/20x mwN).

[2] 2. Die hier gerügte Widersprüchlichkeit des Berufungsurteils, wonach „der Berufung im Ergebnis Folge und die erstinstanzliche Entscheidung in eine Abweisung der Klage abzuändern war“, ist iSd § 419 ZPO berichtigungsfähig, weil aus der Entscheidungsbegründung ohne Zweifel der Wille des Berufungsgerichts hervorgeht, der Klage stattzugeben. Aus Anlass der Revision war dieser Satz (durch Ersetzen des Wortes „Abweisung“ durch „Stattgebung“) zu berichtigen (vgl RIS‑Justiz RS0041418 [T12]).

[3] 3. Zwar ist die Revision in diesem Punkt als Berichtigungsantrag zu werten, was grundsätzlich zu einer Kostenersatzpflicht der Klägerin führen könnte (2 Ob 169/20x mwN). Allerdings bestand hier kein Zweifel am Entscheidungswillen des Berufungsgerichts und die verfehlte Formulierung hatte keine nachteiligen Auswirkungen auf die Beklagte. Sie hat die Kosten ihres Schriftsatzes daher insoweit selbst zu tragen (§ 40 ZPO).

Zu II.:

[4] Die Klägerin errichtete auf ihrer Liegenschaft in den Jahren 2012 und 2013 eine Betriebshalle. Mit der Montage einer Thermodacheindeckung beauftragte sie eine Dachdeckungs‑GmbH, die das Material dafür von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (in der Folge nur: Beklagte) bezog. Für diese war es beim Vertragsabschluss mit der Dachdeckungs‑GmbH erkennbar, dass die Paneele an eine weitere Unternehmerin geliefert werden sollen. Die Paneele, die eine übliche Lebensdauer von 20 bis 40 Jahren aufweisen, hatten Mängel. Sie wiesen keine zweifache Beschichtung auf, es fehlte der Haftprimer. Dies führte zu einer Ablösung der Lackbeschichtung. Außerdemwar das als Treibmittel für die Schaumbildung im Kern zugemengte Flüssigpentan im Produktionsprozess nicht ausreichend ausgegast worden, was großflächige Blasenbildung auf den Paneelen verursachte, die deren Tragfähigkeit deutlich reduzierte. Beide Mängel waren im Lieferzeitpunkt nicht erkennbar. Sie wären auch bei früherer Entdeckung weder aufzuhalten noch sanierbar gewesen. Zur Wiederherstellung der Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit sind die schadhaften Paneele abzubauen und durch eine geeignete Dachdeckung zu ersetzen. Für die Sanierung wirdder in der Halle situierte Tischlereibetrieb für etwa 14 Tage geschlossen werden müssen.

[5] Die Klägerin begehrt die Feststellung, die Beklagte habe für sämtliche Mängel und Mangelfolgeschäden zu haften, die im Zusammenhang mit dem von ihr hergestellten Dachsystem auf ihrem Objekt entstehen.

[6] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte ein Feststellungsinteresse der Klägerin. Auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter könne sie sich nicht stützen.

[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Klagebegehren statt. Die Feststellung, die Paneele seien in Ungarn im Werk einer eigenständigen GmbH (und nicht von der Beklagten) hergestellt worden, übernahm es als überschießend nicht. Rechtlich billigte es der Klägerin ein Feststellungsinteresse zu. Jedenfalls die Kosten eines Produktionsstillstands seien in der Zukunft liegende Schäden, die vor der Sanierung noch nicht eingetreten seien. Dass (nur) der Sanierungsaufwand bereits bezifferbar wäre, führe noch nicht zur Abweisung der Klage. Die Klägerin habe ihre Schadenersatzansprüche auf einen Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter gestützt. Ein in den Schutzkreis des Vertrags aufgenommener Dritter könne direkt gegen den Schuldner ex contractu Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn sein Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluss vorhersehbar gewesen sei und er erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung an ihn begünstigt werde oder ihm der Schuldner rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei. Es reiche aus, dass dem Erzeuger erkennbar sei, dass der Händler die Sache weiterveräußern werde und daher ein Endabnehmer durch das schadhafte Produkt gefährdet werden könne, ohne dass der konkrete Kunde bekannt sein müsse. Dies sei hier der Fall. Eigene deckungsgleiche Ansprüche der Klägerin gegen die Dachdeckungs‑GmbH als ihre Vertragspartnerin verneinte das Berufungsgericht. Die Klägerin hätte zwar theoretisch selbst einen verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruch gehabt. Da die Paneele Ende November 2012 geliefert und spätestens im Jänner 2013 montiert worden seien, die Klägerin aber erstmals im Winter 2017/2018 graue Lackteile am Boden um die Betriebshalle wahrgenommen habe, sei die Gewährleistungsfrist 2018 bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin habe den Schaden nicht verhindern können, weil beide Mängel bei früherer Entdeckung weder aufzuhalten noch sanierbar gewesen wären. Hinsichtlich des Austauschs der Paneele und aller sonstigen Mangelfolgeschäden hätte die Klägerin daher nur verschuldensabhängige Anspruchsgrundlagen gegen die Werkunternehmerin gehabt, ein Verschulden der Dachdeckungs‑GmbH sei aber nicht ersichtlich. Die Mängel seien bei Lieferung nicht erkennbar gewesen, eine Verletzung von Prüfpflichten durch die Dachdeckungs‑GmbH scheide aus. Anweisungen der Beklagten zur Überprüfung auf Blasenbildung habe es nicht gegeben. Von einem Verschulden der Beklagten an diesen Mängeln sei auszugehen, zumal diese iSd § 1298 ABGB zu beweisen hätte, dass sie kein Verschulden treffe. Vorbringen dazu habe sie nicht erstattet. Letztlich sei zwar im Regelfall das bloße Vermögen in den Schutzbereich des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter nicht einbezogen. Nach der Rechtsprechung bestehe eine Ausnahme von dem Grundsatz aber dann, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen solle. Dies gelte auch, wenn der Schuldner (Erzeuger) tatsächlich dem Dritten die Leistung erbringe. So habe der Oberste Gerichtshof zu 9 Ob 64/13x eine Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter (zwischen beklagtem Hersteller und Händler) für den Sanierungsaufwand des Werkunternehmers in Zusammenhang mit dem Herausreißen des Estrichs und der Neuverlegung der Platten bejaht, wenn ein mit der Lieferung und Verlegung eines Estrichs beauftragter Werkunternehmer, der bei einem Händler (fehlerhafte) Trittschalldämmplatten bestellt hatte, die dieser wiederum beim beklagten Hersteller bestellte. Das gegen die grundsätzliche Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden sprechende Argument, letztlich sei jeder Dritte ein eigener Vermögensinhaber und es komme so zu einer Vervielfachung der Haftung für reine Vermögensschäden, treffe daher nicht zu. Eine Haftung der Beklagten sei zu bejahen.

[8] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision zu, weil die im konkreten Fall bejahte Frage der Ersatzfähigkeit von reinen Vermögensschäden gegenüber dem Hersteller angesichts der restriktiven Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hiezu von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO sei.

[9] In ihrer – von der Klägerin beantworteten – ordentlichen Revision strebt die Beklagte die Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise Aufhebung dieses Urteils an.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig, sie kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.

[11] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Auf die Vereinbarung einer ziffernmäßigen Begrenzung von Schadenersatzansprüchen zwischen der Dachdeckungs‑GmbH und der Beklagten hat sich diese nie berufen, sodass dazu kein sekundärer Feststellungsmangel vorliegen kann. Überraschend konnte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht sein, weil sie weitgehend der Argumentation der Klägerin in erster Instanz entspricht (RS0037300 [T32]). Dass das Berufungsgericht die Feststellungen über die Herstellerin der Thermodacheindeckung als überschießend entfallen ließ, entspricht der Rechtsprechung (vgl RS0037972 [T6, T7, T14]) und kann daher keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründen. Auch die Auffassung, die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten könne Vorbringen zur mangelnden Passivlegitimation nicht ersetzen, ist durch die Rechtsprechung gedeckt (RS0038037).

[12] 2. Soweit die Revisionswerberin Feststellungen zur Erkennbarkeit der Mängel (teils auch wegen Aktenwidrigkeit) bekämpft, ist ihr zu entgegnen, dass eine Aktenwidrigkeit nur dann vorliegen könnte, wenn der Akteninhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn das Gericht aufgrund richtig dargestellter Beweisergebnisse zu Feststellungen oder rechtlichen Schlussfolgerungen in einer bestimmten Richtung gelangt (RS0043324). Worin die Aktenwidrigkeit bestehen soll, stellt die Revision nicht dar. Im Grunde versucht die Revisionswerberin, damit die Feststellungen des Erstgerichts anzugreifen, übersieht aber, dass der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nicht als Ersatz für eine im Revisionsverfahren generell unzulässige Beweisrüge herangezogen werden kann (RS0117019).

[13] 3. Zur Frage des rechtlichen Interesses der Klägerin an der begehrten Feststellung iSd § 228 ZPO ließ das Berufungsgericht die Revision nicht zu. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Beklagte dazu nicht auf.

[14] 3.1. Das Berufungsgericht verwies zutreffend auf die ständige Rechtsprechung (RS0038817; RS0039021), wonach eine Feststellungsklage grundsätzlich erst dann unzulässig ist, wenn der Kläger seinen Anspruch bereits zur Gänze mit Leistungsklage geltend machen kann, die Feststellungsklage aber zulässig bleibt, wenn durch den Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch nicht erschöpft ist. Dem – zutreffenden – Argument des Berufungsgerichts, ein Teil der von der Klägerin ins Treffen geführten Schäden (diejenigen aufgrund der erst in der Zukunft anlässlich der Sanierung zu erwartenden Produktionsausfälle) sei noch nicht fällig, setzt die Revisionswerberin nur entgegen, „dies reiche nicht aus, weil unklar sei, dass diese Kosten des Betriebsstillstands in der Zukunft überhaupt vom Ersatzanspruch gegen die Beklagte erfasste Kosten seien“. Abgesehen davon, dass die Klägerin gerade diese künftigen Kosten des Betriebsstillstands anlässlich der Sanierung des Hallendachs zur Begründung ihres Feststellungsinteresses ausdrücklich ins Treffen führte, können diese Ausführungen weder eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen noch wird damit die Rechtsrüge gesetzesgemäß ausgeführt (vgl RS0043605). Auch der Beurteilung des Berufungsgerichts, es sei irrelevant, ob sich der in der Zukunft entstehende Schaden betriebswirtschaftlich schon ermitteln lasse, setzt die Beklagte nur unsubstantiiert entgegen, die Klägerin hätte nicht alle zumutbaren Schritte zur Ermittlung der Schadenshöhe unternommen und das Dach bereits reparieren lassen können. Auch hier setzt sie sich mit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht konkret auseinander.

[15] 3.2. Dass der Wortlaut des Feststellungsbegehrens so zu verstehen ist, dass sich das Pronomen „ihr“ auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten bezieht (mit der die Beklagte verschmolzen ist), liegt auf der Hand und ist daher nicht unklar. Wenn die Beklagte auch in dem Zusammenhang davon spricht, sie (bzw ihre Rechtsvorgängerin) sei nicht Herstellerin der Paneele, geht die Rüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist daher nicht gesetzesgemäß ausgeführt (RS0043312).

[16] 4. Die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts bezog sich (nur) auf die Ableitung der Klageansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter. Das Berufungsgericht gab die hiezu ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung und Lehre umfassend wieder und stützte sich zur Begründung seiner Auffassung, hier sei die Klägerin in den Schutzbereich des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter einbezogen und auch ihr bloßes Vermögen geschützt, auf die Entscheidung 9 Ob 64/13x. Sache der Beklagten wäre es gewesen, sich damit konkret auseinanderzusetzen und darzutun, inwiefern das Berufungsgericht von in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Leitlinien abgewichen sein soll (RS0042779). Dies ist nicht geschehen.

[17] 4.1. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin stützte sich das Berufungsgericht nicht nur auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1975 und vereinzelte Lehrmeinungen. Es wies vielmehr zutreffend auf die Grundsätze der sogenannten Produzentenhaftung – die Haftung des Produzenten abseits des PHG nach dem ABGB für die von ihm hergestellten Produkte gegenüber dem Letztabnehmer – hin, die auf der Grundlage der Lehre von den vertraglichen Schutzpflichten zu Gunsten Dritter zu lösen ist (RS0022730; aus der Literatur stellvertretend Karner in KBB7 § 1295 Rz 20). Eine Unterscheidung zwischen Unternehmern und Verbrauchern kennt die Rechtsprechung zur Produzentenhaftung nicht. Mehrfach wurden auch Unternehmern Ansprüche aus Produzentenhaftung zuerkannt (2 Ob 620/86; 8 Ob 556/92; vgl auch allgemein zu Ansprüchen aus Verträgen mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter 2 Ob 191/06m; RS0037785 [T9, T14, T18, T24, T27, T38]). Da hier der Beklagten sowohl das Eigeninteresse der Dachdeckungs‑GmbH als Werkunternehmerin an mangelfreien Dachpaneelen als auch der Kontakt der Klägerin als Endabnehmerin der Hauptleistung vorhersehbar war und die Beklagte auch objektiv damit zu rechnen hatte, dass die Dachpaneele bei der Endabnehmerin verbaut werden, an deren Baustelle sie auch geliefert wurden, entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei in den Schutzbereich des Vertrags zwischen der Dachdeckungs‑GmbH und der Beklagten einbezogen gewesen, der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RS0034594; RS0037785), der die Revisionswerberin (außer der vom Berufungsgericht nicht übernommenen Feststellung betreffend die Produzentin der Paneele) nur das – nicht näher ausgeführte und vom Berufungsgericht zutreffend verworfene – Argument entgegensetzt, die Klägerin sei nicht schützenswert, weil sie die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihren Vertragspartner unterlassen habe.

[18] 4.2. Zwar wird das bloße Vermögen dritter Personen in den Schutzbereich von Verträgen mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter im Regelfall nicht einbezogen (RS0022475; RS0017068 [T1]). Nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung besteht eine Ausnahme von diesem Grundsatz aber dann, wenn die Hauptleistung einem Dritten zukommen soll (2 Ob 191/06m mwN; RS0022475 [T1]; 9 Ob 64/13x; Karner in KBB7 § 1295 Rz 19 mwN). Dies ist – vergleichbar zu dem vom Berufungsgericht zitierten, zu 9 Ob 64/13x entschiedenen Fall – hier aber der Fall, weil die Beklagte wusste, dass die von ihr direkt an die Baustelle der Endabnehmerin gelieferten Paneele dort zum Zweck einer Dacheindeckung benötigt wurden. Warum dies nur für einen Konsumenten als Endabnehmer gelten sollte, ist nicht nachvollziehbar. Die in der Revision ins Treffen geführte Ausuferung von Schadenersatzansprüchen ist nicht zu befürchten, weil hier nur der Endabnehmer der Paneele von der Schutzwirkung des Vertrags zwischen deren Herstellerin und der Werkunternehmerin erfasst ist, während die Werk‑unternehmerin selbst keinen (Vermögens-)Schaden durch die Mängel der Paneele erlitt. Auch insoweit gelingt es der Revisionswerberin nicht eine Abweichung des Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rechtsprechung aufzuzeigen.

[19] 4.3. Zur Frage, ob der Berechtigung des Klageanspruchs entgegensteht, dass die Klägerin gegen ihre Vertragspartnerin, die Dachdeckungs‑GmbH, eigene Ansprüche hätte, lässt die Revisionswerberin ebenfalls eine konkrete Auseinandersetzung mit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts vermissen. Nach ständiger, auch nach Kritik im Schrifttum (vgl 7 Ob 185/11y) aufrecht erhaltener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird der geschädigte Dritte dann nicht in den Schutzbereich eines zwischen anderen geschlossenen Vertrags einbezogen, wenn der Dritte selbst einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch aus eigenem Vertrag gegen einen der beiden Kontrahenten hat (RS0022814; 9 Ob 64/13x mwN). Solche deckungsgleichen Ansprüche verneinte das Berufungsgericht hier mit überzeugender Begründung, der die Revisionswerberin nur entgegenhält, die Klägerin habe die Gewährleistungsfrist gegenüber der Werkunternehmerin ablaufen lassen. Dabei übersieht sie, dass nach dem festgestellten Sachverhalt innerhalb der dreijährigen Gewährleistungsfrist ab Montage der Dachpaneele durch die Werkunternehmerin kein Anlass für die Klägerin bestand, überhaupt von einem Mangel der Paneele auszugehen. Die Mitarbeiter der Klägerin konnten erst im Winter 2017/2018 graue Lackteile am Boden um die Betriebshalle erkennen und veranlassten am 12. 3. 2018 eine Besichtigung des Dachs, wobei zu diesen Zeitpunkten die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen war. Dass mangels Anweisungen der Herstellerin die Klägerin nicht verpflichtet war, von sich aus das – nur mittels Kran erreichbare – Dach nach seiner Verlegung auf allfällige Schäden zu besichtigen, betonte schon das Berufungsgericht zutreffend (und lehnte ein daraus abgeleitetes Mitverschulden der Klägerin ab). Seinem Argument, Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Dachdeckungs‑GmbH als Werkunternehmerin scheiterten an deren mangelndem Verschulden, setzt die Revisionswerberin nur unsubstantiiert entgegen, selbst wenn der Klägerin kein Anspruch ex delicto gegenüber der Dachdeckungs‑GmbH zugestanden wäre, wäre eine Ausdehnung des Haftungskreises auf die Beklagte überschießend und würde der (von ihr allerdings nicht zitierten) ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs widersprechen. Gründe, weshalb ein inhaltsgleicher Schadenersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Dachdeckungs‑GmbH bestehen könnte, führt die Revisionswerberin nicht an. Auch insoweit ist weder eine Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung noch eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erkennen.

[20] 5. Damit war die Revision zurückzuweisen.

[21] 6. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat die Beklagte der Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen, in der sie auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte