OGH 1Ob121/23k

OGH1Ob121/23k13.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers A*, vertreten durch Dr. Maximilian Motschiunig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die Antragsgegnerin S* AG, *, vertreten durch die Lanker Obergantschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, wegen Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 22. Mai 2023, GZ 2 R 32/23b‑64, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00121.23K.0713.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht sprach dem Antragsteller rechtskräftig eine Entschädigung gemäß § 34 Abs 4 WRG für Nutzungsbeschränkungen seiner Grundstücke wegen eines 2015 wasserbehördlich angeordneten Quellschutzgebiets zu. Für die Entfernung baulicher Anlagen wurde ihm keine Entschädigung zuerkannt, weil eine solche nach der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht nicht erforderlich sei.

[2] Der Antragsteller begehrt nunmehr die Abänderung dieses Beschlusses. Er stützte seinen Antrag auf § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG und behauptete, dass das Erstgericht in seiner rechtskräftigen Entscheidung die verwaltungsrechtliche Vorfrage, ob der Kläger wegen des wasserrechtlichen Quellschutzgebiets zur Entfernung seiner baulichen Anlagen verpflichtet sei, unrichtig gelöst habe. Mittlerweile sei er von der Wasserrechtsbehörde zu deren Entfernung verpflichtet worden. Das Landesverwaltungs-gericht habe dies mit Erkenntnis vom 12. 10. 2020 rechtskräftig bestätigt. Bei diesem Erkenntnis handle es sich um ein neues Beweismittel im Sinn des § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG, dessen Benützung im früheren Verfahren eine für den Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte.

[3] 3. Das Rekursgericht wies den Abänderungsantrag teilweise soweit ihm in erster Instanz nicht rechtskräftig stattgegeben worden war als verspätet zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig:

[5] 1. Der Antragsteller beruft sich in seinem Rechtsmittel nur darauf, dass die vierwöchige Frist des § 74 Abs 1 AußStrG gemäß dessen Abs 3 noch nicht zu laufen begonnen habe. Nach dieser Bestimmung beginne der Fristenlauf in dem Fall, dass vor dem Abänderungsantrag ein anderer Antrag zur Beseitigung der Wirkungen des abzuändernden Beschlusses gestellt worden sei, erst mit Rechtskraft der „Zurückweisung“ dieses anderen Antrags. Da der Antragsteller vor Einbringung seines Abänderungsantrags in einem anderen noch anhängigen Entschädigungsverfahren (wegen eines früheren Quellschutzgebiets) auch eine Entschädigung für die Entfernung seiner baulichen Anlagen beantragt habe, sei § 74 Abs 3 AußStrG anzuwenden und der Abänderungsantrag rechtzeitig erhoben worden. Dass das Rekursgericht diese Bestimmung nicht angewandt habe, begründe eine erhebliche Rechtsfrage.

[6] 2. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Anrufung des Obersten Gerichtshofs nach § 62 Abs 1 AußStrG ebenso wie nach § 502 Abs 1 ZPO nur zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, diese somit für die Entscheidung präjudiziell ist (vgl RS0088931). Fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (3 Ob 95/19w ua).

[7] 3. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 530 Abs 1 Z 7 ZPO begründet eine bestimmte (andere) rechtliche Beurteilung bzw ein rechtskräftiges behördliches Erkenntnis weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel im Sinn dieser Bestimmung (RS0044756; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 73 Rz 61). Hat das Gericht eine Rechtsfrage selbst beurteilt, bildet eine nachträgliche anderslautende Entscheidung der anderen (zuständigen) Behörde keinen Wiederaufnahmegrund (RS0108294; vgl auch 1 Ob 35/10v und 1 Ob 103/11w zur Ablehnung der gegenteiligen Ansicht von Jelinek in Faschink/Konecny³ § 530 ZPO Rz 119 ff; RS0044488 zu Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs). Da § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG dem § 530 Abs 1 Z 7 ZPO entspricht, ist diese Judikatur auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden (RS0124752 [T1]).

[8] 4. Der Antragsteller behauptete somit keinen tragfähigen Abänderungsgrund, weshalb das Rekursgericht seinen Antrag im Ergebnis zu Recht (soweit diesem noch nicht rechtskräftig stattgegeben worden war) zurückwies. Auf die Auslegung des § 74 Abs 3 AußStrG kommt es nicht an.

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