OGH 2Ob84/23a

OGH2Ob84/23a27.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2019 verstorbenen D*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des (erbantrittserklärten) Sohnes D*, vertreten durch Neulinger Mitrofanova Čeović Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 15. März 2023, GZ 23 R 72/23w‑106, womit infolge des Rekurses des Sohnes der Beschluss des Bezirksgerichts Amstetten vom 12. Jänner 2023, GZ 14 A 4/20w‑96, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00084.23A.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses wird der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs des Sohnes zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ein (erneuter) Antrag des (pflichtteilsberechtigten und erbantrittserklärten) Sohnes auf rückwirkende Öffnung von Konten im Verlassenschaftsverfahren.

[2] Ein Inventar wurde bisher nicht errichtet.

[3] Das Erstgericht wies den Antrag teilweise zurück und teilweise ab.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sohnes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung seines Antrags; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[6] 1. Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses ist der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufzuheben und der Rekurs zurückzuweisen:

[7] 1.1 Nach der jüngeren, auf der ausführlich begründeten Entscheidung 2 Ob 64/18b (2 Ob 65/18z) beruhenden Rechtsprechung des Fachsenats haben Beschlüsse, die im Verfahren zur Errichtung des Inventars gefasst werden, grundsätzlich verfahrensleitenden Charakter und sind daher gemäß § 45 Satz 2 AußStrG nicht selbständig anfechtbar. Ihre Richtigkeit kann in gewissen Fällen aber mittelbar dadurch überprüft werden, dass eine Partei nach Errichtung des Inventars einen Antrag nach § 166 Abs 2 AußStrG oder einen auf formale Mängel des Inventars (Substanzlosigkeit, fehlende Nachvollziehbarkeit, Missachtung der Rahmenbedingungen für die Bewertung) gestützten Antrag nach § 7a GKG stellt. Über solche Anträge ergehende Beschlüsse sind dann nach den allgemeinen Grundsätzen anfechtbar (RS0132172).

[8] Diese Grundsätze gelten auch im – hier vorliegenden – Fall, dass vor Errichtung des Inventars ein Antrag auf rückwirkende Kontenöffnung zur Ausforschung weiteren nachlasszugehörigen Vermögens (vgl dazu RS0121988) gestellt wird (2 Ob 84/21y Rz 1 mwN).

[9] 1.2 Die meritorische Entscheidung des Rekursgerichts über den unzulässigen Rekurs ist daher aus Anlass des Revisionsrekurses als nichtig aufzuheben und der Rekurs ist zurückzuweisen (RS0121264).

[10] 2. Ein Kostenersatz findet schon aufgrund von § 185 AußStrG nicht statt.

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