European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:009OBA00033.23B.0531.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Oberste Gerichtshof hat an der Rechtsprechung, wonach ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz keinen Revisionsgrund bildet, in Kenntnis der in der Literatur geführten Diskussion festgehalten (vgl 10 ObS 59/21f mwN uva). Davon abzugehen bietet die Revision, die nur auf diese Judikatur verweist, keine Grundlage.
[2] 2. Die Auswahl eines Sachverständigen liegt im Ermessen des Gerichts. Dessen Ermessensübung bei der Sachverständigenbestellung ist an keine konkreten gesetzlichen Vorgaben gebunden, insbesondere nicht an die Verpflichtung, nur solche Personen heranzuziehen, die zur Erstattung von Gutachten über ein bestimmtes Thema öffentlich bestellt sind (RS0040607 [T7, T8]). Der Nichteintragung einer Person in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet kommt demnach keine Indizwirkung dahin zu, dass ihr die zur Erfüllung eines in dieses Fachgebiet fallenden Gutachtensauftrags erforderliche Befugnis oder Fachkompetenz fehlt (RS0040607 [T25]); dies gilt erst recht in Bezug auf eine „Spezialisierung“ für ein Fachgebiet (8 Ob 20/22g [Pkt 2]).
[3] Darüber hinaus bestehen gerade bei den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie aufgrund der bereits vom Erstgericht dargestellten bis in die jüngere Vergangenheit gleichlaufenden Ausbildungswege keine Gründe an der vom Sachverständigen selbst als ausreichend beurteilten Kompetenz zur Erfüllung des gerichtlichen Gutachtensauftrags zu zweifeln.
[4] 3. Ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, ist eine Frage der Beweiswürdigung und daher nicht revisibel (RS0043320). Auch die Frage, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt, gehört in das Gebiet der Beweiswürdigung; ebenso jene, ob die eingeholten Sachverständigengutachten erschöpfend sind oder ob noch weitere Fragen an die Sachverständigen zu stellen gewesen wären (RS0043163).
[5] 4. Inwieweit das Erstgericht auf Basis der ergänzenden Beweisaufnahme im zweiten Rechtsgang zu anderen Feststellungen gelangen konnte als im ersten Rechtsgang, ist ebenfalls eine Frage der nicht revisiblen Beweiswürdigung und kann vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden.
[6] 5. Die Beantwortung jener Fragen, die vom Rechtsmittelgericht, das die Aufhebung verfügt hat, auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden wurden, kann aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigte Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren somit nicht mehr aufgerollt werden (RS0042031).
[7] Eine solche abschließende Entscheidung über das Eventualbegehren lag aber nach dem Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang nicht vor. Das Wesen des Eventualbegehrens liegt darin, dass es erst dann einer Erledigung zugeführt werden kann, wenn das Hauptbegehren ab- oder zurückgewiesen worden ist (RS0110359 [T3]). Die Aufhebung der erstgerichtlichen Abweisung des Hauptbegehrens entzieht daher der erstgerichtlichen Entscheidung über das Eventualbegehren die Berechtigung. Die Stattgebung des Eventualbegehrens ist demnach nicht rechtskräftig und gilt auch ohne ausdrücklichen Ausspruch als aufgehoben, weil es keine bedingten Entscheidungen gibt (vgl RS0041082). Eine inhaltliche Behandlung des Eventualbegehrens durch das Berufungsgericht hat im Fall einer solchen Aufhebung nicht zu erfolgen, noch weniger eine „abschließende Entscheidung“. Daran ändert auch nichts, wenn das Berufungsgericht obiter zur den im Rahmen des Eventualbegehrens allenfalls noch zu beurteilenden Rechtsfragen rechtliche „Anmerkungen“ vornimmt.
[8] 6. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)