OGH 9Ob68/22y

OGH9Ob68/22y23.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner, Mag. Korn, MMag. Sloboda und Dr. Annerl in der Rechtssache der klagenden Partei W* S*, vertreten durch Neubauer Fähnrich Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, gegen die beklagte Partei K* Gesellschaft m.b.H. (FN *), *, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Vertragsaufhebung und 19.490 EUR sA (Gesamtstreitwert: 19.490 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. September 2019, GZ 4 R 89/19v‑59, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. März 2019, GZ 20 Cg 15/18t‑54, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0090OB00068.22Y.0323.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Das Revisionsverfahren wird fortgesetzt.

II. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der Kläger kaufte von der beklagten Autohändlerin am 14. 3. 2013 einen PKW der Marke Skoda Yeti 4 x 4 Elegance TDI mit einem Hubraum von 1968 ccm und 81 kW/110 PS, Schadstoffklasse EU5, zum Preis von 23.490 EUR. Dieses seit 31. 1. 2013 zum Verkehr zugelassene Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der vom VW‑Abgasskandal betroffen ist. Dem Kläger war beim Kauf wichtig, dass das Fahrzeug hinsichtlich des Schadstoffausstoßes dem letzten Stand der Technik und der Euro‑Abgasklasse 5 entspricht. Das hatte er auch dem Verkäufer der Beklagten erklärt, der ihm zugesichert hatte, dass das Fahrzeug – auch die Abgaswerte betreffend – auf dem neuesten Stand der Technik sei. Bei Abschluss des Kaufvertrags wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 30 km auf.

[2] Mit Schreiben vom 8. 10. 2015 teilte die I* GmbH, Großhandel SKODA Österreich, dem Kläger mit, dass an seinem Fahrzeug Nacharbeiten erforderlich seien. Nähere vom Kläger verlangte Auskünfte zu diesen Nacharbeiten konnte ihm die Beklagten nicht geben. Das Angebot der Beklagten, das Fahrzeug umzutauschen, nahm der Kläger wegen der für ihn zu hohen Aufzahlung nicht an.

[3] Im Dieselmotor EA 189 funktioniert die Abgasrückführung nach zwei Betriebsmodi: Bei dem Abgasrückführungs‑Modus 1 kommt es zu einer relativ hohen Abgasrückführungsrate, während diese Rate bei Modus 0 geringer ist. Der Modus 1 kam nur im Rahmen des Emissionsprüfverfahrens unter Laborbedingungen zum Einsatz. Der Modus 0 findet im Fahrzeugbetrieb unter normalen Fahrbedingungen im Straßenverkehr Anwendung. Der Modus 1 ist nur aktiv, wenn das Fahrzeug das Verfahren zur Ermittlung der Fahrzeugemissionen am Rollenprüfstand durchläuft. Aus technischer Sicht ist die Abgasrückführung (AGR) ein emissionsrelevantes Bauteil, das durch seine Regelung bzw Steuerung (durch die Software im elektronischen Motorsteuergerät) die Entstehung von NOx‑Emissionen beeinflusst. Da die „Umschaltlogik“ (Modus 0 und 1) die Funktion des Systems verändert, wodurch die Wirksamkeit bei normalem Fahrzeugbetrieb verringert wird, stellt die „Umschaltlogik“ aus technischer Sicht eine Abschalteinrichtung dar.

[4] Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnete mit Bescheid vom 15. 10. 2015 nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung der betroffenen Fahrzeuge zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der Aggregate des Typs EA 189 EU5 an. Darin wird die Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen angeordnet. Die Typengenehmigung bleibt nur dann aufrecht, wenn die angeordneten Nebenbestimmungen eingehalten werden.

[5] Die I* GmbH informierte den Kläger am 19. 10. 2016 darüber, dass die benötigte Software zur Verfügung stehe und sein Fahrzeug nun (kostenlos) umprogrammiert werden könne. Dieses Update ließ der Kläger nicht durchführen, weil er kein Vertrauen mehr zu VW und Skoda hat und es unsicher ist, ob das Update nicht negative Auswirkungen hat.

[6] Wäre dem Kläger bekannt gewesen, dass die Motorsteuerung des Fahrzeugs über zwei Betriebsprogramme verfügt und bei der Abgasprüfung in den vorgeschriebenen Fahrzyklus mehr Abgase in den Motor rückgeführt werden, als dies im Straßenbetrieb der Fall ist, wodurch es im Prüfzyklus zu einer Verminderung des Stickoxidausstoßes gegenüber dem Realbetrieb kommt, hätte er das Fahrzeug, auch wenn es billiger gewesen wäre, nicht gekauft. Er wollte kein manipuliertes Fahrzeug erwerben.

[7] Zum Zeitpunkt der Klagszustellung im März 2016 betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs rund 36.000 km.

[8] Der Kläger begehrt mit seiner am 11. 3. 2016 eingebrachten Klage die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zahlung von 19.490 EUR (Kaufpreis 23.490 EUR abzüglich Benützungsentgelt in Höhe von 4.000 EUR) samt Zinsen Zug um Zug gegen Ausfolgung des Fahrzeugs. Hilfsweise begehrt er aus dem Titel der Preisminderung die Zahlung von 7.000 EUR samt Zinsen. Dazu brachte er vor, dass in seinem Fahrzeug eine gemäß der Verordnung 715/2007 EG unzulässige Abschaltvorrichtung eingebaut sei. Bei der Manipulation der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge handle es sich um eine vorsätzliche Täuschung der Herstellerin. Die Beklagte sei als Gehilfin der Herstellerin zu qualifizieren. Es liege ein beachtlicher und wesentlicher Irrtum des Klägers vor, den die Beklagte durch die Nichtaufklärung über die erhöhten Abgaswerte veranlasst habe. Er habe kein manipuliertes, den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechendes Fahrzeug gewollt. Er hätte den PKW nicht gekauft, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass eine unzulässige Abschaltvorrichtung eingebaut sei. Dass das Fahrzeug der Verordnung 715/2007 EG und geltendem Recht entspreche, sei zumindest konkludent vereinbart gewesen. Aufgrund der unzulässigen Abschaltvorrichtung drohe der Entzug der EU‑Typengenehmigung.

[9] Die Beklagte wisse jedenfalls seit 8. 10. 2015, dass sein Fahrzeug Skoda Yeti von den Manipulationen betroffen sei. Obwohl er die Beklagte auf den Mangel aufmerksam gemacht und er sie im Dezember 2015 zur Verbesserung des Mangels aufgefordert habe, habe diese ihm lediglich den Kauf eines anderen Fahrzeugs angeboten, eine Verbesserung habe sie ihm allerdings nicht zugesagt. Eine fachgerechte Verbesserung – ohne Verminderung der Motorleistung oder anderer Eigenschaften des Fahrzeugs – sei im Übrigen nicht möglich. Die für die Typengenehmigung der Fahrzeuge der Marke Skoda zuständige Vehicle Certification Agency (VCA) in Großbritannien habe offenbar nicht alle allenfalls möglichen negativen Auswirkungen des Updates, insbesondere für den Motorverschleiß und das Abgasrückführsystem geprüft. Aufgrund des Vertrauensverlustes sei es ihm nicht zuzumuten, eine Verbesserung durch ein Unternehmen bzw auf Anleitung eines Unternehmens (VW) durchführen zu lassen, das über die Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht habe. Auch sei ihm nicht erklärt worden, welche Veränderungen durch das geplante Update vorgenommen würden. Solltedas Wandlungsbegehren nicht berechtigt sein, habe er zumindest einen Anspruch auf Preisminderung in Höhe von 7.000 EUR. Aufgrund der schlechten Abgaswerte sei der Verkehrs‑ bzw Wiederverkaufswert des Fahrzeugs um diesen Betrag geringer.

[10] Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Klageabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, das dem Kläger verkaufte Fahrzeug sei nicht mangelhaft. Es sei technisch sicher und in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt. Die für das Fahrzeug erteilte EG‑Typengenehmigung sei unverändert aufrecht, das Kraftfahrt‑Bundesamt habe diese nicht entzogen und werde diese auch nicht entziehen. Es eigne sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung. Mit dem Kläger sei keine Vereinbarung über eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeugs getroffen worden. Der Kläger habe beim Kauf des Fahrzeugs nicht zum Ausdruck gebracht, ein Fahrzeug mit einem bestimmten Schadstoffausstoß oder einer bestimmten Emissionsklasse erwerben zu wollen. Für den Endkunden komme es im Zusammenhang mit den Emissionen eines Fahrzeugs allenfalls auf die Zertifizierung nach einer bestimmten Emissionsklasse an. Die Motorsteuerung des Fahrzeugs verfüge zwar über zwei Betriebsprogramme, diese Einwirkung auf das Abgasrückführungssystem stelle aber keine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne von Artikel 5 der Verordnung 715/2007 EG dar, weil es sich bei der Abgasrückführung um kein Emissionskontrollsystem handle. Das Fahrzeug entspreche den Vorgaben der EU‑Typengenehmigung. Die Emissionsgrenzwerte müssten lediglich im Prüfstandbetrieb eingehalten werden. Eine Vorschrift, welche den Schadstoffausstoß im normalen Straßenbetrieb regle, gebe es nicht. Die Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189 würden auf Kosten des Herstellers technisch überarbeitet. Das für das Fahrzeug des Klägers vorgesehene Software-Update stehe seit 18. 10. 2016 zur Verfügung. Nach Umsetzung der technischen Maßnahmen werde die in dem Fahrzeug verwendete Software, die die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf beeinflusse, beseitigt sein. Das Kraftfahrt‑Bundesamt habe mit Bescheid vom 27. 1. 2016 festgestellt, dass alle im Hinblick auf Schadstoffemissionen geltenden Grenzwerte und sonstigen Anforderungen nach Umsetzung der technischen Maßnahmen eingehalten und diese zu keinerlei negativen Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2‑Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen führen würden. Der Kläger habe die Vornahme dieser technischen Maßnahmen jedoch verweigert. Die für die Typengenehmigung der Fahrzeuge der Marke Skoda zuständige VCA habe mit Schreiben vom 5. 5. 2017 mitgeteilt, dass mit dem Software‑Update keinerlei negative Auswirkungen verbunden seien und keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Wenn überhaupt, liege bloß ein geringfügiger verbesserungsfähiger Mangel des Fahrzeugs des Klägers vor. Die Beklagte habe Anspruch darauf, den Mangel zu beheben. Dies sei mit dem von der Herstellerin und vom Kraftfahrt‑Bundesamt freigegebenen, für den Kläger kostenlosen Software-Update in einer Vertragswerkstätte mit einem Zeitaufwand von rund einer halben Stunde und Kosten von weniger als 100 EUR möglich.

[11] Die Beklagte habe einen Irrtum des Klägers nicht veranlasst. Sie sei nicht Herstellerin des Fahrzeugs, sondern bloß Händlerin und Wiederverkäuferin. Von dem vom Kläger behaupteten Mangel habe sie weder Kenntnis gehabt, noch habe sie einen solchen für möglich gehalten. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, für die Motorsoftware im Fahrzeug des Klägers verantwortlich zu sein oder ihn in vorwerfbarer Weise darüber in Unkenntnis gelassen zu haben. Alleine durch die behauptete Mangelhaftigkeit der Leistung könne der Verlust des Vertrauens in die Person des Übergebers – die Beklagte – nicht begründet werden. Der Kläger hätte selbst bei Vorliegen eines Mangels keinen Wandlungsanspruch, sondern könne allenfalls Preisminderung verlangen. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sei zu beachten, dass das Fahrzeug vollkommen betriebssicher sei, über eine aufrechte Zulassung verfüge, keine Verkürzung der Nutzungsdauer zu befürchten sei und der (vermeintliche) Mangel durch das vorgesehene Software-Update behebbar sei. Die Interessenabwägung spreche daher eindeutig gegen eine Wandlung. Die behauptete Preisminderung sei überhöht. Der Kläger habe sich den Nutzungsvorteil für die gesamte Dauer der Fahrzeugnutzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anrechnen zu lassen. Durch die weitere Benützung des Fahrzeugs habe er sich nämlich Kosten erspart, die er für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug oder eine alternative Beförderungsmöglichkeit hätte aufwenden müssen.

[12] Das Erstgerichthob den Kaufvertrag zwischen den Streitteilen auf (Spruchpunkt 1.) und verpflichtet die Beklagte zur Zahlung von 19.490 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Ausfolgung des Fahrzeugs (Spruchpunkt 2.). Die gewährleistungsrechtliche Wandlung sei zulässig, weil das Fahrzeug mangelhaft sei. Ob es sich um einen Sach‑ oder einen Rechtsmangel handle, könne dahingestellt bleiben. Der Beklagten sei jedenfalls bekannt gewesen, dass der Kläger unbedingt ein Fahrzeug erwerben habe wollen, das (auch) hinsichtlich der Abgaswerte der Euro‑Abgasklasse 5 entspreche, sodass es sich dabei um eine zwischen den Streitteilen ausdrücklich bedungene Eigenschaft des Fahrzeuges handle. Es sei als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft anzusehen, dass in einem Fahrzeug keine Software verbaut sei, die die am Prüfstand zu messenden Werte schöne. Die Verbesserung durch Aufspielen einer Software sei dem Kläger nicht zumutbar, weil diese von demselben Unternehmen entwickelt worden sei, das auch die manipulative Software eingebaut habe. Die Beklagte könne die Verbesserung (das Update) nicht selbst erbringen, sondern müsse die Software von VW beziehen. Der Mangel sei auch nicht geringfügig; eine objektive Abwägung der Interessen der Vertragspartner schlage zugunsten des Klägers aus: Zwar beeinflusse der Mangel weder die Fahrbarkeit des Fahrzeugs noch dessen Verkehrs‑ und Betriebssicherheit, doch sei der Kläger aufgrund des sonst drohenden Entzugs der Zulassung de facto verpflichtet, ein Software‑Update aufspielen zu lassen, das von demselben Unternehmen entwickelt worden sei, das ihn getäuscht habe. Dem Kläger stehe somit der von ihm bezahlte Kaufpreis – abzüglich des von ihm selbst angerechneten angemessenen Benützungsentgelts – Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu. Die Interessenabwägung habe bei einem berechtigten Wandlungsbegehren nur jenen Wertverlust zu berücksichtigen, der bis zu dem Zeitpunkt entstanden sei, zu dem der Kläger erstmals berechtigt Wandlung begehrt habe. Der Verkäufer könne sich bei verzögerter Abwicklung auf eine bloß theoretische Gebrauchsmöglichkeit ebenso wenig berufen wie auf den rein infolge Zeitablaufs eingetretenen Wertverlust. Die Weiterbenützung der Sache in Kenntnis des Wandlungsrechts sei im konkreten Fall nicht als Verzicht zu werten.

[13] Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten Folge, hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Zum Thema Gewährleistung vertrat das Berufungsgericht zunächst die Rechtsauffassung, dass kein Rechtsmangel vorliege, weil die Beklagte dem Kläger die vertraglich geschuldete Rechtsposition, nämlich Eigentum an dem EU‑typgenenehmigten (die EU‑Typengenehmigung sei unstrittig aufrecht) und in Österreich zugelassenen Fahrzeug verschafft habe. Die Frage, ob ein Sachmangel vorliege, könne mangels ausreichender Feststellungen zum Überschreiten des NOx‑Grenzwerts von 180 mg/km ohne manipulative Software [am Prüfstand] um das 30‑fache, nicht beantwortet werden. Die Installierung der umstrittenen Software per se könne keinen Sachmangel des Fahrzeugs begründen. Auch könne noch gar nicht beurteilt werden, ob der Bescheid des deutschen Kraftfahrt‑Bundesamt vom 15. 10. 2015 einschlägig sei, weil für die Erteilung der EU‑Typengenehmigung der Marke Skoda nicht das deutsche Kraftfahrt‑Bundesamt, sondern die britische Vehicle Certification Agency (VCA) zuständig sei, die – anders als das Kraftfahrt‑Bundesamt – keine nachträglichen Nebenbestimmungen angeordnet haben solle.

[14] Komme das Erstgericht in seiner neuen Entscheidung zum Ergebnis, dass ein Sachmangel vorliege, so sei zu berücksichtigen, dass § 932 ABGB eine strenge Rangfolge der Gewährleistungsbehelfe vorsehe. Der Kläger wäre zur Duldung der Verbesserung nur dann verpflichtet gewesen, wenn damit der vertraglich geschuldete und ursprünglich auch (jedenfalls betreffend die Motorleistung) vorliegende Zustand erreicht worden wäre. Zu den vom Kläger behaupteten negativen Folgen des Updates fehlten ebenfalls Feststellungen. Auch die Frage der (Un‑)Zumutbarkeit der Verbesserung durch das Aufspielen eines Software‑Updates gemäß § 932 Abs 4 zweiter Satz letzter Fall ABGB könne noch nicht abschließend beurteilt werden. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung läge in der Mitwirkung der VW AG an der Verbesserung der Beklagten grundsätzlich noch kein ausreichender Grund für die Unzumutbarkeit des primären Gewährleistungsbehelfs, allerdings habe der Kläger auch negative Auswirkungen des für seinen Fahrzeugtyp entwickelten Software‑Updates behauptet. Auch dazu fehlten aber Feststellungen. Zur Frage, ob der Mangel als geringfügig anzusehen sei, bedürfe es Feststellungen darüber, ob die Einhaltung der dem Kläger ausdrücklich zugesagten Abgasklasse Euro 5 nur durch den Einsatz einer gegen Normen verstoßenden Software möglich gewesen sei, ob die (mutmaßlich) für den Fahrzeugtyp des Klägers zuständige britische VCA (wie das deutsche Kraftfahrt‑Bundesamt) überhaupt nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung angeordnet habe, bei deren Nichteinhaltung der Entzug der Zulassung tatsächlich drohen würde und welche allfälligen negativen Folgen die Behebung des behaupteten Mangels habe.

[15] Das Erstgericht habe sich zwar aufgrund seiner Rechtsansicht nicht mit Fragen des Irrtums auseinandersetzen müssen, jedoch fehlten auch zu diesem Thema Feststellungen darüber, ob das Fahrzeug ohne die optimierende Software am Prüfstand in Bezug auf die Stickoxid‑Emission die Abgasnorm Euro 5 (nicht) einhalte.

[16] Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil zum Themenkreis „VW‑Abgasskandal“ keine einheitliche Judikatur zum gewährleistungsrechtlichen Wandlungsanspruch und nur eine höchstgerichtliche Entscheidung zur Irrtumsanfechtung vorliege.

[17] In ihrem wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenenRekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts beantragtderKläger die Abänderung der Berufungsentscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des klagsstattgebenden Ersturteils.

[18] Die Beklagte beantragt in ihrerRekursbeantwortung, den Rekurs des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

[19] Der Rekurs des Klägers ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Zu I.:

Rechtliche Beurteilung

[20] Der Senat hat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 14. 4. 2020, 9 Ob 84/19x, bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das zur AZ 10 Ob 55/19x des Obersten Gerichtshofs am 17. 3. 2020 gestellte Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen.

[21] Der EuGH hat mit Urteil vom 14. 7. 2022, C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, über dieses Vorabentscheidungsersuchen entschieden. Das Revisionsverfahren ist daher fortzusetzen.

Zu II.:

[22] 1. In seiner Entscheidung vom 21. 2. 2023, 10 Ob 2/23a, hat der Oberste Gerichtshof folgende Grundsätze zur EG‑Typengenehmigung festgehalten:

I.A.1. Auf Unionsebene regelte zunächst die 'Rahmenrichtlinie' (RL 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge; künftig: RL 2007/46/EG ) ein System gemeinschaftlicher Typgenehmigungen für alle Fahrzeugklassen (vgl nunmehr die VO 2018/858/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge).

Gemäß Art 3 Z 3 RL 2007/46/EG bezeichnet der Ausdruck 'Typengenehmigung' das Verfahren, nach dem ein Mitgliedstaat bescheinigt, dass ein Typ eines Fahrzeugs, eines Systems, eines Bauteils oder einer selbständigen technischen Einheit den einschlägigen Verwaltungsvorschriften und technischen Anforderungen entspricht. Diese Vorschriften und Anforderungen ergeben sich aus der Richtlinie selbst und den in ihren Anhängen aufgeführten Rechtsakten. Derartige Rechtsakte können insbesondere andere Einzelrichtlinien oder Einzelverordnungen sein, wobei jeder dieser Rechtsakte einen spezifischen Aspekt betrifft (vgl EuG T‑339/16 , T‑352/16 , T‑391/16 , vom 13. 12. 2018, Ville de Paris, Ville de Bruxelles, Ayuntamiento de Madrid, Rz 2 [insofern von der über diese Entscheidung ergangenen Rechtsmittelentscheidung des EuGH C‑177/19P bis C‑179/19P vom 13. 1. 2022 nicht berührt]). Der unter dem Gesichtspunkt der Schadstoffemissionen angesprochene Rechtsakt ist hinsichtlich der leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeuge die VO 715/2007/EU (vgl Art 1 Abs 1 VO 715/2007/EU ).

I.A.2. Gemäß Art 5 Abs 1 VO 715/2007/EU rüstet der Hersteller das Fahrzeug so aus, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht.

I.A.3. Gemäß Art 5 Abs 2 Satz 1 VO 715/2007/EU ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Eine Abschalteinrichtung ist nach der Legaldefinition des Art 3 Z 10 VO 715/2007/EU ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

Art 5 Abs 2 Satz 2 VO 715/2007/EU normiert drei Ausnahmetatbestände vom Verbot von Abschalteinrichtungen. Gemäß Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen dann nicht unzulässig, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Kraftfahrzeugs zu gewährleisten.

I.A.4. Nach Art 3 Z 9 Unterabs 3 der Durchführungsverordnung 692/2008 (VO [EG] 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung [EG] Nr 715/2007/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen [Euro 5 und Euro 6] und über den Zugang zu Reparatur‑ und Wartungsinformationen für Fahrzeuge) sind die Hersteller von Dieselfahrzeugen verpflichtet, bei Beantragung einer Typengenehmigung der Genehmigungsbehörde Angaben zur Arbeitsweise des Abgasrückführsystems (AGR) einschließlich ihres Funktionierens bei niedrigen Temperaturen zu machen.

I.A.5. Gemäß Art 4 Abs 1 VO 715/2007/EU weist der Hersteller nach, dass alle von ihm verkauften oder in der Gemeinschaft in Betrieb genommenen Neufahrzeuge über eine Typengenehmigung gemäß dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen verfügen. Gemäß Art 18 Abs 1 RL 2007/46 hat der Hersteller als Inhaber einer EG‑Typengenehmigung für Fahrzeuge jedem Fahrzeug, das in Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ hergestellt wurde, eine Übereinstimmungsbescheinigung beizulegen.

I.A.6. Die Behandlung einer in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten EG‑Betriebserlaubnis in Österreich ist in § 28b KFG geregelt. Nach § 28b Abs 1 KFG hat der Inhaber einer EG‑Betriebserlaubnis für die von ihm in den Handel gebrachten Fahrzeuge eine Übereinstimmungsbescheinigung im Sinn der jeweils anzuwendenden Betriebserlaubnisrichtlinie auszustellen. Darüber hinaus hat er für von ihm in Österreich in den Handel gebrachte Fahrzeuge, für die eine gültige Übereinstimmungsbescheinigung vorliegt, die Genehmigungsdaten in die Genehmigungsdatenbank einzugeben. Die erstmalige Zulassung eines Kraftfahrzeugs setzt gemäß § 37 Abs 2 lit a KFG die Erbringung des Genehmigungsnachweises für das Fahrzeug – das ist bei Fahrzeugen mit EG‑Betriebserlaubnis die gültige Übereinstimmungsbescheinigung oder der Datenauszug aus der Genehmigungsdatenbank – voraus.

[23] 2. Mit Beschluss vom 17. 3. 2020 legte der Oberste Gerichtshof zu 10 Ob 44/19x dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

2.1. 1. Ist Art 2 Abs 2 lit d der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Abl L 171/12 vom 7. 7. 1999) dahin auszulegen, dass ein Kraftfahrzeug, das in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur‑ und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (Abl L 171/1 vom 29. 6. 2007) fällt, jene Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 ausgestattet ist, die Fahrzeugtype aber dennoch über eine aufrechte EG‑Typengenehmigung verfügt, sodass das Fahrzeug im Straßenverkehr verwendet werden kann?

2. Ist Art 5 Abs 2 lit a der Verordnung (EG) 715/2007 dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Z 10 dieser Verordnung, die derart konstruiert ist, dass die Abgasrückführung außerhalb vom Prüfbetrieb unter Laborbedingungen im realen Fahrbetrieb nur dann voll zum Einsatz kommt, wenn Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius herrschen, nach Art 5 Abs 2 lit a dieser Verordnung zulässig sein kann, oder scheidet die Anwendung der genannten Ausnahmebestimmung schon wegen der Einschränkung der vollen Wirksamkeit der Abgasrückführung auf Bedingungen, die in Teilen der Europäischen Union nur in etwa der Hälfte des Jahres vorliegen, von vornherein aus?

3. Ist Art 3 Abs 6 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen, dass eine Vertragswidrigkeit, die in der Ausstattung eines Fahrzeugs mit einer nach Art 3 Z 10 in Verbindung mit Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung liegt, dann als geringfügig im Sinn der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist, wenn der Übernehmer das Fahrzeug in Kenntnis ihres Vorhandenseins und ihrer Wirkungsweise dennoch erworben hätte?

[24] 2.2. Mit Urteil vom 14. 7. 2022, C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, hat der Europäische Gerichtshof die ihm gestellten Fragen wie folgt beantwortet:

1.  Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass ein Kraftfahrzeug, das in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge fällt, nicht die Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn es, obwohl es über eine gültige EG‑Typgenehmigung verfügt und daher im Straßenverkehr verwendet werden kann, mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet ist, deren Verwendung nach Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung verboten ist.

2.  Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung, die insbesondere die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt, nach dieser Bestimmung allein unter der Voraussetzung zulässig sein kann, dass nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführungssystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, kann jedenfalls nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 vorgesehene Ausnahme fallen.

3.  Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass eine Vertragswidrigkeit, die darin besteht, dass ein Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, deren Verwendung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 verboten ist, nicht als 'geringfügig' eingestuft werden kann, selbst wenn der Verbraucher – falls er von der Existenz und dem Betrieb dieser Einrichtung Kenntnis gehabt hätte – dieses Fahrzeug dennoch gekauft hätte.

[25] 3. Zu den Gewährleistungsansprüchen gegen den Händler führte der Oberste Gerichtshof in 10 Ob 2/23a wie folgt aus:

I.C.1.  Grundsätze der Gewährleistung

I.C.1.1.  Eine Leistung ist mangelhaft im Sinn des § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, das heißt dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt (RS0018547 [T5]). Er muss der Natur des Geschäfts oder der geschlossenen Verabredung entsprechend benützt und verwendet werden können (RS0114333 [T3]; 4 Ob 168/18m mwN), wozu bei einem Kfz das Vorliegen der entsprechenden behördlichen Genehmigungen erforderlich ist (3 Ob 5/07t).

Die Vertragsparteien können eine Sache, die objektiv gesehen mangelhaft ist, als vertragsgemäß ansehen. Wenn allerdings – wie im vorliegenden Fall – eine Vereinbarung über die geschuldeten Eigenschaften des Leistungsgegenstands fehlt, sind gemäß §§ 922 ff ABGB die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften der veräußerten Sache maßgebend (RS0107681).

I.C.1.2.  Ein Sachmangel liegt vor, wenn es der Sache (im weiten Sinn des § 285 ABGB) an sachlicher Substanz (ebenfalls im weiten Sinn) mangelt (Zöchling‑Jud in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.02 § 923 Rz 9 [Stand 1. 1. 2016, rdb.at]; Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB 4 [2018] §§ 922, 923 Rz 119; vgl 1 Ob 105/08k).

Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn dem Erwerber nicht die geschuldete rechtliche Position verschafft wird (P. Bydlinski in KBB 6 [2020] § 933 ABGB Rz 3 mwN; 3 Ob 5/07t). Unter Rechtsmängel fallen auch öffentlich‑rechtliche Fehler, so etwa das Fehlen baubehördlicher Bewilligungen (1 Ob 105/08k; 6 Ob 263/08g [erloschene Baugenehmigung]; 10 Ob 192/98b; 6 Ob 653/86; vgl 10 Ob 502, 503/94 [gegen Widerruf erteilte Genehmigung]) oder gewerberechtlicher Genehmigungen (7 Ob 184/03i).

I.C.1.3.  Ein in der Substanz der Sache liegender Mangel kann aber auch gleichzeitig einen Sach- und einen Rechtsmangel begründen. Zu 3 Ob 5/07t wurde klargestellt, dass die Behauptung, ein PKW mit tiefer gestelltem Fahrwerk weise eine zu geringe Bodenfreiheit auf, weshalb die Gefahr bestehe, dass der erteilte Einzelgenehmigungsbescheid von der Behörde aufgehoben werde, sowohl die Behauptung eines Sach- als auch eines Rechtsmangels in sich trage.

I.C.1.4.  Liegt ein behebbarer Mangel vor, besteht gemäß § 932 Abs 1 ABGB zunächst ein Verbesserungsanspruch. Um diesen Verbesserungsanspruch zum Erlöschen zu bringen, muss der Übergeber als anspruchsvernichtende Tatsache behaupten und beweisen, dass er den Mangel durch Verbesserung beseitigt hat (2 Ob 34/11f; allgemein: RS0106638 [T2]). Tritt daher nach einem Verbesserungsversuch derselbe Mangel wieder auf, trifft den Übergeber die Beweislast für den Erfolg seines Verbesserungsversuchs (2 Ob 34/11f).

I.C.2.  Das Vorhandensein der 'Umschaltlogik' im Übergabezeitpunkt begründet einen Sachmangel

I.C.2.1.  Nach den Feststellungen waren sämtliche mit einem Dieselmotor des Typs EA198 der Abgasklasse EU 5 bestückten Fahrzeuge mit einer im Motorsteuerungsgerät enthaltenen 'Umschaltlogik' ausgestattet, die für die Abgasrückführung zwei Betriebsmodi vorsah, einen Betriebsmodus für das Emissionsprüfungsverfahren mit einer relativ hohen Abgasrückführung und einen Betriebsmodus mit einer geringeren Rückführungsrate, der unter normalen Fahrbedingungen zum Einsatz gelangte. Das Vorhandensein dieser Software wurde der zuständigen Typengenehmigungsbehörde nicht offengelegt.

I.C.2.2.  Wie bereits im Vorlagebeschluss vom 17. 3. 2020 ausgeführt, ist die im Zeitpunkt der Übergabe des Kaufgegenstands an den Kläger vorhandene 'Umschaltlogik' als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn der Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EU zu qualifizieren.

Eine Abschalteinrichtung, deren einziger Zweck darin besteht, die Einhaltung der in der VO 715/2007/EU vorgesehenen Grenzwerte allein während der Zulassungstests sicherzustellen, läuft der Verpflichtung zuwider, bei normalen Nutzungsbedingungen des Fahrzeugs eine wirkungsvolle Begrenzung der Emissionen sicherzustellen (EuGH 17. 12. 2020, C‑693/18 , CLCV, Rn 98, ÖJZ 2021/38 [Kumin/Maderbacher]). Daher kann eine Abschalteinrichtung – wie die auch im vorliegenden Fall zu beurteilende Einrichtung –, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung des Emissionskontrollsystems verbessert, damit die in der VO 715/2007/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte eingehalten werden können und so die Zulassung dieser Fahrzeuge erreicht wird, nicht unter die Ausnahmebestimmung des Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007 fallen (EuGH 17. 12. 2020, C‑693/18 , CLCV, Rn 115).

I.C.2.3.  Nach dem Urteil C‑145/20 des EuGH (Rs Porsche Inter Auto und Volkswagen, ÖJZ 2022/114 [Brenn]; s dazu Schröder, Thermofenster vor dem EuGH, Anmerkung zu den Urteilen vom 14. 7. 2022 [Rs C‑128/20 , C‑134/20 und C‑145/20 ], NZV 2022, 408; Janssen, The Dieselgate Saga: the Next Round, EuCML 2022, 169; Mehring, Kein acte éclairé zum Begriff der Abschalteinrichtung, NJW 2022, 2587; Bach, Thermofenster als zum Rücktritt berechtigender Sachmangel, LMK 2022, 813515) ist ein Kfz, das im Zeitpunkt der bedungenen Übergabe mit einer gemäß Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EU verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, nicht vertragskonform im Sinne der Verbrauchsgüterkauf‑RL (Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Abl L 171/12 vom 7. 7. 1999), konkret deren Art 2 Abs 2 lit d, weil es nicht die Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftiger Weise erwarten kann (Beantwortung der Frage 1).

I.C.2.4.  Diese Beurteilung nach der Verbrauchsgüterkauf‑RL führt auch zur Qualifikation eines solchen Kfz als mangelhaft gemäß § 922 ABGB, weil es nicht die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweist (vgl zu § 434 BGB den Hinweisbeschluss des BGH vom 8. 1. 2019, VIII ZR 225/17 Rn 17). Diese Beurteilung beruht außerhalb von Verbrauchergeschäften auf dem Umstand, dass das österreichische Gewährleistungsrecht (in der hier anwendbaren Fassung) in weiten Teilen auf der Verbrauchsgüterkauf‑RL basiert und der Wille des Gesetzgebers des GewRÄG 2001 (BGBl I 2001/48) darauf gerichtet war, ein einheitliches – also nicht auf die Verbrauchereigenschaft eines Vertragspartners abstellendes – Gewährleistungsrecht zu schaffen (ErläutRV 422 BlgNR 21. GP  8). Daher sind die Vorgaben der Richtlinie bei der Auslegung der nationalen Vorschriften besonders zu berücksichtigen (P. Bydlinski in KBB 6 Vor §§ 922 ff ABGB Rz 1; Ofner in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar 5 [2021] § 922 ABGB Rz 2; vgl Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB 4 Vor §§ 922 ff Rz 7; zu den – hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen einer gespaltenen Auslegung s nur 9 Ob 64/13x EvBl 2014/89, 612 [Perner] = ZVB 2014/109, 363 [Kraus] = VbR 2014/114, 191 [Steurer] = ecolex 2015/2, 21 [Schoditsch]; vgl 7 Ob 94/14w ZRB 2015, 99 [Wenusch]; RS0129424).

I.C.2.5.  Das Vorhandensein der 'Umschaltlogik' begründet daher einen Mangel iSd § 922 ABGB. Da es sich dabei um einen Mangel der Substanz des Fahrzeugs handelt, ist er als Sachmangel zu qualifizieren.

I.C.2.6. Darauf, ob darüber hinaus ein Rechtsmangel darin zu sehen ist, dass die Typengenehmigung nicht rechtsbeständig sei, woran nach dem Klagevorbringen auch die Billigung des Software‑Updates durch das Kraftfahrt‑Bundesamt nichts geändert habe (vgl zur latenten Möglichkeit der Betriebsuntersagung BGH 8. 12. 2021, VIII ZR 190/19 Rz 82), muss im vorliegenden Fall nicht eingegangen werden, weil bereits die nicht erfolgreiche Behebung des Sachmangels die begehrte Wandlung rechtfertigt (dazu im Folgenden).

I.C.3.  Zur Behebbarkeit des bei Übergabe vorhandenen Sachmangels

I.C.3.1.  Liegt ein behebbarer Mangel vor, besteht gemäß § 932 Abs 2 ABGB zunächst (nur) ein Verbesserungsanspruch.

I.C.3.2.  Da die Erstbeklagte dem Kläger aus dem Kaufvertrag ein nicht mit einer nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EU verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug schuldete (oben I.C.2.3.), setzt eine Verbesserung iSd § 932 ABGB voraus, dass das Fahrzeug nach Durchführung der Verbesserung nicht mehr mit einer solchen verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet wäre. Es ist daher zu beurteilen, ob dieser Zustand durch die von der Beklagten angebotene Durchführung des Software‑Updates erreicht worden wäre. Das ist nicht der Fall:

I.C.3.3.  Die neu installierte Software beinhaltet ein 'Thermofenster', aufgrund dessen der emissionsmindernde Betriebsmodus nicht mehr nur im Prüfbetrieb, sondern auch im Fahrbetrieb zum Einsatz kommt, allerdings nur bei Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius voll wirksam ist.

I.C.3.4.  Dass das 'Thermofenster' als Abschalteinrichtung iSd Art 3 Z 10 VO 715/2007 zu qualifizieren ist, ist nicht zweifelhaft (EuGH C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, Rn 81). Zu prüfen ist daher weiter, ob die hier zu beurteilende Abschalteinrichtung – das 'Thermofenster' in seiner konkreten Ausgestaltung – verboten ist.

I.C.3.5.  Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EU normiert ein grundsätzliches, von Ausnahmen durchbrochenes Verbot von Abschalteinrichtungen. Nach Art 5 Abs 2 Satz 1 VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Von diesem Verbot normiert Art 5 Abs 2 Satz 2 drei Ausnahmen. Die Beklagten nehmen für sich – wenn auch nur indirekt durch Verweis auf die Rechtsansicht des KBA – die Ausnahmebestimmung des Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU in Anspruch.

I.C.3.6.  Nach dieser Bestimmung muss die Abschalteinrichtung, um zulässig zu sein, notwendig sein, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Ausnahme eng auszulegen ist, kann eine solche Abschalteinrichtung nur dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführsystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen (EuGH C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, Rn 73; C‑128/20 , GSMB Invest, Rn 62; C‑134/20 , IR gegen Volkswagen, Rn 74; C‑873/19 , Deutsche Umwelthilfe, Rn 89, ÖJZ 2023/16 [Brenn]).

Dabei ist eine Abschalteinrichtung nur dann 'notwendig' im Sinn des Art 5 Abs 2 Satz 1 lit a VO 715/2007/EU , wenn zum Zeitpunkt der EG‑Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann (EuGH C‑873/19 , Deutsche Umwelthilfe, Rn 95).

I.C.3.7.  Der Europäische Gerichtshof hat darüber hinaus klargestellt, dass – ungeachtet des Vorliegens der in Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU normierten Voraussetzungen – eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, nicht unter die Verbotsausnahme des Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU fällt (Urteile C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, Rn 73, 81; C‑128/20 , GSMB Invest, Rn 65, 70; C‑134/20 , IR gegen Volkswagen, Rn 77, 82; C‑873/19 , Deutsche Umwelthilfe, Rn 90 f).

I.C.3.8.  Unabhängig davon, ob die in Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU normierten Voraussetzungen des Motorschutzes erfüllt sind, ist die Abschalteinrichtung somit jedenfalls unzulässig, wenn sie den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste. Es kommt für die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung daher darauf an, ob sie aufgrund der vorherrschenden Außentemperaturen im überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt ist und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist.

I.C.3.9.  Wendet man die rechtlichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs auf den hier zu beurteilenden Fall an, so zeigt sich, dass die Feststellungen zu dem beim vorliegenden Fahrzeugtyp vorhandenen 'Thermofenster' nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen der Verbotsausnahme des Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a VO 715/2007/EU im Hinblick auf die Notwendigkeit der Abschalteinrichtung für den Motorschutz in der engen Auslegung des Europäischen Gerichtshofs erfüllt sind. Das Erstgericht hat zwar Feststellungen dazu getroffen, welche Folgen die volle Abgasrückführung außerhalb des Temperaturbereichs zwischen 15 und 33 Grad Celsius haben könnte. Daraus ist aber – wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt – nicht ersichtlich, ob und inwiefern eine konkrete Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs entsteht, die durch keine andere technische Lösung abgewendet werden könnte.

[26] 4. Diese Grundsätze werden auch vom erkennenden Senat geteilt. Deren Anwendung auf den vorliegenden Fall führt – unabhängig von der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage, welche staatliche Behörde für die Erteilung der EU‑Typengenehmigung zuständig ist – zum Ergebnis, dass das Vorhandensein der „Umschaltlogik“ im Dieselmotor des Typs EA 189, der auch im Übergabezeitpunkt im gekauften Fahrzeug des Klägers verbaut war, (jedenfalls) einen Sachmangel begründet, weil die „Umschaltlogik“ als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn der Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EU zu qualifizieren ist.

[27] 5.1. Zu der zwischen den Parteien strittigen Frage, ob dieser Mangel durch das von der Beklagten angebotene Software‑Update behoben hätte werden können, also das Fahrzeug nach Durchführung der Verbesserung nicht mehr mit einer solchen verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet wäre, fehlen aber ausreichende Feststellungen.

[28] 5.2. Ist das Fahrzeug des Klägers danach auch nach der angebotenen Verbesserung weiterhin mangelhaft im Sinne des § 922 ABGB, weil es auch nach der angebotenen Verbesserung durch Installation des Software‑Updates mit einer gemäß Art 5 Abs 2 Satz 2 VO 715/2007/EU verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet wäre, hätte der Kläger berechtigt die Verbesserung abgelehnt. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Übernehmer schon bei Misslingen des ersten Verbesserungsversuchs den Sekundärbehelf (Wandlung oder Preisminderung) in Anspruch nehmen (10 Ob 2/23a [I.C.4.1.]).

[29] 5.3. Da dieser Mangel nach der Entscheidung des EuGH vom 14. 7. 2022, C‑145/20 , Porsche Inter Auto und Volkswagen, Rn 82 ff (vgl auch 10 Ob 2/23a [I.C.4.2. ff]) nicht als geringfügig anzusehen wäre, wäre die vom Kläger primär geltend gemachte Wandlung des Kaufvertrags berechtigt.

[30] 6.1. Im ergänzend durchzuführenden Verfahren wird das Erstgericht aber auch die Frage des im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrags der Beklagten zustehenden Benützungsentgelts mit den Parteien zu erörtern haben. Die Rechtsansicht des Erstgerichts (die das Berufungsgericht mangels Konkretisierung der Gegenforderung der Beklagten nicht überprüft hat), der Kläger habe nur jenen Wertverlust zu tragen, zu dem er erstmals berechtigt die Wandlung begehrt habe, übersieht, dass der Kläger, der nach der Geltendmachung der Wandlung die Sache weiterhin genutzt und einen tatsächlichen Gebrauchsnutzen gezogen hat, nach der Rechtsprechung auch für den Zeitraum nach Geltendmachung der Wandlung ein angemessenes Nutzungsentgelt zu leisten hat (8 Ob 74/13k; 8 Ob 126/15k [Pkt 6.]). Die Beklagte hat daher bereits im erstinstanzlichen Verfahren zutreffend eingewendet, dass sich der Kläger den Nutzungsvorteil für die gesamte Dauer der Fahrzeugnutzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anrechnen lassen müsse.

[31] 6.2. Der erkennende Senat vertritt daher in Übereinstimmung mit der Entscheidung 10 Ob 2/23w [I.D.2.] zusammengefasst die Rechtsauffassung, den Gebrauchsnutzen des Käufers eines Fahrzeugs, der die Rückabwicklung nicht zu vertreten hat, grundsätzlich in Abhängigkeit von den gefahrenen Kilometern (linear) zu berechnen.

[32] 6.3. Da der Oberste Gerichtshof erstmals in der Entscheidung 10 Ob 2/23a in Fällen wie dem vorliegenden, die vom VW‑Abgasskandal betroffen sind, die Frage der Berechnung des Benützungsentgelts einer umfassenden rechtlichen Würdigung unterzogen hat, schadet es (ausnahmsweise) nicht, dass die Beklagte ihren darauf gegründeten Bereicherungsanspruch im erstinstanzlichen Verfahren als Gegenforderung noch nicht konkretisiert und beziffert hat. Sie wird dies, sollte der Wandlungsanspruch des Klägers als berechtigt angesehen werden, nachzuholen haben.

[33] 7. Fragen der Irrtumsproblematik stellen sich im derzeitigen Verfahrensstadium nicht. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem ohnehin nicht entgegentreten (RS0042179).

[34] Dem Rekurs der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

[35] Der Kostenvorbehalt stützt sich auf §§ 50, 52 ZPO.

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