OGH 2Ob42/23z

OGH2Ob42/23z21.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei K*, vertreten durch BRANDSTÄTTER SCHERBAUM Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 10.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 9.757,89 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 5. Oktober 2022, GZ 21 R 157/22d‑26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Lilienfeld vom 24. Mai 2022, GZ 2 C 769/20a‑22, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00042.23Z.0321.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger ersteigerte über die Auktionsplattformeines Auktionshauses ein – als Oldtimer zu qualifizierendes – Motorrad der Marke Ducati, Type 750GT, zu einem Preis von 18.000 EUR vom Beklagten.

[2] In den Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses, die dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag zugrunde liegen, wird unter anderem die Gewährleistung ausgeschlossen sowie darauf hingewiesen, dass die zur Identifikation der Objekte verfassten Angaben subjektive Meinungen des Verkäufers darstellten, gänzlich unverbindlich seien und ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel sowie ohne Prüfung der Funktionstüchtigkeit oder der technischen Beschaffenheit erstellt würden.

[3] In der auf Basis der Angaben des Beklagten verfassten Online‑Verkaufsanzeige wurde unter anderem ausgeführt, das Motorrad sei vor nicht allzu langer Zeit einer Restaurierung unterzogen worden. Darunter verstehen die beteiligten Verkehrskreise ein Motorrad, bei dem der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wurde und das verkehrs‑, betriebssicher und fahrbereit, nicht aber unbedingt zulassungsfähig ist.

[4] Das vom Kläger erworbene Motorrad wies diese Eigenschaften nicht auf.

[5] Die Vorinstanzen bejahten den vom Kläger geltend gemachten Preisminderungsanspruch in Höhe von 9.757,89 EUR und wiesen das Mehrbegehren – unbekämpft – ab. Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss beziehe sich nicht auf die ausdrücklich zugesicherte Eigenschaft des Motorrads als „vor nicht allzu langer Zeit restauriert“, worunter die beteiligten Verkehrskreise auch ein verkehrs- und betriebssicheres sowie fahrbereites Motorrad verstünden. Es seien daher auch diese – aber nicht vorhandenen – Eigenschaften schlüssig zugesichert. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision über Abänderungsantrag des Beklagten zu, weil die Frage, ob die Bestimmungen in den AGB des Auktionshauses zur Folge hätten, dass die Beschreibungen des Verkäufers in keinster Weise Vertragsinhalt würden, eine Vielzahl an Auktionen betreffen könne und dazu noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die vom Kläger beantwortete ordentliche Revision des Beklagten, ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird.

[7] 1.1 Eine Leistung ist als mangelhaft anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Der geschuldete Vertragsgegenstand wird grundsätzlich durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt (RS0018547 [T5]). Die Vertragsparteien können aber auch eine Sache, die objektiv gesehen mangelhaft ist, durchaus als vertragsgemäß ansehen. Wird einem Käufer offen gelegt, dass bestimmte mögliche Negativeigenschaften des Kaufobjekts zu Tage treten könnten, dass er also diesbezüglich mit dem Abweichen von der ansonsten geschuldeten Qualität der Leistung rechnen muss, dann wird bei einer solchen Leistungsbeschreibung von vornherein nur die mindere Qualität Vertragsinhalt (8 Ob 111/19k Pkt 4. mwN).

[8] Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Seine berechtigte Erwartung ist an der Verkehrsauffassung zu messen (RS0018547 [T6]; RS0114333 [T5]).

[9] 1.2 Ein umfassender Gewährleistungsverzicht erfasst zwar grundsätzlich auch geheime und gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften (vgl RS0018564), aber aufgrund des Umstands, dass Verzichtserklärungen restriktiv auszulegen sind (RS0018561), nicht das Fehlen ausdrücklich oder auch nur schlüssig zugesicherter Eigenschaften (RS0018523 [T8]).

[10] 1.3 Ob eine (schlüssige) Zusage einer bestimmten Eigenschaft vorliegt oder nicht, kann letztlich nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (3 Ob 148/22v Rz 12 mwN) und wirft abgesehen von – hier nicht vorliegenden – groben Auslegungsfehlern und sonstigen krassen Fehlbeurteilungen keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0042555 [T28]).

[11] 1.4 Wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, es handle sich bei der unmissverständlichen Aussage in der Verkaufsanzeige, es habe eine Restaurierung stattgefunden, bei der – wie festgestellt – die beteiligten Verkehrskreise zumindest von Verkehrs‑ und Betriebssicherheit sowie Fahrbereitschaft des Motorrads ausgingen, um keine bloß unverbindliche, vom Gewährleistungsausschluss erfasste Meinung des Beklagten, sondern eine schlüssige Zusicherung dieser Eigenschaften, stellt dies keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Mag in den Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses auch darauf verwiesen werden, dass es sich bei den zur Identifikation der Objekte verfassten Angaben um unverbindliche „Meinungen“ des Verkäufers handle, kann – entgegen der Ansicht der Revision – in der behaupteten Restauration schon angesichts der objektiven Überprüfbarkeit dieses Umstands keine bloße Meinungsäußerung erblickt werden. Auch handelt es sich dabei um keine (nur) zur Identifikation des Objekts erforderliche Angabe, sondern um eine konkrete Aussage über den Zustand eines bestimmten Versteigerungsobjekts. Eine einschränkende Aussage zur Verkehrs‑ und Betriebssicherheit des konkreten Vertragsgegenstands findet sich (naturgemäß) in den allen Versteigerungen zu Grunde liegenden Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses nicht. Deren Auslegung ist daher zur Beurteilung einer allfälligen, vom generell vereinbarten Gewährleistungsausschluss abweichenden Zusicherung betreffend ein bestimmtes Versteigerungsobjekt auch nicht maßgeblich. Auch der Hinweis, Angaben seien (grundsätzlich) unverbindlich, unterstreicht lediglich den vereinbarten (umfassenden) Gewährleistungsausschluss, schließt aber eine davon abweichende Zusicherung im Einzelfall nicht aus. Der in den Versteigerungsbedingungen weiters enthaltene Hinweis auf die nicht erfolgte Prüfung der Funktionstüchtigkeit bedeutet ebenfalls nicht, dass diese im Einzelfall – wie hier – nicht doch als zugesichert gelten kann. Der Hinweis dient erkennbar vielmehr dazu, eine allfällige Haftung des Auktionshauses zu verhindern.

[12] 2. Da sich der in den Versteigerungsbedingungen enthaltene, umfassende Gewährleistungsverzicht nach der Rechtsprechung nicht auf das Fehlen der – wenn auch nur schlüssig zugesicherten Eigenschaftenerstreckt, hat das Berufungsgericht den Preisminderungsanspruch vertretbar bejaht.

[13] 3. Die Revision des Beklagten war daher mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[14] 4. Da der Kläger die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung nicht geltend gemacht hat, hat er deren Kosten selbst zu tragen (RS0035962).

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