European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00201.22W.0131.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Gewerblicher Rechtsschutz
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Antragsgegner ist der Inhaber der Internationalen Registrierung BasenCitrate (Wortmarke) mit Priorität vom 11. 11. 2015, Schutzwirkung (ua) für Österreich und dem folgendem Schutzumfang:
05 Drugs for medical use; dietetic food and substances for medical or veterinary use; food supplements for human consumption.
29 Dietetic foodstuffs other than for medical use, included in this class.
[2] Die Antragstellerin begehrte gestützt auf § 33 Abs 1 MSchG iVm § 4 Abs 1 Z 3 und 4 MSchG die Unwirksamerklärung der internationalen Registrierung für das Gebiet der Republik Österreich, weil das Zeichen nicht unterscheidungskräftig und rein beschreibend sei.
[3] Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts gab dem Antrag statt und erklärte die internationale Registrierung für das Gebiet der Republik Österreich für unwirksam. Sie hielt fest, BasenCitrate reihe die beschreibenden Zeichen Basen und Citrate aneinander. Es bestehe kein merklicher Unterschied zwischen der Wortverbindung und der Summe ihrer Bestandteile, weshalb auch die Wortverbindung rein beschreibend sei. Das Publikum – Fachkreise und Verbraucher – könne den Begriffsinhalt ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen, nämlich Citrate mit basischer Wirkung. Es verstehe das Zeichen als Hinweis auf die Wareneigenschaften und nicht auf die betriebliche Herkunft der Waren, sodass das Zeichen auch nicht unterscheidungskräftig sei.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Wortverbindung BasenCitrate möge eine sprachliche Neubildung sein; sie beschränke sich aber darauf, die beiden – für sich genommen nicht unterscheidungskräftigen – Begriffe aneinanderzureihen.
[5] Der Antragsgegner macht in seiner außerordentlichen Revision geltend, das Ergebnis hänge von der Beurteilung des Zeichens in seiner Gesamtheit ab. Das als BasenCitrate bezeichnete Pulver bewirke – wenngleich der Anschein erweckt werde, dass Basen enthalten seien – eine saure Reaktion in wässriger Lösung. Der Begriff sei daher interpretationsbedürftig und in sich widersprüchlich. Im Übergehen des Beweisantrags zur Klärung der Frage, dass das Produkt nicht basisch wirke, liege ein Verfahrensmangel. In der Nichtberücksichtigung des Umstands, dass die Wortbestandteile keinen logischen und tatsächlichen inneren Zusammenhang hätten, liege überdies ein unfaires Verfahren und ein Verstoß gegen Art 6 EMRK, der die Entscheidung nichtig mache.
[6] Damit zeigt der Antragsgegner jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf. Die Revision ist daher unzulässig und folglich zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, warum die verwendeten Begriffe in einem unmittelbaren Sachzusammenhang mit den hier zu beurteilenden Waren stehen. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd § 477 Abs 1 ZPO und damit Nichtigkeit nach § 503 Abs 1 Z 1 ZPO oder Art 6 EMRK kann daher keine Rede sein.
[8] 2. Auch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, die darin gelegen sein soll, dass das Berufungsgericht den Beweis, wonach das konkrete Produkt keine basische Wirkung habe, nicht aufgenommen habe, wurde nicht nachvollziehbar begründet, weil es nicht darauf ankommt, ob die tatsächliche Beschaffenheit der gekennzeichneten Ware der beschreibenden Angabe exakt entspricht. Im Vordergrund steht vielmehr die Auffassung des Publikums. Nach der Rechtsprechung ist ein Wort, das objektiv eine Beschaffenheit der Ware ausdrückt, auch dann nicht registrierbar, wenn der einzelnen Ware diese Beschaffenheit fehlt, oder wenn nicht jede einzelne Ware der Gattung, für die die Marke registriert werden soll, die durch das Markenwort ausgedrückte Beschaffenheit hat (vgl schon Schönherr/Thaler, Entscheidungen zum Markenrecht [1985] § 4 E 657, 658).
[9] 3.1. Hängt die Entscheidung von der Lösung einer Frage des Gemeinschaftsrechts ab, so ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zur Nachprüfung dessen Anwendung auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH nur zulässig, wenn der zweiten Instanz bei Lösung dieser Frage eine gravierende Fehlbeurteilung unterlief (RS0117100). Das ist hier nicht der Fall:
[10] 3.2. Die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO hat auf Nichtigerklärung der Unionsmarke BasenCitrate entschieden, weil die Marke rein beschreibend sei. Dies wurde vom EuG zu T‑330/15 bestätigt. Der EuGH hat das dagegen erhobene Rechtsmittel gemäß Art 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zurückgewiesen (C‑37/17 p).
[11] 4.1. Ob ein Zeichen rein beschreibend ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, denen – vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen – keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0107771 [T3], RS0044208 [T19]). Ob eine Marke unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ist, muss unter Berücksichtigung aller Tatumstände nach Maßgabe der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise beurteilt werden (RS0079038). Dabei kommt es wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an, sodass – grobe Fehlbeurteilungen ausgenommen – regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (RS0121895).
[12] 4.2. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Publikum gehe davon aus, dass Waren, die mit Base oder Citrate gekennzeichnet seien, die entsprechenden chemischen Verbindungen enthielten oder entsprechend wirkten. Nicht stichhaltig ist der Hinweis der Revision, dass „Citrat“ auf ein Salz hinweise, ist doch nicht ausgeschlossen, dass der Durchschnittsverbraucher trotzdem in der Bezeichnung „Base“ einen Hinweis auf die „basische“ Wirkweise erblickt.
[13] Eine ungewöhnliche Kombination wurde daher vertretbar verneint.
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