OGH 4Ob135/22i

OGH4Ob135/22i31.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rechtsschutzverband *, vertreten durch Steinmayr & Pitner Rechtsanwälte GmbH in Mauthausen, gegen die beklagte Partei * Parlamentsklub, *, vertreten durch Dr. Niki Haas, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.675,60 EUR sA, Unterlassung (Streitwert 13.324,40 EUR) und Veröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 19.250 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtvom 29. April 2022, GZ 4 R 9/22f‑28, womit das Teil- und Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 23. September 2021, GZ 20 Cg 59/20k‑22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00135.22I.0131.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.332,54 EUR (darin 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der klagende Verein vertritt österreichische Berufsfotografen, so auch den Inhaber der hier klagsgegenständlichen beiden Lichtbilder (im Folgenden: Fotograf), die den im Zeitraum der fraglichen Handlungen und des erstinstanzlichen Verfahrens noch amtierenden Bundeskanzler und den – damals bereits ehemaligen – Vizekanzler im Parlament zeigen, wie sie gerade auf ihre Mobiltelefone blicken bzw darauf tippen. Der Fotograf beauftragte den Kläger mit der treuhändigen Wahrnehmung der ihm an den beiden Lichtbildern zufallenden urheberrechtlichen Befugnisse.

[2] Der dem beklagten Parlamentsklub angehörige Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss und ein weiterer Abgeordneter derselben Fraktion präsentierten am 4. 6. 2020 in dem vor dem Lokal des Untersuchungsausschusses eingerichteten „Presspoint“ die beiden vom Fotografen aufgenommenen Lichtbilder als Schaubild. Dabei war jenes Lichtbild, das den Bundeskanzler zeigt, mit der Bemerkung „SMS NICHT im Akt!“ versehen, jenes, das den Vizekanzler zeigt, mit der Bemerkung „SMS im Akt!“. Hintergrund war die im Untersuchungsausschuss thematisierte Frage, warum sich trotz Versicherung des Vizekanzlers, es habe mit dem Kanzler einen Wechsel von SMS-Nachrichten gegeben, keine solchen Nachrichten unter den Akten im Ibiza-Untersuchungsausschuss befanden.

[3] Der Fotograf hatte die beiden Lichtbilder (ausschließlich) auf seiner Homepage zum Verkauf angeboten. Dem Beklagten hatte er daran keinerlei Rechte eingeräumt. An der beschriebenen Verwendung durch die beiden Abgeordneten stört den Fotografen, dass die Lichtbilder ohne seine Einwilligung verwendet und auch noch mit einem Kommentar versehen wurden, den er selbst so nie angebracht oder formuliert hätte. Der Ärger rührt vor allem daher, dass politische Kommentare allenfalls beim Fotografen hängen bleiben. Der Fotograf stößt sich auch daran, dass auf den beiden Lichtbildern eine unrichtige Urheberbezeichnung zu sehen war. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich um die Bildagentur der APA, unter der viele Fotografen, darunter bisweilen auch der gegenständliche Fotograf, ihre Lichtbilder speichern. Die APA verkauft diese Bilder dann über die Plattform im Namen der Fotografen. Ein Interessent muss diesfalls allerdings angeben, wofür er die Lichtbilder verwenden will. Erst dann wird ein Preis vereinbart. Ein Kollege stellte dem Fotografen die abwertend gemeinte Frage, wie viel ihm die Partei des beklagten Parlamentsklubs für die beiden Lichtbilder bezahlt habe.

[4] Der Kläger begehrte die Zahlung von insgesamt 5.675,60 EUR sA, und zwar 1.462,80 EUR an angemessenem Entgelt gemäß § 86 UrhG, 1.462,80 EUR an Schadenersatz gemäß § 87 Abs 3 UrhG sowie 2.700 EUR an immateriellem Ersatz gemäß § 87 Abs 2 UrhG. Weiters begehrt er die Unterlassung, Lichtbilder, deren Hersteller der Fotograf [...] sei und hinsichtlich welcher die Leistungsschutzrechte diesem Fotografen und/oder dem Kläger zustünden, insbesondere die Lichtbilder zeigend „Bundeskanzler und Ex-Vizekanzler“ ohne Werknutzungseinwilligung des Fotografen und/oder des Klägers im Presspoint vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss zu vervielfältigen und zu verbreiten oder auf andere Art zu veröffentlichen. Außerdem begehrt er die Veröffentlichung des Unterlassungsurteils auf der vom Beklagten betriebenen Website auf der Startseite in der Größe von einer halben Bildschirmseite im obersten Drittel für die Dauer von 30 Tagen. Die gegenständliche Beeinträchtigung übersteige– auch berücksichtigend die unerlaubte Bearbeitung – den mit einer typischen Urheberrechtsverletzung verbundenen Unwert und stelle eine empfindliche Kränkung dar, weil medienwirksam und im brisanten Umfeld in die Rechte des Urhebers eingegriffen worden sei. Der Beklagte sei gemäß § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG als juristische Person zur Verantwortung zu ziehen. Er habe die beiden verfahrensgegenständlichen Lichtbilder für seine politischen Zwecke und ohne entsprechende Werknutzungsbewilligung eingesetzt. Die Veröffentlichung sei zur Aufklärung über die Urheberrechtsverletzung notwendig, was insbesondere daraus resultiere, dass der unrichtige Eindruck erweckt worden sei, der Urheber der Fotos hätte seine Zustimmung zur (propagandaartigen) Verwendung seiner Lichtbilder durch den Beklagten gegeben.

[5] Der Beklagte wendete ein, er könne als juristische Person nur durch seine Organe handeln. Der Auftritt der Abgeordneten zum Nationalrat im Bereich des Presspoints betreffe unmittelbar ihre Tätigkeit als Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Die gegenständlichen Lichtbilder seien im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses zur Erreichung des Verfahrenszweckes verwendet worden, was nach § 41 UrhG zulässig sei. Weiters schlage auch eine Abwägung des Grundrechts auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit nach Art 13 StGG und Art 10 EMRK gegen die individuellen Rechte des Urhebers klar zugunsten des Beklagten aus. Weshalb die Veröffentlichung eines x-beliebigen Politiker-Schnappschusses, aus dem gar nicht die Eigenart des Fotografen erkennbar oder die Person des Fotografen ableitbar sei, eine derart überragende Kränkung nach sich ziehen könne, sei nicht ersichtlich. Deshalb bestehe auch kein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung. Das begehrte Veröffentlichungsmedium widerspreche dem Talionsprinzip.

[6] Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren im Umfang von 2.000 EUR an immateriellem Schadenersatz sowie dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren statt. Das weitere Zahlungsbegehren auf immateriellen Schadenersatz von 750 EUR wies es ab. Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens von 2.925,60 EUR an doppeltem Entgelt sprach es mit Zwischenurteil aus, dass dieser Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Beklagte sei passiv legitimiert, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG weit zu verstehen seien. Die Handlungen einzelner Abgeordneter seien den Parlamentarischen Klubs zuzurechnen, einer Organstellung bedürfe es dazu nicht. Eine parteipolitische Präsentation im Presspoint vor dem Untersuchungsausschuss sei nicht vom Zweck des § 41 UrhG umfasst. Sie sei nicht unter „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufes“ zu subsumieren. Damit sei im vorliegenden Fall von keiner freien Werknutzung auszugehen, weshalb das das doppelte Entgelt betreffende Zahlungsbegehren dem Grunde nach sowie das Unterlassungsbegehren berechtigt seien. Diesem Ergebnis stehe auch Art 10 EMRK nicht entgegen. Aus den Feststellungen lasse sich objektiv eine Beeinträchtigung der Persönlichkeit des Urhebers der Lichtbilder ableiten. Mit der unerlaubten Zur-Schau-Stellung der von einem Pressefotografen angefertigten Lichtbilder durch eine politische Partei, versehen mit nicht von ihm stammenden Kommentaren und einer nicht korrekten Herkunftsbezeichnung, die ihn noch dazu in eine Geschäftsverbindung mit der politischen Partei stelle, gehe eine ernste Beeinträchtigung iSd § 87 Abs 2 UrhG einher. Als Ersatz dafür seien unter Anwendung von § 273 Abs 1 ZPO pauschal 2.000 EUR angemessen. Diese Umstände führten auch zur Annahme eines berechtigten Interesses an der Veröffentlichung des Unterlassungsausspruchs. Als betroffener Verkehrskreis seien jedenfalls die bei der Präsentation der beiden Lichtbilder im Presspoint vor dem Lokal des Untersuchungsausschusses anwesenden Presseleute zu sehen, in weiterer Folge aber auch alle Medienkonsumierenden, und insofern wäre auch eine umfassendere Veröffentlichung als vom Kläger begehrt gerechtfertigt gewesen. Die beantragte Veröffentlichung auf der Homepage des Beklagten stelle demgegenüber ein akzeptables „Minus“ dar. Eine bloße Verlinkung hätte nicht die gleiche Breitenwirkung.

[7] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zur Frage der Qualifikation eines Fraktionsführers im Untersuchungsausschuss als Machthaber eines Parlamentsklubs und zur Reichweite des § 41 UrhG zulässig sei.

[8] Der Beklagte macht in seiner Revision geltend, Fraktionsführer seien nicht als Machthaber des Parlamentsklubs zu qualifizieren. Somit fehle es an der Passivlegitimation des Beklagten. Überdies liege eine freie Werknutzung iSv § 41 UrhG vor, zumal die Lichtbilder im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses zur Erreichung des Verfahrenszwecks verwendet worden seien. Auch schlage eine Abwägung des Grundrechts auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit gemäß Art 13 StGG und Art 10 EMRK gegenüber den individuellen Rechten des Urhebers zu Gunsten des Beklagten aus.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Passivlegitimation des Beklagten

[10] 1.1. Das Erstgericht stützte die Passivlegitimation des Beklagten auf § 81 Abs 1 Satz 2 UrhG, wonach der Inhaber eines Unternehmens auch dann geklagt werden kann, wenn eine Verletzung des Ausschließungsrechts im Betrieb seines Unternehmens von einem Bediensteten oder Beauftragten begangen worden ist. Das Berufungsgericht verneinte die Anwendbarkeit dieser Gesetzesbestimmung mangels Unternehmereigenschaft des Beklagten. Dies ist zutreffend, weil die genannte Bestimmung ausdrücklich nur die Unternehmerhaftung regelt. Es bejahte aber dennoch die Passivlegitimation des Beklagten, weil dem Fraktionsführer des Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit diesem die eigenverantwortliche Vertretung der Meinung des Parlamentsklubs in der Öffentlichkeit zukomme und er somit in Bezug auf die diesbezügliche Öffentlichkeitsarbeit als Machthaber des Parlamentsklubs zu qualifizieren sei.

[11] 1.2. Gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrats (NRGOG) haben die gewählten Abgeordneten, sofern sie derselben wahlwerbenden Partei angehören, laut der Geschäftsordnung des Nationalrates das Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen. Die Konstituierung eines Klubs sowie etwaige Veränderungen müssen dem Präsidenten/der Präsidentin des Nationalrates unverzüglich gemeldet werden. Ab diesem Zeitpunkt ist der Klub eine juristische Person und hat besondere parlamentarische Rechte sowie Anspruch auf Klubförderung (www.parlament.gv.at/PERK/PK/PK/index.shtml ).

[12] 1.3. Juristische Personen haften im deliktischen Bereich für das schädigende Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Organe und aller anderen Personen, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion für sie tätig sind (RS0009113 [T33]). Lediglich Personen, die untergeordnete Tätigkeiten ausüben, kommen nicht in Betracht (RS0009113 [T13]).

[13] 1.4.1. Es schadet daher nicht, dass die beiden dem beklagten Parlamentsklub angehörenden Abgeordneten keine Organstellung für diesen ausüben, sofern ihnen nur eine verantwortliche Funktion zukommt. Dies hat das Berufungsgericht in Bezug auf einen von ihnen, den Fraktionsführer des Untersuchungsausschusses, zutreffend bejaht, indem es als notorisch erachtete, dass Untersuchungsausschüsse für die medienwirksame Öffentlichkeitsarbeit von Parlamentsklubs von hervorragender Bedeutung sind und an ihnen ein gegenüber der sonstigen Parlamentstätigkeit sogar noch gesteigertes Medieninteresse besteht und dass in diesem Zusammenhang in erster Linie den Fraktionsführern die eigenverantwortliche Vertretung der Meinung des Parlamentsklubs in der Öffentlichkeit zukommt.

[14] 1.4.2. Die Funktion des Fraktionsführers hat sich aus der parlamentarischen Praxis entwickelt. Pro Fraktion gibt es einen Fraktionsführer. Er kommt aus den Reihen der Abgeordneten und ist der erste Ansprechpartner seiner Fraktion für den jeweiligen Ausschuss. Das können inhaltliche, aber auch organisatorische Belange sein, so wie das Vereinbaren oder Verschieben von Ausschussterminen. Vergleichbar ist die Funktion des Fraktionsführers mit der des Delegationsleiters im Europäischen Parlament (vgl Beclin et al, Parlamentarische Praxis [2020], 55).

[15] 1.5.1. Eine rechtsfähige politische Partei haftet nach den Grundsätzen der sogenannten "Repräsentantenhaftung" juristischer Personen für ehrenbeleidigende Äußerungen ihrer Organe und leitenden Funktionäre. Zu diesen Personen gehört der Obmann des Abgeordnetenklubs der politischen Partei, nicht aber ohne Hinzutreten weiterer Umstände der einfache Abgeordnete (RS0107916).

[16] 1.5.2. Das Erstgericht stellte unbekämpft fest, dass C* Fraktionsführer der * Partei im „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ war und gemeinsam mit einem weiteren Abgeordneten dieser Partei die gegenständlichen Lichtbilder öffentlich präsentierte. In der oben beschriebenen Funktion und Bedeutung des Fraktionsführers liegen jedenfalls „weitere Umstände“, die ihn als Repräsentanten des beklagten Parlamentsklubs qualifizieren.

[17] 1.5.3. Dies fügt sich auch in die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbaren Fällen. So wurde die Repräsentantenhaftung der juristischen Person etwa auch im Fall eines programmgestaltenden Mitarbeiters eines Fernsehunternehmens bejaht (1 Ob 36/89), sowie auch im Fall der Ehrenbeleidigung eines Dienstnehmers durch ein Mitglied des Aufsichtsrats einer Genossenschaft (9 ObA 241/94).

[18] Die Passivlegitimation des Beklagten ist daher zu bejahen.

2. Freie Werknutzung

[19] 2.1. Gemäß § 41 UrhG steht das Urheberrecht der Benutzung eines Werks zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit oder zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs von Verwaltungsverfahren, parlamentarischen Verfahren oder Gerichtsverfahren nicht entgegen.

[20] 2.2. § 41 UrhG ist nach seinem Zweck (teleologisch) auszulegen (RS0076511 [T1]).

[21] Die Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs der in der Bestimmung genannten Verfahren ist eine zu beachtende Zweckbindung, die allerdings weit interpretierbar ist und einen weiten Beurteilungsspielraum eröffnet (Thiele in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 41 UrhG Rz 24). Thiele sieht unter Berufung auf Dietrich (in FS Wagner 63 [72]) in den „Verfahren“ iSd § 41 UrhG ein Handeln, das zur Regelung eines Einzelfalls im Kompetenzbereich einer Behörde oder eines sonstigen Hoheitsträgers stattfindet, eine determinierte Förmlichkeit aufweist und der Wahrnehmung von Hoheitsgewalt, das heißt der Vollziehung, dient.

[22] 2.3. Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob die gegenständliche Presseveröffentlichung unter die „Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs“ oder gar unter die „öffentliche Sicherheit“ zu subsumieren ist. Beides haben die Vorinstanzen zutreffend verneint:

[23] 2.4. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse zählen zu den „parlamentarischen Verfahren“ iSd § 41 UrhG, wie auch in der Lehre vertreten wird (vgl Thiele in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 41 UrhG Rz 27), zumal der Nationalrat gemäß Art 52 Abs 1 B-VG (neben dem Bundesrat) befugt ist, „die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen“, wozu er gemäß Art 53 Abs 1 B-VG die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen beschließen kann. Zweck eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist die Ausübung der Kontrollrechte der Volksvertretung. Die näheren Bestimmungen sind in der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) geregelt, wie insbesondere die Durchführung der Beweisaufnahme und die daran anschließende Berichterstattung des Untersuchungsausschusses. Gemäß § 6 Abs 1 VO-UA vertritt der Vorsitzende den Untersuchungsausschuss nach außen und informiert die Öffentlichkeit regelmäßig über die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses. Er hat dabei den Fraktionen und dem Verfahrensrichter Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben.

[24] 2.5. In dieser Information der Öffentlichkeit gemäß § 6 Abs 1 VO-UA mag daher noch eine Art von determinierter Förmlichkeit oder die Wahrnehmung von Hoheitsgewalt liegen, jedenfalls aber nicht in der Abhaltung eines Presspoints (Pressekonferenz bzw Pressetermin) durch Fraktionsvorsitzende als parteipolitische Präsentation. Die hier zu beurteilende Veröffentlichung zweier Lichtbilder des Fotografen im Rahmen des Presspoints vor dem Untersuchungsausschuss diente parteipolitischen Zwecken und ist nicht durch die freie Werknutzung nach § 41 UrhG gedeckt.

[25] 3.1. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Abwägung des gegenständlichen Urheberrechtsanspruchs gegen das Grundrecht auf Meinungs- und Äußerungsfreiheit gemäß Art 13 StGG und Art 10 EMRK zugunsten des Klägers getroffen, hat doch der Senat schon mehrfach klargestellt, dass die Verletzung der Urheberrechte der einzige Weg sein muss, um das Grundrecht ausüben zu können. Könnte die Einwilligung des Urhebers gegen Zahlung eines (angemessenen) Entgelts erreicht werden, so ist eine Berufung auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung von vornherein ausgeschlossen (4 Ob 77/02f). Ist nämlich der Urheber bereit, die Nutzung seines Werks gegen Entgelt zu gestatten, so kann das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einen Eingriff in Urheber- oder Leistungsschutzrechte von vornherein nicht rechtfertigen, weil eine Einschränkung des Grundrechts durch das Urheberrecht als gesetzlich geschütztes Recht im Sinne des Art 10 Abs 2 EMRK insoweit jedenfalls gerechtfertigt ist (4 Ob 105/03z = MR 2003, 317 [Walter] – Foto des Mordopfers).

[26] 3.2. Hier hat der Beklagte gar nicht behauptet, dass gerade die Nutzung der gegenständlichen Fotos für den beabsichtigten Zweck unumgänglich gewesen und es ihm insbesondere nicht möglich gewesen wäre, vom Urheber die Gestattung der Nutzung seiner Lichtbilder gegen Entgelt zu erreichen. Die Nutzung der Lichtbilder war daher auch nicht durch Art 10 EMRK gedeckt.

[27] 4. Zur Frage der Entschädigung wegen empfindlicher Kränkung (§ 87 Abs 2 UrhG) enthält die Revision keine näheren Ausführungen.

[28] Der Klagsanspruch besteht daher in dem von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfang zu Recht. Der Revision des Beklagten ist somit nicht Folge zu geben.

[29] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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