European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00031.22Z.0125.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Über die Kosten des Verfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.
Entscheidungsgründe:
[1] Der am 2. 11. 1947 geborene Kläger war von 15. 2. 1973 bis 30. 11. 2012 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Ab Ende des Abfertigungszeitraums bezog er entsprechend dem „Kollektivvertrag über die neue Regelung der Pensionsrechte in der ab 1. 1. 1997 geltenden Fassung, abgeschlossen zwischen dem Verband Österreichischer Banken und Bankiers und dem ÖGB“ (KV) eine „Besitzstandspension“.
[2] Nach diesem KV gebührt Frauen mit Eintrittsdatum zwischen 1. 1. 1967 und 1. 1. 1972 und Frauen der Geburtsjahrgänge 1947–1951 eine „Übergangspension“, im selben Zeitraum eingetretenen bzw geborenen Männer dagegen eine „Besitzstandspension“. Die Pensionshöhe dieser beiden Arten von Pensionen wird unterschiedlich berechnet.
[3] Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 27. 2. 2019, 9 ObA 25/18v, dem eine Klage eines ehemaligen (männlichen) Arbeitnehmers der Beklagten zugrunde lag, der nach dem KV Anspruch auf eine „Besitzstandspension“ hatte, wurde dem Feststellungsbegehren stattgegeben, dass die Beklagte dem dortigen Kläger nach dem Zeitraum, für den die Betriebspension wegen des Bezugs einer Abfertigung ruht, eine monatlich fällige Betriebspension zu zahlen habe, die – unter Anwendung der kollektivvertraglichen Regelungen für Übergangspensionen – ebenso zu berechnen sei, wie wenn es sich beim (dortigen) Kläger um eine Frau handeln würde. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der KV bei den Pensionsregelungen Frauen und Männer, die sich in einer vergleichbaren Situation (gleiches Eintrittsdatum, gleiches Lebensalter) befänden, nur aufgrund des Geschlechts unterschiedlich behandle, indem er sie einem unterschiedlichen Pensionsregime unterstelle. Darin liege eine unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung. Der (dortige) Kläger habe daher Anspruch auf Bezahlung der Betriebspension, die ihm bei einer diskriminierungsfreien Regelung zugestanden wäre, das heiße auf eine Übergangspension, die so zu berechnen sei, als wäre er eine Frau.
[4] Nach Zustellung des Urteils an die Beklagte übermittelte der Zentralbetriebsrat mit Zustimmung der Beklagten an die von der nach der Entscheidung diskriminierenden KV-Bestimmung potenziell betroffenen Personen ein Schreiben, in dem er sie über dieses Urteil informierte. In dem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass es sich um ein Urteil zu einem Einzelfall handle, das nicht automatisch die Situation für jeden Empfänger verändere. Eine Überprüfung der jeweiligen Situation durch die Gewerkschaft sei jedoch möglich.
[5] Der Kläger, der von einem Kollegen auf die Entscheidung hingewiesen wurde, wandte sich direkt an den Klagevertreter des Vorverfahrens. Dieser richtete daraufhin namens des Klägers ein Schreiben an die Beklagte, in dem er unter anderem ausführte: „Entsprechend der höchstgerichtlichen Entscheidung 9 ObA 25/18v schuldet Ihre Mandantschaft meinem Mandanten eine geschlechtsneutrale Berechnung seiner Betriebspension bzw die laufenden Differenzbeträge der Besitzstandspension‑Übergangspension (wie von Ihrer Mandantschaft zuletzt in Parallelfällen bereits nachverrechnet). Unter Hinweis auf die unten angeführten Beilagen habe ich Ihre Mandantschaft aufzufordern, die fälligen Beträge ab 1. 12. 2018 nachzuverrechnen (...) und die fälligen Beträge binnen drei Wochen meinem Mandanten zu überweisen.“
[6] Die Beklagtenvertreterin antwortete darauf mit Schreiben vom 20. 1. 2020, in dem sie mitteilte, dass die Übergangspensionen beim Kläger geringer sei als die von ihm bisher bezogene Besitzstandspension. Weiters führte sie aus: „Meine Mandantschaft wird eine entsprechende Anpassung der Pensionsleistung bereits ab dem nächsten Monat vornehmen und eine Rückforderung der zu viel bezahlten Pension für ein Jahr vornehmen“. Die Gründe, die für die Reduktion maßgeblich waren, wurden nicht näher dargestellt. In seiner Replik verwies der Klagevertreter darauf, dass, sofern die Berechnung der Beklagten richtig sei, es bei der bisherigen Besitzstandspension zu bleiben habe.
[7] Ab 1. 2. 2020 zahlte die Beklagte dem Kläger die Pension berechnet nach den Bestimmungen für Übergangspensionen, nicht mehr für Besitzstandspensionen. Die Differenz zwischen Februar 2020 bis Dezember 2020 beträgt insgesamt 2.591,20 EUR brutto.
[8] Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 2.591,22 EUR brutto sA und die Feststellung, dass er Anspruch auf künftig monatlich fällig werdende Betriebspensionszahlungen habe, die unter Anwendung der kollektivvertraglichen Bestimmungen für Besitzstandspensionen und Außerachtlassung der kollektivvertraglichen Bestimmung für Übergangspensionen zu berechnen seien. Die Berechnungen entsprechend der jeweiligen Bestimmungen haben ergeben, dass der Kläger nicht diskriminiert worden sei. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung auf das Niveau einer fiktiven Übergangspension sei unberechtigt. Die Beklagte verstoße damit gegen § 13 GlBG. Es liege nur eine relative Nichtigkeit vor. Hilfsweise werde der Anspruch auch auf eine konkludent zustande gekommene Einzelvereinbarung auf Basis betrieblicher und/oder individueller Übung sowie den Gleichheitsgrundsatz gestützt.
[9] Die Beklagte stellte das Zahlungsbegehren der Höhe nach außer Streit, bestritt es jedoch dem Grunde nach, ebenso das Feststellungsbegehren. Der Kläger habe durch seinen Vertreter geltend gemacht, dass die Ergebnisse der Vorentscheidung auch auf ihn anwendbar seien und er einen Anspruch darauf habe, eine Übergangspension statt einer Besitzstandspension zu erhalten. Es sei explizit eine geschlechtsneutrale Berechnung gefordert worden. Die Beklagte habe den Anspruch anerkannt und den Kläger mit Frauen des gleichen Geburtsjahrgangs gleichgestellt. Dementsprechend sei eine Übergangspension des Klägers errechnet und ab Februar 2020 ausbezahlt worden. Dass diese geringer sei als die ursprüngliche Besitzstandspension, könne der Beklagten nicht angelastet werden. Durch die Vorentscheidung sei klargelegt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die diskriminierenden Bestimmungen außer Acht zu lassen und nicht mehr anzuwenden. § 13 GlBG sei nicht verletzt worden, da die Beklagte nur dem Wunsch des Klägers nachgekommen sei. Eine Einzelvereinbarung sei nicht zustande gekommen, der Kläger habe nicht davon ausgehen können, dass die Beklagte ihm einen höheren Pensionsanspruch gewähren wolle, als ihm nach dem Kollektivvertrag zustehe. Aus der vorherigen Gewährung der Besitzstandspension könne auch keine betriebliche Übung und kein Rechtsanspruch des Klägers abgeleitet werden. Auch aus § 18 BPG könne kein Anspruch abgeleitet werden.
[10] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahmen eines Teils des Zinsenbegehrens statt. Die Frage, ob die kollektivvertragliche Bestimmung diskriminierend sei, sei im Einzelfall zu prüfen. Der Kläger sei durch das unterschiedliche Alter für den Zugang zur Übergangspension nicht gegenüber einer vergleichbaren Frau finanziell benachteiligt. Damit sei aber die kollektivvertragliche Bestimmung weiterhin anzuwenden, was dazu führe, dass er einen Anspruch auf eine Besitzstandspension habe. Ein Verzicht auf kollektivvertraglich eingeräumte Rechte durch den Arbeitnehmer sei unwirksam. Insofern habe die Forderung nach einer geschlechtsneutralen Berechnung keine Relevanz.
[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Aus der Vorentscheidung ergebe sich, dass die Kollektivvertragsbestimmungen, die bei gleichen Dienstantrittsdatum und Lebensalter für Männer eine Besitzstandspension, für Frauen eine Übergangspension vorsähen, absolut unwirksam seien. Es handle sich dabei nicht nur um eine relative Nichtigkeit. Vielmehr führe dieser Verstoß gegen Art 157 AEUV zur absoluten Unwirksamkeit der davon betroffenen Bestimmung. Diese dürfe nicht mehr angewendet werden. Die unmittelbare Wirkung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit verpflichte nicht nur den Staat sondern auch den privaten Arbeitgeber. Die nationalen Gerichte hätten diskriminierende nationale Bestimmungen unangewendet zu lassen. Im vorliegenden Fall habe das Gericht hinsichtlich der Männer die gleiche kollektivvertragliche Regelung anzuwenden wie hinsichtlich der Frauen. Die für die Frauen existierende kollektivvertragliche Regelung bleibe das einzige gültige Bezugssystem, solange keine geänderte Regelung erlassen sei. Dass dies in Ausnahmefällen mit finanziellen Nachteilen verbunden sei, führe nicht dazu, dass dieses Bezugssystem nicht anzuwenden wäre. Ein bestimmtes Entgeltniveau werde von Art 157 AEUV nicht vorgeschrieben. Es sei nicht jeder Einzelfall der benachteiligten Gruppe individuell zu prüfen. Darüber hinaus habe der Kläger selbst begehrt, dass ihm eine Übergangspension nach den für Frauen geltenden Regeln ausbezahlt werde. Da auch vertragliche Regelungen, die in Widerspruch zum Grundsatz der Entgeltgleichheit stünden, unangewendet zu lassen seien, könne auch aus einer Einzelvereinbarung auf Basis betrieblicher oder individueller Übung kein Anspruch abgeleitet werden. Nach den Feststellungen gebe es aber auch keine ausreichende Grundlage für eine konkludent zustande gekommene Einzelvereinbarung. Auch ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie gegen § 13 GlBG scheide aus. Die Klage sei daher abzuweisen.
[12] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil fraglich sei, ob zu Lasten des Arbeitnehmers von einer Unanwendbarkeit der kollektivvertraglichen Regelung über die Besitzstandspension ausgegangen werden könne.
[13] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen und dem Klagebegehren stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[14] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[15] Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.
[16] 1. Nach Art 2 Abs 1 lit a der Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits‑ und Beschäftigungsfragen (Neufassung) bzw seiner Umsetzung in § 5 Abs 1 GlBG liegt eine unmittelbare Diskriminierung dann vor, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Auf Basis dieser Bestimmungen hat der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 25/18v die im Kollektivvertrag betreffend „Neuregelung der Pensionsrechte (kurz genannt ′Pensionsreform 1961′)“, die für Übergangspensionen und Besitzstandspensionen eine Regelung vorsah, die hinsichtlich Frauen und Männern nach dem Diensteintritt bzw dem Lebensalter differenziert als unmittelbar geschlechts-diskriminierend beurteilt und dem damals unstrittig dadurch benachteiligten Kläger die Übergangspension zuerkannt. In dem Verfahren war nicht strittig, dass die Männer, die anders als Frauen in einer vergleichbaren Position Anspruch auf eine Besitzstandspension und keine Übergangspension haben, deshalb eine geringere Betriebspension als Frauen beziehen.
[17] 2. Das trifft im vorliegenden Verfahren ebenfalls unstrittig auf den Kläger nicht zu. Er hat zwar Anspruch auf eine Besitzstandspension, bezieht aber unstrittig dessen ungeachtet eine höhere Pension als eine Frau in einer vergleichbaren Situation, die Anspruch auf eine Übergangspension hat. Der Kläger wird durch die Ungleichbehandlung daher nicht benachteiligt. Eine Diskriminierung des Klägers liegt daher nicht vor.
[18] 3. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts rechtfertigt die allgemeine Aussage über die Diskriminierung von Männern bei der Abgrenzung von Besitzstands- und Übergangspension im Vorverfahren keine Umstellung der Besitzstandspension des Klägers auf eine niedrigere Übergangspension.
[19] 4. Richtig ist, dass die Gerichte auch Kollektivverträge dahin zu überprüfen haben, ob sie allenfalls gegen Unionsrecht verstoßen (9 ObA 84/15s mwN; RIS‑Justiz RS0018063 [T5]). Ein Verstoß gegen unmittelbar anzuwendendes Unionsrecht zieht die Unwirksamkeit des davon betroffenen Kollektivvertrags(-teils) nach sich (vgl RS0117073; 9 ObA 98/16a).
[20] Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, kann nach der Rechtsprechung des EuGH die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, dadurch gewährleistet werden, dass den Benachteiligten dieselben Vorteile gewährt werden, wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zu Gute kommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt (EuGH C‑33/89 , Kowalska, ECLI:EU:C:1990:265, Rn 20; EuGH C‑28/93 , Van den Akker, ECLI:EU:C:1994:351, Rn 16; EuGH C‑184/89 , Nimz, ECLI:EU:C:1991:50, Rn 18; verb Rs EuGH C‑501/12 bis C‑606/12 , C‑540/12 und C‑541/12 , Specht ua, ECLI:EU:C:2014:2005, Rn 95; EuGH C‑417/13 , Starjakob, ECLI:EU:C:2015:38, Rn 46). Die Benachteiligten müssen also in die gleiche Lage versetzt werden wie die Personen, denen der betreffende Vorteil zukommt (EuGH, C‑193/17 , Cresko Investigation GmbH gegen Markus Achatzi, ECLI:EU:C:2019:43, Rn 79). Der Europäische Gerichtshof hat allerdings auch klargestellt, dass diese Lösung nur dann zur Anwendung kommt, wenn es ein gültiges Bezugssystem gibt (EuGH, C‑417/13 , Starjakob, ECLI:EU:C:2015:38, Rn 47 mwN).
[21] Weiters ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des EuGH zu Betriebspensionssystemen das Unionsrecht es auch verbietet, eine Diskriminierung im Rahmen der Anpassung dadurch zu beenden, dass den Angehörigen der bevorzugten Gruppe ihre Vergünstigungen für die Vergangenheit entzogen werden (vgl EuGH C‑171/18 , Safeway Ltd, ECLI:EU:C:2019:839; vgl zum thesaurierten Entgelt etwa auch RS0021639).
[22] 5. Nach der Rechtsprechung des EuGH tritt also nach dem Unionsrecht,solange keine „Maßnahmen“ zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, keine Veränderung des Betriebspensionssystems eines Kollektivvertrags ein, sondern haben nur die Benachteiligten Anspruch darauf, dass die sie benachteiligenden Regelungen „unangewendet“ bleiben (vgl allgemein RS0133974) und sich Ihre Ansprüche nach dem Bezugssystem für die Bessergestellten richten.
[23] Der Grundsatz der Entgeltgleichheit nach Art 157 Abs 1 AEUV stellt ein subjektives Recht der einzelnen Arbeitnehmer dar (EuGH C‑43/75 Defrenne II ECLI:EU:C:1976:56, Rn 40). Diese können jedenfalls bei der hier von den Parteien gewählten pauschalen Betrachtung des Ergebnisses aber dann nicht als diskriminiert erachtet werden, wenn die bestehenden – nicht angepassten – Regelungen zu gar keiner Benachteiligung führen.
[24] Eine – wie die Beklagte vermeint – Angleichung „nach unten“ lässt sich aus den Wirkungen des Unionsrechts alleine nicht ableiten.
[25] In welcher Weise innerstaatlich die Maßnahmen zur Anpassung des Betriebspensionssystems zu erfolgen haben und welche weiteren Wirkungen sich aus dem Anwendungsvorrang ergeben, richtet sich nach der jeweiligen Art der Rechtsquelle (vgl §§ 878, 879 ABGB, ArbVG, vgl auch Art 28 EGRC). Alleine das Begehren eines sich ohne Kenntnis der konkreten unterschiedlichen Pensionshöhe sich als benachteiligt einstufenden Arbeitnehmers hat jedenfalls nicht die Wirkung dass ihn begünstigende kollektivvertragliche Regelungen nicht weiter wirksam wären.
[26] 6. Anders als von der Beklagten angenommen, handelte es sich dabei nicht um ein sogenanntes „Rosinenpicken“, weil schon gar nicht ersichtlich ist, woraus sich ein Vorteil des Klägers ergeben sollte. Der Kläger möchte nicht für ihn jeweils günstige Vorschriften aus den unterschiedlichen Systemen angewendet wissen, sondern fordert die Beibehaltung des für ihn nach den Kollektivvertrag geltenden Pensionssystems in seiner Gesamtheit.
[27] 7. Auch aus dem Schreiben des Klagevertreters vom 2. 12. 2019 ist für die Beklagte nichts zu gewinnen. Aus diesem ergibt sich eindeutig, dass der Kläger davon ausgeht, durch die Besitzstandspension benachteiligt zu sein und eine Änderung der Pensionsberechnung nur für den Fall zu wünschen, dass es zu einer Nachverrechnung, also einer finanziellen Besserstellung kommt. Der redliche Erklärungsempfänger konnte dieses Schreiben nicht anders verstehen. Eine Vereinbarung über eine geringere Pension ist daher auch nicht durch das „Anerkenntnis“ der Beklagten zustande gekommen. Ob ein solches „Verlangen“ nach Angleichung nach unten trotz des Bestehens eines Kollektivvertrags rechtlich überhaupt zulässig wäre, kann daher schon im Ansatz dahingestellt bleiben (vgl im Übrigen § 3 ArbVG).
[28] 8. Insgesamt hat der Kläger daher entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts Anspruch auf eine Weiterzahlung der Besitzstandspension. Die klagsstattgebende erstinstanzliche Entscheidung war daher wiederherzustellen.
[29] 9. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 3 ZPO.
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