European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00063.22H.1221.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Die Antragsteller sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft. Ob des Hälfteanteils der Erstantragstellerin ist ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot zugunsten des Zweitantragstellers, ob des Hälfteanteils des Zweitantragstellers ist ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot zugunsten der Erstantragstellerin intabuliert.
[2] Am 19. 11. 2002 übergab die Erstantragstellerin einem Notar ein Schenkungsanbot zur notariellen Bekräftigung (Notariatsakt vom 19. 11. 2002). Mit diesem an diesem Tag vor dem Notar unterfertigten Angebot bot sie dem Zweitantragsteller den Abschluss eines Schenkungsvertrags über ihren Hälfteanteil an. Unter einem unterfertigte die Erstantragstellerin eine Löschungserklärung bezüglich des zu ihren Gunsten einverleibten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots.
[3] Am 13. 12. 2018 übergab der Zweitantragsteller einem Notar eine am 13. 12. 2018 errichtete Annahmeerklärung zur notariellen Bekräftigung (Notariatsakt vom 13. 12. 2018). Die als „I. Abschluss des Schenkungsvertrags durch Annahme des Schenkungsanbots / II. Löschungsurkunde zum Belastungs- und Veräußerungsverbot“ bezeichnete Privaturkunde wurde dem Notariatsakt als Beilage ./1 angeschlossen. Zu I. nahm der Zweitantragsteller das Schenkungsangebot der Erstantragstellerin und deren Verzicht auf das grundbücherlich eingetragene Belastungs‑ und Veräußerungsverbot an. Zu II. ist festgehalten, dass im Hinblick auf die Annahme des Schenkungsanbots das zu Gunsten des Zweitantragstellers eingetragene Belastungs‑ und Veräußerungsverbot obsolet und zu löschen ist.
[4] Eine Ausfertigung des Notariatsakts vom 13. 12. 2018 enthält den Vermerk: „Diese Annahme des Schenkungsanbotes vom 13. 12. 2018 erhalten und in Kopie in Empfang genommen.“ Darunter befindet sich die Unterschrift „P*“, handschriftlich ergänzt um Namen und Adresse der Erstantragstellerin und das Datum „15. Dez. 2018“.
[5] Die Antragsteller begehrten die Löschung der Belastungs‑ und Veräußerungsverbote sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts ob des Hälfteanteils der Erstantragstellerin für den Zweitantragsteller.
[6] Neben den schon genannten Urkunden legten die Antragsteller (ua) ein Schreiben des Antragstellervertreters an die Erstantragstellerin vom 29. 6. 2021, eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellervertreters vom 18. 8. 2021 sowie ein Schreiben der Österreichischen Post AG vom 1. 9. 2021 vor. In seinem Schreiben vom 29. 6. 2021 erklärte der Antragstellervertreter, der Erstantragstellerin den Notariatsakt vom 13. 12. 2018 samt den diesen angeschlossenen Beilagen mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme zu übermitteln. In seiner notariell beglaubigt unterfertigten eidesstattlichen Erklärung vom 18. 8. 2021 bestätigt der Antragstellervertreter, dass er der Erstantragstellerin das Schreiben vom 29. 6. 2021 samt dem Notariatsakt vom 13. 12. 2018 mit eingeschriebener Briefpost und Übersendungsbestätigung übermittelt hat. Nach den angeschlossenen Sendungsdetails sei der Brief der Erstantragstellerin am 30. 6. 2021 zugestellt worden. Zusätzlich habe ihn der Zweitantragsteller davon informiert, dass ihm die Tochter der Erstantragstellerin erzählt habe, dass die Erstantragstellerin diese Briefsendung erhalten habe. Mit dem Schreiben vom 1. 9. 2021 bestätigt die Österreichische Post AG, dass die angefragte Briefsendung des Antragstellervertreters der Erstantragstellerin am 30. 6. 2021 persönlich zugestellt wurde.
[7] Das Erstgericht wies den Antrag ab.
[8] Der Zugang der Annahme des Schenkungsanbots durch den Zweitantragsteller müsse in grundbuchstauglicher Form nachgewiesen werden. Die nicht beglaubigt unterschriebene Erklärung der Erstantragstellerin auf der Ausfertigung der Annahmeerklärung sei ebenso wenig ein grundbuchstauglicher Nachweis wie die eidesstattliche Erklärung des Antragstellervertreters oder der Anhang dazu.
[9] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
[10] Ein Schenkungsvertrag, der mittels gesonderter Anbot‑ und Annahmeerklärung abgeschlossen werde, komme erst mit dem Zugang der Annahmeerklärung beim Offerenten zustande. Dieser Zugang müsse dem Grundbuchsgericht urkundlich nachgewiesen werden, andernfalls dürfe das Grundbuchsgericht nicht von einem solchen Zugang ausgehen. Damit fehle es iSd § 26 Abs 2 GBG an einem gültigen Rechtsgrund für den beabsichtigten Eigentumserwerb.
[11] Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs müsse eine Privaturkunde, die dem Nachweis des Zugangs der Annahmeerklärung dienen solle, den Anforderungen des § 31 Abs 1 GBG entsprechen. Insbesondere bedürfe die Unterschrift auf einer solchen Privaturkunde einer gerichtlichen oder notariellen Beglaubigung.
[12] Die (angebliche) Erklärung der Erstantragstellerin auf einer Ausfertigung des Notariatsakts vom 13. 12. 2018, die eingeschriebene Postsendung samt der Bestätigung der Post AG vom 1. 9. 2021 und die eidesstattliche Erklärung des Antragstellervertreters vom 18. 8. 2021 seien kein grundbuchstauglicher urkundlicher Nachweis des Zugangs.
[13] Die – nicht beglaubigte – Unterschrift des Vermerks auf dem Notariatsakt vom 13. 12. 2018 weise nicht das Geburtsdatum der Erstantragstellerin auf. Dazu sei nach Auffassung des Rekursgerichts die Glaubwürdigkeit iSd § 27 Abs 1 GBG geschwächt, weil die Unterschriften in der Schreibweise zweier Buchstaben Unterschiede aufwiesen.
[14] Der Oberste Gerichtshof habe zwar zu 5 Ob 91/05a einen vom Empfänger unterfertigten Übernahmsschein (nach den §§ 131, 132 PostO 1957) als ausreichenden urkundlichen Nachweis des Zugangs angesehen. Eine eingeschriebene Briefsendung – wie hier – sei einem unterfertigten Übernahmeschein aber nicht gleich zu halten. Es fehle eine Unterschrift der Empfängerin. Da es die Möglichkeit der Zustellung mit Übernahmsschein nach wie vor gebe, sei die gewählte Form der Verständigung, weil weniger aussagekräftig, abzulehnen.
[15] Eine eidesstattliche Erklärung werde in Bescheinigungsverfahren nur dann für ausreichend erachtet, wenn diese die einzige Möglichkeit für einen Nachweis sei. Ein derartiger „Beweisnotstand“ liege hier nicht vor, habe der Oberste Gerichtshof doch etwa eine Zustellung mit Übernahmsschein für ausreichend erachtet. Eidesstattliche Erklärungen als urkundlicher Nachweis eines Zugangs eines Schriftstücks seien daher generell abzulehnen. Dies gelte selbstverständlich auch für die in der eidesstattlichen Erklärung angebotene Zeugenaussage und die darin enthaltenen Informationen vom Hörensagen.
[16] Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil der Frage, ob der Nachweis der postalischen Übermittlung der Annahme des Schenkungsanbots auch ohne Übernahmsschein ausreichend sei oder eidesstattliche Erklärungen zulässig seien, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
[17] Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller. Sie beantragen, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und ihren Grundbuchsantrag zu bewilligen. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[18] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
[19] 1. Ein Schenkungsvertrag, der mittels gesonderter Anbot‑ und Annahmeerklärungen abgeschlossen wird, kommt – gleich einem Kaufvertrag – erst mit dem Zugang der Annahmeerklärung beim Offerenten zustande. Dieser Zugang muss dem Grundbuchsgericht daher urkundlich nachgewiesen werden. Wurde dem Grundbuchsgesuch des Erklärenden ein urkundlicher Nachweis dafür, dass diese gesonderte Annahmeerklärung dem Offerenten auch zugegangen ist, nicht angeschlossen, so darf das Grundbuchsgericht nicht von einem solchen Zugang ausgehen. Damit fehlt es aber iSd § 26 Abs 2 GBG an einem gültigen Rechtsgrund für den beabsichtigten Eigentumserwerb (5 Ob 38/17z; 5 Ob 91/05a mwN; RIS‑Justiz RS0108978).
[20] 2. Gemäß § 31 Abs 1 GBG kann die Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. Auch bei Privaturkunden, die dem erforderlichen Nachweis des Zugangs der Annahmeerklärung dienen sollen, muss die Unterschrift daher beglaubigt sein (5 Ob 38/17z; 5 Ob 91/05a).
[21] 3. In der Entscheidung 5 Ob 91/05a sah der Fachsenat den im Rahmen einer privaten Postzustellung verwendeten Übernahmsschein (iSd §§ 131, 132 PostO 1957) – entgegen der zumindest missverständlichen Ausführungen des Rekursgerichts – nicht als grundbuchstauglichen Nachweis für den Zugang einer Annahmeerklärung an. Der Übernahmsschein enthielt zwar die Unterschrift der Empfängerin und einen auf die Aktenzahl der notariellen Annahmeerklärung hinweisenden Vermerk, sodass keine Zweifel bestanden, dass die mit dem Übernahmsschein bestätigte Postzustellung auch tatsächlich die notarielle Annahmeerklärung enthalten hat und deren Zugang bei der Offerentin damit an sich urkundlich nachgewiesen sei. Der Übernahmsschein war aber weder eine öffentliche Urkunde iSd § 33 Abs 1 lit a GBG noch entsprach sie als Privaturkunde den Anforderungen des § 31 Abs 1 GBG. Dafür fehlte die beglaubigte Unterfertigung. Da der Übernahmsschein zwar nicht den Erfordernissen der §§ 31 bis 34 GBG, wohl aber den allgemeinen Anforderungen der §§ 26, 27 GBG entsprach, konnte aufgrund dieser Urkunde zwar nicht die Einverleibung, aber die Vormerkung bewilligt werden (vgl RS0108978 [T2]).
[22] 4. In dem der Entscheidung 5 Ob 38/17z zugrunde liegenden Verfahren wollte der Antragsteller den Nachweis für den Zugang seiner Annahmeerklärung mit einer von der Empfängerin unterfertigten Bestätigung erbringen, in der die Übernahme der Annahmeerklärung dokumentiert ist. Auch in diesem Fall verneinte der Fachsenat einen grundbuchstauglichen Nachweis, weil die von der Empfängerin ausgestellte Bestätigung nicht beglaubigt unterfertigt war und daher den Anforderungen des § 31 Abs 1 GBG an eine Privaturkunde nicht entsprach. Die Bestätigung enthielt zudem weder die Angabe des Geburtsdatums der daran beteiligten natürlichen Personen (§ 27 Abs 2 GBG) noch die Angabe des Orts der Ausfertigung der Urkunde (§ 27 Abs 3 GBG). Diese Urkunde reichte daher auch für die Vormerkung des Eigentumsrechts des Antragstellers nicht aus. Aufgrund einer mit einem Mangel nach § 27 GBG behafteten Urkunde ist auch die Vormerkung der darin begründeten dinglichen Rechte unzulässig (RS0060474).
[23] 5. Im hier zu beurteilenden Fall wollen dieAntragsteller den Nachweis des Zugangs der Annahmeerklärung durch die Übernahmebestätigung auf einer Ausfertigung des Notariatsakts vom 13. 12. 2018, eine Zustellbestätigung der Österreichischen Post AG und/oder eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellervertreters erbringen. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, entsprechen diese Urkunden den gesetzlichen Anforderungen und den dazu in der Rechtsprechung des Fachsenats entwickelten Grundsätzen nicht.
[24] Der den Erhalt der Annahmeerklärung bestätigende Vermerk auf einer Ausfertigung des Notariatsakts vom 13. 12. 2018 ist weder beglaubigt unterfertigt, noch enthält er die Angabe des Geburtsdatums der Empfängerin oder die Angabe des Orts der Ausfertigung. Dieser entspricht weder den allgemeinen Anforderungen der §§ 26, 27 GBG noch jenen des § 31 Abs 1 GBG. Auf diese Bestätigung kommen die Antragsteller in ihrem Revisionsrekurs auch gar nicht mehr zurück.
[25] Die weiteren Urkunden enthalten weder eine Erklärung der Empfängerin noch deren Unterschrift. Das gilt im Unterschied zu dem in der Entscheidung 5 Ob 91/05a beurteilten Übernahmsschein im Rahmen einer privaten Postzustellung insbesondere für die in Beantwortung eines „Nachforschungsauftrags“ erteilte Bestätigung der Österreichischen Post AG. Diese Bestätigung ist damit weder eine Privaturkunde iSd §§ 26, 27 GBG und §§ 31 bis 34 GBG, noch eine öffentliche Urkunde iSd § 33 Abs 1 lit a GBG.
[26] Der urkundliche Nachweis des rechtzeitigen Zugangs der Annahmeerklärung dient hier dem Nachweis des Bestehens eines gültigen Rechtsgrundes für eine Eintragung, mit der ein Rechtserwerb und ‑verlust verbunden ist. In diesen Fällen verlangt das Grundbuchsgesetz den strengen urkundlichen Nachweis (5 Ob 209/04b). Aufgrund bloß beweiswirkender Urkunden nach dem für Anmerkungen geltenden Prüfungsmaßstab des § 52 GBG (vgl 5 Ob 239/17h mwN) kann eine solche konstitutive Eintragung nicht erfolgen. Die Argumentation der Revisionswerber, es müsse genügen, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt mittels Urkunden nachzuweisen (und dieser Nachweis sei ihnen durch die Bestätigung der Österreichischen Post AG und die eidesstattliche Erklärung des Antragstellervertreters samt den Beilagen gelungen) ist mit dem Wortlaut und Regelungszweck der §§ 26, 27 GBG und §§ 31 bis 34 GBG unvereinbar.
[27] Gleiches gilt für eine eidesstattliche Erklärung wie jener des Antragstellervertreters. Dass – wie das Rekursgericht meint – eine eidesstattliche Erklärung in Grundbuchsverfahren ausnahmsweise ausreichend sein kann, wenn eine solche die einzige Möglichkeit für einen Nachweis ist, hat der Fachsenat nur im Zusammenhang mit einer Anmerkung nach § 20 lit a GBG bejaht (5 Ob 196/20i). Es galt daher der Prüfungsmaßstab des § 52 GBG, wonach die Anmerkung der im § 20 lit a GBG erwähnten Verhältnisse sowie die Löschung dieser Anmerkung aufgrund beweiswirkender Urkunden erfolgen kann. (Nur) In diesem Fall ist das Argument, eine eidesstattliche Erklärung sei die einzige Möglichkeit für einen urkundlichen Nachweis, bei der Beurteilung deren Beweiskraft entsprechend zu berücksichtigen. Das hat seinen sachlichen Grund darin, dass mit einer bloßen Anmerkung kein Rechtserwerb oder ‑verlust verbunden ist. Die Prüfungsintensität ist daher geringer (5 Ob 196/20i mwN). Im vorliegenden Fall ist eine eidesstattliche Erklärung freilich ohnedies nicht die einzige Möglichkeit für einen Nachweis des Zugangs (vgl etwa zur Intimation nach den §§ 83 ff NO Hagleitner in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 26 GBG Rz 5).
[28] 6. Das Rekursgericht hat die Abweisung des Antrags durch das Erstgericht demnach zu Recht bestätigt. Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
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