European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00228.22F.1221.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 2. Bereits in der Entscheidung 9 ObA 148/05p, die – wie der vorliegende Fall – einen Schadenersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber ihrem einzigen Geschäftsführer nach § 25 GmbHG betraf, wurde ausgesprochen, dass auch die Kenntnis der für die Alleingesellschafterin handelnden natürlichen Personen von Schaden und Schädiger den Beginn der Verjährungsfrist auslösen kann. Ein von der Revision erblickter Widerspruch zwischen dieser Entscheidung und der Entscheidung 6 Ob 183/13z ist nicht erkennbar. Auch in der Entscheidung 6 Ob 183/13z führte der Oberste Gerichtshof aus, dass es für die die Verjährungsfrist auslösende Kenntnis bei Schädigung einer juristischen Person nicht auf das Wissen des schädigenden Organmitglieds, sondern auf die Kenntniserlangung durch andere Organmitglieder oder „Wissensvertreter“ ankommt, und verwies zustimmend auf die Entscheidung 9 ObA 148/05p, die demgemäß auf die Kenntnis des Alleingesellschafters abgestellt hatte.
[3] Die Ansicht der Vorinstanzen, für den Beginn der Verjährungsfrist sei die Kenntnis der für die Alleingesellschafterin der Klägerin handelnden natürlichen Person von Schaden und Schädiger maßgeblich gewesen, findet daher Deckung in der genannten Rechtsprechung.
[4] 3.1. Eine fortgesetzte Schädigung liegt vor, wenn durch eine schädigende Anlage, Nichtbeseitigen eines gefährlichen oder Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustands Schäden hervorgerufen werden oder wenn wiederholte schädigende Handlungen vorliegen, von denen jede den Tatbestand einer neuen Rechtsverletzung verkörpert und jede für sich Schadensursache ist (RS0034365). Bei fortgesetzter Schädigung beginnt die Verjährung für den Ersatz des erstentstandenen Schadens mit der Kenntnis des Beschädigten von ihm zu laufen; für jede weitere Schädigung beginnt eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt, in welchem sie dem Beschädigten zur Kenntnis gelangt (RS0034536).
[5] Haben sich hingegen aus einer einzelnen schädigenden Handlung fortlaufend gleichartige schädliche Folgen entwickelt, die im überschaubaren Zusammenhang stehend und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstanden ist. In solchen Fällen sind die Wirkungen des schädigenden Ereignisses bekannt, auch wenn erst ein Teil von ihnen eingetreten ist (RS0034618). Dann gilt aber die durch den ersten Schaden („Primärschaden“) ausgelöste Verjährungsfrist für alle vorhersehbaren Folgeschäden (RS0097976; RS0087613).
[6] 3.2. Die Beurteilung der Verjährung hängt im allgemeinen typisch von den Umständen des Einzelfalls ab, weshalb regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage betroffen ist (8 Ob 60/22i [ErwGr 5.]).
[7] 3.3. Der Beklagte schloss für die Klägerin als Bestandgeberin im Jahr 2010 einen Mietvertrag über ein Geschäftslokal, in welchem eine Reduktion des monatlichen Mietzinses während der ersten zehn Jahre des Bestandverhältnisses vereinbart wurde. Die Klägerin stützt ihr Schadenersatzbegehren in Höhe der ihr entgangenen Mietzinse darauf, dass der Beklagte dabei schuldhaft eine ungerechtfertigte Mietzinsreduktion zu Lasten der Klägerin vorgenommen habe.
[8] Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass der behauptete Schaden aus einer einzelnen schädigenden Handlung des Beklagten, nämlich dem Abschluss des Mietvertrags mit dem reduzierten Mietzins, resultierte. Warum es sich im vorliegenden Fall beim fortlaufenden monatlichen Mietzinsentgang nicht um voraussehbare weitere Teilschäden, sondern um einefortgesetzte Schädigunghandeln sollte, wird in der Revision nicht dargelegt und solcherart keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufgezeigt.
[9] 4. Nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen hat das Erstgericht jegliche Vorsatzform iSd § 5 StGB des Beklagten hinsichtlich einer Vermögensschädigung der Klägerin verneint. Auf dieser Sachverhaltsgrundlage ist die Ablehnung der Verwirklichung des strafrechtlichen Tatbestands der Untreue (§ 153 StGB) und der Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht korrekturbedürftig (vgl RS0094860; RS0106192 [T3]; vgl auch RS0090558).
[10] Soweit die Revision darzulegen versucht, weshalb richtigerweise doch ein vorsätzlich schädigendes Handeln des Beklagten festgestellt hätte werden müssen, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.
[11] 5. Ausgehend von der von den Vorinstanzen angenommenen bereits eingetretenen Verjährung ist auch die Relevanz der behaupteten Feststellungsmängel nicht erkennbar, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat.
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