OGH 9ObA148/05p

OGH9ObA148/05p27.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Mag. Thomas Maurer-Mühlleitner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L***** & S***** (Österreich) Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Ludwig K*****, Angestellter, *****, vertreten durch Oberhofer, Lechner, Hibler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert EUR 1,077.738,13 sA), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Mai 2005, GZ 7 Ra 55/05t-56, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 3. November 2004, GZ 26 Cga 226/01x-48, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte war seit den 70er-Jahren Alleingeschäftsführer der A***** ***** GmbH mit dem Sitz in Wien, deren Firma später in „S***** Control ***** GmbH" (- im folgenden kurz „S***** Control" genannt -) geändert wurde. Der Beklagte war bis 29. 1. 1997 als Alleingeschäftsführer dieser Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen. Der Betriebsstandort in Wien *****., I***** K*****straße 3, der 1987 bezogen wurde, wurde wie folgt finanziert: Die R***** ***** AG gründete eigens für dieses Projekt die R***** III ***** Leasing GmbH, welche die Liegenschaft ankaufte und darauf entsprechend den Bedürfnissen der „A*****" (= der späteren „S***** Control") Gebäude und Anlagen errichtete. Zwischen der R***** III und der „A*****" wurde ein Leasingvertrag abgeschlossen, der zunächst eine Laufzeit von 15 Jahren (bis 2002) haben sollte und eine indexgesicherte monatliche Leasingrate von rund ATS 220.000 netto vorsah. Gleichzeitig wurde eine Kaufoption für die Leasingnehmerin vereinbart, der zufolge bei Ablauf des Leasingvertrags das Objekt zum Verkehrswert übernommen werden könnte. Diese Vereinbarung wurde später dahin geändert, dass die Laufzeit des Leasingvertrags bis Ende 2007 verlängert wurde und zu diesem Zeitpunkt die steuerlich voll abgeschriebenen Gebäude, deren Baukosten bereits durch die Leasingentgelte gedeckt wären, keinen Restwert mehr haben sollten, während die Liegenschaft selbst zu einem Preis von ATS 5,3 Mio übernommen werden könnte. Eine Ausübung der Kaufoption konnte nicht vor November 2007 erfolgen. In der Folge kam es zu schwankenden Leasingentgelten, die bis zu ATS 316.133,02 monatlich anstiegen, aber dann auch auf monatlich ATS 238.455,01 „und noch tiefer" sanken. Alleingesellschafterin der S***** Control ***** Gesellschaft mbH war - jedenfalls seit der Ersterfassung im neuen Firmenbuch per 12. 5. 1994 - die S***** Control***** AG, S*****, Schweiz, welche dem schweizerischen E*****-Konzern zugehörte. Per 31. 12. 1995 erwarb die E*****-Gruppe die Aktien der L***** & G***** AG und verfolgte das Ziel, die in Österreich bislang getrennt operierenden Unternehmen der beiden Konzerne zu vereinen, wobei in Österreich einem Unternehmen der L***** & G*****-Gruppe der Vorzug gegeben werden sollte. Konkret sollte die „S***** Control" in die neu zu gründende L***** & S***** (Österreich) GmbH hineinverschmolzen werden, was (nach der Ablösung des Beklagten) auch geschah. Die L***** & S***** (Österreich) GmbH wurde in der Folge in die klagende L***** & S***** (Österreich) Aktiengesellschaft hineinverschmolzen, sodass diese (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin auch der „S***** Control" ist. Bereits Anfang des Jahres 1996 wurde der Beklagte von dem späteren Vorhaben mit der Mitteilung verständigt, dass nicht er, sondern Dipl.Ing. Heinz F***** Geschäftsführer der fusionierten Unternehmen werden solle. Wenngleich die Funktion des Klägers als Geschäftsführer der „S***** Control" erst am 29. 1. 1997 gelöscht wurde (- gleichzeitig wurde Dipl.Ing. F***** als Alleingeschäftsführer eingetragen -), endete seine operative Tätigkeit schon mit 30. 9. 1996. Vom 28. 9. 1996 bis 30. 11. 1996 war der Beklagte formell Mit-Geschäftsführer der neu eingetragenen L***** & S***** (Österreich) GesmbH mit dem Sitz in der B*****straße. Bereits seit Juni 1996 übersiedelten die Mitarbeiter der „S***** Control" - mit Ausnahme der Osteuropaabteilung und des Kundenzentrums - an den Standort in der B*****straße.

Ebenfalls im Juni 1996 übernahm die von Dr. J*****, einem Bekannten des Beklagten, dominierte K***** Handelsgesellschaft mbH die Anteile von „R*****" an der R***** III, der Leasinggeberin der „S***** Control". Zum Geschäftsführer der Leasinggesellschaft, deren Firma in „A*****-Immobilien-Leasing Gesellschaft mbH" abgeändert wurde, wurde Dr. J***** bestellt.

Anlässlich einer Einladung im Hause des Dr. J***** machte dieser dem Beklagten in dessen Eigenschaft als Noch-Alleingeschäftsführer der „S***** Control" den Vorschlag, dass diese gegen Aufgabe der Kaufoption an der Betriebsliegenschaft I*****-K*****-Straße 3 eine Zahlung von ATS 6 Mio erhalten könnte. Der Beklagte nahm sich zunächst Bedenkzeit und erklärte schließlich, er werde dem Vorschlag bei einer Abstandszahlung von ATS 8 Mio zustimmen. Schließlich kam es am 25. 9. 1996 zu einer schriftlichen Vereinbarung, mit welcher die „S***** Control" der A*****-Immobilien-Leasing GmbH anbot, auf die ab 30. 11. 2007 ausübbare Kaufoption gegen eine Bezahlung von ATS 8 Mio (wertgesichert) zu verzichten, gleichzeitig wurde der „S***** Control" die Option eingeräumt, frühestens mit 1.Feber 1999 aus dem Leasingvertrag auszusteigen, wofür ebenfalls eine Zahlung von ATS 8 Mio seitens der Leasinggeberin fällig werden sollte. Auch die Option der Leasinggeberin erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Feber 1999 bis spätestens 31. 12. 2007. Der Beklagte legte weder Dipl.Ing. F***** oder einer anderen befugten Person der einzigen Gesellschafterin die Vertragsurkunde vor noch legte er gegenüber diesen Personen den Umstand des Vertragsschlusses offen. Am 18. 12. 1996 wurde der Beklagte zu einem Gespräch mit Vertretern der Konzernmutter bzw. Gesellschafterin gebeten. Dabei wurde ihm einerseits vorgeworfen, am 1. 11. 1996 für das Unternehmen nachteilige Untermietverträge mit zwei Unternehmen abgeschlossen zu haben. Andererseits wurde er mit dem Vorwurf konfrontiert, die Übernahme der Leasinggebergesellschaft durch einen Bekannten bzw dessen Gesellschaft vermittelt zu haben, was einen groben Vertrauensbruch darstelle. Nach Ansicht der Vertreter der Muttergesellschaft habe dem Beklagten bekannt sein müssen, dass ein „guter Draht" zu „R*****" bestanden habe, der auch dazu genützt hätte werden können, gewinnbringend frühzeitig aus dem Leasingvertrag aussteigen bzw die Liegenschaft selbst gewinnbringend verwerten zu können. Durch den Gesellschafterwechsel in der Leasinggebergesellschaft sei dies verhindert worden. Der Beklagte wurde noch am selben Tag entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war den Vertretern der einzigen Gesellschafterin der „S***** Control" der Vertragsschluss vom 25. 9. 1996 noch nicht bekannt. Zu einem nicht näher dargelegten Zeitpunkt veräußerte die klagende Partei das - vermeintlich unbeschränkte - Optionsrecht zum Erwerb der Liegenschaft I***** K*****-Straße 3 an die S***** Österreich AG zu einem Preis von ATS 14,830.000.

Mit ihrer am 27. 9. 2001 eingelangten Klage begehrte die Klägerin (Hauptbegehren) die Feststellung, dass der Beklagte schuldig sei, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch den Abschluss der Vereinbarung vom 25. 9. 1996 über die Aufgabe der Optionsrechte für die Erlangung des Eigentums an der Liegenschaft I***** K*****-Straße 3, EZ ***** Grundbuch ***** G*****, entstanden sei und noch weiter entstehen werde, insbesondere hinsichtlich des Kaufpreises von ATS 14,800.000 sA ab Zuzählung an die Klägerin sowie hinsichtlich aller Kosten des Verfahrens zur Aufhebung der Vereinbarung vom 25. 9. 1996 zwischen der A***** Immobilien Verwaltungs GmbH einerseits und der S***** Control ***** GesmbH; mit dem Eventualbegehren beantragte die Klägerin, den Beklagten für schuldig zu erklären, der Klägerin ATS 14,830.000 samt 5 % Zinsen seit 24. 9. 1999 zu zahlen sowie die Feststellung, dass der Beklagte schuldig sei, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch den Abschluss der Vereinbarung vom 25. 9. 1996 über die Aufgabe des Optionsrechtes für die Erlangung des Eigentums an der Liegenschaft I***** K*****-Straße 3, EZ ***** Grundbuch ***** G*****, entstanden sei und noch weiter entstehen werde. Dazu brachte sie im wesentlichen - soweit vom Klagebegehren gedeckt - vor: Der Beklagte habe gewusst, dass er derart gravierende Schritte wie die Änderung des Leasing- und Optionsvertrages nur in Übereinstimmung mit der Konzernmutter hätte tätigen dürfen. Dies habe auch der Geschäftsführer der Leasinggebergesellschaft gewusst, gegen die ein Prozess betreffend Anfechtung dieses Vertrages anhängig sei. Dieses Geschäft sei für die Klägerin bzw deren Vorgängergesellschaft nachteilig gewesen. Diese könne nun nicht mehr frei von ihrer Kaufoption Gebrauch machen, sondern laufe Gefahr, dass die Leasinggebergesellschaft ihrerseits die Vertragsauflösungsoption in Anspruch nehme. So habe die Klägerin im Glauben an das aufrechte Optionsrecht dieses an die S***** Österreich AG verkauft und laufe nunmehr Gefahr, dass bei einer Optionsausübung durch die Leasinggeberin der Kaufpreis zurückbezahlt werden müsse. Auf diesen Umstand werde das Hauptbegehren gestützt. Selbst wenn dem Hauptbegehren nicht stattgegeben werde, sei dem Beklagten das schuldhafte Verschweigen des Vertragsabschlusses vorzuwerfen. Nur dadurch habe es geschehen können, dass das vermeintlich aufrechte Optionsrecht veräußert worden sei. Auch daraus sei ein Schaden (in Höhe des Kaufpreises für die Übertragung der Option) entstanden. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren. Er sei bis zuletzt und ohne Rückfrage bei der Konzernmutter berechtigt gewesen, als Alleingeschäftsführer der „S***** Control" den Vertrag vom 25. 9. 1996 zu schließen. Daraus sei der Gesellschaft auch kein Schaden entstanden, da ein Verzicht der Leasingnehmergesellschaft auf die Kaufoption gegen Zahlung von ATS 8 Mio oder die Optionsausübung durch die Leasinggebergesellschaft - ebenfalls gegen Zahlung von ATS S 8 Mio - allemal günstiger gewesen sei als das Weiterzahlen der Leasingbeträge bis zum Ende der Laufzeit des Leasingvertrages und der anschließende Erwerb der Liegenschaft um ATS 5,3 Mio, weil ein allfälliger Weiterveräußerungserlös diese Aufwendungen nicht gedeckt hätte. Im Übrigen seien allfällige Ansprüche der Klägerin gemäß § 25 Abs 6 GmbHG verjährt, weil sie nicht innerhalb der - objektiven - Verjährungsfrist geltend gemacht worden seien.

Die Klägerin bestritt dieses Vorbringen, insbesondere den Eintritt einer Verjährung.

Das Erstgericht wies Klagehaupt- und -eventualbegehren ab. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt gelangte es zur rechtlichen Auffassung, dass allfällige Ansprüche aus dem Vertragsschluss vom 25. 9. 1996 bereits bei Klagseinbringung verjährt gewesen seien, weil es sich bei der Frist des § 25 Abs 6 GmbHG um eine objektive Frist handle. Im Übrigen sei der Klägerin aus der Verschweigung des Umstands des Vertragsabschlusses vom 25. 9. 1996 kein Schaden entstanden. Eine allfällige Untreuehandlung des Beklagten durch ein Zusammenspiel mit dem Geschäftsführer der Leasinggebergesellschaft sei schon deshalb nicht zu prüfen, weil ein diesbezüglich gegen den Beklagten eingeleitetes Strafverfahren eingestellt worden sei. Das Berufungsgericht teilte zwar die Rechtsauffassung des Erstgerichts, dass § 25 Abs 6 GmbHG eine von der Kenntnis des Geschädigten unabhängige objektive Verjährungsfrist sei, dass aber das Verfahren aus anderen Gründen ergänzungsbedürftig sei und hob das Urteil des Erstgerichts auf. Da der Vertragsschluss vom 25. 9. 1996 nicht nur unter dem Blickwinkel des § 25 Abs 6 GmbHG zu prüfen sei, sei Haftung des Geschäftsführers nicht jedenfalls auszuschließen. Trotz der das Zivilgericht nicht bindenden Einstellung des Strafverfahrens könne eine Untreuehandlung nicht ausgeschlossen werden, für deren Verjährung die Frist des § 25 Abs 6 GmbHG jedoch nicht gelte. Dies zu beurteilen, reichten jedoch die Feststellungen des Erstgerichts nicht aus. Auch fehle es - insbesondere für die Beurteilung des Eventualbegehrens - an Feststellungen, wann die Klägerin ihr Optionsrecht an die S***** AG veräußert habe und ob sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits Kenntnis von der Vereinbarung vom 25. 9. 1996 hatte. In diesem Fall sei ein möglicher Schadenseintritt nur von ihr selbst zu verantworten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Verjährungsfrist des § 25 Abs 6 GmbHG gesicherte und aktuelle Rechtsprechung fehle und das Berufungsgericht in seiner Beurteilung von der (- gemeint: zu § 84 Abs 6 AktG ergangenen -) Rechtsprechung abgegangen sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin mit einer Rechtsrüge. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Aufhebung, sondern nur gegen die Begründung und den Umfang der im Aufhebungsbeschluss enthaltenen Aufträge an das Erstgericht.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.

Den Parteien steht der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss nicht nur dann zu, wenn sie die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung bekämpfen, sondern auch dann, wenn sie lediglich die dem Erstgericht erteilten Aufträge und Bindungen anfechten, obwohl sich diese nur aus den Gründen des Beschlusses ergeben, da nicht nur die Aufhebung selbst, sondern auch eine nachteilige Rechtsansicht im Aufhebungsbeschluss die verfahrensrechtliche Stellung der Parteien beeinträchtigt (stRsp RIS-Justiz RS0007094).

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass ergänzende Feststellungen über ein mögliches Zusammenspiel des Beklagten mit dem späteren Geschäftsführer der Leasinggebergesellschaft, Dr. J*****, nicht erforderlich sind. Das Klagehaupt- und -eventualbegehren bezieht sich nämlich eindeutig nur auf den Vertrag vom 25. 9. 1996 bzw dessen Verschweigen durch den Beklagten gegenüber der Gesellschaft als schadensstiftendes Ereignis, nicht jedoch auf eine allenfalls davor gelegene Ursache.

Hingegen verdient - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - der Vertragsschluss vom 25. 9. 1986 auch ohne Vorliegen eines strafbaren Tatbestandes entsprechende Beachtung, zumal der erkennende Senat die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu § 25 Abs 6 GmbHG nicht teilt.

Gemäß § 25 Abs 2 GmbHG haften Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden. Gemäß § 25 Abs 6 GmbHG verjähren die Ersatzansprüche in fünf Jahren. Über den Charakter dieser fünfjährigen Verjährungsfrist ist die Lehre geteilt:

Gellis/Feil (Kommentar zum GmbH-Gesetz6, § 25 Rz 30) vertreten die Meinung, dass die Verjährung schon mit der Entstehung des Anspruchs und nicht erst mit der Kenntnis des Schadens und des Schädigers beginnt und berufen sich dazu auf die „herrschende Ansicht". Nach Wünsch (Kommentar zum GmbH-Gesetz § 25 Rz 117) ist die Bestimmung grundsätzlich objektiv auszulegen, das heißt, dass sie mit dem Zeitpunkt des Entstehens des Schadenersatzanspruches beginnt. Für eine objektive Berechnungsmethode sprechen sich auch Reich-Rohrwig (Das österreichische GmbH-Recht I² Rz 2/423) und Koppensteiner (GmbH-Gesetz § 25 Rz 23) aus. Die beiden letztgenannten Autoren leiten ihre Ansicht aus einer systematischen Zusammenschau des § 25 Abs 6 mit anderen Verjährungsregeln des GmbH-Gesetzes (§ 10 Abs 5, § 24 Abs 4 und § 26 Abs 2) ab.

Der vorgenannten Ansicht traten zunächst Runggaldier/Schima (Manager-Dienstverträge², 140) entgegen: Die Meinung, dass die Verjährungsfrist des § 25 Abs 6 GmbHG unabhängig von der Kenntnisnahme des Geschädigten eintritt, sei schon deshalb sehr fragwürdig, weil eine unterschiedliche Behandlung von Vorstandsmitgliedern einer AG, Genossenschaft und Sparkasse einerseits und GmbH-Geschäftsführern andererseits durch nichts begründet sei und weil Abweichungen von der allgemeinen Regel für Schadenersatzansprüche, wonach die Verjährungsfrist erst mit der Kenntnis von Schaden und Schädiger beginne, einer speziellen Rechtfertigung bedürften, die im Falle des GmbH-Geschäftsführers nicht ersichtlich sei. In jüngster Zeit traten auch Eckert/Linder („Verjährung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder" in ecolex 2005, 449 f) der Ansicht entgegen, es handle sich um eine objektive Verjährungsfrist. § 25 Abs 6 GmbHG enthalte die gleichlautende Regelung wie § 84 Abs 6 AktG, wo von der Rechtsprechung subjektive Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger verlangt werde. Für das schon seit 1906 in Kraft stehende GmbH-Gesetz wiege jedenfalls das Argument der „Rechtseinheit" innerhalb des österreichischen Rechts noch schwerer als für die Bestimmung des § 84 Abs 6 AktG. Die (von Reich-Rohrwig und Koppensteiner aaO) ins Treffen geführte systematische Interpretation unter Heranziehung anderer Haftungsbestimmungen des GmbH-Gesetzes überzeuge nicht: In den §§ 10 Abs 5 und 26 Abs 2 GmbHG stünden mit dem für den Fristenlauf relevanten Eintragungs- bzw Anmeldezeitpunkt leicht feststellbare Ereignisse zur Verfügung, die für den Anknüpfungspunkt als vorzugswürdig erschienen. Auch der objektive Lauf der Frist gemäß § 24 Abs 4 GmbHG sei kein durchschlagendes Argument, da gerade in dieser Bestimmung neben der objektiven außerdem noch (und vorrangig) eine subjektive Frist bestehe. Zur vergleichbaren Bestimmung (Reich-Rohrwig aaO) des § 84 Abs 6 AktG hat der Oberste Gerichtshof bereits dreimal übereinstimmend Stellung

genommen (2 Ob 356/74 = SZ 48/79; 5 Ob 306/76 = EvBl 1978/4; 3 Ob

536/77 = GesRZ 1978, 36, jeweils in RIS-Justiz RS0034715).

Übereinstimmend heißt es dort, dass § 84 Abs 6 AktG nichts über den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist von fünf Jahren für Ersatzansprüche der AG aus Obliegenheitsverletzungen ihrer Verwaltungsorgane aussagt. Nach dem BGB (Anmerkung: in der damals geltenden Fassung) komme dafür grundsätzlich der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs in Betracht, wie dies § 198 BGB (Anmerkung: in der damals geltenden Fassung) allgemein in seinem ersten Satz formuliere. Für das österreichische Recht müsse infolge des Schweigens des Aktienrechts und des ihm nahestehenden sonstigen Gesellschaftsrechts zu dieser Frage auf die grundsätzliche Regel des § 1489 ABGB zurückgegriffen werden, wonach es auf den Zeitpunkt ankomme, zu welchem der Schaden und die Person des Schädigers bekannt wurden. Die gegenteilige Ansicht Kastners (GesRZ 1975, 106) lehnte der Oberste Gerichtshof ausdrücklich ab. Auch könne nicht damit argumentiert werden, dass das Aktiengesetz 1937 mit dem zur Zeit der Einführung geltenden deutschen Recht eingeführt worden sei, weil jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1965 jede Analogie zum deutschen bürgerlichen Recht ausgeschlossen sei. Diese Auffassung fand in der Literatur (Strasser in Jabornegg/Strasser AktG4 § 84 Rz 110; Jud/Grünwald „Überlegungen zum Fristenlauf im Zusammenhang mit Vergleichen und Verzichten der Aktiengesellschaft mit ihren Organmitgliedern" in NZ 1993, 185, 187) ausdrückliche Zustimmung.

Diesen Erwägungen schließt sich der erkennende Senat auch hinsichtlich § 25 Abs 6 GmbHG an. Allein der Umstand, dass sich das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung eng an sein deutsches Vorbild anlehnt (Skerlj „Das Gesetz vom 6. März 1906, RGBl Nr 58 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung"², VII), vermag nicht dazu zu führen, dass eine Analogie zum deutschen Recht in der Form zu ziehen ist, dass der Lauf von in diesem Gesetz genannten Verjährungsfristen allgemein objektiv, dh ab Entstehen des Anspruchs, zu berechnen sei. Damit kommt aber auch dem rechtsvergleichenden Argument des Berufungsgerichtes keine erhebliche Bedeutung zu, wonach der deutsche Gesetzgeber nunmehr trotz Abkehr vom objektiven Verjährungsprinzip bei der mit § 25 Abs 6 GmbHG korrespondierenden Bestimmung des § 43 Abs 4 dGmbHG an einer objektiven Verjährung festgehalten habe.

Vielmehr hat auch hier zu gelten, dass mangels Aussage des GmbH-Gesetzes über den Beginn des Laufes dieser Verjährungsfrist für das österreichische Recht auf die grundsätzliche Verjährungsregel des § 1489 ABGB zurückzugreifen ist und es somit auf den Zeitpunkt ankommt, zu welchem der Schaden und die Person des Schädigers dem Beschädigten bekannt wurden. Was die von Reich-Rohrwig und Koppensteiner aaO angenommene Gesetzessystematik anlangt, kann auf die zutreffenden Gegenargumente von Eckert/Linder aaO verwiesen werden, denen sich der erkennende Senat anschließt. Da der Beklagte einziger Geschäftsführer war, kann eine „Kenntnis" von Schaden und Schädiger frühestens dann eingetreten sein, als die einzige Gesellschafterin, dh die für sie handelnden natürlichen Personen, vom Inhalt des Vertrags Kenntnis erlangt haben; (vgl Koppensteiner aao § 24 Rz 15 betreffend die dreimonatige, subjektive Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft aus Verstößen gegen das Konkurrenzverbot). Dieser Zeitpunkt lag nach den Feststellungen jedenfalls innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vor Klageeinbringung.

Auf die Beantwortung der Frage, ob das behauptete Verhalten des Beklagten auch deliktischer Natur sei, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht mehr an.

Dem vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Argument einer unzumutbaren Belastung von Geschäftsführern mit Ansprüchen aus einer länger zurückliegenden Geschäftsführertätigkeit ist Folgendes entgegenzuhalten: Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG sind die Geschäftsführer zu entlasten. Wird dem Geschäftsführer die Entlastung erteilt und war der Generalversammlung die Pflichtwidrigkeit bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen und Berichte erkennbar oder allen Gesellschaftern bekannt, dann ist die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer für die betreffende Periode ausgeschlossen (Gellis/Feil aaO § 25 Rz 33; Kostner/Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung5 Rz 293). Es liegt also am Geschäftsführer, eine spätere Inanspruchnahmen seiner Haftung durch entsprechend genaue und vollständige Berichte an die Gesellschafterversammlung hintanzuhalten. Hingegen ist ein Geschäftsführer gerade dann, wenn er von ihm gesetzte, der Gesellschaft möglicherweise nachteilige Handlungen verschweigt, nicht schutzwürdig.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher festzustellen sein, ob der Vertrag vom 25. 9. 1996 vom Beklagten entgegen der - behaupteten - Weisung der Gesellschafterin zustande gekommen ist, wonach derartige Verfügungen nur noch mit Zustimmung eines Konzernvertreters bzw des in Aussicht genommenen Geschäftsführers der später aufnehmenden Gesellschaft hätten erfolgen dürfen. Darüber hinaus bedarf es aber auch Feststellungen, die die Beurteilung eines wahrscheinlichen Schadenseintritts erlauben: Insbesondere wird festzustellen sein, ob die gegenseitig eingeräumte Option auf Aufhebung des Leasingvertrages unter Verzicht auf die Kaufoption gegen Bezahlung eines Betrages von wertgesicherten ATS 8 Mio für die Klägerin objektiv nachteilig sein könnte oder nicht. Zu diesem Zwecke wird vergleichsweise zu ermitteln sein, welche Belastungen der Klägerin voraussichtlich - abzüglich allfälliger erzielbarer (Unter-)Mietzinse - einschließlich der Zahlung des Restkaufpreises bei voller Laufzeit des Leasingvertrags entstanden wären und welchen Erlös sie dann aus einem Verkauf der Liegenschaft hätte erzielen können. Dem wird die Situation bei einer Inanspruchnahme der am 25. 9. 1996 eingeräumten Option durch die Parteien des Leasingvertrags gegenüberzustellen sein. Soweit - allenfalls - im Rahmen des Eventualbegehrens das Verschweigen des Vertragsschlusses durch den Beklagten als Schadensursache in Frage kommt, kann auf die diesbezüglichen Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichts verwiesen werden. Da sich an der formellen Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht nichts ändert, kann der Spruch nur dahin lauten, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben wird (6 Ob 160/01z). Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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