OGH 5Ob182/22h

OGH5Ob182/22h21.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft des Hauses *, vertreten durch W* GmbH, *, diese vertreten durch Dr. Philipp Millauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Mag. Elisabeth Freilinger-Gößler, Rechtsanwältin in Wilhelmsburg, wegen 23.977,58 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 20. April 2022, GZ 21 R 216/21d‑23, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 31. August 2021, GZ 5 C 368/20z‑18, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00182.22H.1221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.177,52 EUR (darin 362,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.015,86 EUR (darin 248,31 EUR USt und 1.526 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist die Eigentümergemeinschaft einer Wohnhausanlage, die unter anderem aus einem Wohnhaus (Block B), einem Hochhaus (Block C), einem Geschäftstrakt (Block D) sowie Garagen und PKW-Abstellplätzen besteht. Der Beklagte ist Eigentümer von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum an einem Geschäftslokal („Lokal 4“) im Geschäftstrakt (Block D) dieser Anlage verbunden ist. Der Geschäftstrakt Block D ist von dem dahinter befindlichen Hochhaus (Block C) baulich getrennt.

[2] Der Beklagte hatte am 13. Juni 1967 einen Optionsvertrag mit dem damaligen Liegenschaftseigentümer („Verein *“, im Folgenden: „Verein“) geschlossen, der eine Option auf Begründung von Wohnungseigentum an einem Geschäftslokal einräumte. Den (im Februar 1981 dem Finanzamt angezeigten) „Kaufvertrag und Übereinkommen über das Wohnungseigentum“ (im Folgenden: Wohnungseigentums-vertrag) unterfertigte der Beklagte in der Folge nicht. In Punkt XII dieses Wohnungseigentumsvertrags vereinbarten sämtliche Miteigentümer, dass sämtliche Betriebs- und Instandhaltungskosten nach „separaten Verrechnungs-einheiten“ für das Wohnhaus (Block B), das Hochhaus (Block C), den Geschäftstrakt (Block D) und den Garagentrakt (Blöcke E, E1, F, F1) verrechnet werden sollten, wobei dies auch „für den Reparaturreservefonds“ gelten sollte. Der Beklagte bezog und benützte das Geschäftslokal „Lokal 4“ ab dem Jahr 1971. Nach einer vom Beklagten erhobenen Klage erging am 28. Juni 1983 ein Anerkenntnisurteil, das die Grundlage für die Verbücherung seines Eigentumsrechts an den Liegenschaftsanteilen im Jahr 1986 bildete, mit denen das Wohnungseigentum am „Lokal 4“ im Block D untrennbar verbunden ist. Der Beklagte wurde dadurch Rechtsnachfolger des Vereins, der bis dahin Eigentümer dieser Anteile war, wobei damals bereits mit diesen Anteilen das Wohnungseigentum am „Lokal 4“ verbunden war. Sämtliche andere Käufer außer dem Beklagten (und einer weiteren Person) unterfertigten den Wohnungseigentumsvertrag; auch der Verein (Rechtsvorgänger des Beklagten) und ebenso auch die Rechtsvorgängerin der weiteren Person.

[3] Die Betriebs-, Instandhaltungs- und Heizkosten wurden – wie in Punkt XII des Wohnungseigentumsvertrags festgelegt – stets gesondert nach den einzelnen Blöcken verrechnet, was auch der Beklagte nicht beanstandete, sondern selbst für rechtmäßig erachtete. Am 20. Mai 1987 übermittelte der Beklagte der Hausverwaltung eine Vereinbarung über die Verrechnung der Instandhaltungskosten zwischen den damaligen Wohnungseigentümern des Blocks D. Im Oktober 1993 schloss der Beklagte mit der damaligen zweiten Wohnungseigentümerin in Block D eine Vereinbarung über die „Kosten der Instandhaltung, Erneuerung und allfälliger Verbesserung“, die sowohl das Innere als auch „alle Außenseiten der Geschäftstrakte“ betraf. In dieser hielten die beiden Miteigentümer fest, dass sie übereingekommen seien, alle dem Geschäftstrakt „zuordenbaren Betriebs- und sonstigen Verbrauchskosten womöglich separat zu verrechnen und zu bezahlen, sodass sich die anteilmäßige Kostentragung gemeinsam mit dem Hochhaus möglichst nur auf jene Kostentangenten beschränken soll, die nicht objektweise zu trennen“ seien (Beilage ./D).

[4] Mit Bescheid vom 26. Februar 2016 hatte die Baubehörde sämtlichen Liegenschaftseigentümern die Behebung eines Baugebrechens beim Gebäudeblock D (durch den Abbruch oder die Wiederherstellung des 14,5 mal 1,9 Meter auskragenden, 9 cm dicken Betonvorsprungs, der sich abgesenkt hatte) aufgetragen. Die Klägerin gab die Sanierung in Auftrag und wies die dafür entstandenen Kosten (37.597,88 EUR netto) in der Jahresabrechnung aus, wodurch sich zum Jahresende 2019 ein Rückstand von insgesamt 42.717,85 EUR ergab. Der – dem Bescheid entsprechend abgebrochene – Betonbauteil war mit dem Gebäudeblock D fest verbunden gewesen und hatte eine Beschattung der Schaufenster des Lokals des Beklagten bewirkt; zusätzlich konnten Fußgänger unter diesem Dach am Gebäude entlang gehen, es reichte aber nicht bis zum Zugang zum dahinter liegenden Hochhaus.

[5] Da in der Vergangenheit über Jahre unbeanstandet – auf Basis der Information der Eigentümer der in Block D befindlichen Objekte, dass sie Reparaturen im Block D selber bezahlen würden, – für Reparaturen an Block D keine Vorschreibungen für eine Rücklage erfolgt waren, schrieb die Klägerin (zur Vermeidung von Liquiditätsproblemen) dem Beklagten im Jänner 2020 einen Betrag von 22.157,80 EUR für (anteilige) „Reparaturrücklage“ vor; gleichzeitig forderte sie in einem Parallelverfahren von der weiteren Miteigentümerin der anderen Geschäftslokale den korrespondierenden Anteil ein. Die rechnerische Richtigkeit dieses Betrags ist unstrittig; Streitpunkt ist nur die Frage der Verrechnung dieser Kosten nach gesonderten Abrechnungseinheiten oder nach Miteigentumsanteilen.

[6] Die Klägerin begehrte vom Beklagten Zahlung des offenen Betrags für die Reparaturrücklage. Der Beklagte sei an die Vereinbarung über die gesonderten Abrechnungseinheiten gebunden; es handle sich um Kosten der Instandhaltung des Gebäudes Block D.

[7] Der Beklagte wendete zusammengefasst ein, er habe die Vereinbarung über die abweichende Verrechnung der Kosten nie unterfertigt und sei daran nicht gebunden. Die Kosten, die außerdem allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen hätten, seien daher von sämtlichen Miteigentümern zu tragen.

[8] Das Erstgericht gab der Klage statt.

[9] Im Geltungsbereich des WEG 1975 hätten Vereinbarungen über abweichende Verrechnungseinheiten oder Verteilungsschlüssel für ihre Rechtswirksamkeit der Schriftform bedurft. Dieses Erfordernis sei durch den Vertrag aus dem Jahr 1981, den sämtliche Wohnungseigentümer und auch die Rechtsvorgängerin des Beklagten unterfertigt hätten, erfüllt. Der Wechsel im Eigentum habe daran nichts geändert. Der Beklagte habe zwar die Vereinbarung nicht unterfertigt, aber niemand habe das für erforderlich angesehen; außerdem habe sich der Beklagte selbst auf diese Regelung berufen. Beim Inkrafttreten des 3. WÄG sei daher die Vereinbarung über die Abrechnungseinheiten immer noch rechtsgültig gewesen. Die hier geltend gemachten Kosten seien Reparatur- und Instandhaltungskosten für das Gebäude Block D und sie seien daher vereinbarungsgemäß nur den Miteigentümern dieses Geschäftstrakts zu verrechnen.

[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte die Entscheidung dahin ab, dass es den Beklagten zur Zahlung von nur 1.801,14 EUR sA verpflichtete und das Mehrbegehren abwies.

[11] Die Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten sei im Jahr 1981 abgeschlossen und der Beklagte sei im Jahr 1986 einverleibt worden. Die Vereinbarung habe daher der Schriftform bedurft und für einen Übergang auf den Rechtsnachfolger sei eine vertragliche Überbindung erforderlich gewesen. Der Beklagte sei als neuer Wohnungseigentümer aufgrund der Rechtslage zwischen 1975 und 1994 nicht daran gebunden, weil er keinen schriftlichen Beitritt zu der von seinem Rechtsvorgänger unterfertigten Vereinbarung über gesonderte Verrechnungseinheiten erklärt habe. Er habe daher die erhöhte Reparaturrücklage nur im Ausmaß seines Miteigentumsanteils zu tragen.

[12] Das Berufungsgericht ließ – über Antrag der Klägerin – die Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, wie ein Beitritt zu einer Vereinbarung über gesonderte Abrechnungseinheiten in einer ebenfalls dem Schriftlichkeitsgebot genügenden Weise ausgestaltet sein müsse; an der Richtigkeit der Beurteilung, nach der dem Schriftlichkeitsgebot nach damaliger Rechtslage nicht entsprochen worden sei, könnten hier Zweifel bestehen.

[13] In ihrer Revision wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt die Klägerin die Abänderung im klagestattgebenden Sinn, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht.

[14] Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

[15] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[16] 1. Auf die von der Klägerin gerügte Aktenwidrigkeit muss nicht eingegangen werden, weil sie nur die vom Berufungsgericht seiner abändernden Entscheidung zugrunde gelegte, aus rechtlichen Gründen allerdings nicht relevante Höhe der von der Klägerin für die Behebung des Baugebrechens aufgewendeten und in der Jahresabrechnung ausgewiesenen Kosten betrifft. Die Höhe der von der Klägerin insgesamt geltend gemachten Forderung ist hingegen – wie bereits erwähnt – unstrittig, maßgeblich ist nur die Frage der Aufteilung der Kosten auf die Wohnungseigentümer.

[17] 2.1 Gemäß § 32 Abs 2 WEG können sämtliche Wohnungseigentümer (ua) einen vom Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile nach § 32 Abs 1 WEG abweichenden Aufteilungsschlüssel oder eine von der Liegenschaft abweichende Abrechnungseinheit festlegen. Solche Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Die Festsetzung einer abweichenden Abrechnungseinheit führt dazu, dass die Abrechnungseinheit Liegenschaft unterteilt wird und innerhalb der Liegenschaft für jede Einheit, etwa bestimmte Häuser einer Liegenschaft, eigene Abrechnungen zu legen sind (vgl RIS‑Justiz RS0122484 [T6]). Durch eine solche Vereinbarung wird auch der Kreis der Miteigentümer bestimmt, die jeweils die Aufwendungen für diese Abrechnungseinheit zu tragen haben (5 Ob 160/18t).

[18] 2.2 Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, war in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des WEG 1975 und dem 3. WÄG (also zwischen dem 1. 9. 1975 und dem 1. 3. 1994) die Rechtslage im Bezug auf die Wirksamkeit einer seinerzeit wirksamen mündlichen Vereinbarung sämtlicher Wohnungseigentümer über einen vom Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile abweichenden Aufteilungsschlüssel so, dass ein durch Rechtsnachfolge neu hinzukommender Wohnungseigentümer nur dann an die Vereinbarung gebunden war, wenn er dieser in Schriftform beigetreten oder in einer ebenfalls dem Schriftlichkeitsgebot des § 19 Abs 1 Z 2 WEG 1975 genügenden Weise in die Rechtsstellung des früheren Miteigentümers (seines Einzelrechtsvorgängers) eingetreten war (5 Ob 274/04m mwN; 5 Ob 120/01k). Ein konkludenter Beitritt eines Wohnungseigentümers zu einer bestehenden Vereinbarung kam daher seit dem Inkrafttreten des WEG 1975 mit 1. September 1975 nicht mehr in Betracht. Wenn ein Einzelrechtsnachfolger, dem ein diesbezügliches Entscheidungsrecht zustand, den Beitritt zur seinerzeitigen (noch mündlich bzw konkludent wirksam geschlossenen) Vereinbarung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer ablehnte und damit die gesetzlich geforderte Übereinstimmung aller Miteigentümer nicht mehr erreicht werden konnte, war die getroffene Vereinbarung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer hinfällig (vgl RS0013676 [T4]). Solange ein neuer Miteigentümer, für den die Vereinbarung nicht kraft Rechtsübergangs galt, einen Beitritt zu dieser Vereinbarung aber nicht ablehnte, bestand – bis zum Inkrafttreten des 3. WÄG am 1. März 1994 – ein Schwebezustand, während dessen die anderen Miteigentümer (als Vertragspartner der ursprünglichen Vereinbarung) daran gebunden blieben (vgl RS0013676; s auch 5 Ob 205/14d zu einer Benützungsvereinbarung).

[19] 2.3 In der Entscheidung 5 Ob 72/17z erachtete der Fachsenat die von den Vorinstanzen bejahte Überbindung einer Vereinbarung über einen gesonderten Aufteilungsschlüssel durch die schriftliche Erklärung der Übernahme der Eigentumswohnung „in den bestehenden Rechten und Lasten“ wie sie der Verkäufer gehabt habe– unabhängig von einer subjektiven Kenntnis der gesonderten Aufteilungsvereinbarung – als wirksam. Vergleichbare Vertragsklauseln führten auch zur Bindung des Erwerbers an Benützungsregelungen (RS0013619). Ähnlich entschied der Senat dies zu 5 Ob 121/18g. In der Lehre stieß diese Rechtsprechung nicht auf Kritik (zu diesen allgemein formulierten Überbindungsklauseln s etwa Kothbauer in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II, § 32 WEG, Rz 31; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 32 Rz 38).

[20] 2.4 Seit dem Inkrafttreten des 3. WÄG sah § 19 Abs 2 WEG 1975 neben der Möglichkeit der Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels auch die einer Vereinbarung über gesonderte Abrechnungseinheiten vor. Aufgrund der am 1. 1. 1994 in Kraft getretenen Anordnung des § 19 Abs 5 WEG 1975 idF des 3. WÄG, BGBl 1993/800, hat der Wechsel eines Miteigentümers für den wirksam vereinbarten Aufteilungsschlüssel oder die Abrechnungseinheit keine Auswirkung mehr (Kothbauer in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II, § 32 WEG, Rz 61). Diese Bestimmung wurde wortgleich in § 32 Abs 7 WEG 2002 übernommen. Für die seither einer (Wohnungseigentümer‑)Gemeinschaft neu hinzugetretenen Einzelrechtsnachfolger besteht daher grundsätzlich eine unbedingte Bindung an bestehende Vereinbarungen, und zwar ohne Rücksicht auf die Kenntnis und das Fehlen einer Ersichtlichmachung im Grundbuch (5 Ob 187/12d mwN; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23, § 32 WEG Rz 14 mwN; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 32 Rz 55 ff; vgl auch RS0118841).

[21] 3.1 Allgemein soll das Erfordernis der Schriftform gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können (RS0017221 [T7]). Darüber hinaus liegt der Zweck der Schriftform im Übereilungsschutz, in der Beweissicherung oder in der Rechtssicherheit des Geschäftsverkehrs (vgl RS0124342; 4 Ob 6/19i mwN).

[22] 3.2 Für die Bestimmung des § 19 Abs 2 WEG 1975 idF des 3. WÄG, zu der die Gesetzesmaterialien keine näheren Erläuterungen enthalten (BlgNR18. GP IA 579/A AB 1268 , 134), kann ebenfalls davon ausgegangen werden, dass das Schriftformerfordernis einerseits bezweckt, den Wohnungseigentümern bewusst zu machen, dass sie durch eine solche Vereinbarung von der gesetzlichen Verteilung der Liegenschaftsaufwendungen abweichen, und es andererseits dazu dient, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Dies ist auch für die Vorgängerbestimmung des § 19 Abs 1 Z 2 WEG 1975, BGBl 1975/417, zur Möglichkeit einer schriftlichen Vereinbarung über einen abweichenden Verteilungsschlüssel anzunehmen, deren Zulässigkeit damals jeder Miteigentümer gemäß § 19 Abs 2 Z 1 WEG 1975 idF vor dem 3. WÄG vom Gericht überprüfen lassen konnte (näher dazu Faistenberger/Barta/Call, Kommentar zum WEG 1975, § 19 Rz 57 ff, Rz 81 f).

[23] 3.3 Wie bereits ausgeführt, war ein – seit dem Inkrafttreten des WEG 1975 nur noch schriftlich möglicher – Beitritt zu einer wirksamen Vereinbarung über einen abweichenden Verteilungsschlüssel bis zum Inkrafttreten der Bestimmung des § 19 Abs 5 WEG 1975 idF des 3. WÄG schon durch die schriftliche Übernahme der bestehenden Rechte und Pflichten des bücherlichen Vormanns anzunehmen (vgl 5 Ob 121/18g).

[24] 4.1 Im vorliegenden Fall wurde der Beklagte im Jahr 1986 Wohnungseigentümer des (bereits seit rund 15 Jahren von ihm genutzten) Geschäftslokals im Gebäude D nach seinem Rechtsvorgänger (Verein) auf der Grundlage eines Anerkenntnisurteils, das den Verein zur Übertragung des Eigentums an den Liegenschaftsanteilen verpflichtet hatte (Beilage ./4). Eine vertragliche Überbindung der im Jahr 1981 vom Rechtsvorgänger mit sämtlichen anderen Miteigentümern wirksam abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten für die einzelnen Gebäudekomplexe (Blöcke) der Anlage kann daher nicht vorliegen. Allerdings legen hier die konkreten Umstände– wie auch das Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung erkannte – eine Beurteilung dahin nahe, dass der Beklagte durch seine Vorgangsweise dieser Vereinbarung in einer dem Schriftformgebot des § 19 Abs 2 WEG 1975 (nun § 32 Abs 2 WEG 2002) genügenden Form beigetreten ist: Die beiden vom Beklagten der Hausverwaltung übermittelten schriftlichen Vereinbarungen aus den Jahren 1987 und 1993, in denen die Wohnungseigentümer des Geschäftstrakts nähere Einzelheiten über die gesonderte Verrechnung der Betriebs- und Instandhaltungskosten für den Geschäftstrakt „Block D“ festlegten, ist als Beitritt zur bestehenden Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten zu werten. Da eine allgemein formulierte Übernahme der „bestehenden Rechte und Lasten“ im schriftlichen Vertrag des Rechtsnachfolgers eines Wohnungseigentumsobjekts ausreichte, um der Schriftform nach § 19 Abs 2 WEG 1975 idF 3. WÄG zu genügen, lässt sich dies auch auf die schriftlichen Erklärungen des Beklagten im Bezug auf die gesonderte Verrechnung der Betriebs- und Instandhaltungskosten für die einzelnen Gebäude der Anlage übertragen. Von einer – wie die Revisionsbeantwortung meint – konkludenten Vereinbarung wird damit nicht ausgegangen, weil die schriftlichen Erklärungen des Beklagten so zu verstehen sind, dass er die bestehende Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten akzeptiert.

[25] 4.2 Die Beurteilung der von der Klägerin unstrittig für die Behebung des Baugebrechens aufgewendeten, der Höhe nach vom Beklagten nicht angezweifelten Kosten als solche der Instandhaltung des Gebäudes Block D ist ebenfalls zutreffend. Die vertragliche Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten (Punkt XII des Wohnungseigentumsvertrags) hat nur die gemeinsamen Aufwendungen wie Grundsteuer, Versicherung, Kosten der Außenanlagen und Gemeinschaftsflächen, Verwalterhonorar sowie Hauswartkosten von der gesonderten Verrechnung ausgenommen, „soweit sie nur gemeinsame Flächen der Gesamtanlage betreffen“. Wenn der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung meint, die Fläche unter dem (dem baubehördlichen Auftrag entsprechend abgebrochenen) Vordach sei ein allgemeiner Teil der Liegenschaft, so steht dies der Qualifikation des Aufwands zur Behebung des Baugebrechens am Vordach, das sich abgesenkt hatte und ein baulicher Teil des Gebäudes Block D war, nicht entgegen.

[26] 5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Bemessung der Kosten des Revisionsverfahrens ist der vom Berufungsgericht abgewiesene Betrag als Revisionsinteresse zugrunde zu legen und die verzeichneten Kosten waren daher entsprechend zu berichtigen.

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