European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00207.21H.0901.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschuss wird aufgehoben. Die Rechtsache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen und diesem die inhaltliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 939,24 EUR (darin enthalten 156,54 EUR) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte war bis 20. 5. 2020 zu 80/276 Anteilen Miteigentümerin einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet ist. Mit diesen Anteilen ist das ausschließliche Nutzungsrecht an der Wohnung W4 und dem Garagenplatz G3 verbunden. Mit Kaufvertrag vom 24. 4. 2020 hat sie ihre Miteigentumsanteile an einen nicht Verfahrensbeteiligten verkauft. Die restlichen 196/276 Anteile an der Liegenschaft stehen je zur Hälfte im Eigentum von Eigentümerpartnern, einem Ehepaar; mit ihnen ist Wohnungseigentum an den Wohnungen W1, W2 und W3 sowie an den Garagenabstellplätzen G1 und G2 verbunden.
[2] Für die Eigentümergemeinschaft ist kein Verwalter bestellt. Über Initiative der beiden Eigentümerpartner fand am 24. 11. 2018 eine Eigentümerversammlung statt, die die Organisation der Verwaltung zum Thema hatte. In dem darüber angefertigten Protokoll ist dazu festgehalten:
„Termin der Sitzung
24. 11. 2018
[...]
Anwesend
[… Anm.: die Frau] vertritt 98 von 276 Anteilen, [… Anm.: der Mann] vertritt 98 von 276 Anteilen. Die Anwesenden warten 15 Minuten. [… Anm.: die Beklagte] erscheint trotz schriftlicher Zusage vom 8. 11. 2018 nicht.
Feststellung der Beschlussfähigkeit
Es sind 196 von 276 Anteile in Summe 71,01 % vertreten. Damit ist die Beschlussfähigkeit sowohl für Beschlüsse der ordentlichen Verwaltung nach § 28 sowie der außerordentlichen Verwaltung nach § 29 WEG gegeben.
[...]
Bestellung eines Verwalters
Die anwesenden Eigentümer sind einstimmig der Meinung, dass kein Verwalter zu bestellen ist. [… Anm.: die Frau] bevollmächtigt [… Anm.: den Mann], sie in Angelegenheiten der Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft [...] zu vertreten.
[...]
Vergütung des Verwalters
Dieser Punkt ist aufgrund der Eigenverwaltung obsolet.“
[3] Mit Schreiben vom 30. 12. 2019 informierte der Mann die Beklagte über die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen, übermittelte ihr eine auf Anboten für diese Arbeiten basierende Investitionsvorschau für das Jahr 2020 und setzte sie davon in Kenntnis, dass geplant sei, die Vorhaben mittels Sondervorschreibung zu finanzieren. Mit einem weiteren Schreiben vom 11. 3. 2020 forderte er die Beklagte zur Leistung einer (ersten) Sondervorschreibung von 12.000 EUR auf das Rücklagenkonto der Eigentümergemeinschaft auf.
[4] Die Beklagte hat diese Vorschreibung erhalten; ihr ging keine Beschlussfassung durch die Miteigentümer voraus.
[5] Die Beklagte beantragte am 23. 4. 2020 in einem Verfahren außer Streitsachen beim Erstgericht die „Aufhebung der Sondervorschreibung von 12.000 EUR“. Diesen Antrag wies das Bezirksgericht Innsbruck mit Beschluss vom 30. 9. 2020 ab, weil die Beklagte ihre Miteigentumsanteile an der Liegenschaft bereits verkauft hatte.
[6] Da die Beklagte den ihr vorgeschriebenen Betrag nicht bezahlte, erteilte der Eigentümerpartner dem Klagevertreter Vollmacht zur Einbringung der Klage. Eine Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft ging der Bevollmächtigung sowie der Klageeinbringung nicht voraus.
[7] Die Klägerin begehrt die Zahlung von 12.000 EUR. Die Eigentümergemeinschaft werde durch die nach Miteigentumsanteilen berechnete Mehrheit der Wohnungseigentümer vertreten, die durch die beiden Eigentümerpartner repräsentiert werde. Da das Rücklagenkonto die zur Durchführung notwendiger Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Mittel nicht aufgewiesen habe, sei der Beklagten die Zahlung eines Betrags von 12.000 EUR in die Rücklage vorgeschrieben worden, den diese nicht geleistet habe. Die Eigentümerpartnerin habe ihren Mann rechtsgeschäftlich bevollmächtigt, der dem Klagevertreter namens der Klägerin Prozessvollmacht erteilt habe.
[8] Die Beklagte bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin und ihre Passivlegitimation, weil sie ihre Liegenschaftsanteile veräußert habe; die von der Klägerin beabsichtigten Sanierungsarbeiten seien nicht erforderlich. Ein Beschluss der Eigentumsgemeinschaft, mit dem der Eigentümerpartner zum Verwalter bestellt worden wäre, liege nicht vor. Die Vollmachterteilung durch dessen Frau sei wegen der Unteilbarkeit des Mindestanteils nur als interne Bevollmächtigung aufzufassen. Die Bestimmungen des WEG über die konkreten Rechte und Pflichten eines Verwalters seien nur anzuwenden, wenn ein Fremdverwalter bestellt sei. Damit fehle es an einer formalen Voraussetzung für die Geltendmachung der Klageforderung. Im Rahmen der Selbstverwaltung durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer müsse allen Maßnahmen, in denen die Mehrheit der Wohnungseigentümer entscheide, eine entsprechende Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft vorausgehen, welche die beabsichtigte Verwaltungshandlung trage. Es bestehe keine Möglichkeit, solche Maßnahmen ohne Beschlussfassung unmittelbar und eigenmächtig umzusetzen oder anzuordnen. Eine solche Beschlussfassung liege nicht vor.
[9] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer vertrete die Eigentümergemeinschaft im Fall der Selbstverwaltung. Einer Vertretungshandlung der Mehrheit der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis habe jedoch im Innenverhältnis – auch im Bereich der ordentlichen Verwaltung – eine mangelfreie Beschlussfassung nach den Willensbildungsvorschriften der §§ 24 und 25 WEG voranzugehen. Ohne einen diese Maßnahme deckenden Beschluss sei eine Vertretungshandlung der die Mehrheit der Anteile repräsentierenden Wohnungseigentümer nicht wirksam. Da weder über die Klageeinbringung noch die Bevollmächtigung des Klagevertreters ein wirksamer Beschluss gefasst worden sei, fehle es der Klägerin bereits an der Aktivlegitimation. Auch die Bildung einer angemessenen Rücklage und die Festlegung der Beiträge dazu seien von der Mehrheit im Sinn des § 24 WEG zu beschließen, sodass die Klägerin zur Geltendmachung der Sondervorschreibung auch deshalb nicht legitimiert sei, weil dieser keine Beschlussfassung vorausgegangen sei.
[10] Das Gericht zweiter Instanz hob das Urteil des Erstgerichts und das ihm zugrunde liegende Verfahren aus Anlass der Berufung der Klägerin als nichtig auf und wies die Klage zurück. Weder der Bevollmächtigung des Klagevertreters noch der Klageeinbringung sei eine Beschlussfassung der Miteigentümer vorausgegangen. Eine wirksame Bevollmächtigung des Klagevertreters sei daher ausgeschlossen. Da keine Bevollmächtigung des Klagevertreters durch die Eigentümergemeinschaft vorliege, sei das Verfahren insofern vollmachtslos geführt worden. Das habe die Nichtigkeit der Entscheidung sowie des ihr vorangegangenen Verfahrens zur Folge, was in jeder Lage des Verfahrens – auch aus Anlass einer Berufung – von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Überdies sei die Klage aus diesem Grund zurückzuweisen. Ein Verbesserungsverfahren könne unterbleiben, weil die fehlende Beschlussfassung über die Bevollmächtigung bereits im Verfahren erster Instanz thematisiert worden sei und die „Klägerin auch in ihrem Rekurs weiterhin davon ausgeht, als Mehrheitseigentümer die Verwaltung auch ohne Beschlussfassung unter Beteiligung der weiteren Miteigentümer durchführen zu können“.
Rechtliche Beurteilung
[11] Der von der Beklagten beantwortete Rekurs der Klägerin ist zulässig (dazu RIS‑Justiz RS0123149; RS0106977) und auch berechtigt, weil das Berufungsgericht das Vorliegen einer Prozessvoraussetzung zu Unrecht verneint hat. Darauf hat sich die Prüfung durch den Obersten Gerichtshof aus Anlass des vorliegenden Rechtsmittels zu beschränken.
[12] 1.1 Nach § 2 Abs 5 WEG bilden alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft. In Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft kann die Eigentümergemeinschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Ihre Rechtsfähigkeit (und damit ihre Parteifähigkeit) besteht – abgesehen von den Fällen des § 18 Abs 2 WEG – nur in Angelegenheiten der Verwaltung (RS0108020).
[13] 1.2 Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Teilhaber geht (RS0109188 [T3; T12; T15]). § 28 WEG 2002 nennt Maßnahmen der ordentlichen Liegenschaftsverwaltung. Nach Abs 1 Z 2 dieser Bestimmung zählt die Bildung einer angemessenen Rücklage nach § 31 WEG zu diesen Angelegenheiten. Primärer Zweck der Rücklage ist nach dem Wortlaut dieser Bestimmung zwar die Vorsorge für künftige Aufwendungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Leistung in die Rücklage aber auch bei Bevorschussung eines bestimmten Erhaltungsaufwands vor (für viele 5 Ob 161/19s mwN).
[14] 1.3 Die von der Beklagten als Sondervorschreibung zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen geforderte Einmalzahlung von 12.000 EUR kann grundsätzlich ein solcher Beitrag zur Rücklage sein. Trägerin eines solchen Anspruchs ist die Eigentümergemeinschaft. Daher kann nur sie, vertreten durch ihr jeweils zuständiges Organ, diesen Anspruch durchsetzen. Die Bevollmächtigung und Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchsetzung dieses Anspruchs zählt damit ebenfalls zur (ordentlichen) Verwaltung (vgl 5 Ob 21/16y: Durchsetzung von Versicherungsleistungen).
[15] 2.1 Die Vertretung der Eigentümergemeinschaft regelt – soweit hier relevant – § 18 Abs 3 WEG. Demnach wird die Eigentümergemeinschaft, wenn ein Verwalter bestellt ist, durch diesen (Z 1 lit a) und wenn kein Verwalter bestellt ist, durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer (Z 2 lit a) vertreten.
[16] 2.2 Die in § 833 ABGB geregelte Selbstverwaltung der Miteigentümer ist als Normalfall der Verwaltung konzipiert (RS0013394). Sie liegt vor, solange die Eigentümergemeinschaft nach dem Mehrheitswillen ihrer Teilhaber die Verwaltung selbstverantwortlich führt, auch wenn einzelne Aufgaben von bestimmten Wohnungseigentümern wahrgenommen werden (5 Ob 19/22p mwN). Nur wenn nach dem Gemeinschaftswillen die gesamte Verwaltung der Liegenschaft übertragen und damit die Handlungszuständigkeit der Mehrheit künftig ausgeschlossen werden soll, liegt Fremdverwaltung vor, auch wenn sie durch einen Wohnungseigentümer ausgeübt wird. Der Wohnungseigentümer ist dann Verwalter mit allen durchsetzbaren Verpflichtungen nach dem WEG (RS0122296 [T3]).
[17] 2.3 Nach dem Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 24. 11. 2018 ist unzweifelhaft, dass Selbstverwaltung vorliegt. Danach haben die Eigentümerpartner, die die Mehrheit der Anteile je zur Hälfte inne haben, ausdrücklich einen Beschluss darüber gefasst, dass kein Verwalter zu bestellen ist. Dass dieser Beschluss angefochten oder davon mit Mehrheitswillen abgegangen worden wäre, wurde nicht behauptet.
[18] 3.1 Für die Eigentümerpartnerschaft gelten nach § 13 Abs 1 WEG die Bestimmungen des 16. Hauptstücks des 2. Teils des ABGB (§§ 825 ff), soweit das WEG keine besonderen Regelungen trifft. Das bedeutet insbesondere, dass die Eigentümerpartner nach außen hin eine Einheit bilden und nur gemeinsam auftreten können (RS0035415). Sofern nicht Stellvertretung vorliegt, haben sie daher auch einheitliche Erklärungen abzugeben (RS0035415 [T3]; 5 Ob 26/91).
[19] 3.2 Die Eigentümerpartnerin hat ihrem Mann Vollmacht erteilt, sie in Angelegenheit der Liegenschaftsverwaltung zu vertreten. Insoweit repräsentiert er damit den auf beide Eigentümerpartner entfallenden Mindestanteil nach außen einheitlich als Ganzes. Da die Eigentümerpartner die Mehrheit der Anteile inne haben, ist die Situation vergleichbar der eines einzelnen Mehrheitseigentümers.
[20] 3.3 Die §§ 825 ff ABGB sind im Wohnungseigentum subsidiär heranzuziehen, soweit weder durch Gesetz noch durch Vertrag Besonderes geregelt ist (RS0013155). Danach ist die Mehrheit und damit auch der einzelne Mehrheitseigentümer als gesetzlicher Verwalter anzusehen. Es bedarf keines Bestellungsakts (H. Böhm/Palma in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 836 Rz 1; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4 § 833 ABGB Rz 13). Bei Offenlegung des Vertretungsverhältnisses handelt der Mehrheitseigentümer im Namen aller Teilhaber (vgl RS0013715; H. Böhm/Palma aaO § 833 Rz 25; Klausberger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB³ [Klang] § 833 Rz 39). Auch für den Bereich des Wohnungseigentums gilt daher, dass, wenn kein Verwalter bestellt ist, der Mehrheitseigentümer in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung für die Eigentümergemeinschaft handeln kann. Das führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass den Eigentümerpartnern gemeinsam die Befugnis zur Vertretung der Eigentümergemeinschaft zukommt und sie dabei als Einheit agieren müssen. Aufgrund der ihm von der Eigentümerpartnerin erteilten Vollmacht kann der Mann diese Befugnis alleine ausüben.
[21] 4.1 Von der Vertretung nach außen ist die Willensbildung in der Gemeinschaft (hier nach der Rechtslage vor der WEG‑Novelle 2022, BGBl I 2021/222) zu unterscheiden.
[22] 4.2 Zur Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft dient vornehmlich die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung, doch können Beschlüsse auch auf andere Weise, etwa auf schriftlichem Weg zustande kommen (§ 24 Abs 1 erster Satz WEG). In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft (hier die Durchsetzung eines Anspruchs nach § 28 Abs 1 Z 2 WEG) entscheidet, wenn kein Verwalter bestellt ist, unbeschadet der Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 30 WEG die Mehrheit der Wohnungseigentümer (§ 24 Abs 4 WEG in der hier anzuwendenden Fassung). Besteht der Anschein eines Beschlusses (dazu RS0118450), kann jeder Wohnungseigentümer binnen eines Monats ab Bekanntmachung verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird (§ 24 Abs 6 WEG).
[23] 4.3 Liegt aber ein Willensakt des Mehrheitseigentümers vor, ist zu differenzieren: Besteht die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft nur in einem Willensakt des Mehrheitseigentümers und kommt es zu einer fristauslösenden Bekanntmachung der dann als „Beschluss“ zu wertenden Willensbekundung, richtet sich die Bekämpfung einer solchen „Dominator“‑Entscheidung formell nach Beschlussrecht (vgl H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 Rz 56 zu § 24 WEG). Andernfalls greift die Regelung des § 30 Abs 2 WEG (vgl RS0121904; vgl auch 5 Ob 154/20p).
[24] 5.1 Hier steht fest, dass weder der Bevollmächtigung noch der Beauftragung des Klagevertreters mit der Durchsetzung des Anspruchs noch der Klageerhebung selbst eine Beschlussfassung vorangegangen sind. Diese Akte beruhen alleine auf der Willensbildung des Eigentümerpartners, der sich aber aufgrund der Vollmacht seiner Frau auf die Mehrheit der Miteigentumsanteile berufen kann und daher wie ein (alleiniger) Mehrheitseigentümer anzusehen ist.
[25] 5.2 Maßnahmen des Mehrheitseigentümers in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind aber nicht schon deswegen unbeachtlich, weil ihnen keine formelle Beschlussfassung im Sinn des § 24 WEG vorangegangen ist. Anders als bei einer Eigentümergemeinschaft, in der keiner der Teilhaber über die Mehrheit der Anteile verfügt, sodass erst die formelle Beschlussfassung nach den Willensbildungsvorschriften des WEG die Verwaltungsmaßnahme an sich und die zu deren wirksamen Vertretung nach außen befugte Mehrheit bestimmt (vgl dazu allgemein Painsi in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 79 mwN), besteht die Willensbildung in einem Fall, wie dem vorliegenden, im Willensakt des Mehrheitseigentümers. Liegt dabei der Anschein eines Beschlusses vor, was zumindest eine Kundmachung der Willensbetätigung durch den Mehrheitseigentümer erfordert, greifen die Regeln über die Beschlussanfechtung. Fehlt es auch daran, bleibt dem Minderheitseigentümer nur die Vorgangsweise nach § 30 Abs 2 WEG. In diesem Fall kann das Gericht im Verfahren außer Streitsachen die Rücknahme bereits getroffener oder die Durchführung verabsäumter Maßnahmen auftragen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht²³ II § 30 WEG Rz 12). Wollte man – wovon offensichtlich das Rekursgericht auszugehen scheint – die Wirksamkeit einer jeden Vertretungshandlung durch den Mehrheitseigentümer an die Vorschriften über die Willensbildung nach §§ 24 f WEG binden, verbliebe für die Regelung des § 30 Abs 2 WEG kein Anwendungsbereich, weil dann jedenfalls der Anschein eines Beschlusses vorliegen müsste, um überhaupt eine wirksame Vertretung der Eigentümergemeinschaft annehmen zu können.
[26] 5.3 Selbst wenn ein anfechtbarer Beschluss über eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung vorläge, wäre er – auflösend bedingt – außenwirksam (dazu 5 Ob 29/15y mwN; H. LöckeraaO § 24 WEG Rz 99; Illedits in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht³ § 24 WEG Rz 19; Tanczos/Eliskases aaO § 833 ABGB Rz 20). Im Anwendungsbereich der Bestimmung des § 30 Abs 2 WEG bliebe eine Maßnahme des Mehrheitseigentümers in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung wirksam, solange sie vom (Außerstreit‑)Gericht nicht für unwirksam erklärt wird. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:
[27] Der mit Vollmacht seiner Frau in Angelegenheiten der Verwaltung ausgestattete Eigentümerpartner repräsentiert die Mehrheit der Miteigentumsanteile und ist damit zur Vertretung der Eigentümergemeinschaft berufen. Ihm kommt nach allgemeinen Grundsätzen (§ 833 ABGB) damit auch die Stellung als „gesetzlicher“ Verwalter zu. Besteht in einem solchen Fall die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft in seinem Willensakt, richtet sich deren Bekämpfung entweder nach Beschlussrecht, wenn es zu einer fristauslösenden Bekanntmachung gekommen ist, sonst nach § 30 Abs 2 WEG. Solange eine darauf beruhende Maßnahme der ordentlichen Verwaltung nicht auf die eine oder andere Art beseitigt ist, bleibt sie außenwirksam.
[28] Der die Mehrheit der Anteile repräsentierende Eigentümerpartner hat dem Klagevertreter damit wirksam Prozessvollmacht erteilt. Die Annahme des Rekursgerichts, dass der Behandlung der Sache und der Entscheidung darüber ein (unbehebbares) prozessuales Hindernis entgegenstünde, ist damit nicht haltbar. Sein Beschluss ist daher ersatzlos zu beheben und ihm die inhaltliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten aufzutragen.
[29] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO. Die im Zwischenstreit über das Vorliegen einer Prozessvoraussetzung unterlegene Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rekurses zu ersetzen, die nicht das Schicksal der Hauptsache teilen (vgl RS0035955).
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