European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00060.22W.0824.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S*des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (A./) und des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt, unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB sowie des § 39a Abs 1 Z 4 iVm Abs 2 Z 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
[2] Danach hat er am 17. November 2021 in W*
A./ * R*, R* P* und P* P* gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er unter Vorhalt und Schwingen eines 30 cm langen asiatischen Hackmessers diesen gegenüber sinngemäß äußerte „I bring eich olle um“;
B./ P* P* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zuzufügen versucht, indem er mit dem zu A./ genannten Hackmesser ausholte und von oben nach unten in dessen Richtung schlug, wobei das Opfer von R* P* zurückgezogen wurde, sodass es unverletzt blieb.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die zu B./ erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zur Absicht des Angeklagten, seinem Opfer eine schwere Körperverletzung zuzufügen. Warum die von der Beschwerde (auch) zitierte Konstatierung, dass es dem Angeklagten „bei seinem heftigen Vorgehen auch darauf ankam, sein Opfer schwer zu verletzen“ (US 7, siehe auch US 11 f), die vom Gesetz geforderte Absichtlichkeit der Erfolgsverwirklichung nicht zum Ausdruck bringen sollte (vgl aber § 5 Abs 2 StGB), erklärt sie nicht (RIS-Justiz RS0116565).
[5] Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt bekämpft, inhaltlich aber zum Schuldspruch A./ nicht argumentiert, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[7] Mit Blick auf die Stellungnahme der Generalprokuratur bleibt anzumerken, dass die Bestimmung über die Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB zu Recht angewendet wurde.
[8] Zutreffend führt die Generalprokuratur aus, dass die Anwendung des § 39 Abs 1 StGB nicht auf eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe gestützt werden kann (RIS-Justiz RS0115052), weshalb die am 16. Oktober 2017 im Verfahren AZ 502 Hv 115/17k des Landesgerichts Korneuburg wegen Suchtmitteldelinquenz erfolgte Verurteilung des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die mit Beschluss des genannten Gerichts vom 29. Jänner 2021 gemäß § 40 Abs 1 SMG bedingt nachgesehen wurde (US 5 f), nicht rückfallsbegründend ist.
[9] Aus den weiteren Urteilsannahmen (US 4 f) ergibt sich aber, dass der Angeklagte einerseits mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 14. Juni 2004 zu AZ 521 Hv 36/04p wegen § 107 Abs 1, § 270 Abs 1, §§ 15, 269 Abs 1 und § 83 Abs 1 StGB zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen – und in Betreff des unbedingten Teils ersichtlich verbüßten – Freiheitsstrafe, andererseits mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Jänner 2007 zu AZ 410 Hv 3/06g wegen §§ 15, 12, 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall und §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 erster Fall StGB zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, deren Vollzug bis zum 13. Juli 2013 erfolgte.
[10] Nach Maßgabe der für die zuletzt genannte Verurteilung heranzuziehenden (vgl Initiativantrag 970/A 26. GP 32 f) Rückfallsverjährungsfrist von zehn Jahren (§ 39 Abs 2 erster Satz zweiter Fall StGB) liegen somit die Anwendungsvoraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB vor. Der Annahme von Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Angeklagte (neben einer Verurteilung, derkeine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat zugrunde liegt) am 12. Juli 2011 vom Landesgericht Korneuburg zu AZ 503 Hv 68/11x wegen §§ 83, 84 Abs 1 StGB zu einer weiteren unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die er bis 24. August 2014 verbüßt hat, wobei bis zur nächsten nach § 39 Abs 1 StGB maßgeblichen Tat mehr als fünf Jahre (§ 39 Abs 2 erster Satz erster Fall StGB) vergangen sind. Vielmehr hat bei dieser Konstellation die in Rede stehende Strafe – demnach auch die ihr zugrunde liegende Tat als Folgetat – bei der Beurteilung nach § 39 Abs 2 StGB außer Betracht zu bleiben und kann daher auch nicht – dem Telos des Gesetzes zuwider – zu einer Besserstellung des Täters aufgrund seiner neuerlichen raschen Delinquenz führen.
[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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